Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1889

48 „D'Kirz'n, die ich unter dem Gnaden- bilde in der Kirch' hab' brennen lassen. Ich hätt' halt soll'n bei der Halbscheid aufhören, da war der Haß des Sepp gegen's Kathl g'stillt; die andere Halbscheid, die dort brennt hat, hat, weil ich halt ganz mißverstand'n worden bin, sein Allerlei Kurzweil'. (Aie reichsten Monarchen.) Der reichste europäische Monarch ist der Kaiser von Oesterreich, denn er besitzt vier Häuser, nämlich: ein Ober- und Unterhaus für Cis- und ein Ober- und Unterhaus für Transleithanien. Der deutsche Kaiser besitzt nur drei Häuser, ein Ober- und Unterhaus für Preußen und eines für das Reich. Die Königin von England besitzt nur zwei Häuser, ein Ober- und Unterhaus. Frankreich hat nur eine (Deputirten-) Kammer. Die Türkei nur einen Divan und der Papst stur einen Stuhl. Der Russe hat weder ein Haus noch Kammer oder Stuhl. Am schlimmsten ist aber der Battenberger daran; denn er muß auf den Abtritt — des Coburgers warten. (Alles hat seinen Grund.) „Mein liebes Gretchen", sagte die Lehrerin zu einer ihrer kleinen Schülerinnen, „du bist ja heute recht artig gewesen!" — „O ja", antwortete die Kleine mit vollem Ernst, „ich konnte nichts dafür; ich habe einen steifen Hals." „Warum heiraten Sie denn nicht?" wurde ein reicher und hübscher Manu gefragt. . „Das will ich thun," antwortete der junge Mann; „sobald ich das ganze G'fnhl gegen die Dirn' derart zum Gut'" g'wend't, daß dann gar d'Liab d'raus 'word'n ist. — Aber all'weil bleib' ich dabei, daß es g'wiß anderschta hätt' kommen müssen, wenn das dalket Reserl nicht herausg'ruckt wär' mit ihrer er» log'nen G'schicht'." ABC. bei einem Mädchen vereint finde, welches ich leider bei vielen Andern sehr vertheilt bemerken muß, so bin ich nicht abgeneigt, mir eine Fran zu nehmen." „Was ist das für ein ABC?" frug der Freund. „Das will ich Ihnen gleich sagen", war die Antwort. „Ein Mädchen, das meine Gattin werden soll muß: artig, bescheiden, charakterfest, dankbar, ehrlich, freundlich, gut, häuslich, innig, jnug, keusch, liebenswürdig, munter, niedlich, offenherzig, perfect, rechtlich, sanftmüthig, treu, unschuldig, vernünftig, wahrheits" | liebend und zärtlich sein." (AusdemStudentenvicrtet.) „Höre» Sie, mein lieber Meister, diesen Monat kann ich Ihnen nichts bezahlen!" —' „Aber das haben Sie im vorigen Monat auch schon gesagt." — „Nun, und habe ich vielleicht mein Wort nicht gehalten?" -st In einer Gesellschaft frug ein hoch'' nasiger junger Mann einen älteren, er" fahrenen Herrn, wie so es kömmt, daß man nur mit dem Weine anstößt und nicht mit anderen Getränken wie: Theo, Chocolade, Kaffee rc. Dies werde ich Ihnen erklären, replicirte der ältere Herr: „Im Weine liegt die Wahrheit und mit der Wahrheit stößt man überall an." Das „Totterienanrrl"; Skizze aus dem Volke von Eduard Z^arit. (Nachdruck verböten.) ^Dewöhnlich nannte man sie „Pechnanerl" und Io eigentlich mit Recht. Denn so ein ..Pech", wie Frau Nani mit der Lotterie hatte, hat wohlnoch kein anderes Menschen- ^d gehabt. Und wohl kein anderes Menschenkind war so elastisch an Körper und Geist, gleich wieder so hoffnungs- ooll nach furchtbaren Täuschungen, wie kven das „Pechnanerl". .. Ich war zufällig Zeuge davon, als uo eines Tages vor Jahren vor einer ^ottocollectur in verschiedenen Riscontos umherblütterte, plötzlich einen Schrei aus- I^ß und gleich darauf mit dem Ausruf: v^esus! Zwei Teruo hab' ich g'macht!" die Lottocollectur stürzte. „Zwei s^rno! Jeden mit zwanzig Kreuzer! Da Mun's her!" Und zitternd am ganzen ioxper übergab sie die Risconto dem ^ollectanten, der nach einem einzigen sprach uf ^e d^ inhaltsschweren Worte , „Ja freilich wären zwei Terno da- ö Wesen! Nur hätten S' die Nummern, c, ^che Sie in die Linzer Ziehung g'setzt Huven, in die Brünner setzen sollen und einigen, die Sie in die Brünner ^'ehung g'sttzt haben, in die Linzer." Uh • so war es auch. Frau Nani . in ihrer Freude übersehen, daß die J?1 Nummern, welche sie in die Brünner Mung gesetzt hatte, in Linz gezogen sip . n, und die Nummern wieder, die in R .^b Linzer Ziehung gesetzt hatte, ^rünn herausgekommen waren. ^ir Alle, die wir dieser Scene bei- Huten, erwarteten nun, daß Frau ^i durch die Täuschung außer Fassung kommen werde. Dem war aber nicht so. Einige Secunden starrte sie auf die beiden Risconto, plötzlich erhob sie ihr schmales, spitzes Gesicht rind unter einem Lächeln rief sie aus: „Na, ein andersmal trifft es sich wohl g'scheidter! Und da ich just hier bin, schreiben S' mir gleich die zwei Reihen in die nächste Wiener Ziehung, jede Reih'mit zwanzig Kreuzer." G'scheidter traf es sich ein anderes Mal wohl auch nicht, obschon Frau Nani allwöchentlich zwei bis drei Gulden in die Lotterie setzte. Woher sie das viele Geld zum Lottospiel nahm? Ja, diese Frage konnte Niemand genau beantworten. Man wußte nur, daß ihr eine vor Jahren verstorbene Schwester ein kleines Capital bei einem Wiener Handlungshause deponirt hatte. Von diesem Capital durfte sie nur die Zinsen beziehen, welche Frau Nani denn auch pünktlich jedes Vierteljahr abholte. Pünktlich bezahlte sie ihren Zins für die Kammer, die sie in einem finsteren Hause einer entlegenen Gasse allein bewohnte, ihre Nahrungsmittel bezahlte sie stets baar, und was ihre Kleidung betraf ... nun, für diese hatte sie wohl seit langer Zeit das Wenigste ausgegeben und das Wenigste, sagt man, ist Nichts. Denn seit Jahren hat man sie immer nur in einem und demselben chocoladefarbenen Tuchkleide gesehen, in einem und demselben faltenreichen Tuchmantel und Hut nach der Mode aus der Zeit der Kaiserin Caroline. Welche Höhe sie auf der Scala der Jahre zwischen 50 und 70 erreicht hatte, wußte 4

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2