Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1889

32 Gärdtner & Knopp erwähnt. Mit diesen Objecten hat man das gejammte Innere der Rotunde durchgangen. Tritt man nun beim Westportale in die Narkanlagc» so gelangt man an der rechten Seite der Parkaveuue zum Pavillon der bekannten Firma Jg. Mautner & Sohn, den Begründern der Preßhefefabrikation in Oesterreich. Auf der linken Seite ist der Pavillon der Stadt Wien, weiter nach unten der originelle Pavillon der Weltfirma Gebrüder Thonet, der Erfinder der gebogenen Holzmöbel. Anschließend an letzteres Object erhebt sich die„Land- wirthschaftliche Weinkosthalle", in welcher unter andern Alsecker Heuriger und Bisamberger vom Etablissement Stahlener geschänkt wird. — Den Abschluß der Avenue bildet der Sportpavillon, in welchem die exponirten Gewehre von Gasser & Mulacz bemerkenswerth sind. Schreitet man vom Ende der Avenue gegen das Westportal zurück, so kommt man zuerst zum • Pavillon Maschinen- und Brückenwaagenfabrik C. Schember & Söhne. Den Schluß bildet der Pavillon Stadterweiterung und Donau- regulirung mit seiner Fülle von künstlerisch bedeutenden und interessanten Objecten. Die Eröffnungsfeier. Am 14. Mai 1888 um 2 Uhr Nachmittags versammelte sich im Süd- transepte das Executiouscomitö mit der Ausstellungsdirection, sowie das Präsidium des niederösterreichischen Gewerbevereines. Bald nach 2 Uhr erschienen die ersten Gäste, und zwar" waren zahlreiche Erzherzoge, Minister, Abgeordnete sowie vom hohen Clerus die höchsten Würdenträger zugegen. Kurz vor 3 Uhr erschien Kronprinz Rudolf mit seinem Obersthofmeister Grasen Bombelles. Mit minutiöser Pünktlichkeit fuhr punkt 3 Uhr Se. Majestät bei der Rotunde vor. Unter brausenden Hochrufen und Ertönen der Volkshymne betrat der Kaiser das eigens für ihn erbaute Zelt. In wenigen Worten dankt der Präsident der Ausstellung Freiherr von Ban- hans für das Wohlwollen und die Unterstützung, die Se. Majestät dem großen Unternehmen entgegegen gebracht, und verweist auf die Erfolge, die sich in allen Zweigen des Handels und der Industrie unter der Regierung unseres Kaisers entwickelt haben. Hieraus beantwortet der Kaiser die Ansprache des Präsidenten dahin, daß er in allererster Linie stets das wärmste Interesse für Industrie und Gewerbe gehegt und es ihn freut, heute die gewerblichen Leistungsfähigkeiten auf einer so hohen Stufe der Entwicklung zu sehen. In allererster Linie bemerkt Se. Majestät, daß dein Gewerbeverein durch seine thätige Mitwirkung ein wesentliches Verdienst zufällt, sowie die Ausstellungen jeder hervorragenden Firma, verschieden in ihren Branchen, zur Erreichung des gleichen, schönen Zieles das Meiste beigetragen. Er wünsche daher, daß das unternommene Werk einen glücklichen Verlauf nehmen und sich die gebrachten Opfer in jeder Richtung lohnen mögen. Nach Begrüßung der vorgestellten Herren besichtigt der Kaiser den Pavillon, dessen Krone im elektrischen Licht erstrahlte, sichtlich überrascht durch den glänzenden Anblick, den die Rotunde darbot. Verlogen. Eine Bauerngeschichte von & ™nris. (Nachdruck verboten.) A N ‘B ^ Herr Pfarrer des steierischen Dorfes ^penz an dem ersten Tage in der Advent- zert, dem St. Virgiliustage, das kleine Wurmstichige Krippe aus der Faßkammer lervorholen, abstäuben und in der Kirche Wlstellen und die große Opferbüchse dazu, ^vn diesem Tage au und während all ^ nächstfolgenden bis zu den Weih- . Nchtsfeiertagen stand bei den Insassen vom Dorfe Aflenz etwa hundert schritte entfernt auf einer kleinen Au- stehenden stattlichen Bernhardshofs, <?$ reichsten und größten Bauernhofes er Diöcese, die heilige Christnacht stets b der Thüre. Für die Knechte und s eugde des Bernhardhofes war dieses ii,!J^ Börderthürestehen des Christfestes st nichts Erfreuliches; deuu anstatt, fiZ der Herr Pfarrer von der Kanzel ,>„^b asketisch streng befahl, sich ja durch haltendes Beten und Fasten und Almosengeben auf die hohen Feiertage vorzubereiten, und sie eines gewiß, und zwar das Gebot des anhaltenden Betens, hübsch in Ruhe erfüllen zu können erhofften, mußten sie von früh bis spät in die Nacht hinein arbeiten, aber arbeiten, daß ihnen darob heißer als zur Erntezeit wurde, und dies Alles nur der vielen Vettern und Basen wegen, die mit dem Christfeste in den Beru- hardhof einziehen und hier vierzehn Tage lang, also bis über die Verlobung hinaus des Sepp, - des Sohnes des Bernhardhofbesitzers mit dem Reserl, verbleiben sollten. Ja, wäre in der Hoffnung, daß keiner der Gäste den Bauerhof verlassen dürfte, ohne zuvor ein reichliches Wciu- nnd Bratelgeld unter das Gesinde vertheilt zu haben, nicht ! inem altherkömmlichen Gebrauche gemäß ließ _ _ gewesen, schlimm würden sich die er- bauungssüchtigen Gemüther der Knechte und Mägde gegen diese rastlose Thätigkeit gebäumt und gesträubt haben, so aber warf nur Jeder mit täglich einigen Vaterunser die erwarteten Vettern und eine gar so gewaltigeBeschwichti- gung und ein kräftiger Trost Basen in seinem Innern hin und her und suchte in seiner Erinnerung oder forschte bei Anderen hübsch schlau und bedächtig nach ihren schwachen Seiten, insbesondere aber nach etwaigen geheimen Passionen oder Gelüsten der reichen Vettern; gleichwohl ging dabei die Arbeit flink von der Hand, zumal es jedem Einzelneu Vortheilhaft schien, den Bernhardhof aufs schmuckste und seinen Reichthum so respekteinflößend als nur möglich den Gästen sehen zu lassen. Eines Abends, mitten in der Adventzeit, waren sämmtliche Bewohner des Bernhardhofes in der hübsch dnrch-

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