14 15 nähme des Aufstandes in Dalmatien und des kurzen Feldzuges bei der Occu- pation Bosniens und der Herzegowina ist der Friede seit 20 Jahren auch nicht mehr gestört, und Oesterreich-Ungarn in der Reihe der europäischen Staaten wieder mächtig geworden. Die Opfer, die es dafür gebracht, haben also doch ihre Früchte getragen. Oesterreichs Feinde hatten vergeblich triumphirt, mit männlicher Kraft ergriff unser Kaiser die Initiative zur Wiedergeburt seiner Länder. Der Gedanke, ein völlig einheitliches Reich zu gestalten, wurde ausgegeben. Ungarn wäre auf diesem Weg niemals zn pacifiren gewesen und so suchte der Kaiser die Wünsche der magyarischen Nation zu erfüllen. Im Jahre 1867 wurde Franz Denk an das Hoflager berufen, die ungarische Verfassung wieder hergestellt niid ein verantwortliches Ministerium mit Graf Andrässy ernaunt. Der Kaiser wurde als Köuig von Ungarn gekrönt und führte anf dem Krönungshügel die historischen vier Streiche mit dem Schwerte nach den vier Weltgegenden. Wenn es nun auch immer noch Un- zufriedene unter den Magyaren gab und gibt, so erkennen doch die Einsichtigen, daß jetzt für die materiellen Interessen besser gesorgt ist wie unter der nationalen Regierung. Der volkswirthschaft- liche Aufschwung hebt sich von Jahr zu Jahr mehr und die ungarische Regierung genießt in der Finanzwelt einen Credit, den sie früher nie besessen. Dem Parlament in Wien war nun die Aufgabe zugefallen, die Staatsgrundgesetze und die Verfassung für die Erblande zu revidiren und festzustellen. Mit diesen freiheitlichen Principien erschien das Concordat unverträglich, und als die Bischöfe für die Aufrechthaltung desselben eintraten,' verwies sie der Kaiser- auf die Hauptlehre der christlichen Religion: Frieden und Eintracht unter den Völkern zu stiften. Das parlamentarische Ministerinn!, welches 1868 als sogenanntes Bürgerministerium an die Spitze der Regierung trat, erfüllte indes keineswegs die Hoffnungen, welche man in dasselbe gesetzt. Der Kaiser, der nur stets bemüht war, Frieden unter den Parteien zu stiften, erkannte sehr bald, daß diese Männer der früheren Opposition nicht geeignet waren eine Versöhnung herbeizuführen. Die föderalistischen Parteien, die Czechen traten mit noch größerer Heftigkeit und Maßlosigkeit wie früher auf, bis der Kaiser Einhalt gebot und Männer zur Regierung berief, welche treu zur Verfassung hielten, jedoch in conservative Bahnen einlenkten. Eine Menge freiheitlicher Gesetze wurden in dieser Periode geschaffen, namentlich aber der Volksunterricht und die politische Verwaltung gänzlich reor- ganisirt. Die wichtigste Verfügung war aber die Einführung eines neuen Wehrgesetzes nach dein Muster des preußische!!. Jeder tauglich befundene Mann wurde iu die Arinee eingereiht und das Institut der Freiwilligen errichtet. Die Kraft des gemeinsamen Heeres wurde dadurch außerordentlich gestärkt und Oesterreich-Ungarn trat wieder in die Reihe der militärischen Großmächte. Kaiser Napoleon III. erkannte nur zu bald, welch großeu Fehler er durch die Demüthigung Oesterreichs auf Kosten ' Preußens begangen. Er buhlte 1867 in Salzburg um die verscherzte Gunst, aber unser Kaiser war viel zu weise, um nicht in einer solchen Allianz den Keim zu neuen Kriegen zu entdecken. In dem sich immer mehr zuspitzenden Constict zwischen Frankreich und Preußen bewährte sich die Klugheit dieser Politik durch das System strenger Neutralität. Dadurch wurde eine Versöhnung mit Preußen angebahnt, die obwaltenden Conflicte für immer beseitigt, und den Einfluß, den Oesterreich durch seine Ausschließung in Deutschland verloren, gewann es als europäische Großmacht reichlich wieder zurück. Als der Krieg zwischen Frankreich und Deutschland 1870 ausbrach, hielt sich trotz aller Verlockungen Oesterreich vollkommen neutral und der schon 1867 zum öster- ^eichischeu Reichskanzler ernannte Graf Veust leitete das Bündniß Oesterreichs «nt dem Deutschen Reiche ein, das für Wohlfahrt und den Frieden Europas sinter von so großer Bedeutung wurde. | Kronprinz Rudolf und Grmalin. ^JschlundSalzbürg wurden imSommer Jahres 1871 durch die beiden Kaiser früheren freundschaftlichen Beziehun- ^ wieder hergestellt und diese großen watsactionen zum Abschluß gebracht. s,. Unser Kaiser bewährte auch hierin "ue Hochherzigkeit und Selbstverleug- 3n9; denn tief und schmerzlich waren le Kränkungen und Wunden, die Preußen ihm geschlagen, und es fehlte nicht an gewichtigen Stimmen, die im Jahre 1870 Revanche nehmen und der ganzen österreichischen Politik eine andere Wendung geben wollten. Dank sei es seiner Weisheit und erhabenen Einsicht, daß er den richtigen Weg auch iu dieser Richtung zu gehen wußte! Das Ministerium Auersperg (Adolf), welches im November 1871 ans Ruder kam, machte den czechischen Umtrieben ein Ende und der Kaiser bedauerte in seiner daiualigen Thronrede constatiren zu müssen, daß der innere Friede diesen Anforderungen gegenüber nicht herzustellen gewesen sei. Nichtsdestolveniger ließ sich aber
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