10 Jahres 1859 der bekannte Gruß an den österreichischen Gesandten, und obwohl unser Kaiser Alles aufbot, um deu Frieden zn erhalten, so duldete es die Ehre doch nicht länger, die Herausforderungen Frankreichs und Sardiniens stillschweigend hinzunehmen. Aus dem kaiserlichen Manifest vom 29. April 1859 an seine Völker sprach das Herz des Kaisers. Allgemein war die Begeisterung in Volk und Heer, aber der Heldengeist Radetzky's herrschte nicht mehr in der Armee. Die strategischen Dispositionen unter Feldzeugmeister Gyulay waren von Anbeginn verfehlt, es fehlte an einheitlicher Leitung, und trotzdem die Soldaten heldenmüthig bei Magenta kämpften und Napoleon selbst.sich geschlagen glaubte, wurde die Hauptschlacht bei Solferino verloren. Die Armee hatte sich rasch wieder unter den Mauern Veronas con- centrirt, da es aber dem französischen Kaiser augenscheinlich selbst sehr um einen baldigen Friedensabschluß zu thun war, so kam ein Waffenstillstand und am 9. Juli der- Frieden von Villafranca zu Stande. Oesterreich trat die Lombardei, die stets nur eine Last für uns war, an Frankreich mit Ausnahme der Festungen Mantua und Peschiera ab. In seinem Abschiedsmanifest an die Armee dankte der Kaiser derselben für die bewiesene Tapferkeit, die auch der Feind anerkannt hatte, aber „ohne Bundesgenoffen weiche Ich nur den ungünstigen Verhältnissen der Politik, und will das Blut Meiner Soldaten sowie die Opfer Meiner Völker nicht erfolglos in Anspruch nehmen". Es ist einer der erhabensten Züge in dem Wesen unseres Monarchen, daß er, der ritterliche Kaiser, der Abgott seiner Soldaten, der über eine der tapfersten und besten Armeen befiehlt, niemals den Eroberer, den Schlachtenkaiser in sich aufkommen ließ. Wie oft mögen in diesem jugendlichen Herzen Wünsche nach Ruhmeskränzen — errungen auf blutgetränkten Schlachtfeldern — aufgestiegen fein; er wußte sie stets zu überwinden. Die Wohlfahrt seiner Völker ging ihm über Alles, und dieser und dem Frieden brachte er lieber jedes Opfer, so lange es mit der Ehre und der Würde des Staates verträglich war. Diese ernsten politischen Prüfungen hatten einen tiefen Einfluß auf das Gemüth des Monarchen ausgeübt. Er war zur Erkenntniß gekommen, daß sowohl an der Spitze des Heeres wie des Staates nicht die richtigen Männer standen, daß das seit 1852 verfolgte Regierungssystem nicht länger haltbar sei. Schon im Manifest vom 15. Juli war der Entschluß angedeutet, wieder zu einer auf constitutionellem System beruhenden Verfassung zurückzukehren. Die Idee der Reichseinheit wollte der Kaiser aber um keinen Preis aufgeben und er wurde hierin aufs energischste von Schmerling, der in den Rath der Krone eingetreten war, unterstützt. Derselbe hatte in den von ihm beeinflußten Schriften: Palingenesis und den neun Briefen über österreichische Verfassung — welche mit großem Risico im Verlage des Schreibers dieser Zeilen damals erschienen waren — seine Ansichten über die demnächst zu treffenden Reorganisationen niedergelegt. Im Patent vom 5. März 1860 wurde die Einberufung eines Reichsrathes angeordnet, Benedek zum Generalgouverneur von Ungarn ernannt und eine theilweise Wiederherstellung der ungarischen Verfassung in Aussicht gegeben, allein die Ungarn strebten offen nach Erlangung ihrer Constitution von 1848, und selbst das Octoberdiplom, welches den Reichs- rath und dessen Machtbefugnisse erweiterte, entsprach nicht den Anforderungen der verschiedenen Kronländer. Der Kaiser war in seiner großen Herzensgüte immer bemüht, den an ihn herantretenden Wünschen gerecht zu werden. Er empfing sogar den Revolutionär und Agenten Kossuth's, den Grafen Teleki, und erhielt dessen Versprechen unverbrüchlicher Treue, das derselbe wieder schmachvoll brach. Schmerling's Antwort, die er den ungestümen Forderungen der Ungarn: Wir können warten, entgegensetzte, fand leider keine nachhaltige Unterstützung und so kam das Patent vom 26. Februar 1861 zu Stande, welches in seinem Wesen bis heut die Grundlage unserer Verfassung bildete, der aber die Einheit bes Reiches zum Opfer fiel. Der ungarische Landtag mußte wegen offenbarer Arbeitscabinet des Kaisers. Renitenz aufgelöst werden und am I.Mai vröffnete der Kaiser den Reichsrath, die ^ste gesetzlich zu Stande gekommene Volksvertretung, welche aber weder die Ungarn noch die Czechen befriedigte. Trotz des noch Jahre hindurch bis heutigen Tage andauernden Na- "vnalitätenhaders schritt der Kaiser unausgesetzt auf dem Wege volkswirth- 'Aaftlicher Reformen weiter. Das alte "Unftsystem wurde aufgehoben und die 11 Freiheit der Gewerbe eingeführt. Leider war die edle Absicht des Monarchen durch ungeeignete Verfügungen bei der Einführung des Gesetzes zum Theil wieder paralysirt worden und dasselbe mußte im Jahre 1886 wieder einer Revision unterzogen werden. Das Gefängnißwesen wurde auf den Grundlagen größter Humanität refor- mirt, der Bcamtenstand durch Einsetzung eines Disciplinarstatutes vor Willkürlichkeiten geschützt, die Beschränkungen, welchen die Israeliten bisher unterworfen waren, aufgehoben, ebenso der evangelischen Kirche gleiche Rechte mit der katholischen eingeräumt, und durch ein neues Preßgesetz der Presse ein größeres Maß von Freiheit gewährt. Ebenso wurden die Schwurgerichte wieder cin- geführt, das suspendirte Gemeindegesetz hergestellt und das Heimatsrecht geregelt.
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