82 83 habe für seine Verordnung die Sanction Sr. Majestät des Kaisers erwirkt und wolle eher zurücktreten, als diese Verordnung rückgängig machen. Er sei jedoch bereit, eine Erweiterung der Unterrealschule in mercantiler oder gewerb- licher^-Mchtung zu unterstützen. Nachdem so die Oberrealschule als definitiv aufgehoben erschien, beschäftigte sich ein eigens für diesen Zweck eingesetztes Comite mit den Berathungen über die Errichtung einer k. k. SLaats- gew erbeschule und kam zu dem Entschlusse, dem Gemeinderathe diese Errichtung zu empfehlen und in einem Elaborate die Bedürfnisse einer Staatsgewerbeschule iu Steyr vorzulegen. Daraufhin wurde in der Gemeinderathssitzung am 27. August der Beschluß gefaßt, beim h. k. k. Unterrichtsministerium eine höhere Ge- ,w er beschule anzustreben, welche folgende Abtheilungen enthalten sollte: I. eine höhere Gewerbeschule für mechanisch-technische Fächer, II. die bereits bestehende Fachschule für Stahl- und Eisenindustrie, III. eine Handelsschule, IV. einen Fortbildungseurs der hiesigen a) gewerblichen und d) kaufmännischen Fortbildungsschulen, V. einen Zeichen- und Modellir- saal für Männer, wobei VI. die k. k. Versuchsanstalt in Steyr als solche fortzubestehen habe, jedoch dem k. k. Handelsministerium direct unterzuordnen sei. Diese Begehren wurden dem k. k. Uttterrichtslninisteriunl iu einer Eingabe überreicht. Mittlerweile begann die Zersetzung der Oberrealschule, indem mit Beginn des neuen Schuljahres' die fünfte Classe aufgelassen wurde uud die Herren Professoren Dr. Josef Bittner, nach Carolrnenthal, Heinrich Drasch nach'Linz und Dr. Hans Widmann nach Brünn versetzt wurden/ Noch hatte sich die Aufregung der Bewohner über den Verlust der einzigen Mittelschule Steyr's nicht gelegt, als die Stadt ein neuer noch empfindlicherer Schlag traf, indem am 14» August ein Erlaß der k. k. Ge- neral-Direction der österreichischen S L a at s^b äh n en an die Gemeinde-Vorstehung von Steyr einlangte, in welchem mitgetheilt wurde, daß die Abtheilung VII, Einnahmen- Controle der k. k. österreichischen Staatsbahnen, vom 1. November ab nach Wien verlegt werde, und daß dagegen die Wagen- ’ dirigirung und eine andere kleine Abtheilung nach Steyr verlegt werde. Durch 'diese Ver- ' fügung wurden auf einmal 166 Beamte sammt . ihren Familien der Stadt Steyr entzogen, während circa 40 Beamte nach Steyr versetzt wurden, ein Ausfall an Intelligenz und Consum- fähigkeit, der die Stadt auf das empfindlichste traf. In der Ueberzeugung, daß nur die dringendste Nothwendigkeit und die unabwendbarsten dienstlichen Rücksichten die k. k. General- direction bestimmen konnten, die Einnahmen- Controle von Steyr wegzunehmen, und in der Hoffnung, daß die k. k» Generaldirection die Opfer zu würdigen wissen werde, welche die Stadt Steyr für die Erhaltung des Beamten-' körpers durch die Erbauung zweier Häuser für die Herren Beamten gebracht hatte, beschloß der Gemeinderath in der Sitzung am 24.Ang. eine Deputation an den Präsidenten der k.'k. österreichischen Staatsbahnen, Herrn Baron Czedik von Bründlsberg zu senden, welche sich dafür bedanken sollte, daß die Einnahmen- Controle so lange in Steyr belassen wurde, und zugleich die Bitte zu überbringen hatte, der Herr Präsident möge bei etwaigen Dis- locirungen von Abtheilungen in die Provinzen auf Steyr besonders Rücksicht nehmen. Diese Deputation wurde am 2. September vom Herrn Baron Czedik empfangen, der zugestand^ daß die Generaldirection gegenüber dem Entgegenkommen der Stadt Steyr verpflichtet sei und versprach, Steyr bei eventuell vorkommenden Fällen zu berücksichtigen. Die Nähe des Stadtgebietes an den Bergriesen Oberösterreich's bringt es mit sich/ daß tut Frühjahr und Sommer iu Folge außergewöhnlicher Niederschläge Hochwasser eintritt. So geschah es auch amLl/Aügnst, an welchem Tage die Enns und Steyr eine bedrohliche Höhe erreichten. Die Enns überfluthete die Quais, das Wasser drang in die.Keller ein, richtete jedoch außer der Mitnahme einiger Holzstöße keinen bedeutenderen Schaden an. Gefährlicher war die Steyr, auf der gerade -große Hölzmengen getriftet wurden, die die Ufer, Werke und Brücken bedenklich gefährdeten. Bei der Krugelbrücke hatte sich ein Bretterfloß gestaut, dessen Bretter das Wasser fächerförmig entfaltete und die wiederum die Holzmassen anfhielteu. Das Stauwasser unterwusch das Fundament der Brücke aM rechten Ufer uud nun ergoß sich das Wasser iu die Niederung, überschwemmte die Felder und trieb das dort anfgestapelte Holz weiter. Die Pflanzschnle der Excellenz Graf Lamberg- schen Forstdirectiou wurde gäuzlich zerstört, die Gebäude des Feiudrahtzuges uud die Franz Werndl'schen Kohlmeiler wurden unter Wasser gesetzt und bedeutende Quantitäten au Holz von den Fluthen enttrageiu Anch der R amingbach war bedeutend angeschwollcU/ beschädigte den Uferschntz der Griemühle und riß die Wehre des Sägewerkes Neisberger in Kleinraming DoUftänbig weg. Zum Glück ließ der Regen noch rechtzeitig nad) und verhinderte unberechenbaren Schaden. Die schweren Schicksalsschläge, die Steyr durch die Aufhebung der Oberrealschnle und durch diel Verlegung der Einnahmen - Controle erlitten, legten es der Gemeinde-Vertretung nahe, Vorsorge zu treffen, daß die Nachtheile dieser Maßregeln durch andere Unternehmungen wieder paralhsirt werden, und zwar durch solche, welche die Geschicke der Stadt mehr in die eigenen Hände legen und weniger von dem Wohlwollen der Negierung und der Behörden abhängig wachen. Hiezu bot em Erlaß der k. f. Statthalterei in Linz Veranlayung, welcher die Gemeiude-Vorstchung darcm erinnerte, daß nach dein DlSlocatwnS-Erlasie nach Steyr ein Jägerbatnillou gelegt werde | für dessen Bequartierung die Stadt umsomehr > zu sorgen habe, als der hohe Landwg f diesen Zweck bereits eine namhafte Summe botirte. Der Statthalter forderte die Gemeuide- Vorstehnug ans, mit allem Nachdrucke auf die Finalisiruug der Angelegenheit hm^m wirke», widrigenfalls er in diefer Angelegenheit weitere Maßnahmen treffen mußte, ^n der außerordentlichen GememderathsfitmW vom io. September wurde nun mit allen gegen 4 Stimmen "beschlossen, die S chluiiel- hofgründe anzukaufen, dw Ea,cruc zu bauen und den Ban dem Baumeister Herrn F r a n z L e n g e n f e l d e r m Bruck a. d. ~eiHm um den Pauschalbetrag von 190.000 fl. und im Falle möglicher Vereinfachungen um 180.000 zu übertragen. . . . Zugleich wurde dre Erbauung der Steyrtbalbahn mit aller Energie m Angriff genommen und in derselben Sitzung, am lG. September, mit allen gegen zwei Stimmen der Beschluß gefaßt, zum Baue einer schmalspurigen Bahn von Steyr nach Hörndl, mit einer Abzweigung von Reitzeug nach Bad Hall, einen Betrag von 200.000 fl. zu votircn. Dadurch kam der Bau der langersehnten Bahn in's Rollen und der Jntcrcssentcn-Ansschnß der Steyrthalbahn beschloß in der Sitzung am Ich September, zuerst das erste Bau los Stehr-Grünburg anszuführen, für welches ein Betrag von 700.000 fl. erforderlich ist. Zur Aufbringung dieses Betrages sollen 7500 Stück Actien aus- gegeben werden, auf welche eine Subscnpnon in Steyr und allen an dem Zustandekommen der Bahn mitinteressirten Orten einzulerten ist. Behufs Erbauung und Betriebes der Steyrthalbahn soll eine Actien-Gesellschaft gegründet werden, welcher das für das erste Banlos gezeichnete Capital als Grundlage zu dienen hat. Die Ausgabe von Prioritätsactleu wurde vollkommen ausgeschlossen. • In der Gemeinderaths- S:tzung am 24. September erstattete der Herr Bürgermeister darüber Bericht, daß der Gemen:berath Herr Wilhelm Klein sein Gem er nde- raths-Mandat zurücklegt. Während des Monates September wurden die Requisiten der Freiwilligen FabrikS-Fenerwehr durch eine Dampfspritze vermehrt, in Folge welchen Zuwachses in der Gaswerkgasse ein geräumiges neues Depot gebaut und für welches durch den Bau einer eisernen Brücke beim Josef-Lazareth eine leichtere Verbindung mit den übrigen Fabrirs- Objecten hergestellt wurde. Durch das Entgegenkommen des neuen Besitzers des Gasthauses „Zum Kaiser vou Oesterreich" iu der Bahnhofstraße, welcher einen entsprechende:: Grund unentgeltlich abtrat, wurde die Damberggasse wesentlich verbreitert uud wurden die Objecte beseitigt, die seit Langem die Bahnhofstraße ver- :u:zierten. Die sich immer mehr häufenden Agenden des Genieindeamtes machten eine Vermehrung des Beamte::standes nothwendig und wurde daher in der Gemeinderathssitzung am 26. Aug. 3 Herr Franz Rosenberg zum Concepts-1 Praktikanten ernannt, der sein Amt am 1.Oc-s tober antrat. Die Theatersaison wurde im Stadttheater zu Steyr am 1. October von den: Director des landständischen Theaters in Linz eröffnet. Das Unternehmen, auf dem Steyrer Theater durch die Linzer Gesellschaft Vorstellungen zu geben, ist vor Allem durch ein ausgiebiges Abonnement bedingt, das wenigstens theilweise die großen Kosten paralhsirt, die mit dieser Art der Theaterführung verbunden sind. Da das Abonnement jedoch sehr schwach ausfiel und auch der Besuch ebenso schwach war, legte Herr Director Laska die Bewilligung, im Steyrer Stadttheaier spielen zu dürfen, nach der vierten Vorstellung in die Hände des Gemeinderathes zurück, und wurde das Theater in der Gemeinderaths-Sitzung am 14. October Herrn Theater-Director Victor Berth al verliehen, welcher die Vorstellungen am29.October aufnahm. . An: 8. October starb u: N:edernhart der ehemalige Advocat JohannEv.Reiuhart im 52. Lebensjahre, der im öffentlichen Leben der Stadt Steyr stets eine hervorragende Rolle gespielt >md den Landbezirk Steyr im Jahre 1867 auch im Landtage vertreten hatte. Um die Stadt Steyr hat er sich unvergängliche Verdienste durch die Gründung des Turnvereines und der aus demselben hervorge- gangenen Freiwilligen Turner-Feuerwehr erworben. Mit feurigem Geiste und unbeugsamer Energie trotzte er den über ihn in seinen letzten Lebensjahren hereingebrochenen Mißgeschicken, bis ihn ein Schlaganfall mit unheilbarem Siechthum beschwerte, dem er nach langem Leiden in der Irrenanstalt erlag. Bereits am 16. October hielt der Winter mit einem Schneestnrme seinen Einzug, und führte von da an über 6 Monate hindurch ein äußerst strenges und unwirthlicheS Regiment. Der Interessenten -AuSschuß der Steyrthalbahn berief für den 3. November iVLäs^Hotcl Eiselmeyr eine Versammlung von Bürgern und Bewohnern der Stadt ein, um bereu Mithilfe bei der Einleitung der Subscription z» erbitten und diese selbst zn organisiren. Die anwesenden Herren theilten sich in Gruppen nach den einzelnen 6*
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