Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1889

Einstweilen führt es den Zollkrieg gegen loren, Rußland will aber neue machen,. und dagegen stemmt stch lnftrctrv die neue Tripel- amanz, welche den Frieden durch eine Armee von 10 Millionen Soldaten zu garantiren vermag. Wenn auch Europa sich diesen kostspieligen Luxus zu gestatten vermag, so ist £W ?£ Rußland nicht bei ^all, defien Finanzen wie in allen despotischen Staaten zerrüttet sind. Zähneknirschend Eß also der Czar seine Ohnmacht empfinden und darf es nicht einmal wagen, dem kleinen -sulgarensürstendasLebenslicht auszublasen. Da er also nicht often wagen darf, den euro- Paischen Frieden zu stören, -so suchtervenselbenwenigstens unEroberungen dert wird In unbarmherzigster Weise wird Ministerpräsident Crispi. gegen diese Staatsangehörigen und die Deutschen uuo Oesterreicher vorgegangen uno das deutsche Element sozusagen aus- gerottet, die alte deutsche Universität Dorpat aufgehoben und eine russische in Wilna errichtet. Im Innern gährt es dagegen fortwährend, die geheimen nihilistischen^ Druckereien sind in unausgesetzter Thätigkeit uno sogar die Armee ist unzufrieden. 18 Officiere wurden ant 6. NoUNvember wegen revolutionärer Umtriebe zur Deportation nach Sibirien verurtyeilt, aber vom Czaren zur Degradirung begnadigt. In Petersburg uub Moskau enipören sich die Studenten und müssen die Uuiver- geschlossen werden. Der englische Staatsmann Churchill kommt am 26. December nach Petersburg, ivo er Giers gefunden; es war am Neujahrstag (12. Jänner) ein Attentat auf den Kaiser geplant, in das eine Menge Polizisten verwickelt waren. Ende Jänner hat Rußland eine Offensive m großartigster Weise an seinen Grenzen in Scene gesetzt, und der Czar beweist dadurch nur, daß der herzliche Empfang, der ihm bei seinem Besuch in Berlin am 48. November vom deut- kchen Kaiser bereitet wurde, und die Aufklärungen über die Depeschenfälschungen, welche Fürst Bismarck ertheilte, ohne allen Eindruck geblieben sind. Rußland provocirte gewaltsam den Krieg und opferte dafür Millionen und Tausende von Soldaten, die durch Kälte und schlechte Verpflegung zu Grunde gingen, aber weder Deutschland noch Oesterreich ließen sich aus ihrer weisen Reserve herauslocken. Einstweilen werden alle Hebel in Bewe- . Sadi Carnot. Die geschichtlich gewordenen 18 Jahre, nach welchen Kranlrreich immer das Bedürfniß zu einem Umsturz des gerade herrschenden Regierungssystems empsindet, laufen Heuer ab, und wenn auch vor Schluß des Jahres 1888 noch nicht vorausgejehen werden kann, was bis dahin eingetreten sein wird, so muß doch constatirt werden, daß die Republik auf schwachen Füßen steht. Der Graf von Paris macht sich anfangs September bemerklich, indem er in einem Manifest daran erinnert, daß er der König Aller und der erste Diener Frankreichs sein möchte. Die Corruption, die bereits un- ) gar nicht, ein Bundmß mit der Republik IN BSSSS? Kssi®-- begeisterte wie Unüberlegte Rede, in welcher er er dieses Bündniß in enthusiastischer Weise feierte, bureauAnfangs Jänner wird in einem Polizeien. in Petersburg fast ein Centner Dynamit 8Ung gesetzt, um eine Anleihe w Frankreich zu Stande zu dringen, allein iu Geldsachen hört auch dort die Gemüthlichkeit auf,und ebenso denkenHollandundBelgien. Nußland hat thatsächlich allen Credit verloren und steht in politischer Beziehung ganz isolirt da. trotze Bankhäuser, unter denen Fehleisen, falliren anfangs Februar infolge der Valutaentwerthung und der traurigen Finanzlage des Reichs. Nach dem Tod der beiden deutschen Kaiser, Welche die größte Rücksicht, aber auch schwäche gegen Rußland zeigten, empfängt der Czar den Besuch Kaiser Wilhelm II. bis 24. Juli) in Petersburg. Wir wünschen nur, daß der Enthusiasmus des ^wpfanges der Erhal- ^g des europäischen . Friedens förderlich '^n möge. Von den scandi- "avischen Ländern ist ^tchtspolitisch Hervor- Prinz Oskar v. Schweden uno seine Braut Ebba Munck. Egendes zu berichten. Copenhagen diente das verflossene Jahr . kaiserlich russischen Familie zum Aufenthalt, \ ° Dänemark hält in seiner Hauptstadt dieses Zluhr eine große Ausstellung ab, die tausende ^emde dorthin führt. In Schweden bethätigte der hochsinnige d Schier-König Oscar seinen Liberalismus, indem seinem Sohn Oscar die Erlaubnis gab, das faulem Ebba Munck zu ehelichen. keine term Kaiserreich herrschte, setzt sich in dem Scandalproceß der Frau Limousin, in welchen die Generale Andlau und Caffarel und schließlich auch der Schwiegersohn des Präsidenten Grävy, der Aller- weltsprotector und Geldmacher Wilson, hineinbezogen wird, fort. Auch Boulanger spielte dabei eine Rolle, wußte sich aber noch herauszulügen, und es war zu seinem Heil, daß er wegen Verletzung der Disciplin Arrest auf seiner Station erhielt. Am 23. October wurden die Kammern eröffnet und bereits am 17. November wurde die Bewilligung zur gerichtlichen Verfolgung Wilson's ertheilt, welche den Sturz des Ministeriums Rouvier zur Folge hatte. Grövy trat........... ' für die Schuldlosigkeit seines Schwiegersohnes ein und beharrte bis zum 23. November auf seinem Posten. Als aber die Erregung in den - Kammern stieg und die Pariser mit den Barrikaden drohten, richtete er am 2. December seine Demissionsbotschaft an die Kammer. Die Orleans hätten zwar den General Saussiore durchgebracht, aber . weder dieser noch Ferry oder Floquet konnten sich Sympathien erwerben; ein rn der politischen Welt ganz unbekannter, der bedeutende Enkel eines großen Mannes der ersten Republik, Sadi Carnot, ging mit kolossaler Majorität aus der Wahlurne hervor. Als ein Mann der reinsten Vergangenheit, der unverfälschtesten republikanischen Gesinnung, steht er über allen Parteien. ' Am 1. März wurde Wilson zu zweijähriger

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