Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1889

71 70 mutter der Königin von England als das Ideal männlicher Schönheit und Gesundheit gepriesen wurde, fiel einem tückischen Leiden zum Opfer. Schon im Herbst 4887 traten die Symptome auf. Der Leidende glaubte das ausgetretene Halsübel in einem milderen Klima beseitigen zu können und ging nach Baveno, wohin am 3. October der berühntte englische Specialist Mackenzie berufen wurde. Dann erfolgte die unglückliche Uebersiedlung nach Toblach, und da sich das Klima dort für viel Zu rauh zeigte, so zog der Kronprinz, begleitet von seiner ganzen Familie, am 3. November nach S. Remo an der Riviera. Von dort beginnt die Leidensgeschichte des Lieblings der deutschen Nation, denkwürdige Krankheitsgeschichte lebt noch in aller Erinnerung, und wir können uns daraut beschränken, die Angriffe, die Mackenzie erdulden mußte, für ungerechtfertigt zu erklären. .Es verdient zweifellos keinen Tadel, daß dieser Arzt den Kaisersohn jo lange als möglich über die Gefahr und eigentliche Ursache des Uebels im Zweifel ließ. Gestützt auf die Untersuchung Virchow's, daß kein eigentlicher Krebs vorhanden sei, handelte er auch in diesem Sinne; denn wenn ein unheilbares Leiden, wie es der Krebs ist, constatirt worden wäre, so hätte der Kronprinz nach dem Staatsgrundgesetz niemals zur Regierung gelangen können. Es wäre dies Vorgehen eine nutzlose Grausamkeit gewesen. °-mö° „i. ein,r höchst »-A"»-"NL N^m »MKL^ViS des Heereswesens widmete und dev ^arem Die Proclamation Der russische Czar in Berlin. welche ganz Europa mit athemloser Spannung und innigster Theilnahme verfolgte. Die berühmtesten Aerzte wurden nach einander zur Consultation einberufen. Die Verschiedenartigkeit der Anschauungen erregte abwechselnd Furcht und Hoffnung, und da der berühmte Virchow die .Meinung ausgesprochen, es sei nicht Krebs vorhanden,-so war die letztere auch einigermaßen begründet. Uni Erstickungs- anfällen zu begegnen, wurde am 9. Februar durch Dr. Bramann der Luftröhrenschnitt vor- genowmen und eine Canule eingesetzt und es gelang der Kunst der Aerzte und der Riesenconstitution des hohen Patienten, ihn noch beinahe sechs Monate am Leben zu erhalten. Diese die den Tod des erlauchten Patienten nur beschleunigt gaben würde- Die 99 Tage, welche Friedrich III. als deutscher Kaiser regierte, waren aber von großer Bedeutung und Wirksamkeit. Seine und die Politik seines Vaters waren immer auf die Erhaltung des Friedens gerichtet und auch der Besuch, den der Czar am 18. November dem deutschen Kaiser in Berlin nbstattete, butbigte dieser Tendenz. Trotz des herzlichen Empfanges und trotz der merkwürdigen Enthüllungen, welche Fürst Bismarck dem russischen Kaiser über die Fälschungen diplomatischer Depeschen, die einZerwürsniß herbeisühren sollten, vorlegte, dauerte die Spannung fort. Der deutsche Reichstag wurde am 24. Noerleidet durch Singer's und Bebel's Nachweisungen eine empfindliche Niederlage, die seine Stellung erschüttert. Am 6. Februar hielt. Bismarck seine berühmte große Rede, in welcher er sich über seine Politik und über das deutsch-österreichisch - italienische Bündniß äußert und mit der Erklärung schließt: Wir Bismarck am 6. Februar im deutschen und das Manifest, welches am 13. erlassen wurde, athmen Frieden, Freiheit und Toleranz und fanden im ganzen Reiche begeisterte Aufnahme. Am 16. Mittags fanden die Leich eufeierlich- keiten des großen Kaisers unter einem nach Hunderttausenden zählenden Menschenandrang statt.Fast sämmtliche deutsche Bundesfürsten, Deutschen fürch- Diese Kronprinz Rudolf, die Thronfolger von Rußland, en Gott, aber sonst n chts m de^ England, Dänemark n. a. waren erschienen Die tollen Worte haben auch das Natwnaw a ^elt war an diesem Tage in Trauer, sein der Deuftch-Oesterrei^ gQi)-er Der neue Kaiser widmete sich trotz seines 7 ^ä 'vird da^ B stn $ J leidenden Zustandes mit größter Hingabe den ® Ää LV * - R--i"»---«°st»>"° >°°"'TL!"L' Oeffentlichkeit und am 9. Früh, 8^ Uhr, tritt das welterschütternde ^reignißein.Der Heldenkaiser, der Begründer und Wiederhersteller des Deutschen Reichs, athmete seinthatenreiches Leben aus. Seine letzten Worte waren an seinen Enkel Wilhelm gerichtet, dem er empfahl, den Ezaren recht rücksichtsvoll zu behandeln. Sterbend unterzeichTod Kaiser Wilhelm I. Cabinetsordres u. Erlässen seine Liberalität und die Erhabenheit seines' .Charakters.- Alle gehegter Besorgnisse über Nicht üb ereiu- stimmuug mit den Ansichten des Reichskanzlers erwiesen sich als unrichtig, Der zurückgesetzte General Blumenthal wird zum Feld marsch all ernannt und Justizminister Friedenberg, der sich energisch der Ein- ^'^i^?^„T^ Reickistaa Mit thränenerstickter setzung einer Regentschaft widersetzte, erhält ^otschait an den Re ) g. , 9 biefcg te£te ben Schwarzen Adlerorden. Am 21. Marz wird Maische Aktenstück den Abgeordneten vor nnd dem Kronprinzen die Erledigung eines großen Mstorlsche Acteust Dahinscheiden Theils der Regrerungsge^chafte übertragen, nacham selben Tage Beileidsadressen an. Kronprinz dem der Zustand des Kaisers imme licher wird. \ budeuk-

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2