Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1889

56 Aller-lei Kurzweil. (Geographische Erklärung.) „ Vater, warum heißt's denn in der Geographie immer: Europäisches Festland?" — „Dummer Bua, lest denn net alleweil in der Zeitung: Schützenfest, Turnfest, Sängerfest? D'rum heißt halt Europa a Festland." Ein Bauer, der mit einem hartnäckigen Uebel behaftet war, entschloß sich endlich einen berühmten Professor in der Stadt aufzusuchen. Als er in die Wohnung kam, war derselbe nicht anwesend, der Diener führte ihn in das Studirzimnier und hieß ihn warten. Dem Bauer wurde die Zeit lang, er schnofelte im Zimmer herum und hob endlich den Vorhang, der eine Nische verdeckte, empor: Erschrocken prallte er aber zurück, denn in derselben stand ein vollständiges Menschengerippe., Dem Bauer wurde es in dieser Gesellschaft unheimlich zn Muthe und er schlich sich sachte aus dein Hause. Mittlerweile war der Professor zurückgekommen und als er den Paticirten nicht mehr fand, rief er ihm durchs Fenster nach heraufzukommen. Der Bauer hatte aber alle Lust verloren und rief zurück: „Bleib' Er mir voiu Leibe, Herr Professor, ich habe Ihn schon geseh'n, als Er kein Hemd an hatte." (Mur gesetzlich.) Maher (zum Brautvater): „Durch mein Zuthun hat der Assessor Ihre Tochter kennen gelernt. Glauben Sie nicht, daß ich bin ein unanständiger Mensch wegen der Provision. Aber Ihre Tochter kriegt mit 60.000 Mark und durch mich haben sich die jungen Leute gefunden; ich will nur haben den gesetzlichen Finderlohn, mit 10°/, macht. 6000 Mark." —H>^K------- (Was man öfter im Schlafzimmer hat.) Lehrer: „Nun kommen wir zu den Wohnuugsräumen! Also: Wohn- zimmer, Schlafzimmer. Was hat man denn öfters in oder beim Schlafzimmer, Fritzchen? — Nun, einen Al— einen Alko ..." — Fritzchen: „Einen Alkohol." Bei dem Uebungsritt einer Abtheilung Husaren fällt dem diensthabenden Wachtmeister die schlechte Haltung eines seiner Leute auf. Erbittert darüber ruft er iu Gegenwart eines Lieutenants dem Manne folgende Worte zu: „Horen S', Sie Mayer, Sie sitzen ja heute wieder einmal droben wie die Ariadne ans Naxos." „Ich tvürde Sie ersuchen", replicirte der anwesende Lieutenant, „den Leuten doch nichts aus der biblischen Geschichte zu erzählen!" * (Großmüthig.) Chef: „HerrDiurnist Müller, mein Geburtstag, da (ihm die Tabaksdose hinhaltend) einmal auf mein Wohl." * (Die ganz Gescheite.) Commis: „Wünschen gnädige Frau Salon- oder Kammermusik?" — Dame: „Selbstverständlich Salonmusik, denn bei uns wird nur im Salou gespielt!" * (Ank der Wörse.) Sohn: „Was meinst du, Papa, soll ich die reiche Veilchenfeld heiraten?" — Papa: „Die böse Sieben? Meinetwegen nimm se, gib aber acht--------- " Sohn: „Ach, Unsinn, seit wann soll ich nehmen sieben und geben acht?" Pater Paulus. Aus den Erinnerungen eines österreichischen Militär! (ine tröstliche, er- T hebende Erin- ü^i nerung habe ich aus dem Kriegs- und Lagerleben in Italien im Jahre 1859 mitgebracht: ich habe dort einen vortrefflichen,tugendhaften Menschen kennen gelernt. Einst mußte ich mit meiner Compagnie ein italienisches, Dorf besetzen, welches einen nicht unwichtigen strategischen Punkt in der Vorpostenkette bildete. Als wir in den Ort einzogen, der augenscheinlich schon viel durch den Krieg und die Beutelust der Soldaten gelitten hatte, trat mir ein bejahrter Btann, eine hohe stattliche Gestalt m Benediktinertracht entgegen. Der imponirende Mönch bat Mich um Schonung der zurückgebliebenen Einwohner. „Es sind," sagte er, „fast Nur noch Greise, Weiber und Kinder, die der Truppen Sicherheit wahrlich nicht stören und beeinträchtigen werden; snillig wollen sie auch liefern, was in ihren Kräften steht; denn daß der un- selige Krieg den Ort bereits hart getroffen, sehen Sie. Schonen Sie auch der Kirche und meines Klosters! Es sind Jahrhunderte verflossen, seit frommer Sinn sie erbaute, und möchten Sie, Herr Hauptmann, - nicht mitleidsloser sein, als die Stürme, die an ihren Zinnen uud Pfeilern oft vorübersausten, ohne sie zu schädigen." Es lag etwas in dem Benehmen und Gefeit dieses Mannes, das mich sehr ^vsprach. Gerne sagte ich ihm Schutz Iu, so weit meine Kräfte reichten, „denn", bemerkte ich ihm, „vom Hauptmann zum Feldmarschall ist noch ein weiter Weg." Mein Quartier erhielt ich im Kloster. Alle Mönche waren fort, nur jener Mann, der mir entgegengekommen, Pater Paulus, war geblieben. Auf meine Frage, warum gerade nur er sich den Gefahren des Krieges ausgesetzt, versetzte er milde lächelnd: „Ich durfte die hilflosen Greise, die armen Weiber und Kinder nicht verlassen. Ich mußte ihr Rathgeber, ihr Freund und Arzt sein, während meinen geistlichen Brüdern in dieser Zeit der Drangsale noch schwerere Pflichten obliegen." Und in der That, er war ihr Freund und Arzt, vom frühen Morgen bis zum späten Abend sah ich ihn beschäftigt. Mit Sonnenaufgang ging er hinaus inp Feld und in den nahen Wald, ur. Kräuter zn sammeln, die für Kranke und Verwundete heilsam sind, dann kam er in das Dorf zurück und ging von Haus zu Haus; wer des Rathes, der Hilfe, des Trostes bedurfte, wandte sich an den frommen Pater Paulus, und er hatte für Alle gleiche Freundlichkeit, für jedes Anliegen gleiche Bereitwilligkeit. Bei den verwundeten Soldaten wc er unermüdlich, Nächte hindurch wachte er an ihren Betten, und mehr als einer meiner Leute dankte seiner ärztlicher Kunst und seiner rastlosen Pflege Leben und Genesung. Ließ ihm die Sorge um die Dorfbewohner und um die Kranken einige Ruhe, dann sammelte er die Kinder des Ortes um sich und belehrte sie und ertheilte ihnen Religionsunterricht. Dann sprach er auch von der Noth des Landes und wie sie den Himmel um Frieden bitten müßten, denn das Köst-

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