Niederschrift über die 26. Sitzung des Gemeindetages der Stadt Steyr am Freitag, den 8. Oktober 1937 um 20 Uhr im Gemeindetagssitzungssaal im Rathaus. Anwesend: Vorsitzender Bürgermeister Dr. Josef Walk. Die Mitglieder: Gruber August Kammerhofer Ignaz Klaushofer Johann Ing. Grundmüller Oskar Nawratil Eugen Hambrusch Peter Mayrhofer Franz Haslinger Karl Paulmayr Franz Heindl Otto Probst Christian Hofer Albert Rossner Karl Hikade Willibald Smeykal Karl Hübl Josef Dr. Anton Mayr Wipplinger Johann Entschuldigt abwesend: die G.R. Dr. Doppler Fritz, Dechant Schliessleder Alois, Trauner Franz, Voglsam Josef und Weindl Anton. Tagesordnung: 1.) Berichte. 2.) Haushaltsordnung und Haushaltsplan. 3.) Fürsorge-Berufungen. 4.) Mietaufwandabgabe-Pauschalierungen. 5.) Gaswerk Steyr, Vertragsänderung. 6.) Auflassung des Samstag-Wochenmarktes. 7.) Vorkaufsrecht der "Wohnungsfürsorge"-Genossenschaft. 8.) Wasserleitung Ennsleiten-Siedlung. 9.) Kanalisation. 10.) Allfälliges. Der Bürgermeister eröffnet um 20 Uhr 15 die Sitzung, begrüsst die erschienenen Gemeinderäte und stellt die Beschlussfähigkeit fest: Zu Punkt 1.) Der Bürgermeister berichtet über den derzeitigen Stand des Wasserleitungs-Projektes. Es soll zunächst für die Stadtteile Steyrdorf und Ennsdorf ein Projekt ausgearbeitet werden. Das Wasser hiezu wird aus dem sogenannten Bulgaren-Brunnen in
Verbindung mit dem schon bestehenden Pumpwerk Schlüsselhof entnommen. Das Projekt soll bis Anfangs Dezember 1937 fertiggestellt werden, damit die Kommissionierung noch im Jahre 1937 durchgeführt werden kann. Dies deshalb, weil das Land Oberösterreich noch aus der Gebarung 1937 ein zinsenloses Darlehen zu bewilligen zugesagt hat. Gleichzeitig wird ein Gesamtprojekt für eine städtische Entwässerungsanlage verfasst werden, damit bei Strassenpflasterungen und -Regulierungen auch Kanal und Wasserleitung in einem durchgeführt werden können. Es war beabsichtigt, den Pfarrberg noch im Jahre 1937 zu pflastern. Durch die Übersiedlung der Kugellager-Abteilung der SteyrDaimler-Puch A.G. wird jedoch der Pfarrberg für die grossen Transporte unbedingt benötigt. Über Ersuchen der Werksdirektion muss daher wegen der sonst unvermeidlichen Sperrung für heuer von der Pflasterung noch Abstand genommen werden. Weiters berichtet der Bürgermeister, dass für Reparaturen in den Schulen, insbesondere für Fussböden u. dgl. wiederum ein Betrag von weiteren 30.000 S zur Verfügung gestellt wurde. Ebenso wurde der Auftrag gegeben, in den übrigen Gemeindehäusern Arbeiten, die sich im Herbst und Winter durchführen lassen, an Gewerbetreibende zu vergeben. Der Bürgermeister teilt ferners mit, dass das Land Oberösterreich sich bereit erklärt hat, den gesetzlichen Normalzustand hinsichtlich der Einzahlung der Lohnabgabe der Steyr-Daimler-Puch A.G. wieder herzustellen. Bisher musste die Lohnabgabe unmittelbar bei der o.ö. Landesregierung eingezahlt werden, worauf die Landesregierung dann nach Abrechnung ihrer Forderungen an die Stadtgemeinde den Rest an den Magistrat Steyr überwies. Durch die Wiederherstellung des Normalzustandes erscheint gewissermassen die vom Land Oberösterreich über die Stadt Steyr verhängte Kuratel wieder aufgehoben. Ferners teilt der Bürgermeister mit, dass die Seilerstiege, die den Unteren mit dem Oberen Schiffweg verbindet, gepflastert wurde, dass die Brücke zum Schiffweg hergerichtet wurde, dass beim Ahlschmiedberg eine Stützmauer aufgeführt wurde, dass die Kurve vom Viadukt in die Mittelstrasse gepflastert wurde und dass die Arbeiten am Bergerweg, wenn auch durch die Witterung stark gehemmt und beeinträchtigt, doch fortschreiten. Zu Punkt 2.) Zl. 1046/38 Der Bürgermeister berichtet, dass der letzte Gemeindetagsbeschluss über die Haushaltsordnung samt Haushaltsplan vom
29. Dezember 1936 dem Rechnungshof unterm 3. Februar 1937 vorgelegt wurde, wobei auch der hiezu erlassene Durchführungserlass dem Rechnungshof zur Begutachtung übermittelt wurde. Der Rechnungshof hat nun mit Erlass vom 23. März 1937 weitere Wünsche zur Haushaltordnung, Haushaltsplan und Durchführungserlass bekanntgegeben. Die nunmehrigen Wünsche des Rechnungshofes wurden in den Gemeindetagsbeschluss vom 29. Dezember 1936 so hineinverarbeitet, dass dem Gemeindetag heute wiederum eine einheitliche Fassung von Haushaltsordnung und Haushaltsplan vorgelegt werden kann und dass auch der Durchführungserlass wiederum in einheitlicher Fassung vorliegt. Der Bürgermeister bringt Haushaltsordnung und die Grundgedanken des Haushaltsplanes zur Verlesung und teilt auch den massgeblichen Inhalt des Durchführungserlasses mit. Eine völlige Verlesung erübrigt sich, da jedem Gemeinderat der genaue Text vor der Sitzung zugemittelt worden war. Der Bürgermeister verweist darauf, dass dem Gemeindetag nichts anderes erübrige, als den Wünschen des Rechnungshofes restlos Folge zu geben. Der Gemeindetag nimmt hierauf die Haushaltsordnung und den Haushaltsplan laut Amtsantrag einstimmig zur Kenntnis. Haushaltsordnung und Haushaltsplan sind dieser Niederschrift als wesentlicher Bestandteil hiemit angeschlossen. Zu Punkt 3.) Die Rekurse in Fürsorgesachen des Johann Glaser, Zl. 6006/37, Franz Gotthardt, Zl. 6052/37, Konrad Huber, Zl. 6144/37, Josef Lang, Zl. 6055/37, Georg Löschenkohl, Zl. 6059/37, Anna Pendinger, Zl. 5986/37. Anna Bessler, Zl. 6112/37 und Johanna Waldmann, Zl. 6145/37, werden laut Amtsantrag durch einheitlichen Beschluss erledigt. Zu Punkt 4.) Zl. 7069/37 Der Bürgermeister berichtet über seine Besprechung vom 30. September 1937 mit den Herren Generaldirektor Ing. Götzl, Direktor Riznar, Direktor Ing. Windberger, Direktor Rossner und Direktionssekretär Dr. Runkel und verliest den Entwurf einer Niederschrift, die mit der Steyr-Daimler-Puch A.G. hinsichtlich der Pauschalierung der Mietzins-, bezw. Mietaufaufzunehmen und nach der diese Abgabe wandabgabe für die Zeit vom 1. Juli 1930 bis 30. Juni 1939 mit einem Jahresbetrag von je 100.000 S festzusetzen wäre. Der Bürgermeister stellt fest, dass die Geschäftsleitung der Steyr-Daimler-Puch A.G. in diesen Belangen grösstes Verständnis für die finanziellen Bedürfnisse der Stadt bekundet
habe und dankt insbesondere Generaldirektor Ing. Götzl für die absolut loyale Verhandlungsführung. Der Gemeindetag beschliesst nach kurzer Debatte einhellig die Pauschalierung der Mietzins-, bezw. Mietaufwandgabe der SteyrDaimler-Puch A.G. für sämtliche Fabriksobjekte des Werkes Steyr für die Zeit vom 1. Juli 1936 bis 30. Juni 1939 mit einem Jahresbetrage von je 100.000 S, wobei während der Laufzeit dieser Pauschalierung eintretende Änderungen (Zuwachs oder Abgang) in Zahl oder Benützungsausmass der Fabriksobjekte ohne Einfluss auf die Höhe des Pauschales bleiben. Zu Punkt 5.) ZI. 901/38 Der Bürgermeister verliest das Schreiben des Gaswerkes Steyr vom 14. Juli 1937. Er bezeichnet das Begehren des Gaswerkes als recht und billig. Mit Rücksicht darauf, dass durch die aufrechte Erledigung des Ansuchens des Gaswerkes Steyr der Gesamtkonsum in Steyr lediglich mit 582 S im Jahr belastet wird, ein Betrag, der aber immerhin für das ohnedies notleidende Gaswerk auch etwas bedeutet, stellt er den Amtsantrag, dem Ansuchen des Gaswerkes vom 14. Juli 1937 Folge zu geben. Nach kurzer Debatte, an der sich die G.R. Albert Hofer und Franz Paulmayr beteiligen, wird der Antrageinstimmig angenommen. Zu Punkt 6.) Zl. 2836/37 Der Bürgermeister verliest die Eingabe der Inhaber von Verkaufsständen am Stadtplatz vom 26. April 1937. Er vertritt den Standpunkt, dass die Auflassung des Samstag-Wochenmarktes umso weniger in Frage kommen kann, als Steyr vorwiegend eine Stadt der Konsumenten ist und die Abhaltung des Wochenmarktes, wie die Erfahrung lehrt, geeignet ist, die Verkaufspreise zu regulieren. Er stellt daher den Amtsantrag, den Wochenmarkt an Samstagen aufrecht zu belassen. In der Debatte unterstützen die G.R. Johann Wipplinger und Albert Hofer dan Amtsantrag, den der Gemeindetag somit einstimmig annimmt. Zu Punkt 7.) Zl. 686/37. Der Bürgermeister verliest das Schreiben der "Wohnungsfürsorge, 1. allgemeine gemeinnützige Bau- und Wohnungsgenossenschaft in Steyr, reg.Gen.m.b.H." vom 3. Juni 1937, Zl. 87, in dem
diese mitteilt, dass sie für das Jahr 1937 von einem Wohnhausbau Abstand nimmt und gleichzeitig ersucht, für die Grundparzelle 1408/4 in der Grillparzerstrasse das ihr mit Gemeindetagsbeschluss vom 16. Februar 1937 eingeräumte Vorkaufsrecht auch weiterhin belassen zu wollen. Der Bürgermeister vertritt den Standpunkt, dass ein Vorkaufsrecht nur dann bewilligt werden soll, wenn sich um eine Liegenschaft mehrere Parteien bewerben und ein ernst zu nehmendes Bauvorhaben von einer der Parteien nur dann weiter verfolgt werden kann, wenn sie eben die Gewähr dafür hat, dass sie tatsächlich das Grundstück für Bauzwecke auch verwenden kann. Im gegebenen Fall liegt aber ausser dem Ansuchen der "Wohnungsfürsorge" ein weiteres Ansuchen überhaupt nicht vor. Die "Wohnungsfürsorge" aber hat gar kein ernstes Bauvorhaben. Es fehlen somit die Voraussetzungen für die Gewährung eines Vorkaufsrechtes. Der Bürgermeister stellt somit den Amtsantrag: "Dem Ansuchen der "Wohnungsfürsorge, 1.allgemeine gemeinnützige Bau- und Wohnungsgenossenschaft,reg.Gen.m.b.H." vom 3. Juni 1937 um Einräumung eines Vorkaufsrechtes für die Grundparzelle 1408/4 der Katastralgemeinde Steyr wird nicht entsprochen. Es steht der Genossenschaft frei, im gegebenen Zeitpunkte um die Überlassung dieses Grundstückes einzukommen." An der kurzen Debatte beteiligen sich die G.R. Hikade Willibald, Hofer Albert und Paulmayr Franz. Der Amtsantrag wird einstimmig angenommen. Zl. 770/37 Zu Punkt 8.) 1430/38 Der Bürgermeister berichtet, dass zur Versorgung der auf der Ennsleiten entstandenen Siedlung von 21 Siedlungshäusern mit Wasser als der einzig gangbare Weg der Anschluss dieser Siedlung an die auf der Ennsleiten bereits bestehende aus dem Z-Brunnen gespeiste Wasserversorgungsanlage erschiene. Diese Wasserversorgungsanlage wird von der Steyr-Daimler-Puch A.G. betrieben. Die Wasserversorgungsanlage aber einschliesslich des Z-Brunnens ist Eigentum der Stadtgemeinde. Nach langwierigen Verhandlungen mit der Direktion der Steyr-Daimler-Puch A.G. konnte jedoch erreicht werden, dass diese sich bereit fand, das Wasser für die 21 Siedlungshäuser abzugeben. Die gemeinnützige Bau-, Wohnungs- und Siedlungsgenossenschaft o.ö. Arbeiter und Angestellter in Linz hat nun auf Grund eines Projektes der Wasserleitungsfirma Franz Kriszan in Steyr in die Siedlung ein
Verteilungsnetz gelegt. Sie ist an die Stadt mit der Bitte herangetreten, die Kosten für dieses Verteilungsnetz zu übernehmen. Der Bürgermeister vertritt den Standpunkt, dass die Errichtung von Privat-Wasserleitungen in Steyr von der Gemeinde nicht weiter geduldet werden soll, damit endlich einmal eine einheitliche Wasserversorgung in Steyr durchgeführt werden kann. Er ist der Meinung, dass auch die Betriebsführung durch die Steyr-Daimler-Puch A.G. hinsichtlich der Wasserversorgung der Ennsleiten im gegebenen Zeitpunkt abgestellt werden müsse, da die Wasserversorgung eine typisch kommunale und daher von der Stadt restlos durchzuführende Angelegenheit sei. Er bemerkt, dass die Grabarbeiten von der Genossenschaft unmittelbar durchgeführt wurden und dass deren Kosten von der Stadtgemeinde nicht zu übernehmen sind. Er beantragt daher, die Stadt wolle die Kosten für die Errichtung einer Wasserleitungsanlage für die Siedlung Ennsleiten durch die Gemeinnützige Bau-,Wohnungs- und Siedlungsgenossenschaft im Gesamtbetrage von 5.274 S übernehmen. Diese Wasserleitung wird dadurch Eigentum der Stadt. An der Debatte nehmen die G.R. Anton Weindl, Johann Wipplinger, Johann Klaushofer und Josef Hübl teil. Der Antrag wird einstimmig angenommen. Zu Punkt 9.) Zl. 2499 Der Bürgermeister berichtet, dass sich die dringende Notnwendigkeit ergeben habe, in der Wolfernstrasse von der Abzweigung der Gleinkergasse bis zum Haus Nr. 6 einen Kanal zu legen, der nicht nur die Entwässerung der Strasse, sondern auch der in dieser Strasse gelegenen Häuser besorgt. Die Kosten dürften sich auf rund 2000 S belaufen. Er beantragt, der Errichtung dieser Entwässerungsanlage zuzustimmen. Wird einhellig zugestimmt. Zu Punkt 10.) Unter „Allfälliges" berichtet der Bürgermeister, dass in der "Reichspost" vom 3. Oktober 1937 auf Seite 12 ein "Steyrerbrief "erschienen ist, der Daten enthält, die nur aus einer nicht öffentlichen Gemeindetagssitzung stammen können. Er macht darauf aufmerksam, dass der Stadt durch derartige Veröffentlichungen grosse Schwierigkeiten entstehen können und ersucht, bei solchen Veröffentlichungen das Einvernehmen mit ihm zu pflegen. Schluss der Sitzung: Die Niederschriftsprüfer: Der Bürgermeister:
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