Gemeindetagsprotokoll vom 17. Februar 1937

Niederschrift über die 20. Sitzung des Gemeindetages der Stadt Steyr am Dienstag, den 17. Februar 1937 um 20 Uhr im Rathaus, Sitzungssaal. Anwesend: Vorsitzender Bürgermeister Dr. Josef Walk. Die Mitglieder Dr. Mayr Anton Dr. Doppler Fritz, Ing. Grundmüller Oskar Paulmayr Franz Hambrusch Peter Rossner Karl Hofer Albert Schwarzlmüller Felix Voglsam Josef Hübl Josef Weindl Anton Kammerhofer Ignaz Nawratil Eugen Vom Magistrate: Kanzleioffizial Maria Egelseer als Schriftführerin Tagesordnung: 1.) Berichte des Bürgermeisters. 2.) Personalreform. 3.) Grundverkauf an die Allgemeine gemeinnützige Arbeiter-Bauund Wohnungs-Fürsorge-Genossenschaft in Steyr. 4.) Option für die Gemeinnützige Bau-, Wohnungs- und Siedlungsgenossenschaft oberösterr. Arbeiter und Angestellter in Linz. 5.) Vorkaufsrecht für die Wohnungsfürsorge I. allgemeine gemeinnützige Bau- und Wohnungsgenossenschaft in Steyr, 6.) Berufungen in Fürsorgeangelegenheiten. 7.) Steyr-Daimler-Puch A.G., Genehmigung zur Führung des Stadtwappens. 8.) Angelsportverein Steyr, Genehmigung zur Führung des Stadtwappens. 9.) Kaninchen-, Kleintierzüchter- und Schrebergartenverein Steyr, Verleihung von Stadtplaketten. 10.) Allfälliges.

Der Bürgermeister eröffnet um 20 Uhr 15 Minuten die Sitzung, begrüsst die Erschienenen und stellt die Beschlussfähigkeit fest. Zu Punkt 1.) Der Bürgermeister berichtet über die Unterredung, die er mit G.R. Franz Paulmayr am 27. Jänner 1937 beim Finanzreferenten des Landes, Dr. Lorenzoni, und Landesstatthalter Wenninger in Angelegenheit Voranschlag 1937 hatte. Der Finanzreferent erwarte vom Gemeindetag die Beschlussfassung des Budgets, was aber als unmöglich bezeichnet wurde. Das Budget 1937 ist vom Gemeindetag nicht aus Opposition zurückgestellt worden, sondern deshalb, weil er einem Voranschlage, der keinerlei kommunale Ausgaben vorsieht und dennoch mit einem Abgang abschliesst, nicht zustimmen könne. Der Bürgermeister bringt noch vor, dass der den Gemeindetagsmitgliedern und allen anderen interessierten Kreisen in den letzten Tagen den Entwurf einer Steuerreform und einen Motivenbericht hiezu zukommen habe lassen. Mit Rücksicht auf die grosse Bedeutung des vorliegenden Gesetzentwurfes wird er auch die Stellungnahme der Berufsstände in Steyr einholen, um dem Gemeindetag eine Beschlussfassung hierüber zu erleichtern. Der Bürgermeister gibt auf zahlreiche an ihn gerichtete Anfragen Auskunft und betont, dass selbstverständlich auch die breiteste Oeffentlichkeit über Sinn und Zweck der Steuerreform und über das Hauptmotiv dieser Reform, Arbeit zu schaffen und die Wirtschaft anzuregen, aufgeklärt werden wird. Der Bürgermeister gibt noch bekannt, dass in allernächster Zeit die Schuldenregelung mit dem Bunde zu einem für beide Teile annehmbaren Ergebnisse kommen dürfte. Zu Punkt 2.) Zl. 27/Präs. Der Bürgermeister erklärt diesen Punkt der Tagesordnung als vertraulich.

Er berichtet über die Motive, die zur Erlassung der Verfügung vom 30. Juli 1935 geführt haben, über die zweimalige Zurückweisung der von 82 Angestellten und Pensionisten eingebrachten Beschwerde an den Bundesgerichtshof und über die von den gleichen Angestellten und Pensionisten eingebrachte Berufung an die o.ö. Landesregierung. Er berichtet ferner, dass es der Wunsch des Herrn Landeshauptmannes sei, den durch die sogenannte Personalreform mit den Angestellten entstandenen Streitfall einer einvernehmlichen Lösung zuzuführen. Er berichtet über die Intervention des Herrn Hofrates Dr. Ensthaler der o.ö. Landesregierung und das Einschreiten der Kameradschaft der Gemeindebediensteten. Es seien in den letzten Wochen umfangreiche Verhandlungen mit den Angestellten geführt worden. Hiebei sei der bestimmt gerechtfertigte Wunsch ausgesprochen worden, dass bei der Gemeinde Steyr so wie bei allen öffentlichen Körperschaften endlich auch wieder einmal freie Beförderungen vorgenommen würden. Einige Beamte hätten hiefür allerdings masslose Forderungen gestellt. Es liege für solche freie Beförderungen beim Magistrate mit seinem verhältnismässig kleinen Beamtenstand insoferne eine gewisse Schwierigkeit vor, als es begreiflich sei, wenn Beamte, die einen leitenden und offenbar gehobenen Posten innehaben, dennoch mit anderen Beamten, die weniger qualifiziert sind, gehaltlich völlig gleichgestellt sind. Anderseits dürfe aber der Gemeinde nicht zugemutet werden, dass sie Beamte in jüngsten Jahren bereits in Dienstklassen befördere, die beim Bunde nur von älteren Beamten eingenommen werden. Schliesslich sei es auch weder im Interesse der Gemeinde noch der Angestelltenschaft gelegen, wenn in solchen Fällen, besonders bei wirklich leitenden Posten, Beamte aus anderen Gemeinden oder aus dem Bundesdienste in den Personalstand der Stadt Steyr übernommen werden. Einen Ausweg für diese Schwierigkeit könne die Gewährung von Zulagen schaffen, die an Beamte auf gehobendem Posten

solange gewährt werden, bis sie eine diesem Posten entsprechende Dienstklasse inne haben. Jedenfalls müsse auch eine freie Beförderung nach genauen bindenden Richtlinien erfolgen, soll nicht die Inflationspolitik der letzten 15 Jahre sogleich wieder beginnen. Die Pensionisten hätten einen Ausgleich in der Weise erbeten, dass ihnen eine Ergänzungszulage von 50 % der Differenz zwischen den Pensionsbezügen vor der Personalreform und den derzeitigen Pensionsbezügen gewährt wird. Sollte sich jedoch bei Anerkennung der im Zeitpunkte der Pensionierung beim Magistrate geltenden Dienstzeit von 30, bezw. 35 Dienstjahren eine höhere Pension ergeben (was nur bei zwei Pensionisten der Fall ist) wäre diese höhere Pension auszuzahlen. Die Forderung der Pensionisten muss als begreiflich erscheinen, da ja die Pensionsparteien noch durch einige Jahre hätten im aktiven Dienste verbleiben können, wenn sie nicht mit der Erreichung der vollen Pensionsbemessungsgrundlage im Zeitpunkt ihrer Pensionierung gerechnet hätten. Uebrigens darf auch nicht übersehen werden, dass die Personalreform bei den Pensionsparteien überhaupt alle freien Beförderungen aufgehoben hat, ein Zustand, der im Bundesdienst bei den höheren Verwendungsgruppen wohl nur sehr selten vorkommen wird. Der Bürgermeister sei daher der Meinung, dass das Begehren der Pensionsparteien als gerechtfertigt anerkannt werden könne. Bei den aktiven Angestellten betrage jedoch das begehrte, bezw. in den bisherigen Verhandlungen zugestandene Ausmass an Ergänzungszulage nur 35 %. Die finanzielle Auswirkung sei aber gerade bei den aktiven Angestellten weniger ins Gewicht fallend, weil die Ergänzugszulagen infolge der automatischen Bienalvorrückungen bei den meisten Aktiven schon bei der nächsten oder übernächsten Vorrückung wieder aufgesaugt werden. Der durch den Vergleich notwendige Mehraufwand beträgt bei den Pensionisten rund 16.000 S, bei den Aktiven unter Berücksichtigung der auch beim Bund üblichen freien Beförderungen rund 12.600 S, sodass sich insgesamt eine Mehrbelastung

von 28.000 S ergibt. Es wird aber durch den Vergleich erreicht, dass die ganze Inflationspolitik im Personalrecht der Magistratsangestellten nunmehr endgiltig und rechtskräftig beendet wird, dass für das gesamte Personalwesen ein neuer Boden gelegt ist und dass die Vorrückungen, die ohne Personalreform ins Unermessliche gestiegen wären, doch auf das bei den Bundesangestellten übliche Mass gesenkt werden, sodass gerade bei den aktiven Angestellten die Ersparung weniger in der Gegenwart als vielmehr in der Zukunft gelegen ist. Der Bürgermeister stellt folgenden Amtsantrag: "Der Gemeindetag stimmt einer Neuregelung der Personalverhältnisse auf folgender Grundlage zu: Die Verfügung vom 30. Juli 1935 bleibt aufrecht. Die Pensionsparteien erhalten, gleichgiltig ob sie eine Beschwerde geführt haben oder nicht, zu der nach der Personalreform sich ergebenden Pension eine Zulage im Ausmasse von 50 % der Differenz zwischen dem Pensidnsbezug auf Grund der Personalreform und dem Pensionsbezuge, der sich ohne diese Personalreform ergeben hätte. Die Aktiven erhalten zu den Bezügen, die sich nach der Personalreform mit dem Stande vom 1. Jänner 1937 ergeben, eine Ergänzungszulage im Ausmasse von 35 % der Differenz zwischen den Bezügen vom 1. Jänner 1937 und den Bezügen, die dem Aktiven vor der Durchführung der Personalreform zugestanden sind. Für die Vornahme freier Beförderungen sind Richtlinien aufzustellen, die sich im wesentlichen mit den vom Bunde herausgegebenen Richtlinien decken. Ausser diesen Richtlinien sind freie Beförderungen nicht statthaft. Soferne Beamte einen Posten inne haben, für den eine freie Beförderung in Frage kommt (systemisierter Dienstposten), bei denen aber mit Rücksicht auf die Richtlinden die freie Beförderung noch nicht durchgeführt werden kann, erhalten diese Beamten eine Personalzulage. Der

Bürgermeister wird ermächtigt, auf dieser Grundlage die Verhandlungen abzuschliessen. Der Herr Landeshauptmann wird ersucht, dieser Neuregelung seine Zustimmung zu geben. Der Bürgermeister wird ersucht, bis zur nächsten Gemeindetagssitzung hinsichtlich der Richtlinien, der Personalzulagen und der systemisierten Dienstposten die entsprechenden konkreten Anträge einzubringen. G.R. Franz Paulmayr empfiehlt nach kurzer Debatte, den Amtsantrag des Bürgermeisters anzunehmen. Der Gemeindetag stimmt dem Antrag einhellig zu. Zu Punkt 3.) Zl. 1138/37. Die Allgemeine gemeinnützige Arbeiter-Bau- und WohnungsFürsorgegenossenschaft in Steyr beabsichtigt, ein Wohnhaus zu errichten und ersucht um käufliche Ueberlassung der Bauparzelle in der Spitalskystrasse anschliessend an die Polizeikaserne. Der Bürgermeister ersucht den Gemeindetag, hiezu seine Zustimmung zu geben. Die Zahlungsmodalitäten müssten der Genossenschaft so eingeräumt werden, dass sie tragbar sind. Der Gemeindetag stimmt mit Rücksicht auf den Zweck dem Verkaufe dieses Grundes an diese Genossenschaft um 10 S pro m2 einstimmig zu. Zu Punkt 4.) Zl. 1372 Die gemeinnützige Bau-Wohnungs- und Siedlungsgenossenschaft o.ö. Arbeiter und Angestellter in Linz will auf den Fischhubgründen Siedlungshäuser errichten. Zur Beschaffung eines Kredites beim Bundesministerium für soziale Verwaltung benötigt diese Genossenschaft das Optionsrecht für diese Gründe. Der Bürgermeister stellt den Antrag, dieser Genossenschaft die Option zur Errichtung von Arbeitersiedlungen auf den Fischhubgründen einzuräumen. G.R. Anton Weindl stellt die Anfrage, ob die Schottergrube im Besitze der Stadtgemeinde verbleibt. Der Bürgermeister bejaht

dies.Der Antrag des Bürgermeisters wird einstimmig angenommen. Zu Punkt 5.) Zl. 686/37. Die Wohnungsfürsorge, I. Allgemeine gemeinnützige Bau- und Wohnungsgenossenschaft in Steyr beabsichtigt, ein Gross-Wohnhaus zu errichten und ersucht um das Vorkaufsrecht für das gemeindeeigene Grundstück entlang der Grillparzerstrasse (sogenannter kleiner Sportplatz). Der Vorsitzende stellt den Antrag, der Gemeindetag wolle mit Rücksicht auf den Zweck seine Zustimmung geben. Er macht aber darauf aufmerksam, dass dann an die Aufstellung eines Vergnügungsparkes auf diesen Gründen nicht mehr gedacht werden könne. Der Gemeindetag nimmt dies zur Kenntnis und gibt einhellig seine Zustimmung zum Verkaufe dieses Grundes. Zu Punkt 6.) Nachstehende Fürsorgerekurse werden im Sinne der Amtsanträge erledigt: Dansachmüller Ignaz, Schuhansuchen, Stribl Marianne, Erziehungsbeitrag, Koger Ottilie, Erziehungsbeitrag, Zu Punkt 7.) Zl. 1139/37 Der Bürgermeister berichtet, dass die Steyr-Daimler-Puch A.G. an die Stadtgemeinde Steyr mit der Bitte herangetreten sei, bei einer Erinnerungs-Medaille, die ausser den österreichischen Farben die Bildmarke des Unternehmens aufweist, auch das Wappen der Stadt Steyr anbringen zu dürfen. Er stellt den Antrag, diesem Ansuchen Folge zu geben. Wird einstimmig angenommen. Zu Punkt 8.) Zl. 1140/37. Der Angelsportverein hat die Absicht, ein Vereinsabzeichen für seine Mitglieder einzuführen und ersucht, das Stadtwappen auf diesen Abzeichen anbringen zu dürfen.

G. R.Paulmayr stellt den Antrag auf Abweisung dieses Ansuchens. Wird einstimmig angenommen. Zu Punkt 9.) Zl. 500. Der Kaninchen-Kleintierzüchter und Schrebergartenverein feiert vom 27. bis 29. März 1937 das 40jährige Bestandsjubiläum und ersucht aus diesem Anlasse um Verleihung von Stadtplaketten. Der Bürgermeister stellt den Antrag, dem Verein eine bronzene Stadtplakette und 2 Anerkennungsdiplome zu bewilligen. Wird einstimmig angenommen. Zu Punkt 10.) Da sich zu diesem Punkte niemand zum Worte meldet, schliesst der Vorsitzende die Sitzung um 23 Uhr Die Niederschriftsprüfer. Der Vorsitzende:

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