Gemeindetagsprotokoll vom 29. Dezember 1936

Niederschrift über die 18. Sitzung des Gemeindetages der Stadt Steyr am Dienstag, den 29. Dezember 1936 um 20 Uhr im Rathaus I. Stock, Gemeindetagssitzungssaal. Anwesend: Vorsitzender Burgermeister Dr. Josef Walk. Die Mitglieder: Dr. Doppler Fritz, Kammerhofer Ignaz, Fleischmann Franz, Dr. Mayr Anton, Ing. Grundmüller Oskar, Paulmayr Franz, Hambrusch Peter, Rossner Karl, Hofer Albert, Schliessleder Alois, Voglsam Josef, Hübl Josef, Weindl Anton. Entschuldigt abwesend die G.R. Nawratil Eugen, Schwarzlmüller Felix und Trauner Franz. Vom Magistrate: Kanzleioffizial Maria Egelseer als Schriftführerin. Tagesordnung: 1.) Haushaltsordnung und Haushaltsplan. 2.) Rechnungsabschluss 1935 und Bericht des Rechnungshofes uber die Gebarung 1935. 3.) Voranschlag 1937. 4.) Dr. Russegger Anton, Landesregierungsrat, Verleihung der goldenen Plakette der Stadt Steyr. 5.) Allfälliges. Der Bürgermeister eröffnet um 20 Uhr 10 Minuten die Sitzung, begrüsst die Erschienenen, stellt die Beschlussfähigkeit fest und geht in die Tagesordnung ein.

Zu Punkt 1.) Der Bürgermeister berichtet über den Werdegang der Haushaltsordnung und der Gliederung für das Schema des Haushaltsplanes. Am 18. Februar 1936 langte ein Musterentwurf vom Rechnungshofe ein, zu dem bis 11. April Stellung zu nehmen war. Ueber Intervention des Städtebundes wurde dieser Entwurf vom Rechnungshofe selbst abgeändert. Die zur Stellungnahme zu diesem abgeänderten Entwurfe des Rechnungshofes eingeräumte nunmehrige Frist per 30. Mai 1936 wurde auch eingehalten. Es wurden nach Beratungen mit den zuständigen Magistratsbeamten Gegenvorschläge erstattet. Der Rechnungshof stimmte diesen Vorschlägen mit gewissen Einschränkungen unterm 9. Juli 1936 zu und machte gleichzeitig neue Wünsche geltend. Der Gemeindetag beschloss nun unterm 27. Juli 1936 auf Grund der bisherigen mit dem Rechnungshof geführten Verhandlungen die Haushaltsordnung. Nach Wiedervorlage an den Rechnungshof erteilte dieser der vom Gemeindetag bereits beratenen Haushaltsordnung seine Zustimmung, wenn einzelne Bedingungen, die in seinem Schreiben vom 24. Dezember 1936 genau formuliert sind, beim endgiltigen Beschluss berücksichtigt werden. Da die Wünsche des Rechnungshofes selbstverständlich erfüllt werden sollen, habe ich den Finanzausschuss gebeten, einen entsprechenden Antrag einzubringen. G.R. Franz Paulmayr beantragt: "Den zum Gemeindetagsbeschluss vom 27. Juli 1936, betreffend die Haushaltsordnung der landesunmittelbaren Stadt Steyr, eingelangten Abänderungsvorschlägen des Rechnungshofes vom 21.Dezember 1936 wird zugestimmt. Die Haushaltsordnung tritt mit 1. Jänner 1937 in Kraft. Alle dieser Haushaltsordnung widersprechenden und alle sonstigen die Haushaltsführung betreffenden Gemeinderatsbeschlüsse und Magistratserlässe u.dgl. treten mit 31. Dezember 1936 ausser Kraft. Der Bürgermeister wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Rechnungshofe das Schema für die Gliederung des Haushaltsplanes festzusetzen.

Dieses Schema tritt ebenfalls mit 1. Jänner 1937 in Kraft. Das bisherige Schema tritt mit 31. Dezember 1936 ausser Kraft. Der Voranschlag für das Jahr 1937 ist nach dem neuen Schema umzustellen. Dem Gemeindetage ist hierüber ehestens zu berichten. Der Bürgermeister wird ersucht, alle zur Durchführung der neuen Haushaltsordnung nötigen Magistratserlässe gemeinsam mit der Haushaltsordnung und dem Schema der Gliederung dem Haushaltsplanes vervielfältigen und den Mitgliedern des Gemeindetages übermitteln zu lassen." Der Antrag wird einstimmig angenommen. Zu Punkt 2.) Der Bürgermeister verliest den Bericht des Rechnungshofes vom 30. Juni 1936, Zl. 3030, über die Ergebnisse der Ueberprüfung der Gebarung der Stadtgemeinde Steyr im Jahre 1935. Er verweist insbesonders auf die Ausführungen auf Seite 13 und 14 dieses Berichtes, aus denen sich die unbedingte Notwendigkeit der Schaffung neuer Einnahmen zur Ausgleichung des Budgets und zur Durchführung kommunaler Tätigkeit ergibt. Er erklärt, dass er sich diese Auffassung des Rechnungshofes voll und ganz zu eigen mache, dass aber bei den Schwierigkeiten, die Bund und Land und Bevölkerung der Schaffung neuer Einnahmen machen, von ihm niemand verlangen könne, trotzdem seinen Entwurf einer Steuerreform einzubringen. Es werde sicher die Zeit kommen, in der diejenigen, die heute ablehnen, selbst nach dieser Steuerreform rufen werden. Der Bürgermeister berichtet ferners über den Rechnungsabschluss 1935, der mit einem Abgang von 78.316.49 S und einem Reinvermögen von 916.404.60 S abschliesst. Der Bürgermeister erklärt, dass der Gemeindetag diesen Rechnungsabschluss umso leichter annehmen könne, als der Rechnungshof diesen Rechnungsabschluss eingehend überprüft habe und mit diesem Rechnungsabschluss zufrieden sei. Auf die Details einzugehen wolle sich der Bürgermeister ersparen, da er die Absicht habe, in der allernächsten

Zeit vor einem grösseren Forum hierüber zu berichten. Er berichtet ferners über den Buchabschluss der städtischen Unternehmungen, die mit einem Gewinn von 4.679,17 S abschliessen. Weiters berichtet er über den Buchabschluss der Volkskino Steyr, Ges.m.b.H., der bei Durchführung von Abschreibungen per 7.200 S und einem Reinvermögen von 69.137,54 S einen Verlust von 617,83 S ausweist. Der Bürgermeister vergleicht diese Ergebnisse mit den Ergebnissen der letzten Jahre und stellt insbesondere bei Vergleichung der der Gemeinde in den einzelnen Jahren zur Verfügung gestandenen öffentlichen Abgabenerträgnisse die gewaltige Besserung sowohl der Gebarung als auch insbesondere des Vermögens der Stadtgemeinde fest. G.R. Franz Paulmayr stellt folgenden Antrag: "1. Der Bericht des Rechnungshofes über die Ueberprüfung der Gebarung der Stadtgemeinde im Jahre 1935 wird zustimmend zur Kenntnis genommen. Aus dem Berichte des Rechnungshofes wird mit Befriedigung festgestellt, a) dass der Personalaufwand trotz der anlässlich der Eingemeindung von Gebietsteilen der Gemeinde St. Ulrich notwendig gewordenen Uebernahme von zwei Beamten um 97.000 S gesenkt wurde; b) dass der Fürsorgeaufwand eine Verminderung um 5000 S erfahren konnte, obwohl durch die Eingemeindung neue Fürsorgelasten entstanden sind; c) dass die Sachausgaben eine Senkung von 13.000 S erfahren haben; d) dass es gelungen ist, die Annuitäten der nach Durchführung der als Erfolg der Gemeindeverwaltung anerkannten Konvertierung verbliebenen Konvertierungsdarlehen mit der Zahlungsschwierigkeit der Gemeinde in Einklang zu bringen; e) dass sich die Kassenlage der Stadtgemeinde im Jahre 1935 gegenüber dem Stande von 1931 entschieden gebessert hat; f) dass sich auch in der Entwicklung der Einnahmen - und der Aus-

gabenzahlungsrückstände im Jahre 1935 gegenüber dem Jahre 1931 eine Besserung um 89.000 S ergab; g) dass bei der Konvertierung des Goldschillingsdarlehens ein Kursgewinn von 157.000 S erzielt werden konnte; h) dass die seit einer Reihe von Jahren zu beobachtende ungünstige Entwicklung des Vermögensstandes der Stadtgemeinde im Jahre 1935 zum Stillstand kam, dass vielmehr eine Steigerung des Vermögens um 70.000 S verzeichnet werden kann, obwohl anlässlich der Eingemeindung per Saldo 290.000 S neue Schulden übernommen werden mussten; i) dass die Bemühungen der Gemeindeverwaltung um die Herstellung der Ordnung der Gemeindefinanzen anerkannt werden. Ebenso wird mit Befriedigung festgestellt, dass die Einnahmen an Lohnabgabe eine Erhöhung um 65.000 S und an Gemeindeabgaben um 20.000 S erfahren haben, während der weitere Verfall der Abgabenertragsanteile im Jahre 1935 um 16.000 S auf ihren bisher tiefsten Stand ausserordentlich zu bedauern ist. 2. Der Rechnungsabschluss 1935 mit einem Gebarungsabgang von 78.316,19 S und einem Vermögensstande von 916.404,60 S wird zustimmend zur Kenntnis genommen. Der Gemeindetag gibt seiner Freude über diesen verhältnismässig guten Erfolg umsomehr Ausdruck, als das Jahr 1925 mit annähernd gleichem Ertrag an öffentlichen Abgaben einen Abgang von rund 173.000 S ausgewiesen hat, während im Jahre 1929 bei einem gegenüber 1935 vorhandenen Mehrerträgnis von rund 730.000 S lediglich ein Ueberschuss von 6.000 S erzielt werden konnte und im Jahre 1931 bei einem Mehrerträgnis gegenüber 1935 von 235.000 S an öffentlichen Abgaben sogar ein Abgang von 656.000 S verzeichnet wenden musste. Obwohl im Jahre 1933 an öffentlichen Abgaben der Gemeinde nur um 110.000 S weniger zugeflossen sind, beträgt der Abgang 466.000 S, während selbst 1934 noch 275.000 S Abgang verzeichnet werden mussten, obwohl der Gemeinde nur um 78.000 S weniger an Abgaben zur Verfügung standen.

Noch erfreulicher ist die Entwicklung des Vermögensstandes. Das Reinvermögen der Gemeinde, das Ende 1924 noch 5,043.221,45 S betrug, senkte sich bis Ende 1924 auf 846.480,89 S, davon allein im Jahre 1932 um 285.000 S, 1933 um 369.000 S und 1934 um 277.000.- Das Jahr 1935 weist zum erstenmal eine Erhöhung des Reinvermögens um 70.000 aus. Wenn nicht durch die Eingemeindung per Saldo rund 290.000 S an neuen Schulden hätten übernommen werden müssen, hätte sich das Reinvermögen im Jahre 1935 sogar um 360.000 S erhöht. 3. Der Gemeindetag nimmt auch den Buchabschluss der städtischen Unternehmungen mit einem Gewinn von 4.679,47 S zur Kenntnis und stellt eine erfreuliche Aufwärtsentwicklung dieser Unternehmungen fest. 4. Der Gemeindetag nimmt schliesslich auch den Buchabschluss des Volkskinos Steyr, Ges.m.b.H. mit einem Verlust von 647,83 S bei Durchführung von Abschreibungen im Ausmasse von 7.200 S zustimmend zur Kenntnis. Es wird als erfreulich festgestellt, dass es durch das Entgegenkommen der früheren Gesellschafter dieses Unternehmens und des Bundeskanzleramtes möglich wurde, das Vermögen dieser Gesellschaft mit 69.137,54 S aktiv zu gestalten und in das Vermögen der Stadtgemeinde mit diesem Betrage zu überführen. 5. Der Gemeindetag dankt dem Bürgermeister und den mit der Haushaltsführung betrauten Magistratsbeamten für ihre Bemühungen zur Ordnung der Gemeindefinanzen." Wird einstimmig angenommen. Zu Punkt 3.) Der Bürgermeister berichtet über den Voranschlag 1937. Der Voranschlag schliesst mit einem Abgang von 186.900 S. Der Voranschlag liegt nach der bisherigen Gliederung des Haushaltsplanes vor. Dies deshalb, damit ein Vergleich mit den Vorjahren umso leichter möglich ist. Aber auch deshalb, weil die neue Gliederung des Haushaltsplanes vom Rechnungshof noch nicht bewilligt ist. Nach Einlangen dieser Zustimmung wird der Voranschlag in das neue

Schema gekleidet. An den Ziffern des Voranschlages ergibt sich dadurch selbstverständlich keine materielle Aenderung. Der Voranschlag wurde in vier Sitzungen des Finanzausschusses eingehend beraten. Der Bürgermeister habe hiebei den Mitgliedern des Finanzausschusses nicht nur die Ansätze des Voranschlages, sondern auch zum Vergleiche mit diesen Ansätzen auch die Hauptbuchposten der letzten Jahre bekanntgegeben. Der Finanzausschuss hat zu den einzelnen Ansätzen Stellung genommen und einige Anregungen gegeben, die in dem vorliegenden Voranschlage bereits berücksichtigt sind. Der Voranschlag beinhaltet für eine sogenannte kommunale Tätigkeit nichts. Für die Reparatur der Unteren Ennsbrücke sind 25.000 S eingestellt, da diese Reparatur nach dem Gutachten der Brückenkontrolle unerlässlich ist, wenn nicht die Verkehrssicherheit schwer leiden würde. Bei Unterlassung dieser Reparatur müsste diese für Steyr äusserst wichtige Brücke gesperrt werden. Ausserdem ist ein kleiner Betrag für die dringendsten Hausreparaturen an den vermieteten Objekten vorgesehen, da bereits von einigen Mietern mit gerichtlichem Einschreiten gedroht wurde, wenn diese Reparaturen nicht endlich einmal durchgeführt werden. Für Strassenpflasterungen u.dgl. ist nicht ein Groschen vorgesehen. Strassenpflege und Strassenerhaltung und überhaupt die gesamte kommunale Tätigkeit sind in dem Rahmen wie in den letzten zwei Jahren gehalten. Es weiss jeder in Steyr, dass hiebei eine Sparsamkeit angewendet wurde, die eigentlich schon nicht mehr recht vertreten werden kann. Subventionen wurden zur Gänze eingestellt, darunter auch die der Frauenberufsschule der Katholischen Frauenorganisation vielleicht zur Lebensexistenz notwendige Beistellung von Licht und Beheizung. Der Finanzausschuss hat sich aber eben bei der Erstellung des Voranschlages von dem Gedanken leiten lassen, dass beim Mangel jeder kommunalen Tätigkeit auch für Subventionen kein Platz sei.

Bürgermeister und Finanzausschuss haben sich nach besten Kräften bemüht, dem Gemeindetage ein ausgeglichenes Budget vorlegen zu können. Dass dies nicht möglich war, ist nicht ihre Schuld. Es spielt zum Teil die vom Lande Oberösterreich zur Durchführung bestimmte Lohnabgabekürzung, die bereits berücksichtigt ist, eine Rolle, hauptsächlich aber die Tatsache, dass die Steyr-Werke angeben, für 1937 könne sicher nur mit einem Arbeiterstande von 2500 Arbeitern gerechnet werden, da die Aussichten für 1937 wesentlich hinter den Ergebnissen von 1936 zurückbleiben. Es musste daher die Lohnabgabe ausgehend von einem Arbeiterstand von 2500 in den Voranschlag eingestellt werden. Der Voranschlag ist sowohl bei den Einnahmen als auch beim Erfordernis absolut ehrlich. Der Bürgermeister betont, dass im ganzen Budget keine 5000 S an Reserven zu finden seien. Nunmehr bespricht der Bürgermeister die einzelnen Kapitel des Voranschlages. Schliesslich stellt er folgenden Antrag; "Soweit der im Voranschlag für das Haushaltsjahr 1937 ausgewiesene Gebarungsabgang per 186.900 S durch ein durch Wirtschaftsbelebung und genaue Anwendung der bestehenden Abgabengesetze bedingtes Mehrerträgnis an Öffentlichen Abgaben nicht beseitigt werden kann, ermächtigt der Gemeindetag den Bürgermeister a) in personeller und sachlicher Hinsicht ohne Aenderung der bestehenden Besoldungs- und Entlohnungsvorschriften weitere Ersparungen zu versuchen, soferne dies mit den unbedingten kommunalen Bedürfnissen noch in Einklang gebracht werden kann, b) Darlehen aufzunehmen." Der Bürgermeister eröffnet über diesen Punkt der Tagesordnung die Debatte: G.R. Franz Paulmayr beantragt, den Gehalt des Bürgermeisters mit monatlich 400 S zu bestimmen. Solange der Bürgermeister auch die Arbeiten des Magistrats-Direktors zu versehen hat, sei ihm eine monatliche Zulage von 100 S zu bewilligen. Die auf diese Bezüge entfallenden Steuern und Abgaben habe der Bürgermeister

aus eigenem zu tragen. Er stelle den Antrag deshalb, weil in der Bevölkerung die dümmsten Gerüchte über den Gehalt des Bürgermeisters verbreitet sind. So wird behauptet, dass der Bürgermeister einen Monatsbezug von 1400 S habe. G.R. Franz Fleischmann erklärt hiezu, dass der Antrag des G. R. Paulmayr fur jeden unannehmbar sei, der die Verantwortung und die Arbeitsleistung des Bürgermeisters kenne. Wenn die Bürgermeister in Linz und Wels und anderen Städten Bezüge haben, die über den Antrag Paulmayrs weit hinausgehen, dann sei gerade für den Bürgermeister von Steyr in der Zeit der Sanierungsmassnahmen ein derartiger Bezug, wie beantragt, unmöglich. Der Gemeindetag habe seinerzeit in das Stadtrecht die Bestimmung aufgenommen, dass der Bürgermeister die Bezüge der III. Dienstklasse, 5. Gehaltsstufe, erhalte. Diese Bestimmung seit zwar über Wunsch des Bürgermeisters wieder aus dem Stadtrecht entfernt worden, er stehe aber trotzdem auf dem Standpunkt, dass dieser Bezug für den Bürgermeister absolut nicht zu hoch sei. Der Bürgermeister teilt hiezu mit; dass er nunmehr seit über zwei Jahren in seiner Stellung sei, dass der Gemeindetag bisher für ihn überhaupt keinen Bezug festgesetzt habe und dass es daher natürlich sicher angebracht wäre, endlich einen Bezug zu beschliessen. Er habe bisher lediglich vorschussweise monatlich 400 bis 450 S brutto von der Gemeinde bezogen. Er habe aber ausserdem seinen Gehalt als Landesbeamter per 300 S monatlich. Es sei gewiss richtig, dass gemessen an anderen Funktionären in ähnlicher Stellung dieser Betrag nicht ubermässig hoch sei. Dies umso mehr, wenn bedacht wird, dass aus den Funktionen, die der Bürgermeister bei Unternehmungen bekleidet, der Gemeinde jährlich rund 1600 S zufliessen, von denen der Bürgermeister im Gegensatz zu früher keinen Groschen hat. Auch gemessen an den Bezügen der früheren Funktionäre könne dem wegen der bezogenen Vorschüsse Burgermeister gewiss kein Vorwurf

gemacht werden. Bis zum Februar 1934 hatten Bürgermeister und die die beiden Vize-Bürgermeister zusammen monatlich 1400 bis 1500 S und der Magistrats-Direktor ausserdem monatlich fast 1400 S bezogen. Es ergebe sich daher, dass derzeit für die gleiche Dienstleistung, für die die Gemeinde vorher 2900 S ausgeben musste, nur rund 320 S monatlich gebraucht werden. Trotzdem bittet er, von der Festsetzung eines höheren Bezuges Abstand zu nehmen. In Steyr wird ohnedies genug Rufmord getrieben. Er habe nicht die Absicht, durch einen wenn auch nicht übermässigen Bezug seinen guten Ruf gefährden zu lassen. G.R. Franz Hübl stellt den Vermittlungsantrag, dem Bürgermeister ausser den von G.R. Paulmayr beantragten Bezügen noch den Mietzins für seine in einem Gemeindehaus befindliche Wohnung nachzulassen. Der Bürgermeister bittet, dass sämtliche Anträge zurückgezogen werden und dass der Finanzausschuss gelegentlich damit befasst werde. Die Vorredner leisten dem Ansuchen des Bürgermeisters Folge. G.R. Franz Paulmayr stellt den Antrag, den Voranschlag und den Bedeckungsantrag des Bürgermeisters nicht zur Kenntnis zu nehmen. Dies deshalb, weil der Gemeindetag eben einem Voranschlag, der keinerlei kommunale Ausgaben vorsieht und dennoch mit einem Abgang abschliesst, seine Zustimmung verweigern müsse, wenn er überhaupt noch Würde aufbringe. Das Land Oberösterreich hat durch die Lohnabgabekürzung die Meinung vertreten, der Gemeinde Steyr gehe es finanziell sehr gut. Der Gemeindetag ist anderer Auffassung. Er kann seine Auffassung aber nur dadurch zum Ausdruck bringen, dass der Voranschlag abgelehnt und der Beschluss hierüber anderen Stellen überlassen werde.

G.R. Dr. Fritz Doppler ersucht den Bürgermeister, über die geplante Steuerreform und deren Schicksal Auskunft zu geben. Der Bürgermeister teilt hiezu mit: Die Steuerreform war eine persönliche Arbeit des Bürgermeisters, nicht aber eine offizielle Vorlage der Stadt Steyr. Ich habe wiederholt erklärt, dass ich nur dann die Absicht habe, die Steuerreform im Gemeindetage einzubringen, wenn ich die Ueberzeugung habe, dass sie wirklich der endgiltigen Sanierung der Finanzverhältnisse von Steyr und der Nachholung der grossen kommunalen Versäumnisse der Stadt dient. Ich habe derzeit die Meinung, dass die Voraussetzungen, von denen meiner Ueberzeugung nach die Sanierung abhängt, nicht zur Gänze eintreffen werden. Dies umso mehr, als das Land Oberösterreich durch die Kürzung der Lohnabgabe beweist, dass es gar nicht von der Not der Stadt Steyr überzeugt ist. Im Sinne meiner wiederholt abgegebenen Versprechungen bin ich daher nicht in der Lage, die Steuerreform dem Gemeindetage vorzulegen. Die Steuerreform müsste um bei der Bevölkerung verstanden zu werden, drei Eigenschaften haben: Sie dürfte nicht dazu die Möglichkeiten geben, dass eine wenig verantwortungsvolle Gemeindeverwaltung in die früheren Schlampereien (Unternehmungen u.s.w.) verfalle, sie dürfe nicht die Möglichkeit geben, dass anlässlich irgendeiner Abgabenteilung ein Teil wieder an Bund oder Land abgeleitet würde, sie müsse aber die Garantie dafür geben, dass ihr Gesamterträgnis restlos den kommunalen Bedürfnissen von Steyr dient. Er sei fest davon überzeugt, dass eine Steuerreform, die derart aufgebaut sei, die Zustimmung den Bevölkerung finden und der Stadt, ihren Arbeitslosen und ihrem Gewerbe, aber auch ihrem ganzen städtischen Ansehen auf die Dauer endgiltig aufhelfen werde. Der Gemeindetag nimmt diese Ausführungen zustimmend zur Kenntnis. G.R. Franz Fleischmann ekklärt: Der Finanzausschuss hat den Voranschlag in allen Details genauestens überprüft. Er hat

sich davon überzeugt, dass der Voranschlag absolut ehrlich und mit der vom Bürgermeister gewohnten Sparsamkeit erstellt ist. Dass der Voranschlag trotzdem nicht ausgeglichen sei, könne wahrlich nicht der Gemeindeverwaltung angelastet werden, sondern sei eine Folge eben der weit stärkeren Verhältnisse. Wenn trotzdem für kommunale Bedürfnisse im Voranschlag nichts vorgesehen werden konnte, so sei damit eben erwiesen, dass es mit den Gemeindefinanzen so nicht weitergeht. Er schliesse sich daher der Auffassung des G.R. Franz Paulmayr an und sei ebenfalls dafür, dass der Voranschlag abgelehnt werde. G.R. Ing. Grundmüller schliesst sich ebenfalls den Ausführungen der G.R. Paulmayr und Fleischmann an und verweist insbesonders darauf, dass es abgelehnt werden müsse, für einen Gebarungsabgang Darlehen aufzunehmen, der aus einer Gebarung stammt, die keinerlei kommunale Tätigkeit vorsieht. Der Bürgermeister erklärt, dass ihm die Stellungnahme des Gemeindetages absolut nicht überraschend komme. Der Gemeindetag müsse aber bedenken, dass es zwar leicht sei, in den Voranschlag für die dringendsten kommunalen Bedürfnisse Beträge aufzunehmen, dass es aber weniger leicht sei, hiefür auch eine Bedeckung zu schaffen. Wenn der Gemeindetag derartige kommunale Wünsche habe, sei er selbstverständlich gerne bereit, den Voranschlag raschestens umzuarbeiten. Nur müsse der Gemeindetag dann eben auch die Mittel hiezu bereitstellen. Der Bürgermeister ersucht, der Gemeindetag wolle Vorschläge für eine Ergänzung des Budgets und für die Bedeckung erstatten. Es meldet sich niemand zum Wort. Der Bürgermeister stellt den Amtsantrag auf Annahme des vorliegenden Voranschlages und des Bedeckungsantrages. Der Antrag wird einstimmig abgelehnt.

Der Bürgenmeister verweist darauf, dass es sich bei dem vorliegenden Beschluss um einen historischen Beschluss des Gemeindetages handle, da es wohl noch nie vorgekommen sei, dass ein Voranschlag, ohne überhaupt Abänderungen und Bedeckungsmöglichkeiten zu erwägen, abgelehnt worden sei. Der Beschluss sei auch insofern historisch, als der Gemeindetag damit zum erstenmale eine in der neuen Bundesverfassung verankerte und in das Stadtrecht übernommene Bestimmung zur Anwendung bringe, derzufolge nunmehr die Landesregierung die Budgetgewalt über die Stadt für ein Jahr zu übernehmen verpflichtet ist (Stadtrecht § 39). Der Bürgermeister frägt noch einmal, ob aus dem Gemeindetag irgendwelche Anregungen fur eine kommunale Tätigkeit, bezw. für die Schaffung neuer Einnahmen gegeben werden. Es fällt der Zwischenruf "man nimmt uns doch wieder alles weg", Es meldet sich niemand zum Worte. Der Punkt 3 der Tagesordnung ist somit erschöpft. Zu Punkt 4.) Der Bürgermeister berichtet über die Verdienste die sich Herr Landesregierungsrat Dr. Anton Russegger um die Winterhilfe der letzten Jahre erworben hat. Er stellt den Amtsantrag: "Herrn Regierungsrat Dr. Anton Russegger wird für die besonderen Verdienste im die Stadt Steyr anlässlich der Winterhilfsaktionen der letzten Jahre die goldene Plakette der Stadt steyr mit der Widmung "Dem getreuen Eckart der Anmen der Stadt Steyr" verliehen." Der Antrag wird ohne Debatte einstimmig angenommen. Zu Funkt. 5.) Die nächste Gemeindetagssitzung wird für den 13. Jänner 1937 anberaumt. Der Bürgermeister wünscht allen Gemeinderäten ein glückliches neues Jahr. Es meldet sich niemand mehr zum Worte. Schluss der Sitzung 23 Uhr. Der Bürgermeister:

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