Gemeindetagsprotokoll vom 18. Juni 1936

12. Sitzung. Niederschrift über die Sitzung des Gemeindetages der landesunmittelbaren Stadt Steyr am Donnerstag, den 18. Juni 1936 um 20 Uhr im Rathaus I. Stock, grosser Sitzungssaal. Anwesend: Vorsitzender Burgenmeister Dr. Josef Walk, die Gemeinderäte: Dr. Doppler Fritz, Dr. Mayr Anton, Fleischmann Franz, Paulmayr Franz, Ing. Grundmüller Oskar, Rossner Karl, Hambrusch Peter, Schwarzlmüller Felix, Hofer Albert Steinkellner Julius, Hübl Josef, Voglsam Josef, Kammerhofer Ignaz, Wünsch Otto. Nawratil Eugen, Entschuldigt abwesend: G.R. Dechant Alois Schliessleder, G.R. Franz Trauner und G.R. Anton Weindl. Tagesordnung: 1.) Berichte des Bürgermeisters. 2.) Gewerbeangelegenheiten. 3.) Handelsangelegenheiten. 4.) Fürsorgeangelegenheiten. 5.) Heimatrechtsangelegenheiten. 6.) Berichte der Ausschüsse und Beiräte. 7.) Personalangelegenheiten. 8.) Milchvertrag Stadtgut. 9.) Ehrenzeichen für Feuerwehrdienste. 10.) Allfälliges.

Der Bürgermeister eröffnet um 20 Uhr die Sitzung, begrüsst die Erschienenen und geht in die Tagesordnung ein. Zu Punkt 1.) Der Bürgermeister berichtet über das neue Stadtrecht, das mit seiner Kundmachung am 12. Juni 1936 in Kraft getreten ist. Mit dem gleichen Zeitpunkte ist der Verwaltungsausschuss aufgelöst und der Ermächtigungsbeschluss, der bei der Konstituierung des Gemeindetages am 17. November 1934 gefasst wurde, gegenstandslos geworden. Der Gemeindetag tritt daher mit diesem Tage in seine vollen im Stadtrecht umgrenzten Berechtigungen ein. Auch die Geschäftsordnung für den Gemeindetag hat von diesem Tage an in ihrer Gänze zur Anwendung zu gelangen. Der Bürgermeister vermerkt auch das Kuriosum, dass bei der Bestimmung des Gemeindegebietes Steyr im § 1, Absatz (1), ein Teil des Gemeindegebietes (Neuschönau) übersehen wurde. Der Bürgermeister berichtet auch über die Entscheidung des Bundesgerichtshofes, Verfassungssenat, vom 15. Juni 1936. Nach dieser Entscheidung hat die Beamtenschaft das Recht, an die o.ö. Landesregierung zu berufen. Praktisch ist damit die gleiche Lage wie unmittelbar nach Hinausgabe der Verfügung gegeben. Der Bundesgerichtshof kann nach der ganzen Situation erst in einem Jahre zu einer endgiltigen Entscheidung gelangen. Der Bürgermeister berichtet auch über die Konstituierung der in der Geschäftsordnung vorgesehenen Beiräte und Ausschüsse. Er verliest die diesbezüglichen Protokolle der Beiräte und Ausschüsse. Der Vorsitzende berichtet ferners, dass das Bundesministerium für Finanzen aus den Abgabenertragsanteilen für Juni 1936 einen Betrag von 25.572 S für Schulden der Stadtgemeinde Steyr an den Bund, und das Land Oberösterreich aus der Lohnabgabe des letzten Monates einen Betrag von 6000 S für Schulden der Stadtgemeinde Steyr an das Land zurückbehalten haben. Wenn nicht gerade die Steuerreform zur Begutachtung eingereicht

und die Hoffnung vorhanden wäre, dass doch im Verhandlungswege eine Abschreibung der Schulden bei Bund und Land erreicht werde, müsste er dem Gemeindetag vorschlagen, die Aemter zurückzulegen und die Verantwortung Bund und Land zu überlassen. Gemeinderat Josef Hübl ergreift die Gelegenheit zu einem Resolutionsantrag, es möge dem Bund bekanntgegeben werden, dass die Gemeinde Steyr unter solchen Umständen nicht mehr weiter kann. Der Antrag wird nach kurzer Debatte gegen die Stimme des G.R. Franz Paulmayr angenommen. Zu Punkt 2.) Die Ansuchen der Anna Klell, Josef Dietl, Stübinger Marie, werden im Sinne der Gutachten des Gewerbebeirates erledigt. Das Ansuchen des Karl Dworak, Zl. 3682/36, um Bewilligung zur Wiederaufnahme des Kleidermachergewerbes in Steyr wird über Antrag des G.R. Josef Voglsam gegen die Stimmen der G.R. Dr. Doppler und Otto Wünsch abgelehnt. Zu Punk 3.) Nachstehende Ansuchen werden im Sinne der Gutachten des Handelsbeirates erledigt: Bittner Viktor, Feuerhuber Hans, Fröhlich Edmund, Kronsteiner Leopold, Peter Josef, Stepnischegg Hans, Stratil Josef, Weltlich Anna, Zelezny Karl, Zu Punkt 4. Nachstehende Ansuchen werden im Sinne der Anträge der Fürsorgeamtes erledigt: Enzenhofer Anna, Erziehungsbeit ratBerufung, Egelseder Josef, Erhaltungsbeitrag-Berufung, Weinberger Marie, Erhaltungsbeitragserhöh.-Berufung,

Oberaigner Marie, Erhaltungsbeitrag-Berufung, Schönberger Mathilde sen., Unterstandshaus-Berufung, Das Ansuchen der Marianne Lang-Krempl in Wien, um eine Unterstützung, wird über Antrag des Bürgermeisters abgelehnt. Dem Ansuchen der mj. Christine Glaser, um Bewilligung der Kosten per S 112.- für einen Kurgebrauch in Bad Hall, wird über Antrag des G.R. Franz Paulmayr stattgegeben. Zu Punkt 5.) Auf Grund der Ersitzung wären in den Heimatverband der Stadt Steyr aufzunehmen: Bodenhofer Alois Aichmair Theresia, Braunseis Theresia, Böhm Anton, Diwoky Friedrich, Dietl Rosalie Maria, Gmeindl Anton, Fahmer Anna, Grabner Maria, Götz Josef Gruber Karl, Grafleitner Josef, Kaindl Rosalie, Hager Theresia, Kemptner Alois, Kerzl Leopold, Langensteiner Therese, Krifta Elisabeth, Mistlberger Georg, Löschenkohl Anna, Oberlohr Karl, Obermayer Georg, Passegger Elisabeth, Pirklbauer Josef, Rauch Karl, Pohlhammer Rudolf, Redl Franziska, Spekl Leopold, Schanznig Josef, Schinnerl Isidor, Vogelsam Johann, Weissenböck Emilie, Weixlbaum Karl, Zusicherung der Aufnahme in den Heimatverband: Glaser Leopold, Aul Heinrich, Horvath Stefan, Einstimmig angenonmen.

Zu Punkt 6.) Die Obmänner, bezw. Sprecher der Ausschüsse und Beiräte berichten kurz über die bisher abgeführten Sitzungen. Zu Punkt 7.) Gemeinderat Julius Steinkellner bringt einen Antrag des Personalausschusses zum Lohn- und Arbeitsvertrag vom 3. Februar 1936, betreffend die städtischen Arbeiter, ein. Der Antrag: „Die Aenderung des § 4, Abschnitt 3, erfolgt in der Weise, dass als Punkt 4 angefügt wird: "Der Landesfeiertag von Oberösterreich wird, falls er landesüblich gefeiert wird, den im § 4, Abschnitt 3, Punkt 2, a und b genannten Feiertagen gleichgestellt. Ebenfalls hat für den Landesfeiertag, falls er landesüblich gefeiert wird, der § 4, Abschnitt 3, Punkt 3 zu gelten." Ferners ist im § 5 als Punkt 6 folgende Bestimmung beizufügen: "Arbeiter, die als Hilfsarbeiter aufgenommen wurden, während ihrer Verwendung bei der Stadtgemeinde Steyr aber zu Professionistenarbeiten herangezogen werden, erhalten für die Dauer ihrer Verwendung als Professionisten den Professionistenlohn, sofemne sie die betreffende Profession erlernt haben." Die von der Kameradschaft der Gemeindebediensteten beantragte Ergänzung des § 11 wäre abzulehnen, da diese Ergänzung aus der Weihnachtsremuneration einen allgemein giltigen 53. Wochenlohn machen würde. Wird einstimmig angenommen. Zu Punkt 8.) Der Bürgermeister berichtet über die seinerzeitigen Kaufverhandlungen hinsichtlich des Stadtgutes mit Frau Hansi Nagel, bei denen der Frau Nagel der Abschluss eines Milchlieferungsvertrages zugesichert wurde. Er verliest den (Siehe Anhang I) von Frau Nagel vorgelegten Entwurf eines diesbezüglichen Vertrages, der in Punkt 2 Wünsche enthält, die seinerzeit nicht behandelt wurden. Ueber Antrag des G.R. Franz Paulmayr wird dem Milchvertrags-Entwurf der Frau Hansi Nagel mit Ausnahme von Punkt 2 zugestimmt. Es kommt zum Ausdruck, dass selbstverständlich bei Sand- und Schotterlieferungen Frau Nagel

auf eine gewisse Bevorzugung rechnen kann. Zu Punkt 9.) Ueber Antrag des Oberkommandanten der Stadt¬ feuerwehr wird Nachstehenden das Ehrenzeichen für 15jährige Dienste bei der Feuerwehr verliehen: Gsöllpointner Roman, Rudelstorfer Karl, Vogl Eduard, Hladky Anton, Obermann Josef; Fürst Franz, Egelmayr Georg, Aichinger Franz, Zu Punkt 10.) Zu Protokollprüfern werden über Antrag des Bürgermeisters die G.R. Franz Paulmayr und Julius Steinkellner gewählt. Schluss der Sitzung 23 Uhr 15. Der Vorsitzende: Die Protokollprüfer:

13. Sitzung. Anhang I Abschrift. Magistrat Steyr, Präsidium. Steyr, am 6. Juli 1936. An Frau Hansi Nagel, Gutsbesitzerin, in Hausleithen Nr.13, Gemeinde Gleink. Anlässlich des Verkaufes des der Stadtgemeinde Steyr gehörigen Stadtgutes hat die Stadtgemeinde Steyr Ihnen und Ihren allfälligen Rechtsnachfolgen gegenüber folgende Verpflichtungen auf die Dauer von zwanzig Jahren, gerechnet ab 28. September 1935, das ist also bis einschliesslich 27. September 1955, übenommen: 1.) Die Verpflichtung, die von der Stadtgemeinde Steyr für die unter ihrer Obsorge oder Verwaltung stehenden Anstalten jeweils benötigte Milch nach Zulangen von Ihnen zum Preise, wie er jeweils für Milchlieferungen an öffentliche Anstalten im Gemeindegebiete der Stadt Steyr gesetzlich festgesetzt ist, und in der in der Stadt Steyr ortsüblichen Qualität zu beziehen. Sie haben mit dieser Zusicherung für sich und Ihre Rechtsnachfolger das Recht erworben, alle Milchmengen, welche die Stadtgemeinde Steyr fur die unter ihrer Obsorge stehenden Anstalten benötigt, täglich zu liefern, wobei festgestellt wird, dass der jährliche Milchbezug derzeit

rund 10.000 Liter erreicht. 2.) Die Abrechnung und Bezahlung der gelieferten Produkte und verrichteten Arbeitsleistungen hat für jedes Kalendermonat bis längstens 20. des darauf folgenden Monates zu erfolgen. Ich bestätige hiemit, dass diese Vereinbarungen, welche eine wesentliche Voraussetzung des mit Ihnen über die Liegenschaften im Grundbuche der K.G. Gleink E.Z. 8, 26, 27, 87 und 124, sowie die Liegenschaft E.Z.1136 der o.ö. Landtafel abgeschlossenen Kaufvertrages bildeten, in der Gemeindetagssitzung vom 18. Juni 1936 genehmigt wurden. Der Bürgermeister: L.S. Dr. Walk e.h.

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