Gemeindetagsprotokoll vom 29. April 1936

11.Sitzung. Niederschrift über die Sitzung des Gemeindetages der Stadt Steyr am Mittwoch, den 29. April 1936 um 20 Uhr im grossen Sitzungssaale im Rathause. Anwesend: Vorsitzender Bürgermeister Dr.Josef Walk, die Gemeinderäte: Dr. Mayr Anton, Dr. Doppler Fritz, Fleischmann Franz, Rossner Karl, Ing. Grundmuller Oskar, Schwarzlmüller Felix, Steinkellner Julius, Hofer Albert, Hübl Josef, Voglsam Josef, Kammerhofer Ignaz, Wünsch Otto. Entschuldigt abwesend: Die Gemeinderäte Franz Paulmayr, Dechant Alois Schliessleder, Franz Trauner und Peter Hambrusch. Nicht entschuldigt: G.R. Eugen Nawratil, G.R. Anton Weindl. Tagesordnung: 1.) Berichte des Bürgermeisters. 2.) Gewerbeangelegenheiten. 3.) Fürsorgerekurse. 4.) Aufnahmen in Sonderheilstätten. 5.) Mietzinsabgabe-Berufungen. 6.) Landeszweckabgabe-Neuregelung. 7.) Heimatrechtsangelegenheiten. 8.) Pflasterung des Grünmarktes. Der Bürgermeister eröffnet um 20 Uhr die Sitzung, begrüsst die Erschienenen und geht in die Tagesordnung ein, die über seinen Antrag um einen Punkt 9.) ergänzt wird.

Zu Punkt 1.) Der Bürgermeister berichtet über die Verfassungsfeier am 1. Mai, über das Schicksal des Stadtrechtes und über die in die Ausschüsse und Beiräte erfolgten Ernennungen. Ueber Anfrage geht er in die Besprechung der Schwierigkeiten ein, die sich bei Arbeiteraufnahmen in die Steyr-Werke ergeben. Derzeit sind im Stadtgebiete Steyr 2296 Personen zur Arbeitsvermittlung vorgemerkt. Davon stehen 259 im Genusse der Arbeitslosenunterstützung, 1408 im Genusse der Notstandsunterstützung, während 629 ausgesteuert und lediglich zur Arbeitsvermittlung vorgemerkt sind. Da durchaus nicht alle Ausgesteuerten zur Arbeitsvermittlung vorgemerkt sind, ergibt sich eine noch weit grössere Zahl von Arbeitslosen. Es ist beabsichtigt, in Hinkunft die Verabreichung einer Gemeindeunterstützung davon abhängig zu machen, dass der betreffende Unterstützungswerber den Nachweis über seine laufende Vormerkung zur Arbeitsvermittlung erbringt. Jedenfalls erscheint es begreiflich, dass sich die Gemeindeverwaltung bemüht, die Unterbringung von möglichst vielen Arbeitslosen aus der Stadt Steyr zu erreichen. Die Arbeitsvermittlung in Steyr ist aber derzeit von allen möglichen Faktoren an sich gezogen und bietet ein sehr unerquickliches Bild. Es sei zugegeben, dass ein Grossteil der heute noch Arbeitslosen ungelernte Hilfsarbeiter und minderqualifizierte Menschen sind. Man wisse überhaupt nicht, was man mit diesen Leuten, die zu einem grossen Prozentsatz die Arbeit verlernt haben, anfangen soll. Da die erwähnten 2296 Menschen zum Teil Familie haben, repräsentieren sie sicher rund 11000 Personen. Es sei natürlich ein Unding, wenn rund ein Viertel der Bevölkerung (einschliesslich Altersrentner u.dgl.) befürsorgt werden muss. G.R. Karl Rossner schlägt vor, eine Art Musterung dieser Menschen zu machen, damit man ein Bild gewinnen könne, ob es sich und wieweit überhaupt es sich um Menschen handelt, die noch in irgend einen Wirtschaftsprozess einbezogen werden können.

Die Anregung des G.R. Karl Rossner wird aufgegriffen. Im übrigen soll sich der Industriebeirat möglichst rasch konstituieren und an die Lösung des Problems der wirtschaftlichen Rehabilitierung der immer noch Arbeitslosen schreiten. Nach rund zweistündiger Debatte wird der Punkt 1.) der Tagesordnung geschlossen. Zu Punkt 2.) Die Ansuchen des Alfred Sinowatz (Zl.1845/36) und des Josef Rahaberger (Zl. 2191/36) werden im Sinne des Parteibegehrens erledigt. Die Ansuchen des Johann Seidl (Zl. 2046/36), Franz Föttinger (Zl. 2214/36), Leopold Pribill (Zl. 2320/36) und Friedrich Finer (Zl. 2202/36) werden im Sinne der Guthchten der Magistrats-Abteilung I, bezw. der Kaufmannschaft Steyrs abgewiesen. Dem Ansuchen der o.ö. Kraftwagen-Verkehrs A.G. (Zl. 2411/36) wird unter der Bedingung stattgegeben, dass ein Schnellastwagen 540 Type "Steyr-Daimler-Puch" zur Verwendung gelangt. Zu Punkt 3.) Die Berufungen des Franz Zeller, (Zl. 2251/36) und des Josef Wöckinger (Zl. 2168/36), gegen die Abweisung ihres Ansuchens um eine laufende Unterstützung und der Josefine Nömayr (Zl. 2283/36) und der Maria Wieser (Zl. 2319/36), gegen die Abweisung ihres Ansuchens um einen Erziehungsbeitrag, werden im Sinne der Amtsanträge abgewiesen. Zu Punkt 4.) Die Ansuchen der mj. Gotthard Herta (Zl. 1950/36) und des Rudolf Springer (Zl. 1949/36), um Aufnahme in eine Sonderheilstätte, werden abgewiesen. Zu Punkt 5.) Die Beschwerde der Anna Feicht (Zl.1485/36), betreffend die Vorschreibung einer Mietzinsabgabe, wird im Sinne des Amtsantrages abgewiesen. Unter diesem Punkt werden auch behandelt die Ansuchen des Ignaz und der Zäzilia Mostbauer, Steyr, Blümelhuberstrasse 36 (Zl. 7077/36) und des Josef und der Katharina Dickbauer, Steyr, Blümelhuberstrasse 32a (Zl. 7796/35) um Befreiung von der

Mietzinsabgabe. Die Befreiung wird für den gleichen Zeitraum (das ist 25 Jahre) gewährt, für den die Befreiung von der Landesgebäudesteuer zukommt. Zu Punkt 6.) Der Bürgermeister beantragt, die Landeszweckabgabe im Sinne seines Entwurfes (siehe Beilage I) zu beschliessen. Nach kurzer Debatte nimmt der Gemeindetag einhellig diesen Antrag an. Zu Punkt 7.) Auf Grund der Ersitzung wären in den Heimatverband der Stadt Steyr aufzunehmen: Ezelsdorfer Josef, Böhm Andreas, Freismuth Heinrich, Forstner Alois, Hasslroithner Julius, Haberfellner Johann, Hartleitner Ferdinand, Hofner Ferdinand, Hölzl Franz, Huber Marie, Kaindl Josef, Jäger-Waldau Roman, Kobler Josef Kainzl Josef Leitner Rosa, Labner Johann, Michlmayr Josef, Moser Karl, Missbauer Hubert, Moser Maria Anna, Pichelmaier Wolfgang, Pichler Heinrich, Rossacher Anton, Pröhl-Seyrl Ludw. Skorz Richard, Schachner Theresia, Schreiner Michael, Schusterbauer Ignaz, Dr. Schneeweiss Rudolf Schillhuber Johann, Stöcklmair Franz, Tempelmeir Anna, Waglhuber August, Weissengruber Josef, Wiesinger Katharina, Döberl Johann, Zeitlhofer Karl, Abzuweisen wären: Fuchs Johann, Singer Anna, Einstimmig angenommen.

Zu Punkt 8.) Der Bürgermeister verliest den Bericht der Magistrats-Abteilung III, betreffend die Pflasterung des Grünmarktes. Er erklärt, dass er für die Pflasterung des Grünmarktes sei, dass er beantrage, dem Projekte die Zustimmung zu geben, dass er aber den Gemeindetag darauf aufmerksam machen müsse, dass er im gegebenen Zeitpunkte auch einem Antrag auf Bedeckung der Kosten die Zustimmung nicht versagen dürfe. Der Gemeindetag nimmt dieser Erklärung zustimmend zur Kenntnis und beschliesst einhellig, den Grünmarkt pflastern zu lassen. Voraussichtliche Kosten 24.100 S. Zu Punkt 9.) Der Bürgermeister legt den Entwurf einer neuen Hausordnung für die Gemeindehäuser vor. Der wesentliche Unterschied gegenüber dem bisherigen besteht darin, dass die Mietenausschüsse aufgehoben werden und dass an deren Stelle ein Hausvertrauensmänner-System tritt. Dies deshalb, weil die Geschäftsführung der Ausschüsse den Einfluss des Magistrates als Gebäudeverwalters stark zurückgedrängt hatte und weil sich durch die Ausschüsse grössere Unannehmlichkeiten ergaben. Nunmehr trete der Magistrat wieder im vollen Umfang in die Gebäudeverwaltung ein. Die Hausvertrauensleute sollen lediglich Verbindungsglieder zwischen den Mietern und dem Magistrate darstellen. Der Gemeindetag stimmt einhellig dem Entwurfe zu. Schluss der Sitzung 23 Uhr 40. Der Bürgermeister:

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