Gemeindetagsprotokoll vom 11. Juli 1935

4. Sitzung. Niederschrift über die 3. ordentliche Sitzung des Gemeindetages der Stadt Steyr am Donnerstag, den 11. Juli 1935 um 20 Uhr, im Sitzungssaale im Rathause. Anwesend: Vorsitzender Bürgermeister Dr. Josef Walk, Bürgermeister-Stellvertreter Alois Janak, Gemeinderäte: Dr. Doppler Fritz, Köttenstorfer Johann, Schwarzlmüller Felix, Fleischmann Franz, Steinkellner Julius, Ing. Grundmüller Oskar, Trupp Emmerich, Hack Gustav, Hambrusch Peter, Voglsam Josef, Wabitsch Ludwig, Hübl Josef, Kammerhofer Ignaz, Weindl Anton, Wünsch Otto. Kokesch Karl, Vom Magistrate: Rechnungs-Oberrevident Franz Dworschak. Entschuldigt abwesend waren: St.R. Hofer Albert, St.R. Paulmayr Franz, G.R. Dr. Mayr Anton, G.R. Rossner Karl, G.R. Schliessleder Alois, G.R. Trauner Franz. Tagesordnung: Rechnungsabschluss 1934. Der Vorsitzende Bürgermeister Dr. Josef Walk eröffnet um 20 Uhr 15 die Sitzung, begrüsst die Erschienenen und geht sofort in die Tagesordnung ein. Er verliest den Bericht des Rechnungsamtes zum Rechnungsabschluss 1934 und vergleicht nach Gebarungsgruppen die Ergebnisse dieses Rechnungsabschlusses mit denen des Abschlusses 1933. Er stellt fest, dass der Rechnungsabschluss die Polizeilasten

nicht beinhaltet und dass sich unter Berücksichtigung dieser Post der Gebarungsabgang auf rund S 341.000.- erstellen würde. Ausserdem verweist er darauf, dass in der Post "Mietzinsabgabe" eine zur Versehreibung gelangte, aber noch nicht rechtsbeständige Nachtragsbemessung per rund S 16.000.- inbegriffen ist, die den vorliegenden Rechnungsabschluss ebenfalls günstig beeinflusst. Infolge der milden Witterung des Winters 1934 hat die Ennsbauleitung den Beitrag der Gemeinde Steyr zur Verbauung des Schiffweges per S 10.000.- im Jahre 1934 nicht angefordert, worin ebenfalls eine Begünstigung des Rechnungsabschlusses gelegen sei. Wenn diese Zufallsposten ausgeschieden werden und auch andere Minderbeträge, die sich ausnahmsweise nur im Jahre 1934 ergeben konnten berücksichtigt würden, ergebe sich wieder ein Gebarungsabgang von 390.000.- bis 400.000 S. Und dies, obwohl die Lohnabgabe im Jahre 1934 infolge der unerwarteten Mehrbeschäftigung in den Steyr-Werken um rund S 13.000.- (nach Ausscheidung des Landesanteiles) gestiegen sei. Diese Steigerung an Lohnabgabe sei wieder ausgeglichen durch den Rückgang der Abgabenertragsanteile, sodass die gesamten Abgaben im Jahre 1931 gegenüber dem Jahre 1933 nur eine Steigerung von rund S 11.000.- aufweisen konnten, wobei die schon erwähnte nicht rechtsbeständige Mietzinsabgabebemessung inbegriffen ist, ohne die sich gegenüber dem Jahre 1933 auch bei den Abgaben ein Minderertrag von S 5.000.- ergeben hätte. Da auch die sonstigen Einnahmen um rund S 17.000.- zurückgingen, ergibt sich im Rechnungsabschluss 1934 ein Mindereingang von S 6.000.- gegenüber dem Jahre 1933 (unter Berücksichtigung der mehrfach erwähnten Mietzinsabgabe von S 22.000.-). Bei den Ausgaben müsse festgestellt werden, dass die sogenannten Einsparungen, so günstig sie sich für den Rechnungsabschluss auswirken mögen, letztlich nur mehr als "Abdrosseln" bezeichnet werden können. Sie geben einen Beweis dafür, dass die Gemeinde ihre kommunale Tätigkeit bereits eingestellt hat.

Zusammenfassend müsse festgestellt werden, dass sich der Haushalt der Stadtgemeinde Steyr durch weitere Einsparungen allein sicher nicht ausgleichen lasse, da das was seitens der Gemeindeverwaltung geschehe schon nicht mehr als Tätigkeit im Rahmen eines Notbudgets bezeichnet werden könne. Die Tätigkeit der Gemeinde sei auch heute schon von nichts anderem mehr abhängig, als von den "verfügbaren Mitteln". Ohne Aenderung im Abgabenrechte könne auch eine wesentliche Steigerung der Einnahmen nicht erwartet werden. Die missliche Finanzlage der Stadtgemeinde sei vor allem anderen auf drei Ursachen zurückzuführen, den Schuldendienst, den Personaletat und die Fürsorgelasten. Das Verhältnis zwischen Aktiven und Pensionisten sei vollständig ungesund, die Gemeinde leide unter viel zu hohen Pensionslasten. Auch die Fürsorgeausgaben seien abnormal hoch, da es unmöglich sei, dass mehr als ein Drittel der Bevölkerung von den übrigen Bewohnern fürsorglich erhalten werden könne. Wäre der Schuldendienst nicht vorhanden und würden Fürsorge- und Personaletat in normalen Grenzen sich bewegen, könnte die Gemeinde Steyr in ihrem Haushalte sicher als gesund bezeichnet werden und hätte auch die Möglichkeit, die seit vielen Jahren zurückgestellte kommunale Tätigkeit in ihrem unerlässlichen Ausmasse zu betreiben. So aber könne die Stadtgemeinde Steyr aus eigener Kraft allein ihren Haushalt nicht in Ordnung bringen. Es werde alles versucht, um Bund und Land zu einer Mithilfe zu bewegen. Die Erfolge seien leider minimal. Im Gegenteil: Durch das neue Bettlergesetz des Landes Oberösterreich werde die Gemeinde Steyr mit einem weiteren Betrage von rund S 11.000.- belastet. Nach einigen Anfragen und kurzer Debatte, an der sich die Gemeinderäte Hack, Fleischmann, Köttenstorfer und Steinkellner beteiligten, wurde die Sitzung um 22 Uhr 30 geschlossen. Der Bürgermeister:

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