Gemeindetagsprotokoll vom 17. Juli 1934

Verhandlungsschrift über die Sitzung des Beirates des Regierungskommissärs der Stadt Steyr, am Dienstag, den 17. Juli 1934 um 14 Uhr. Anwesend: Vorsitzender: Regierungskommissär Dr.Florian Hirtmayr. Mitglieder: Stadtrat Gustav Hack, Peter Hambrusch, Alois Janak, Ignaz Kammerhofer, Dr. Karl Lorenz, Stefan Ramoult, Dr. Josef Walk. Schriftführer: Dr. Karl Lorenz. Tagesordnung 1.) Beglaubigung der Verhandlungsschrift der letzten Sitzung. 2.) Mitfeilungen des Vorsitzenden. Personal- und Fürsorgereferent Dr. Hirtmayr: 3.) Vertragsangestellter Johann Pokorny, Ansuchen um Abfertigung 4.) Kanzleibeamter Max Plottner, Ansuchen um Nachsicht der Hemmungsfrist für die Vorrückung. 5.) Vereinsdruckerei Steyr, Vorschlag betreffend Auflassung einer der zwei Plakatierungsanstalten in Steyr. 6.) Fürsorgerekurse. 7.) Ansuchen um Aufnahme in eine Sonderheilstätte. Finanz-und Rechtsreferent Dr. Walk: 8.) Bericht über den Elektrizitätsvertrag. 9.) Bericht über die Verhandlungen wegen der Friedhofleichenhalle. 10.) Bericht über die Sanierungsverhandlungen. 11.) Kollektivvertrag der städtischen Arbeiter. 12.) Amtsstunden beim Magistrate Steyr. 13.) Mutter Paula, Abschreibung einer uneinbringlichen Forderung 14.) Schulraum im Hause Aichetgasse 2, Mietvertrag.

Gewerbereferent Stadtrat Kammerhofer: 15.) Lengauer Johann, Konzession für das Gast- u. Schankgewerbe. 16.) Allfälliges. Eröffnung der Sitzung um 14 Uhr. Zu 1.) Der Regierungskommissår verliest das Protokoll. Stadtrat Hack ist mit der Fassung des Protokolles auf Seite 6 nicht einverstanden. Es entwickelt sich eine Debatte, die durch den Antrag des Stadtrates Dr. Walk auf Schluss der Debatte, der angenommen wird, beendet und unter Punkt 12.) weitergeführt wird. Zu 2.) Der Regierungskommissär verliest den Einlauf: Vom Treuhänder des Arbö wird ein Schreiben verlesen, in dem die Rennbahn der Gemeinde zum Kaufe angeboten wird. Die Leitung der Wehr¬- grabenschule (Knaben-Volksschule) sucht um Einrichtungsgegenstände für die Abschlussklasse an. Verlesung des Grundbuchauszuges über das Mauthäusl, das vertauscht werden soll. Doch muss die darauf liegende Hypothek gelöscht werden. Angebot der Vereinsdruckerei, die beide Plakatierungsunternehmungen zusammenlegen will. Zu 3.) Das angemeldete Ansuchen um Abfertigung des Johann Pokorny ist bis jetzt nicht eingelangt. Beschlussfassung aufgehoben. zu 4.) Zu diesem Punkte wird folgender Antrag angenommen: Kanzlei-Oberoffizial Max Plottner wird in Würdigung der zufriedenstellenden Dienstleistungen ausnahmsweise mit Wirksamkeitsbeginn vom 1. Jänner 1934 in 5/VI/3 überreiht. Nächste Vorrückung am 1. Jänner 1935 (auf Grund des Notopfers hätte die Auszahlung der am 1. Jänner 1935 anfallenden Vorrückung auf die Dauer eines Jahre zu entfallen.) Zu 5.) Regierungskommissär verliest das Schreiben der Vereinsdruckerei. Stadtrat Ramoult ist der Meinung die Gemeinde möge beide Plakatierungsanstalten führen und einen Teil des Reingewinnes der Vereinsdruckerei als Pachtsehilling überlassen. Dr. Walk stellt den Antrag: Der Beirat ist der Ansicht, dass eine Zusammenlegung beider Plakatierungsunternehmungen wünschenswert wäre. Der Referent dieses Unternehmens möge mit der Vereinsdruckerei vorher verhandeln und in der nächsten Sitzung diesbezüglichen Antrag stellen. Einstimmig angenommen. zu 6.) Verlesung von 7 Fürsorgerekursen: Thurner Elisabeth, Erziehungsbeitrag für mj. Karl. Thurner, Distelberger Josefa, Erhaltungsbeitrag, Wiesner Johann, Weiterbewilligung der mtl.Unterstützg.

Rasteiger Josefine, Erhaltungsbeitrag, Mayr August, Zahnbehandlungskosten, Dickinger Therese, Zahnbehandlungskosten, Buha Maria, Erziehungsbeitrag für mj. Josef Buha. Antrag: Alle werden nach den gestellten Amtsanträgen mit Abweisung erledigt. Zu 7.) 9 Ansuchen werden im Sinne des Amtsantrages bewil- ligt: Ctyrtnik Franziska, Übernahme von S 225.-, Verpflegskosten in der Heilstätte Buchberg-Traunkirchen. Radenberger Zäzilia, Übernahme von S 360.-, Verpflegskosten in der Heilstätte Buchberg-Traunkirchen. Ring Robert, Übernahme von S 180.-, Verpflegskosten in der Heilstätte Buchberg-Traunkirchen. Schmid Friedrich, Übernahme von S 315.-, Verpflegskosten in Heilstätte Buchberg-Traunkirchen. Frint Julie, Übernahme von S 112.-, Verpflegskosten in der Kuranstalt Bad-Hall. Hochholzer Julie, Übernahme von S 84.-, Verpflegskosten in der Kuranstalt Bad-Hall. Schlederer Karl, Übernahme von S 202.50, Verpflegskosten in der Heilstätte Hörgas. Reichenfelser Eduard, Übernahme von S 315.-. Verpflegskosten in der Heilstätte Stolzalpe, Steiermark. Eygruber Hermann, Übernahme von S 360.-, Verpflegskosten in der Heilanstalt Tamsweg. 4 Ansuchen im Sinne des Amtsantrages abgewiesen: Bengesser Margarete, Mitterer Therese, Wanek Ernst, Wurzer Ludwig. Zu 8.) Dr. Walk berichtet, dass die Verhandlungen über die Tarifeingabe der E.W. Steyr auf einem toten Punkt angelangt seien was in den Intentionen der Gemeinde liege. Zur Kenntnis genommen. zu 9.) Dieser Punkt wird ausgelassen, da es dem Referenten nicht möglich war, mit den Pfarrherren Rücksprache zu pflegen. Der Antrag auf Vertagung wird angenommen und ein Bericht über die Verhand lungen in der Volkskinoangelegenheit eingeschoben: Da über das Vermögen "Arbeiterheim " nicht entschieden werden konnte, ist vorderhand die Übernahme des Kinos durch die Gemeinde noch nicht möglich. Die Gemeinde kann keine laufenden Ausgaben über-

nehmen, wenn keine Einnahmen da sind. Der Antrag auf Lizenzverleihung an die Gemeinde wurde von der o.ö. Landesregierung abgelehnt. Die Kiba ist bereit, den Kinosaal samt Apparaturen zu pachten vom 16. August 1934 bis 15. August 1935 um einen Pachtschilling von 22.500.-.In dieser Summe wäre auch die Lustbarkeitssteuer inbegriffen. Die Kiba ist auch bereit, den Magistratsbeamten Zeitlhofer als Geschäftsführer anzustellen und den Gehalt der Gemeinde zu refundieren. Ansicht des Beirates: Der Vertrag mit der Kiba wäre abzuschliessen und mit der Volkskino G.m.b.H. wäre ein Weg zu suchen, dahingehend, dass es möglich ist, mit der Kiba abzuschliessen, wobei ein Teil des Pachtes verwendet wird, Schulden der Volkskino G.m. h.H. abzuzahlen und dieselbe verpflichtet wird, keine neuen mehr zu machen. Die Gemeinde führt für die Volkskino G.m.b.H. die Geschäfte. Nach der günstigen Lösung der Frage "Arbeiterheim" könnte die Gemeinde die Volkskino G.m.b.H. selbst übernehmen. Der Antrag Dr. Walk auf Dringlichkeit dieses Punktes wird einstimmig angenommen. Auf Grund dieser Ansicht und Grundsätze werden die Verträge durchgearbeitet. Zur Abfassung dieser Verträge wird ein erfahrener Jurist beigezogen werden. Die Kosten hat die Kiba zu tragen. Antrag: Dr. Walk wird ermächtigt, im Sinne seiner Ausführungen die entsprechenden Verhandlungen mit der Volkskino G.m.b.H. und der Kiba zu führen und bis zur nächsten Sitzung konkrete Anträge vorzulegen. Angenommen. Zu 10.) In der Zwischenzeit ist der mündliche Vorschlag des Direktors der Hypothekenanstalt in Linz Dr. Ruttensteiner schriftlich eingelangt. Derselbe ist wohl wertvoll und akzeptabel. Er bedeutet für die Kassa eine minimale Entlastung, doch wird die Vermögenslage der Stadt verbessert. Dr. Walk verliest ein Schreiben, das an Herrn Landeshauptmann Dr. Gleissner von ihm gerichtet war und die erfolgte Antwort des Finanzreferenten Dr. Lorenzoni vor. Die Lohnabgabe lässt das Land der Gemeinde nicht, daher ist es sinnlos, eine Eingabe zu machen. Der Bericht wird zur Kenntnis genommen. Zu 11.) 1927 wurde ein Kollektivvertrag mit den städt. Arbeitern abgeschlossen und 1928 mit den Angestellten der Fürsorgeanstellten. Der Kollektivvertrag wurde gekündigt und an Stelle des alten soll nun ein neuer treten, der als Ziel die Gleichstellung der Entlohnung der Gemeindearbeiter mit den ortsüblichen Löhnen hat.

Es ist gelungen, eine kleine Abänderung der alten Kollektivverträge zu erreichen im Einverständnis mit der Arbeiterschaft. Dr. Walk verliest das Zusatzprotokoll und beantragt, die Kollektivverträge samt Zusatz zu bestätigen. Wenn auch nicht erreicht werden konnte, was man wollte und wenn das Ergebnis der Verhandlungen vom finanziellen Standpunkte aus dürftig ist, so ist es mit Rücksicht auf die politische Lage nicht so schlecht. Stadtrat Hack vertritt den Standpunkt, da nicht erreicht wurde, was man anstrebte, überhaupt keinen KollekVertrag zu schliessen und stellt den Antrag: Wenn der Kollektivvertrag, wie er das letztemal von Dr. Walk vorgebracht wurde, nicht angenommen wird, möge das ganze Bauamt aufgelöst werden. Stadtrat Janak spricht sich für den Antrag Dr. Walk aus, Stadtrat Hambrusch für den Antrag Hacks. In längerer Debatte legt Stadtrat Hack klar, dass eine so arme Gemeinde wie Steyr nicht in der Lage sei, besonders günstige Verträge zu bieten und infolge der Notlage müsse die Sache rein geschäftlich aufgebaut werden ohne Rücksicht auf politische oder andere Momente. Stadtrat Hack warnt davor, etwa den Ausfall an Ersparungen, die sich durch die von ihm entworfenen Kollektivvertrag ergeben und die nach seiner Ansicht etwa S 40.000.- betragen, wieder etwa auf die Geschäftswelt in Form von Steuern abzuwälzen. Dr. Walk betont, dass 1. die strittige Summe nicht 40.000.- jährlich ausmache, sondern höchstens S 16.000.-, 2. diese Summe niemals durch Steuererhöhung hereingebracht werde, 3. wenn Steuererhöhungen kommen, sie vorwiegend auf Kosten der Arbeiter erfolgen, (Mietzinsabgabe) 4. dass unter keinen Umständen Opfer verlangt werden, wenn nicht die vollständige Sanierung möglich ist. Stadtrat Janak schliesst sich den Ausführungen des Dr. Walk an. Stadtrat Hack wendet sich gegen die Ausführungen und erklärt, man solle wegen politischer Schlagworte nicht die Gemeinde weiter dem Abgrunde entgegentreiben, sondern rücksichtslos und energisch einsparen. Verlangt nochmals, dass kein Vertrag geschlossen werden solle. Dr. Walk erklärt, die Arbeiter, die eingestellt sind, sollen nach dem Kollektivvertrag bezahlt werden; wenn wir nicht mehr zahlen können, müssen wir entlassen. Für den Antrag Dr. Walk stimmen: Janak, Kammerhofer, Dr. Lorenz, Dr. Walk, dagegen : Hack, Hambrusch, Ramoult. Der Antrag Dr. Walk ist somit mit Mehrheit angenommen. Der Antrag Hack wird abgelehnt. Demnach treten die Zusatzbestimmungen zu den Kollektivverträgen in Kraft.

zu 12.) Mit Rücksicht auf die frühere Aussprache und Beschlussfassung wäre mit 1. Juli d.Js. die neue Amtsstundeneinteilung in Kraft getreten. Laut Geschäftsordnung § 6, Pkt. 3 waren aber die Magistratsangestellten vorher zu hören. Daher hat im letzten Protokoll der Regierungskommissär den Beschluss modifiziert, sodass er als Anregung aufgezäumt wurde, die heute zur Beschlussfassung vorliegt. Der Regierungskommissär verliest das Schreiben der Personalkommission. Dr. Walk stellt den Antrag: Im Einvernehmen mit der Personalvertretung wird ab 30. Juli 1934 die Amtszeit wie sie bisher für die Wintermonate festgesetzt war; eingeführt. Stadtrat Hack ergreift das Wort, verweist darauf, dass ja bereits ein Beschluss gefasst sei, den man nicht wieder ändern solle; spricht sich dagegen aus, dass ohne Wissen des Beirates im Protokoll Änderungen gemacht werden, betont, dass er lediglich aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus bei seinem Antrag verharre und stellt den Gegenantrag: Beim Magistrat Steyr wird ab 30. Juli l.Js. die geteilte Arbeitszeit für alle Werktage ausser Samstag eingeführt und es soll die Festsetzung der Stunden im Einvernehmen mit dem Personal erfolgen. Dr. Walk verweist noch darauf, dass die jetzige Amtszeiteinteilung der Beamtenschaft als Äquivalent für den Entfall der Überstundenbezahlung gegeben wurde; dass diese Dienstordnung auch heute noch in Geltung stehe, und dass daher die Annahme des Antrages Hack einen Vertragsbruch gegenüber den Angestellten bedeute. Abstimmung über den Antrag Dr. Walk: Dafür: Dr. Lorenz, Dr. Walk, dagegen: Hack, Hambrusch, Janak, Kammerhofer, Ramoult, somit wurde dieser Antrag abgelehnt. Abstimmung über den Antrag Hack: Dafür: Hack, Hambrusch, Janak, Kammerhofer, Ramoult, dagegen: Dr. Lorenz, Dr. Walk. Somit wurde der Antrag Hack angenommen. zu 13:) Die Abschreibung wird bewilligt. zu 14.) Der Amtsantrag wird angenommen. Zu 15.) Die Konzession wird erteilt. Zu 16.) Stadtrat Hack stellt den Antrag auf Dringlichkeit für seinen Bericht über Schulreparaturen, welcher angenommen wird. Es wären Reparaturen im Betrage von S 58.552.38 notwendig, von welcher Summe bar S 47.739.- zu begleichen wären. Es wurden Streichungen vorgenommen, sodass noch Arbeiten für 16.000.- bleiben, die unbedingt notwendig sind und die bewilligt werden. Bei Vergebung der Arbeiten sollen vaterländisch eingestellte Geschäftsleute berücksichtigt werden.

Stadtrat Hack berichtet, dass in der Ennsleitenschule ein vollständig betriebsfähiges Bad vorhanden sei und stellt den Antrag, dass die Wiederinbetriebsetzung des Schülerbades genehmigt werde und zwar für je 3 Tage in der Woche, zweimal im Monat, mit einem Betrage von S 120.- pro Monat, welcher Antrag angenommen wird. Stadtrat Hack berichtet weiter, dass das Dach der Reitschule zu reparieren sei und dabei stösst man auf einen ganz unmöglichen Vertrag der früheren Gemeindevertretung mit einer gewissen Fuchshuber, der sofort zu lösen ist. Stadtrat Hack macht die Anregung mit den eigenen Arbeitern auf eigene Regie die Gänge des Rathauses zu weissen, Diese Anregung wird angenommen unter der Bedingung, dass nicht mehr als 50 % der Auslagen auf Sachauslagen fallen und die Barauslagen nicht S 1000.- übersteigen. Der Regierungskommissär berichtet, dass auf Rat des Dr. Kornhäusel man sich bei den Verhandlungen bezüglich des Gestehüttels am Stadtplatz nicht auf das Privatrecht stützen solle, sondern das ganze öffentlich-rechtlich behandeln sollte. Wenn das Bauverbot der Landesregierung herabgelangt und rechtskräftig geworden sein werde, könne das Gestehüttl weggerissen werden. Dr. Lorenz gibt die Anregung, der restituierten Kapelle Münzberg den Titel "Stadtkapelle" nicht mehr zu geben. Ende 19 Uhr. Die Stadträte: Der Vorsitzende:

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