Gemeindetagsprotokoll vom 27. April 1934

Niederschrift über die Sitzung des Beirates der Stadt Steyr am Freitag, den 27. April 1934 um 14 Uhr, im Rathaus,II. Stock, Zimmer 78. Anwesende: Vorsitzender Regierungskommissär Dr. Florian Hirtmayr. Landesamtsdirektor i.P., die Stadträte: Hambrusch Peter, Büchsenmacher, Janak Alois, Betriebsratsobmann der Steyr-Werke, Kammerhofer Ignaz, Kaufmann, Dr. Lorenz Karl, Gymnasiallehrer. Marktschläger Rudolf, Sparkassedirektor, Ramoult Stefan, Abteilungsleiter i. P., Dr. Walk Josef, Finanz-Oberkommissär. Vom Magistrate: Rechnungsrevident Josef Dambachmayr als Schriftführer. Tagesordnung. 1.) Angelobung der Mitglieder des Beirates, Konstituierung, Stellvertreter, Schriftführer und Referantsverteilung (Geschäftsordnung). 2.) Bestimmung der Höhe der Taggelder für die Mitglieder des Beirates. 3.) Berichte des Vorsitzenden über wichtige und dringende Angelegenheiten der Gemeinde. 4.) Allfälliges. Beginn der Sitzung um 14 Uhr. Der Vorsitzende erböffnet die Sitzung mit Begrüssungsworten an die vollzählig erschienenen Stadträte und nimmt nach einer Ansprache die Angelobung der Stadträte vor. Zu seinem Stellvertreter ernennt er den Stadtrat Finanzoberkommissär

Dr. Josef Walk und stellt den Schriftführer Rechnungsrevidenten Josef Dambachmayr vor. Ueber Vorschlag des Vorsitzenden werden die einzelnen Referate wie folgt verteilt: Regierungskommissär Dr. Florian Hirtmayr: Alle Personal- und Schulangelegenheiten, Kunstangelegenheiten, Bildungswesen, Stadtarchiv, Museum, Patronatsangelegenheiten, städt. Gebäude, Fürsorgewesen einschliesslich Humanitätsanstalten. Regierungskommissär-Stellvertreter Dr. Josef Walk: Finanz- und Rechtsangelegenheiten. Stadtrat Alois Janak: Heimatrecht und Verkehrswesen. Stadtrat Ignaz Kammerhofer: Gewerbeangelegenheiten. Stadtrat Dr. Karl Lorenz: Städt.Grundbesitz. Sportangelegenheiten. Stadtrat Rudolf Marktschläger: Bauwesen, Lokalpolizei, Marktwesen. Stadtrat Stefan Ramoult: Wirtschaftliche Angelegenheiten der Gemeinde (Kino, "Geste", Gärtnerei, Kehrichtabfuhr, Wasserversorgung, Stadtgut) und die Angelegenheiten der Feuerwehr. Der Vorsitzende erwähnt anschliessend, dass er einstweilen die Geschäftsordnung des früheren Gemeinderates auch für den Beirat beibehalten werde. Punkt 2.) Der Vorsitzende bestimmt im Einvernehmen mit dem Beirate die Funktionsgebühren der Stadträte vorbehaltlich der Zustimmung des Landeshauptmannes mit S 6.- für den Sitzungstag. Punkt 3.) Zu diesem Punkte berichtet der Vorsitzende zunächst über das Schicksal des Volkskinos. Er bringt den Amtsbericht des Magistrats-Präsidiums, Zl. 2971/34, zur Verlesung und weist die Angelegenheit dem Referenten Stadtrat Ramoult zu, der nach Möglichkeit bereits in der nächsten Sitzung des Beirates Bericht erstatten und Anträge stellen soll.

Wegen Weiterführung der städtischen Unternehmungen "Geste" (Leichenbestattung und Reklameabteilung) wird die Angelegenheit vom Vorsitzenden nach Verlesung des Amtsberichtes des Magistrats-Präsidiums, Z1.2342/34. dem Referenten Stadtrat Ramoult zur weiteren Behandlung zugewiesen. Das Ansuchen der beiden katholischen Pfarrämter wegen Ueberlassung des erforderlichen Grundes zur Errichtung einer neuen Friedhofleichenhalle wird nach knapper Erörterung durch den Vorsitzenden dem Referenten Dr. Walk zugewiesen. Die vorliegenden Ansuchen um Zuweisung der freigewordenen Sport- und Spielplätze, sowie der infolge Auflösung von Vereinen freigewordenen, der Stadtgemeinde gehörigen Räumlichkeiten werden dem Referenten Stadtrat Dr. Lorenz zur weiteren Behandlung zugewiesen, wobei der Vorsitzende besonders darauf verweist, dass die Schulen und die Bundes-Polizei aus öffentlichen Rücksichten in erster Linie zu berücksichtigen seien. Ueber die unbeglichenen Stromschulden der Stadtgemeinde an die Elektrizitätswerke A.G., sowie deren Begehren auf Ueberwälzung der Warenumsatzsteuer auf die Konsumenten und um Aufschub der von der Gesellschaft vertraglich anzulegenden Kapitalsreserven um drei Jahre, wodurch der Uebergang des Vermögens der Gesellschaft an die Stadtgemeinde Steyr statt im Jahre 1962 erst im Jahre 1965 erfolgen würde, berichtet der Vorsitzende eingehend, stellt fest, dass das Begehren des Elektrizitätswerkes sich in einem für die Bevölkerung erträglichen Ausmasse bewegt und wohl begründet ist. Er weist dann die Angelegenheit dem Referenten Dr. Walk mit dem Auftrage, in der nächsten Sitzung hierüber eingehend zu berichten, zu. Tariferhöhung. Der Beschluss des Stadtrates vom 22.September 1933, Zl. 87/Präs., über die Verleihung eines Stipendiums von S 600.- an den als sozialdemokratischen Parteigänger bekannten Hörer der Medizin Franz Hann für das Studienjahr 1933/31 wird vom

Vorsitzenden dem Beirate mit dem Vorschlage zur Kenntnis gebracht, ihm die zweite Halbjahrsrate von S 300.- flüssig zu machen, weil Hann die für die Flüssigmachung gestellten Bedingungen erfüllt hat und an dem Februaraufruhr in keiner Weise beteiligt war. Angenommen. Zu Mitgliedern der nach der Auflösung des Gemeinderates beschlussunfähig gewordenen Personalkommission werden nach Amtsantrag 5 Mitglieder des Beirates ernannt und zwar: Stadtrat Alois Janak, Stadtrat Dr.Karl Lorenz, Stadtrat Rudolf Marktschläger, Stadtrat Stefan Ramoult, Dr. Josef Walk. Ueber Antrag des Regierungskommissärs auf Bestellung neuer Fürsorgeräte und -Rätinnen wird einstimmig beschlossen im Sinne des Amtsantrages nachstehende Herren und Frauen zu Fürsorgeräten und -Rätinnen zu bestellen: Für den I.Bezirk: Stigler Josef, Leichenbestatter, Engegasse 9, Voglsam Marie, Schuhmachersgattin, Bindergasse 5. Für den II.Bezirk: Eisterlehner Josef, Postbeamter i.R., Prevenhubergasse 6, Stohl Katharina, Baumeistersgattin, Leopold Werndlstrasse 6. Für den III.Bezirk: Hötzl Karl, Fabriksarbeiter, Werndlgasse Nr. 19, Kletzmayr Franziska, Krankenkassedirektorsgattin, Leop. Werndlstr. 8. Für den IV. Bezirk: Hutterberger Karl, Badgasse 5 Singer Johanna, Hilfsarbeitersgattin, Fabrikstrasse 30, Für den V. Bezirk: Brandl Friedrich, Schulhauswart, Wehrgrabengasse 22, Pfaffeneder Josefine, Bezirksinspektorsgattin, Wehrgrabengasse 83, Für den VI. Bezirk: Wieser Alois, Schlosser, Sierningerstrasse 117, Pfeiffer Amalie, Fabriksarbeitersgattin, Neustrasse 7.

Für den VII. Bezirk. Michlmayr Josef, Finanzoffizial, Mitteregasse 7, Schaffenberger Marie,Sierningerstrasse 131. Für den VIII. Bezirk. Schaumberger Franz, Beamter i.R., Fischergasse 6. Janak Betty. Fabriksarbeitersgattin, Gleinkergasse 2. Für den IX. Bezirk Lemp Karl, Tapezierermeister, Zachhubergasse 4, Dworschak Marie, Handarbeitslehrerin, Wieserfeldplatz 4. Für den X. Bezirk: Schwarz Johann, Hausbesitzer, Steinerstrasse 1, Ecker Franziska, Handarbeitslehrerin, Steinerstrasse 2. Für den XI. Bezirk: Mann Heinrich, Buchbindermeister, Haratzmüllerstrasse 38, Hofer Katharina, Hausbesitzerin, Haratzmüllerstrasse 5. Für den XII.Bezirk: Schittenberger Florian. Handelsgärtner, Altgasse 6, Heindl Leopoldine, Hausbesitzersgattin, Damberggasse 23. Für den XIII.Bezirk: Sterrer Josef, Josef Wokralstrasse 1. Riegler Josefa, Schlossersgattin, Josef Wokralstrasse 8. Für den XIV. Bezirk: Kendlbacher Franz, Tischler, Roseggerstrasse 10, Rindt Therese, Hilfsarbeitersgattin, Josef Wokralstrasse 18. Für den XV. Bezirk: Müller Franz, Beamter, Schubertstrasse 3. Steglich Marie, Beamtensgattin, Schosserstrasse 3. Weiters werden über Antrag des Vorsitzenden zu Mitgliedern der Fürsorgeräteversammlung aus dem Beirate die Stadträte Hambrusch Peter und Dr. Lorenz Karl einstimmig bestellt. Der Vorsitzende berichtet über die im Rahmen des Deutschösterreichischen Städtebundes in Bildung begriffene Arbeitsgemeinschaft der Statutarstädte, deren Führung der Bürgermeister der Bundeshauptstadt Wien, Minister a.D. Richard Schmitz, übernehmen wird.

Ueber das Begehren des Hausbesitzervereines wegen Auflassung des Landesgesetzes vom 7. Februar 1923. L.G.Bl.Nr. 35, betreffend die Einhebung von Interessentenbeiträgen bemerkt der Vorsitzende, dass wohl über die höhe des zu leistenden Beitrages gesprochen werden könne, dass jedoch grundsätzlich an der Aufrechterhaltung des gegenständlichen Gesetzes festzuhalten sei. Es muss doch auch vom Hausbesitzerverein anerkannt werden, dass durch die Investition (Kanalisierung,Wasserleitung, Strassenbau, etz.) eine Werterhöhung des Eigentums der einzelnen Interessenten erfolge und deshalb die Einhebung einer öffentlichen Abgabe gerechtfertigt sei. Im übrigen sei die Sache dermalen gar nicht aktuell. Zur Fortführung der von der Ennsbauleitung im Jahre 1933 in Angriff genommenen Uferschutzbauten am Ennsflusse regt der Vorsitzende an, den Beitrag der Stadtgemeinde Steyr im Betrage von S 10.000.- auch für das Jahr 1934 zu leisten, weil hiedurch doch wieder für eine Anzahl von Arbeitern sowie Gewerbetreibenden Verdienst geschaffen wird. Die Stadträte Ramoult und Marktschläger schliessen sich dieser Anregung des Vorsitzenden an und wird der Bericht vom Beirate einhellig genehmigt. Ueber die Entfernung der Pissoiranlage bei der Jesuitenkirche am Stadtplatz entwickelt sich eine längere Wechselrede, die schliesslich zu dem Ergebnisse führt, dass die Neuherstellung der Pissoiranlage vom Stadtbauamte in Eigenregie vorgenommen werden soll. Dann wird die Entfernung des "Geste" Wartehäuschens auf dem Stadtplatz vom Vorsitzenden und den Stadträten einer Aussprache unterzogen. Stadtrat Ramoult übernimmt es, zur rascheren Aufbringung der Mittel zur Schadloshaltung des Tabakverschleissers Bittner eine Geldsammlung einzuleiten. Der Vorsitzende berichtet nunmehr über seine beabsichtigte Eingabe an die Landesregierung auf Verwirklichung des Neubaues

eines Bundes-Realgymnasiums im Zuge des von der Bundesregierung aus dem Erlös der Trefferanleihe finanzierten Arbeitsbeschaffungsprogrammes. Er meint, dass vielleicht mit Hilfe des Herrn Landeshauptmannes Dr. Heinrich Gleissner die Angelegenheit einer für Steyr günstigen Lösung zugeführt werden könnte. Stadtrat Dr. Josef Walk regt im Interesse der Arbeitsbeschaffung an, es möge sich der Regierungskommissär bei den zuständigen Stellen auch für die Instandsetzung der in Steyr befindlichen Amtsgebäude,besonders der Bezirkshauptmannschaft, einsetzen. Stadtrat Hambrusch ersucht um Aufklärung, warum der Schulgarten in der Aichetschule nicht dem Schulwart Leidinger zugewiesen worden sei, worauf der Vorsitzende erwidert, dass es sich um zwei Grundstücke handle, 1. einen kleineren Gemüsegarten, der dem Schulwart überlassen worden sei, 2. aber um eine grössere mit Obstbäumen bepflanzte Wiese die dem jeweiligen Schulleiter zur Benützung vorbehalten bleiben müsse. Schluss der Sitzung um 15 Uhr 45 Min. Der Vorsitzende: Die Niederschriftsprüfer:

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