Der Finanzreferent sagt mit vollem Recht, dass das Kapitel "Fürsorge" ein sehr ernstes sei. Es ist das ernsteste und für den geschulten Beobachter bedeutet das Studium dieses Kapitels ein Aufrollen der entsetzlichen Situation, in der sich nicht nur die Gemeinde, sondern die Gesellschaft überhaupt befindet. Eine Gesellschaft, die mehr als die Hälfte ihrer Mitglieder befürsorgen, d.h. mit öffentlichen Mitteln unterstützen muss, um sie vor dem Untergang zu retton, ist krank, ist totkrank. Die Kosten dieser Krankheit haben die Gemeinden zu bestreiten. Das wäre vielleicht noch zu ertragen. Unerträglich wird die Lage aber durch die Aussichtslosigkeit, die Hoffnungslosigkeit, die Unheilbarkeit der Krankheit. Die Fürsorge von heute ist trotz der enormen Mittel, die sie beansprucht, Kurpfuscherei, weil sie nur ganz oberflächlich die schlimmsten Folgen der Not zu bannen vermag, die eigentliche Ursache des Elends aber, die Arbeitslosigkeit, nie wird beseitigen können, und so die Quelle dieser wirklich tragischen Situation offen bleibt um täglich neues Elend zu schaffen. Mit den moralischen Folgen dieser Dauerarbeitslosigkeit will und kann ich mich gar nicht befassen. Sie sind unsagbar trostlos. Vielleicht gibt es in unserer Stadt Leute, die mit den Ausgaben für die Fürsorge nicht einverstanden sind. Aber mit Bestimmtheit nehme ich an, dass unter Ihnen, meine sehr verehrten Frauen und Herren, niemand ist, der die Ziffern, die in diesem Kapitel aufscheinen, missbilligt. Sie kennen die Not der Bevölkerung unserer Stadt und wissen mit mir, dass die zur Verwendung beantragten Beträge wirklich nur die allergrösste Not zu mildern vermögen. Die Kosten für die Fürsorge, soweit sie aus Gemeindemitteln bestritten wurden, betrugen im Vorjahre S 531.147.-. Die für das Jahr 1934 präliminierten Ausgaben belaufen sich auf S 550.100.-. Die Steigerung beträgt also fast 4 %. Ziehen Sie den Gesamtetat 1934 mit einem Erfordernis von S 1,916.900.- in Berechnung und stellen Sie ihm das gesamte Fürsorgeetas 1934 gegenüber, finden Sie leicht, dass 33.4 % des Erfordernisses Fürsorge-
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