Gemeinderatsprotokoll vom 28. Dezember 1933

Niederschrift über die 15. ordentliche Sitzung des Gemeinderates der Stadt Steyr am Donnerstag, den 28. Dezember 1933. Tagesordnung. 1.) Berichte des Bürgermeisters. Stadtrat. Referent Bürgermeister Franz Sichlrader: 2.) Voranschlag für das Jahr 1934. 3.) Aenderung der Reisegebührenvorschrift. 4.) Abänderung der Funktionsgebühren. 5.) Abänderung der Dienstordnung der Magistratsangestellten. Referent Stadtrat Dr. Rudolf Schneeweiss: 6.) Elektrizitätsvertrag-Modifizierung. Finanz- und Rechtsausschuss. Referent Stadtrat August Dressl: 7.) Sager Franz, Ansuchen um Ermässigung der Landeszweckabgabe. 8.) Zaar Rudolf, dto. 9.) Mugrauer Karl, dto. 10.) Urmann Anton, dto. 11.) Seiler August, Einspruch gegen d. Vorschreibung d. Landeszweckabg. 12.) Fürnberg Max, dto. 13.) Staudinger Aloisia, dto. 14.) Schaumüller Dominik, dto. 15.) Baumgartner Alfred, dto. Referent G.R. Michael Sieberer: 16.) Neubestellung des Gemeindeeinigungsamtes nach der o.ö. Haus- und Landarbettsordnung für das Jahr 1934. Vertrauliche Sitzung.

Anwesende: Vorsitzender Bürgermeister Franz Sichlrader, Bürgermeister-Stellvertreter Anton Azwanger, die Stadträte: Dedis Karl, Dressl August, Klement Karl, Schlossgangl Leopold, Dr. Schneeweiss Rudolf, die Gemeinderäte: Bamminger Alois Berger Rudolf Dr. Breitler Leopold Chalupka Elise Daspelgruber Josef Grafleitner Josef Hamberger Josef Schöner Johann Schrangl Franz Schwitzer Erna Steiner Florian Steinkellner Julius Tribrunner Franz Voglsam Josef Hofmann Rudolf Weindl Anton Kirchberger Josef Witzany Hans Zeilinger Gangolf Pfaff Johann Schickl Friedrich Vom Magistrate: Magistratsdirektor Dr. Ferdinand Häuslmayr, Bauamtsdirektor Ing. Heinrich Treml, Oberrechnungsrat Franz Liska und Oberkommissär Hans Sichlrader als Schriftführer. Die Gemeinderäte der kommunistischen Partei und der Gemeinderat der nationalsozialistischen Partei sind mit Rücksicht auf das bestehende Betätigungsverbot dieser Parteien zur Sitzung nicht erschienen. Bürgermeister Franz Sichlrader eröffnet nach Konstatierung der Beschlussfähigkeit die Sitzung um 18 Uhr 30 Minuten. Er gibt bekannt, dass die Tagesordnung den Frauen und Herren des Gemeinderates zugegangen und daher bekannt sei. Eine Aenderung hat die Tagesordnung dadurch erfahren, dass an Stelle des G.R. Michael Sieberer Stadtrat August Dressl das Referat über die Neubestellung des Gemeindeeinigungsamtes übernommen hat. Der Vorsitzende gibt ferner bekannt, dass sich Bürgermeister-Stellv. Ferdinand Knabl und G.R. Dr. Camillo Peyrer-AngerAngermann noch auf Urlaub befinden und dass sich die Stadträte

Rudolf Marktschläger und Hans Roithner, sowie G.R. Michael Sieberer für die Sitzung entschuldigt haben. Weiters teilt der Vorsitzende mit, dass zufolge Mitteilung der Sozialdemokratischen Bezirksorganisation an Stelle des verstorbenen G.R. Karl Leitzinger als Nachfolger Gangolf Zeilinger in den Gemeinderat nachgerückt ist und daher dieser bereits zur heutigen Sitzung eingeladen wurde. Hierauf nimmt Bürgermeister Franz Sichlrader die Angelobung des neuen Gemeinderates Gangolf Zeilinger vor und wird dieser als Mitglied in den Bau- und Verwaltungsausschuss und in die Einspruchskommission für die Bodenwertabgabe entsendet. Im weiteren Verlauf seiner Ausführungen bringt der Bürgermeister das Ergebnis der Personalvertretungswahl der Gemeindeangestellten zur Kenntnis und bestimmt die Gemeinderäte Alois Bamminger und Josef Kirchberger zu Niederschriftsprüfer. Nach Kenntnisnahme der Berichte des Bürgermeisters übernimmt Bürgermeister-Stellvertreter Anton Azwanger den Vorsitz und es wird in die Tagesordnung eingegangen. Stadtrat. Referent Bürgermeister Franz Sichlrader: Punkt 2.) Voranschlag für das Jahr 1934. Zl. 8420/33 Bürgermeister Franz Sichlrader verweist darauf, dass der Voranschlag während der vorgesehenen Frist ordnungsgemäss aufgelegen ist und dass sich kein einziger Bürger der Stadt der Mühe unterzogen hat, in denselben Einsicht zu nehmen. Er bittet um die Zustimmung, dass die Punkte 2 - 5 der Tagesordnung gemeinsam zur Beratung und Behandlung kommen,was einstimmig zur Kenntnis genommen wird. Sodann führt der Referent folgendes aus: Eine ordentliche Gebarung verlangt die rechtzeitige Vorlage des Voranschlages für das kommende Verwaltungsjahr. Diesem Grundsatz folgend, haben wir den Voranschlag für 1934 erstellt, obwohl bei der nunmehr vier Jahre lang dauernden lokalen Krise

von einer ordentlichen Verwaltungstätigkeit nicht mehr geredet werden kann, da die Einnahmen im Vergleich zu den Vorkrisenjahren in einer geradezu erschütternden Weise zurückgegangen sind. Auch das Budget 1934 ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Notbudget. Es ist wohl überflüssig,neuerlich alle Ursachen der Finanzkrise unserer Stadt aufzudecken, überflüssig auch darauf hinzuweisen, dass wir seit Jahren alles versucht haben, um den Haushalt ins Gleichgewicht zu bringen und dass alle unsere Schritte - von Teilerfolgen abgesehen - keine nennenswerte Besserung gebracht haben. Auch der Kontrollbericht des Rechnungshofes über die Gebarung der Jahre 1929 bis 1931, der überzeugend nachweist, dass sich die Gemeinde aus eigener Kraft nicht sanieren kann, ist bis zur Stunde ungehört geblieben. Bevor ich auf die Ziffern des Budgets eingehe, möchte ich einige allgemeine Bemerkungen vorausschicken. Seit vielen Jahren bemüht sich die Organisation der Gemeinden, der österreichische Städtebund, die Regierung auf die Not aller Gemeinden aufmerksam zu machen, Immer wieder wurde auf den drohenden Verfall der Städtekultur hingewiesen, der sich infolge der ständigen Einnahmeschrumpfungen naturnotwendig ergeben muss. Aber der Bund ist aus seiner bisherigen Passivität gegenüber den elementarsten Bedürfnissen der Gemeinde nicht herausgetreten. Während der Bund autonom seine Einnahmsquellen ausbauen oder neue Einnahmen einführen kann, sind den Gemeinden drückende gesetzliche Fesseln auferlegt, ja die Abgabenteilungen der letzten Jahre haben den Gemeinden ausgiebige und sichere Einnahmsquellen mit einem Federstrich genommen. ohne einen Ersatz zu schaffen. Ich verweise bloss auf die Autosteuer, die uns heute ungefähr S 40.000.- tragen würde. Und wenn man jetzt von Regierungsmitgliedern hört, dass die Lohnabgabe beseitigt werden soll, die in unserem Budget den immerhin ansehnlichen Betrag von S 187.000.- ausmacht - früher war sie die Säule der Gemeindeabgaben - dann wird das Präliminieren nachgerade unmöglich gemacht werden.

Nunmehr will ich mich mit den einzelnen Ziffern des Budgets befassen und bemerke, dass ich diesen Anlass benütze, gleichzeitig eine kurze Darstellung über das Ergebnis der Rechnungshofkontrolle über die Gebarung des Jahres 1932 zu geben. Ich werde im Generalbericht natürlich nur jene Kapitel streifen, die einer besonderen Aufklärung bedürfen. Einem Erfordernis von S 1,916.900.- steht eine Bedeckung von S 1,366.100.- gegenüber, sodass sich ein Abgang von S 550.800.- ergibt, trotzdem das Erfordernis für das Jahr 1934 gegenüber 1933 eine weitere Senkung um 7.1 % erfahren hat oder um S 146.500.- weniger beträgt; es ist aber auch die Bedeckung um S 94.200.- zurückgegangen oder um 6.5 %, wobei nicht ausseracht gelassen werden darf, dass auch im vorjährigen Budget nur das Allernotwendigste vorgesehen war. Die Kreditbewegung mit einem Erfordernie von S 45.910.- (im Jahre 1933 S 65.340.-) und einer Bedeckung von S 1.170.- ( im Jahre 1933 S - ) schliesst mit einem Abgang von S 44.140.- (im Jahre 1933 S 65.340.-) Der Bedarf ist also gegenüber dem Vorjahre um S 31.300.- zurückgegangen, was seine Begründung in dem niedrigeren Kurs des Dollars hat. Ferner ist beim Kasernendarlehen keine Rückzahlungsrate vorgesehen. Das höhere Erfordernis bei der Post "Sparkasse Steyr" geht auf das vom Gemeinderate beschlossene Konvertierungsdarlehen zurüok. Neu ist die Präliminierung jener Gehaltsvorschüsse, deren Rückzahlung im Jahre 1934 fällig wird. Hier wird einem Wunsche des Rechnungshofes entsprochen. Das Kapitel Zinsendienst: Erfordernis S 288.250.- (im Jahre 1933 S 315.300.-) Bedeckung S 110.310.- ( im Jahre 1933 S 118.820.-) Bedarf S 178.040.- (im Jahre 1933 S 196.680.-)

Bei diesem Kapitel wirkt sich neben der allgemeinen Zinsfusssenkung (2 %) wieder der niedrige Kurs des Golddollars beim Dollardarlehen aus. Der Einnahmeentfall ist auf das Ausfallen von Dividenden zurückzuführen. Das Kapitel Finanzverwaltung Erfordernis S 73.830.- ( im Jahre 1933 S 79.756.-) Bedeckung S 956.320.- (im Jahre 1933 S 1,036.850.- Erfolg S 883.490.- (im Jahre 1933 S 957.094.-). In diesem Kapitel drückt sich am besten die wirtschaftliche Lage der Stadt aus. Es muss jedoch festgestellt werden, dass die von der Gemeinde selbst verwaltoten Abgaben einen verhältnismässig geringen Rückfall aufweisen, während die Bundesabgabenertragsanteile ganz ungeheuer zurückgegangen sind. Ein Vergleich mit den Vorkrisenjahren ergibt folgendes erschütternde Bild: 11 Monate 1935 1950 1931 1932 1933 Lohnabgabe 830.921.- 470.900.- 426.755.- 310.744.- 245.850. Ertragsanteile d.Bundes 579.571.- 496.621.- 436.633.- 393.529.- 274.754.- Gesamtsumme aller öffentl. 2,014.000.- 1,653.000.- 1,587.000.- 1, 403.000.- 1,127.000.- Abgaben Die Lohnabgabe ist also um nahezu 70 %, die Abgabenanteile um nahezu 46 % und die gesamten Steuereinnahmen um nahezu 43 % zurückgegangen, während sich die Ausgaben vor allem auf dem Fürsorgegebiete ungeheuer erhöhten, obwohl, wie auch der Rechnungshof konstatiert, nur gesetzliche Fürsorge geleistet wird und von einer freiwilligen Fürsorgetätigkeit der Gemeinde wohl nicht gesprochen werden kann. Das Kapitel Armenpflege: Erfordernis S 405.560.- (im Jahre 1933 S 404.000.-) Bedeckung S 29.100.- (im Jahre 1933 S 36.200.-) Bedarf S 378.460.- (im Jahre 1933 S 367.800.-)

Da dieses Kapitel, das wohl die schwerste Belastung darstellt, der Fürsorgereferent im Detail behandeln wird, möchte ich mich ganz kurz fassen und mich im Wesen auf die Feststellungen des Rechnungshofes beschränken, Im Kontrollbericht über das Jahr 1932 stellt der Rechnungshof fest, dass der Aufwand für die "momentanen Aushilfen“ gegenüber 1931 um 178 % gestiegen ist und kommt zu dem traurigen Resultat, dass eine "Kürzung der an sich nicht hohen Entschädigungen sie betragen bei Ledigen S 3.- boi Vorheirateten mit Familie S 4.- bis S 8.- pro Woche - wohl unvermeidlich sein wird." In diesem Zusammenhange möchte ich auch das Urteil des Rechnungshofes über die Verwaltung der Fürsorgeanstalten - die ja in der letzten Zeit von gewisser Seite besonders angegriffen wurde - mitteilen. Der Rechnungshof konstatiert die Rentabilität der Eigenwirtschaft, die sich durchaus bewährt hat und bemerkt: "Die Ausführungen über das Ergebnis der Prüfung der Fürsorgegebarung abschliessend, sei noch erwähnt, dass die von dor Verwaltung der Fürsorgeanstalten geführte Mengenverrechnung über die in der Wirtschaft verbrauchten Produkte an Hand der einschlägigen Rechnungen stichprobenweise überprüft wurde und zu Bemängelungen keinen Anlass gab." Im Kapitel der Fürsorge ist ein neuer Zweig aufgetaucht: Der freiwillige Arbeitsdienst. In dieser Hinsicht verweise ich auf den der Presse und den Mitgliedern des Gemeinderates zugekommenen ausführlichen amtlichen Bericht, wobei ich nicht näher auf das Für und Wider, das man in letzter Zeit von der Bevölkerung ohne Unterschied der Partei und des Standes vornehmen konnte, eingehen möchte, sondern zur Aufklärung darauf verweise, dass die allgemein vorherrschende Ansicht, der Arbeitsdienst sei für jede Gemeindearbeit, so auch für die laufenden Schneeräumungsarbeiten heranzuziehen, nicht richtig ist. Die Arbeiten, die mit Hilfe des freiwilligen Arbeitsdienstes zur Ausführung gelangen, müssen zusätzlich sein und bedürfen der Bewilligung der Industriellen Bezirkskommission.

Es ist uns wohl gelungen, von der I.B.K. die Zustimmung zu erlangen, dass bei besonderen Elementarerscheinungen der Arbeitsdienst herangezogen werden kann, wovon auch schon Gebrauch gemacht wurde. Was die finanzielle Seite betrifft, so muss gosagt werden, dass sich die Auslagen der Gemeinde als nicht zu hoch erwiesen haben. Obwohl den Arbeitsdienstwilligen Schuhe und Bekleidung beigestellt wurden, beträgt der Aufwand der Gemeinde in den 7 Monaten nur rund S 7.000.-, dem der Wert des Lagerinventares und die produktive Arbeitsleistung gegenüber zu stellen ist. Ich verweise hiezu nur darauf, dass es der Gemeinde kaum möglich gewesen wäre, den Ausbau der Sierningerstrasse vorzunehmen, wenn nicht das Schottermaterial durch den Arbeitsdienst gewonnen und bereit gestellt worden wäre. Es ist nicht uninteressant - und ein klarer Beweis für die unerhörte Schwierigkeit der Nachkriegsverwaltung - die Ziffern des Fürsorgeetats der Gegenwart mit denen der Vorkriegszeit zu vergleichen. Der Gesamtetat für das Jahr 1934 beträgt S 1,916.900.- der Fürsorgeetat S 620.100.- das sind 32.4 % der Ausgaben. Die Gesamtbedeckung für 1934 beträgt S 1,366.100.- das Fürsorgeetat S 620.100.- oder 45.4 % der gesamten Einnahmen, das ist fast die Hälfte der Gesamtbedeckung. Im Jahre 1913, dem letzten Friedensjahr, betrugen die Gesamtausgaben K 1,047.049.- der Aufwand der Gemeinde für das Armenwesen K 43.036.- oder 4.3% der Ausgaben. Der Fürsorgeaufwand hat sich also nahezu verzehnfacht. Vor dieser Ziffer müsste selbst der pathologischeste Hass des einsichtslosesten Gegners verstummen. Ueber das Kapitel, das im Voranschlag den pompösen Titel "Kultur" trägt, zitiere ich bloss die treffende Bemerkung des Rechnungshofes:

„Die wachsende Not zwingt eben die Gemeindeverwaltung, die kulturellen Bedürfnisse der Gemeindemitglieder unbefriedigt zu lassen, um wenigstens das Elend der Aemsten nach Möglichkeit lindern zu können." Ein sehr düsteres Bild ergibt sich bei der Betrachtung der Beträge, die für die kommunale Technik ausgeworfen sind. Auch hier will ich mich bei der Generaldebatte nur auf das Wesentlichste beschränken. Es ist bekannt, dass keine der so manigfaltigen Obliegenheiten einer Gemeindeverwaltung in der Oeffentlichkeit so deutlich in die Erscheinung tritt wie auf dem Gebiete der kommunalen Technik. Und dass sich Einschränkungen auf diesem Gebiete der Bevölkerung gogenüber äusserst empfindlich geltend machen. Jahr für Jahr musste der Aufwand für Gehalte und Löhne eingeschränkt werden. Waren für die Bezüge der Angestellten des Bauamtes im Jahre 1938 S 37.848.-, für 1933 nur mehr S 22.310.- vorgesehen, so musste für 1934 eine weitere Kürzung auf S 17.960.- vorgenommen werden. Binnen 3 Jahren also wurde dieses Erfordernis um rund 52 % gekürzt. Der Bedarf für die Löhne der städtischen Arbeiter, der im Jahre 1932 S 257,000.- betrug, musste für das Jahr 1933 auf S 194.000.- eingeschränkt und für das kommende Jahr auf S 160.000.- herabgedrückt werden. War schon vor zwei Jahren der Stand der städtischen Arbeiter nicht mehr den Aufgaben voll gewachsen, welche die kommunale Technik zu erfüllen hat, so erweist die Tatsache, dass bis heute eine Einschränkung des Erfordernisses an Arbeitslöhnen um fast 40 % gegenüber 1933 durchgeführt werden musste, mit Klarheit den Ernst der Lage und sie gibt eine Vorstellung davon, wie bedenklich nahe wir dem völligen Stillstand eines Verwaltungszweiges rücken, der für das Wohl der Bevölkerung von massgebendem Einfluss ist.

Der Bedarf an Baumaterial ist ein zuverlässlicher Masstab zur Beurteilung der Arbeitsleistung eines Stadtbauamtes. Für das Jahr 1934 ist ein Betrag von S 23.800.- für Werkzeug und Materialbeschaffung eingestellt, 1933 konnten noch S 29.000.-, 1932 S 30.000.- für diese Zwecke zur Verfügung gestellt werden. Man erkennt in dem Sinken dieser Ziffern den Niedergang unserer kommunaltechnischen Arbeitsmöglichkeiten. Auch indem vorliegenden Voranschlag sind, so wie im vergangenen Jahre, im Anhang jene notwendigen und wünschenswerten Erfordernisziffern aller Zweige der Kommunalgebarung, die nicht in den Voranschlag aufgenommen werden konnten, dargestellt. Das Gesamterfordernis für diese Arbeiten macht die Summe von nahezu S 13,600.000.- aus, in welchem Betrage das Erfordernis der Herstellung einer einheitlichen Entwässerungsanlage (3-5 Millionen Schilling) nicht enthalten ist. Die Gemeinde will dadurch nur dokumentieren, dass sie genau wüsste was notwendig wäre, dass ihr aber die Mittel fehlen. Es fällt mir ausserordentlich schwer, auch heuer wieder darauf verweisen zu müssen, dass der Haushaltsplan der Gemeinde weiterhin die Stillegung jedes technischen Fortschrittes für unsere Stadt bedeutet. Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch auf eines zu sprechen kommen. Es ist in den letzten Tagen und ich sage mit Recht, viel über die schlechten Strassenverhältnisse, die auf den grossen Schneefall und das einsetzende Tauwetter zurückzuführen waren, gesprochen und geschimpft worden. Ich kann aber den Frauen und Herren des Gemeinderates versichern, dass es unsererseits keine Bosheit oder fahrlässige Unterlassung war, keine Verfügungen zu treffen, sondern eben im Schicksal dieser Stadt gelegen ist, dass die Mittel für derartig unvorhergesehene Arbeiten nicht bereit standen. Es wäre unverantwortlich gewesen, Leute, im Bewusstsein sie nicht bezahlen zu können, zu diesen Arbeiten heranzuziehen. Es hätte auch nicht ausgereicht, nur mit einigen Arbeitern die

Säuberungsarbeiten aufzunehmen oder nur einzelne Strassenzüge zu reinigen, da doch die Bevölkerung jedes Stadtteiles gleich stark in Mitleidenschaft gezogen war. Es wäre vielmehr notwendig gewesen die gesamte Bevölkerung der Stadt heranzuziehen um die Strassen halbwegs in gangbare Formen zu bringen. Im übrigen sei auch darauf verwiesen, dass nicht nur in Steyr sondern auch in Linz und Wien über die gleichen Zustände Klage geführt werde. Auch auf dem Gebiete des Personaletats haben wir in den letzten Jahren das Möglichste geleistet. Bei der Spezialdebatte werde ich auf die einzelnen Ziffern näher zurückkommen. Auch hier will ich der Oeffentlichkeit das Urteil des Rechnungshofes nicht vorenthalten. Der Bericht konstatiert, dass gegenüber den Jahren 1931 eine Verringerung um rund S 122.700.- oder 12.8 % eingetreten ist. Der Bericht fährt dann fort: Diese Entlastung ist - was anerkennend festgestellt sei - vor allem darauf zurückzuführen, dass sich die berufenen Leiter des Gemeindehaushaltes im wohlverstandenen Interesse der Gemeinde und ihrer Angestellten dazu entschlossen haben, eine Reihe der auf Grund der vorjährigen Kontrolle des Rechnungshofes gegebenen Anregungen zum Anlasse von Verfügungen zu nehmen, die auf eine ordnungsgemässe und sparsame Gebarung abzielten." Es ist selbstverständlich, dass auch auf diesem Gebiete für das kommende Jahr mit weitergehenden Ersparungsmassnahmen zu rechnen sein wird. Wir haben auch deshalb mit den Angestellten verhandelt um weitere Ersparungen zu erreichen und es ist auch gelungen, dass die Pensionisten auf das bisherige Plus gegenüber den Bundesangestellten verzichten werden, wodurch sich die Gemeinde jährlich den Betrag von S 16.000.- ersparen wird. Auch die aktiven Angestellten haben sich in Anerkennung der schlechten Lage der Stadtgemeinde zu einem Notopfer entschlossen, obwohl sie dadurch in ihren Bezügen unter das Ausmass der Bundesangestellten

heruntergehen. Die Gewerkschaft der Angestellten hat deshalb an das Präsidium unter Zahl 32 vom 27.Dezember 1933 folgendes Schreiben gerichtet: "In dem der Gewerkschaft und der Personalvertretung der Angestellten des Magistrates Steyr überreichten Forderungsprogramm vom Oktober 1933 wurde von den aktiven Angestellten die Sistierung der in den Jahren 1934 und 1935 anfallenden Zeitvorrükkungen begehrt, obwohl die Bezüge dieser Angestellten jenen der Bundesangestellten bereits vollkommen angeglichen sind. Die Angestellten, welche seit dem Jahre 1931 die denkbar grössten Opfer zur Sanierung des Gemeindehaushaltes gebracht haben, sind sich der ungeheuren schwierigen Finanzlage der Stadt bewusst und daher nach reiflicher Ueberlegung - trotz ihrer eigenen schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse - zu dem Entschlusse gekommen, angesichts dieser Notlage ein Notopfer in der Form zu bringen, dass sie auf die Auszahlung der in den Jahren 1934 und 1925 anfallenden Vorrückungsbeträge auf die Dauer eines Jahres verzichten. Sollten jedoch durch gesetzliche Bestimmungen weitere Kürzungen der Bezüge der Angestellten erfolgen, so hätte das bereits gebrachte Notopfer im vollen Ausmasse eingerechnet zu werden. Die gefertigte Gewerkschaftsleitung stellt ausdrücklich fest, dass die Angestellten durch dieses Opfer weitestgehendes Verständnis für die schwierige Lage der Gemeinde bekundet haben; sie hoffen daher ihrerseits in allen ihren Belangen nicht nur das einsichtsvolle Verständnis des Dienstgebers, sondern auch jenes der gesamten Oeffentlichkeit, zu derem Wohle die Angestellten immer gearbeitet haben, zu finden." Durch den Verzicht auf die Auswirkung des nächsten gesetzlich anfallenden Vorrückungsbetrages auf die Dauer eines Jahres bringen die Beamten der Gemeinde ein Notopfer, das die Höhe von S 16.524.- erreicht. Die finanzielle Auswirkung

dieses Notopfers verteilt sich infolge der verschiedenen Anfallstermine des nächsten Vorrückungsbetrages (1. Jänner und 1.Juli 1934 bezw.1935) wie folgt. 1934 S 4.298.- 1935 S 9.477.- 1936 S 2.749.- Auf die einzelnen Angestellten verteilt sich dieses Notopfer wie folgt: Es verzichten: 1 Angestellter auf S 1.115.- 3 Angestellte auf je 307.- 1 Angestellter auf 492.- 2 Angestellte auf je 416.- 1 Angestellter auf 404.- 1 Angestellter auf 391.- 4 Angestellte auf je 339.- 3 Angestellte auf je 302.- 3 Angestellte auf je 258.- 1 Angestellter auf 241.- 1 Angestellter auf 235.- 9 Angestellte auf je 223.- 5 Angestellte auf je 171.- 17 Angestellte auf je 153.- 14 Angestellte auf je 133.- 6 Angestellte auf je 97.- Sie sehen, meine sehr geehrten Frauen und Herren, dass die Beträge, die die einzelnen Angestellten der Gemeinde als Notopfer bringen, nicht gering sind, und ich will daher an dieser Stelle den Angestellten meinen besonderen Dank aussprechen und werde mit erlauben, am Schlusse meiner Ausführungen einen diesbezüglichen Antrag zu unterbreiten. Ich bin am Schlusse meines Berichtes. Ich möchte meinen Bericht nicht schliessen, ohne eine kurze Darstellung über die Finanz- und Vermögenslage der Gemeinde im allgemeinen zu geben und lasse auch hier den Rechnungshof - dessen Organen ich neuerlich von dieser Stelle aus für die sachliche und hervorragende Arbeitsleistung den wärmsten Dank der Gemeindeverwaltung ausspreche - zu Worte kommen. Der Rechnungshof konstatiert das ständige Steigen des Fürsorgeaufwandes und Schuldendienstes, er kommt zu dem Schlusse, dass der Schuldenstand, in erschreckender Weise die schwierige

Lage der Gemeinde beleuchtet. Es müsste für die Gemeinde geradezu eine Katastrophe bedeuten, wenn ihre grössten Gläubiger auf Zahlung dringen würden. Die Gemeindeverwaltung war in Erkenntnis der schwierigen Lage bemüht, durch sehr namhafte Drosselungen eine Entlastung des Haushaltes herbeizuführen, was anerkennend hervorgehoben werden muss. Sie hat weitere Schritte eingeleitet, um im Wege von Verhandlungen mit den in Betracht kommenden Kreditinstituten eine Umwandlung kurzfristiger Schulden in langfristige, nieder verzinsliche Darlehen und eine Zinsfussenkung für bestehende Darlehen zu erzielen. Damit darf es aber nicht sein Bewenden haben. Vielmehr wird darnach zu trachten sein, die finanzielle Lage durch weitere Sparmassnahmen zu erleichtern. Es muss erwartet werden, dass sich die ihrer schweren Verantwortung bewussten Leiter der Gemeindeverwaltung der Notwendigkeit solcher weiterer Massnahmen nicht verschliessen werden. Dies ungeachtet des Umstandes, dass auf diesem Wege unter den obwaltenden wirtschaftlichen Verhältnissen der Stadt keine entscheidende Entlastung, geschweige denn eine Befreiung der Gemeinde aus ihrer Bedrängnis erwartet werden kann, eine bedauerliche Tatsache, auf die der Rechnungshof schon im Vorjahrsberichte hingewiesen hat." Ein Herauskommen aus dieser schwierigen Lage ist schwer. Neue Steuern einzuheben ist unmöglich, es ist aber auch unmöglich noch mehr zu drosseln. Diese beiden Wege sind nicht gangbar. Schlecht und recht muss getrachtet werden darüber hinweg zu kommen und sei es noch so unpopulär. Und nun möchte ich noch darauf verweisen, dass Sie auf Ihren Plätzen einen Amtsbericht vorfinden, der vom Rechnungsamte in anerkannt bester Weise zusammengestellt, den voraussichtlichen Abschluss des Jahres 1933 wiedergibt und folgenden Wortlaut hat:

Amtsbericht zum provisorischen Rechnungsabschluss 1933. Ueber Auftrag des Finanzreferenten hat das Stadtrechnungsamt einen provisorischen Rechnungsabschluss pro 1933 erstellt. Dieser Abschluss erfasst sämtliche Ausgaben mit dem Stand vom 15.Dezember 1933, vermehrt um die in den noch fehlenden 15 Tagen vermutlich anfallenden Erfordernisposten. Die Einnahmen dieses provisorischen Abschlusses sind aus der Abstattung sehr vorsichtig errechnet, dürften also beim endgültigen Steuerabschluss einige, wenn auch nicht wesentlich günstigere Ziffern ergeben. Die usuellen Kreditübertragungen (Aufteilung der Löhne etz. auf die zutreffenden Gebarungsgruppen) konnten bei diesem Provisorium noch nicht durchgeführt werden, Der vorliegende Abschluss ergibt an wirksamen Ausgaben 1933 S 2,072.906.- an wirksamen Einnahmen 1933 S 1,511.668.- somit einen auf das Jahr 1933 entfallenden Abgang von S 561.238.- Präliminiert waren: Ein Erfordernis pro 1933 per S 2,063.400.- eine Bedeckung pro 1933 per S 1,460.300.- somit ein präliminierter Abgang per S 603.100.- sodass sich die tatsächliche Gebarung 1933 vermutlich um S 41.862.- günstiger gestalten dürfte. Der Gebarungsabgang 1933 wurde nur zu einem geringen Teil durch Kreditoperationen gedeckt (Aufnahme eines Konvertierungskredites bei der Sparkasse Steyr, bezw. Ergänzungsdarlehens, womit die Schuld bei der Sparkasse auf S 200.000.- aufgerundet wurde; Vollbeanspruchung der eingeräumten Kontokorrent Kredite mit Jahresschluss; Darlehen vom Reichsverband der Gemeindeangestellten, rückzahlbar im Februar 1934). Der durch diese Kreditoperationen nicht gedeckte Abgang drückt sich in Form nicht gezahlter Geschäftsschulden und Nichtabfuhren von Steuern, Abgaben und sonstigen Leistungen an Bund und Land aus. Ein Verzeichnis über jene Gebarungsgruppen, deren Einnahmen die präliminierten Sätze nicht erreichen,sowie ein solches über jene Gebarungsgruppen, bei deren Ausgaben die präliminierten Ziffern Ueberschreitungen ausweisen werden, liegt bei.

Ausweis über jene Gebarungsgruppen, deren Einnahmen die präliminierten Sätze pro 1933 vermutlich nicht erreichen werden. Geb. Gr. Benennung Voranschlag 1933 vermutl. Einnahmen 1933 weniger um Anmerkung 11 Erträgnisse aus Wertpapieren, Geschäftsanteilen 20.620.- 17.834.- 2.786.- 13 Finanz (Eigene Abgab.) Verwalt. 465.600.- 458.140.- 7.460.. 14 Zuschläge zu den Bundesabgaben 15.000.. 14.000.- 1.000. 16 Anteile an den Bundesabgaben 313.100.- 295.670.- 17.430.- 32 Wasserversorgung 38.300.- 37.082.- 1.218.- 49 Fürsorge für Arbeitslose 67.800.- 65.783.- 2.017.- Bei 8 anderen Gebarungsgruppen werden ebenfalls Mindererträ- ge von zusammen 1.365.- zu verzeichnen sein, sodass der geaannte Minderertrag pro 1933 33.276.- ausmacht. Hingegen ist bei 14 anderen Gebarungsgruppen mit einem Mehrertrag von 84.644.- zu rechnen, die obige Mindereinnahmen nicht nur ausgleichen, sondern die Gesamteinnah- men 1933 um 51.368.- günstiger als die präliminierte Bedeckung 1933 gestalten werden. Steyr, am 15. Dezember 1933.

Ausweis über jene Gebarungsgruppen, deren Ausgaben die präliminierten Sätze pro 1933 vermutlich überschreiten werden. Geb. Gr. Benennung Voranschlag 1933 vermutliche Ausgaben 1933 mehr um Anmerkung. 10 Ausgaben für Miethäuser u.Grund- stücke 61.300.- 62.774.- 1.474.- 21 Polizei, Schubwesen, Herberge 48.200.- 57.423.- 9.223.- 24 Neu- und Umbau von Strassen 27.000.- 33. 955.- 6.955.- 26 Strassenpflege, -Reinigung 7.400.- 8.488.- 1.088.. 28 Öffentliche Beleuchtung 17.700.- 18.406.- 706.- 37 Kanäle 200.- 1.059.- 859.- 44 Sonstige Gesundheitspflege 24.600.- 29.381.- 4.781.- 47 Offene u. geschlossene Armenpflege 404.000.- 418.764.- 14.764.- 49 Fürsorge für Arbeitslose 122.100.- 137.871.- 15.771.- 50 Fürsorge für sonstige Erwachsene 48.400.- 52.836.- 4.436.- 52 Sonstiger Unterricht 28.500.- 32.293.- 3.793.- 57 Fuhrwesen 23.000.- 25.609.- 2.609.- 60 Personalkosten der Zentralverwaltung, Ruhegenüsse 344.900.- 346.337.- 1.437.. 60 Fremdenverkehrs- und Wirtschafts- förderung 2.000.- 2.550.- 350.- Bei mehreren anderen Gebarungsgruppen wird ebenfalls mit geringfügigen Ueberschreitungen.. von zusammen 1.239.- zu rechnen sein. Summe der Ueberschreitungen 1933 69.685. Hingegen ist bei 23 anderen Gebarungsgruppen eine Gesamtersparung von 60.179.- zu erwarten, sodass pro 1933 die Nettoüberschreitung des präliminier ten und bewilligten Erfordernisses 9.506.- betragen wird. Steyr, am 15. Dezember 1933. Ich bitte Sie, diesen Bericht, der wohl bis Jahresschluss noch kleinere Aenderungen nach sich ziehen wird, zustimmend zur Kenntnis nehmen zu wollen.

Nun habe ich nach Beendigung meiner Rede noch eine Pflicht zu erfüllen, die darin besteht, meinen Mitarbeitern, den Herren Bürgermeister-Stellvertretern und den Herren des Stadtrates zu danken. Vor allem möchte ich aber auch den Beamten des Magistrate und besonders den Herren Magistratsdirektor Dr. Häuslmayr und Oberrechnungsrat Liska von dieser Stelle aus für ihre tatkräftige aufopfernde Arbeit den Dank aussprechen. Im Zusammenhang mit dem Voranschlag für das Jahr 1934 habe ich noch zwei Reformanträge zu stellen und zwar geht der eine dahin, die bisher nach dem Bundesschema geregelten Reisegebührenvorschriften in der Form abzuändern, dass bei Dienstreisen nicht mehr die erste Wagenklasse benützt und verrechnet werden darf. Eine Verfügung, die weniger die Angestellten, vielmehr die Funktionäre betrifft. Wenn auch der Bund eine gleichlautende landesgesetzliche Verfügung, die gegenüber den Beamten und Funktionären des Landes Oberösterreich getroffen wurde, angefochten hat und Gefahr besteht, dass auch ein diesbezüglicher Beschluss des Gemeinderates Steyr das gleiche Schicksal erleiden könnte,so bitte ich doch im Interesse weiterer Ersparungen um Annahme dieses Antrages. Der zweite Antrag geht dahin, dass sich die gewählten Funktionäre die auf ihren Funktionsbezügen lastenden Steuern selbst bezahlen werden. Zum Voranschlag selbst einen Bedeckungsantrag zu stellen ist schwer. Es wird kaum einen im Gemeinderate geben, der in der Lage wäre, einen solchen zu stellen. Ich würde mir daher erlauben, namens des Stadtrates und des Finanz- und Rechtsausschusses folgenden Antrag zu stellen: Der Gemeinderat genehmige den vom Stadtrat erstellten Voranschlag für das Jahr 1934 mit einem Erfordernis von S 1,916.900.- und einer Bedeckung von S 1,366.100.- somit mit einem Abgang von S 550.800.- Der Stadtrat wird unter einem ermächtigt, alle ihm im Rahmen des

Gemeindestatutes zustehenden, sowie im Kontrollbericht des Rechnungshofes angeführten Massnahmen zu ergreifen, die geeignet erscheinen, das Defizit herabzusetzen. Ich bitte nach Abführung der Spezialdebatte diesem Antrag die Zustimmung zu erteilen. Ferners bitte ich um Annahme der bereits angeführten Anträge bezüglich der Aenderung der Reisegebührenvorschrift und der Abänderung der Funktionsgebühren, die lauten: Punkt 3.) Aenderung der Reisegebührenvorschrift. Zl. 133/Präs. Die mit Gemeinderatsbeschluss vom 11. April 1932, Zl. 58/Präs., festgelegte Reisegebührenvorschrift wird in dem Sinne geändert, dass in Hinkunft ein Anspruch auf die 1. Wagenklasse nicht mehr besteht. Dieser Beschluss tritt sofort in Wirksamkeit. Punkt 4.) Abänderung der Funktionsgebühren. Zl.133/Präs. Die gewählten Funktionäre haben die auf ihre Funktionsgebühren enfallenden Steuern ab 1.Jänner 1934 aus eigenem zu tragen. Bezüglich der Aenderung der Dienstordnung bitte ich folgendem Antrag zustimmen zu wollen, wobei ich noch darauf verweise, dass ein abschliessender Bericht über das Ergebnis der Verhandlungen seinerzeit dem Gemeinderate noch zugehen wird. Punkt 5.) Abänderung der Dienstordnung der Magistratsangestellten Zl. 137 Präs. Der Gemeinderat ermächtige den Stadtrat im Einvernehmen mit den Angestellten und unter Beobachtung des in der Dienstordnung vorgeschriebenen Instanzenzuges eine Aenderung der Dienstordnung im Sinne der Anregungen der Rechnungshofkontrolle über das Jahr 1933 vor allem nach folgenden Richtlinien vorzunehmen: I. Angleichung der Ruhe- und Versorgungsgenüsse der Altund Neupensionisten an das Bundesschema vorläufig für das Jahr 1934.

II. Beseitigung noch sonstiger besoldungsrechtlicher Begünstigungen gegenüber den Bundesangestellten. Schliesslich bitte ich die Frauen und Herren des Gemeinderates dem nachfolgenden Antrage bezüglich des Notopfers der aktiven Angestellten zuzustimmen. Zl.136/Präs. Der Gemeinderat nimmt mit besonderer Befriedigung die Leistung eines Notopfers der Angestellten zur Kenntnis und drückt den Angestellten für ihr Verständnis der aussorordentlichen Notlage der Stadt den Dank aus. G.R. Dr. Leopold Breitler erklärt namens der christlichsozialen Gemeinderatsfraktion, dass sie für den Voranschlag stimmen werden, obwohl es sicherlich für sie bequemer wäre, zu erklären, aus prinzipiellen Erwägungen gegen den Voranschlag zu stimmen. Wenn sie dafür sind, so bringen sie ein parteipolitisches Opfer, das auch von der Mehrheit anerkannt werden muss. Sie sind bereit, wie im Vorjahre sachlich mitzuarbeiten und es liegt an der Majorität den Zustand auch in Hinkunft aufrecht zu erhalten. Durch das Stimmen für den Voranschlag soll aber nicht die Meinung auftreten, dass die christlichsoziale Fraktion der Majorität damit das Vertrauen ausspricht. Nur sachliche Erwägungen haben sie veranlasst für den Voranschlag zu stimmen. Was den Voranschlag selbst betrifft, so muss festgestellt werden, dass seine Fraktion nach Prüfung der Ziffern die Ueberzeugung gewonnen hat, dass hier nur ein grosses Notprogramm vorliegt und man zur Ansicht kommen muss, dass sich nichts mehr ersparen lässt. Seine Fraktion schliesst sich daher sehr gerne der Ansicht des Herrn Bürgermeisters bezüglich des Dankes an die Angestellten wegen des Notopfers an. Redner bezeichnet es als einen Irrtum, wenn man glaube, dass der Bund an all dem Elend der Gemeinden Schuld trage, im Gegenteil, er ist vielmehr überzeugt, dass der Bund den Gemeinden immer helfend beistehe und nicht auf Bezahlung der Schulden drängt. Er verwahrt sich auch dagegen, dass immer wieder die Politik in den Gemeinderat

hineingetragen wird. G.R. Julius Steinkellner erklärt, dass er wie im Vorjahre aus den gleichen Gründen nicht für den Voranschlag stimmen wird obwohl er sicherlich den guten Willen der Fraktionen anerkennen muss. Er schliesst sich der Ansicht des Rechnungshofes an, dass bei Fortschreiten der Verschuldung das Ende kommen muss. G.R. Franz Schrangl setzt sich mit den Ausführungen seiner Vorredner auseinander und steht auf dem Standpunkt, dass es nur insoweit richtig sei, die gegenwärtigen politischen Verhältnisse in der Gemeinde ausseracht zu lassen, soweit sie die Gemeinde als Verwalterin nicht betreffen. Es sei aber viel mehr denn je notwendiger sich auch in der Gemeinde mit den Angriffen der Bundesregierung zu befassen. Es muss aufgezeigt werden, wie die Bundesregierung durch die Notverordnungen auf der einen Seite die Einnahmen der Gemeinden schmälert und auf der anderen Seite den Gemeinden Stück für Stück durch die Verschlechterung der sozialen Gesetzgebung auflastet. Er bezeichnet es an der Grenze der Demagogie, wenn der Sprecher der deutschen Wahlgemeinschaft ohne ein Wort zu sagen, wie man aus dieser trostlosen Lage herauskommen kann, auch noch die Kritik gegenüber den Verantwortlichen beiseite lässt. Es muss alles zum Verstummen gebracht werden, dass etwa die Sozialdemokraten Schuld an diesen Verhältnissen tragen. Es ist nicht zu verstehen, wenn man hört, wie sich der Bürgermeister verteidigen muss für eine Sache, die weder er noch die sozialdemokratische Mehrheit verursacht hat und man wieder auf der anderen Seite zu hören bekommt, wie die zentrale Bürokratie aus eigensüchtigen Gründen sogar Einspruch gegen die Streichung der I. Wagenklasse erhebt. Er stellt die Frage, was die Zerstückelung der sozialen Schutzgesetze mit der Hebung der Wirtschaft zu tun hat, welcher Umstand gerade wieder für die Gemeinden eine ungeheure Belastung bedeutet. Warum zur Rettung der Wirtschaft die Versohlechterung der Arbeitslosenunterstützung notwendig ist,

was die Auflassung der Arbeiterkammern und die Aufhebung des Betriebsrätegesetzes mit der Hebung der Wirtschaft zu tun hat. Wie sind die sonstigen ungeheuerlichen Polizeimethoden, die mit 5. März 1933 einsetzten, mit der Wirtschaft in Verbindung zu bringen. Die Sozialdemokraton als Menschen zweiter Güte zu behandeln wäre unklug und es wäre besser sie zur Mitwirkung am gemeinsamen Wiederaufbau Oesterreichs heranzuziehen, doch muss auch der Versuch zur politischen Befriedigung und mit den bisherigen Methoden Schluss gemacht werden. Er erklärt sodann, dass seine Fraktion für den Voranschlag stimmen werde. Bürgermeister Franz Sichlrader nimmt zur Kenntnis, dass das Stimmen der christlichsozialen Fraktion für den Voranschlag kein Vertrauensvotum für die Mehrheit sein soll, er müsse aber aus den Ausführungen des Redners der christlichsoz. Fraktion den Hinweis aufgreifen, dass der Bund das Opfer bringt und die Schulden der Gemeinde Steyr kreditiert, es wäre aber besser, der Bund würde den Gemeinden nichts wegnehmen, dann würde sich auch die Schuldenlast verringern. Zu den Ausführungen des G.R. Steinkellner erklärt Bürgermeister Sichlrader, dass wohl das eintreten wird, was dieser anführte, dass es aber alle Instanzen wissen, wie es um die Gemeinde Steyr steht, keine aber den Mut aufbringt, wirklich zu helfen. Bodann wird in die Spezialdebatte eingegangen. Es werden die einzelnen Kapitel nach Erfordernis,Bedeckung, Erfolg und Abgang durchgegangen und dabei, wo es notwendig erscheint, vom Bürgermeister die entsprechenden Erläuterungen gogeben. Kapitel I und II werden debattelos zur Kenntnis genommen. Kapitel III. G.R. Dr. Leopold Breitler stellt die Anfrage, warum die Stadtgutjagd nicht zur Ausschreibung gelangt. Bürgermeister Sichlrader gibt dahin Aufklärung, dass es sich bei der Stadtgutjagd um eine Eigenjagd handelt, die nicht gemäss den Bestimmungen des o.ö. Jagdgesetzes ausgeschrieben werden muss, die Vergebung vielmehr im freien Ermessen der Gemeinde steht.

Dagegen gelangt die Stadtjagd mit Rücksicht auf die Zurücklegung durch den bisherigen Pächter für die restliche Jagdperiode im Monat Jänner 1934 zur Ausschreibung. Kapitel IV und V werden debattelos zur Kenntnis genommen. Kapitel VI. G.R. Hamberger weist darauf hin, dass dieses Kapitel ein Erfordernis von S 59.750.- aufweist und dass man bei diesem Betrag doch in Zukunft erwarten kann, dass wenigstens die Hauptstrassen der Stadt bei Elementarereignissen gereinigt werden. Er bezeichnet den Zustand der Strassen während der Weihnachtsfeiertage als Skandal und hebt einzelne Gefahrsmomente, die sich aus den schlechten Strassenverhältnissen ergeben haben,besonders hervor. Er verlangt, wenn die Mitteln der Stadtgemeinde nicht ausreichend sind, dass in Hinkunft die von der Gemeinde befürsorgten Personen zu diesen Arbeiten herangezogen werden. Ferners tritt er dafür ein, dass die Beleuchtung in den verkehrsreichen Strassen und Plätzen während der Wintermonate in den Morgenstunden bis 7 Uhr früh veranlasst werde, da dies vom Standpunkte der öffentlichen Sicherheit unbedingt notwendig erscheint und auch der geringfügige Mehrbetrag der hieraus entsteht, noch zu ertragen sei. G.R. Anton Weindl stellt fest, dass es zu begrüssen sei, dass der freiwillige Arbeitsdienst zum Zwecke der Schottergewinnung herangezogen wurde und tritt dafür ein, dass auch weiterhin dieser Vorgang mit Rücksicht auf die schlechten Strassenverhältnisse der Stadt beibehalten werde. Bürgermeister Sichlrader verweist darauf, dass er in seinen Hauptausführungen die Strassenverhältnisse während der Feiertage eingehend behandelt habe und tritt den Anschauungen des G.R. Hamberger dadurch entgegen, dass er darauf hinweist, dass die Schaffung einer Reserve aus dem Betrage von S 59.750.- nicht möglich sei, da man bedenken muss, dass in diesem Betrage allein S 13.000.- für die Instandsetzung des Langseppenberges,

ferners ein grösserer Betrag für die vertragliche Verpflichtung zur Instandsetzung der Schlossmauer inbegriffen sei. Wenn dann noch der Betrag für die normalmässige Strassenerhaltung abgezogen wird, kann naturgemäss für eventuelle Elementarfälle nichts mehr übrig bleiben. Ergänzend zu seinen Ausführungen über die Strassenmisere während der Feiertage, gibt Bürgermeister Sichlrader noch dahin Aufklärung, dass eine Reihe von Zufälligkeiten mitgespielt und zur Verhinderung der Abhilfe beigetragen haben, so war der grosse Lastwagen, der für den Schneetransport notwendig gewesen wäre, in Reparatur und vor allem kein Geld in der Kasse. Bezüglich der Strassenbeleuchtung weist Bürgermeister Sichlrader auf den Umstand hin, dass die Ausschaltung des Lichtes automatisch vor sich geht und dadurch eine weitere Brenndauer einzelner Birnen nicht möglich ist. Dass man nur bis j7 Uhr beleuchtet, ist keine Bosheit, sondern durch die allgemeinen Sparmassnahmen bedingt. Jede Belastung muss vermieden werden, da man bedenken muss, dass die Stromrechnung trotz der Drosselung jährlich ca. S 15.000.- ausmacht und nebstbei schuldig geblieben werden muss. Kapitel VII wird debattelos zur Kenntnis genommen. Kapitel VIII: Bürgermeister Sichlrader gibt bekannt, dass die Aktivpost dieses Kapitels auf die Einnahmen aus der Kehrichtabfuhr zurückzuführen ist. Kapitel IX wird debattelos zur Kenntnis genommen. Kapitel X: G.R. Dr. Breitler stellt die Anfrage, aus welchen Teilbeträgen sich der Bedeckungsbetrag zusammensetzt. Bürgermeister Sichlrader klärt diese Anfrage dahin auf, dass darin die Desinfektionsgebühren, die Transportkosten- und Krankenkostenrückersätze inbegriffen sind. Kapitel XI wird ohne Debatte zur Kenntnis genommen. Bürgermeister Sichlrader übernimmt wieder den Vorsitz und erteilt zu den Kapitel XII und XIII dem Bürgermeister-Stellv. Anton Azwanger das Wort, dieser führt folgendes aus:

Der Finanzreferent sagt mit vollem Recht, dass das Kapitel "Fürsorge" ein sehr ernstes sei. Es ist das ernsteste und für den geschulten Beobachter bedeutet das Studium dieses Kapitels ein Aufrollen der entsetzlichen Situation, in der sich nicht nur die Gemeinde, sondern die Gesellschaft überhaupt befindet. Eine Gesellschaft, die mehr als die Hälfte ihrer Mitglieder befürsorgen, d.h. mit öffentlichen Mitteln unterstützen muss, um sie vor dem Untergang zu retton, ist krank, ist totkrank. Die Kosten dieser Krankheit haben die Gemeinden zu bestreiten. Das wäre vielleicht noch zu ertragen. Unerträglich wird die Lage aber durch die Aussichtslosigkeit, die Hoffnungslosigkeit, die Unheilbarkeit der Krankheit. Die Fürsorge von heute ist trotz der enormen Mittel, die sie beansprucht, Kurpfuscherei, weil sie nur ganz oberflächlich die schlimmsten Folgen der Not zu bannen vermag, die eigentliche Ursache des Elends aber, die Arbeitslosigkeit, nie wird beseitigen können, und so die Quelle dieser wirklich tragischen Situation offen bleibt um täglich neues Elend zu schaffen. Mit den moralischen Folgen dieser Dauerarbeitslosigkeit will und kann ich mich gar nicht befassen. Sie sind unsagbar trostlos. Vielleicht gibt es in unserer Stadt Leute, die mit den Ausgaben für die Fürsorge nicht einverstanden sind. Aber mit Bestimmtheit nehme ich an, dass unter Ihnen, meine sehr verehrten Frauen und Herren, niemand ist, der die Ziffern, die in diesem Kapitel aufscheinen, missbilligt. Sie kennen die Not der Bevölkerung unserer Stadt und wissen mit mir, dass die zur Verwendung beantragten Beträge wirklich nur die allergrösste Not zu mildern vermögen. Die Kosten für die Fürsorge, soweit sie aus Gemeindemitteln bestritten wurden, betrugen im Vorjahre S 531.147.-. Die für das Jahr 1934 präliminierten Ausgaben belaufen sich auf S 550.100.-. Die Steigerung beträgt also fast 4 %. Ziehen Sie den Gesamtetat 1934 mit einem Erfordernis von S 1,916.900.- in Berechnung und stellen Sie ihm das gesamte Fürsorgeetas 1934 gegenüber, finden Sie leicht, dass 33.4 % des Erfordernisses Fürsorge-

zwecken gewidmet sind. Noch krasser ist das Verhältnis, wenn Sie die Bedeckungsziffern zur Grundlage der Berechnungen nehmen. Sie haben Gesamtbedeckung 1934: S 1,366.100.- und wieder die Fürsorgeausgaben S 620.100.- oder fast 46 % aller Einnahmen. Aus der Zahlenwelt in Wirklichkeit übersetzt, heisst das: die Gemeinde Steyr muss fast die Hälfte aller Einnahmen für Fürsorgezwecke verausgaben. Und der Erfolg ? Sie unterstützt - wenn dieses Wort hier gebraucht werden kann - die Notleidenden mit Beträgen von S 1.- bis S 3.- pro Woche, zahlt Erziehungs- und Unterhaltsbeiträge - auch da muss man sich entschuldigen, wenn diese Bezeichnungen gebraucht werden - von S 7.- pro Monat. Interessant ist ein Vergleich mit dem letzten Friedensjahr, dem Jahre 1913. Die Gesamtausgaben betrugen in diesem Jahr Kr. 1,047.049.-. Die Ausgaben der Gemeinde für das gesamte Armenwesen Kr. 43.036.- oder 4.3 % der Gesamtausgaben. Anschaulicher können die "segensreichen" Wirkungen des Weltkrieges und seiner Folgen für die Gemeinde und mit ihr für die gesamte Oeffentlichkeit wohl kaum dargetan werden. Und nun zu den einzelnen Kapiteln. Ich greife nur die grössten Ausgabeposten heraus. Im Kapitel XII finden Sie unter 47 b "Erhaltungs- und Erziehungsbeiträge" ein Erfordernis von S 123.600.-. Dazu einige Zahlen: Das städtische Jugendamt ist Vormund über 1310 Mündel. Von diesen erhalten rund 350 laufende monatliche Erziehungsbeiträge, die fast durchwegs mit S 30.- pro Kind veranschlagt sind. Zu diesen laufenden Beiträgen kommen aussertourliche Leistungen für Bekleidung. Bei diesem Kapitel möchte ich die reinen Kinderaktionen erwähnen, die es ermöglichten, dass im vergangenen Sommer rund 3000 arme Steyrerkinder auf Erholungsplätzen untergebracht werden konnten. Es waren dies die Aktion der Bundesregierung und die Aktion unserer Freunde in der Schweiz, die in prachtvoller Solidarität als Arbeiter, Arbeiterkinder zu sich luden.

Zum Punkt 47 e): Bis 28.Dezember 1933 28.160 Fälle. Die gleiche Zahl aus dem Vorjahre mit Jahresabschluss 17.770 Unterstützungsfälle. Wer einmal in den Vormittagsstunden im Fürsorgeamte zu tun hatte, kennt den Massenbesuch. Zum Punkt f) desselben Kapitels: Die Armenkrankenpflege ist präliminiert mit S 83,200.-. Den Riesenanteil mit rund S 70.000.- beanspruchen Rückersätze an das Land für Heilstätten- und Spitalskosten. Auch diese Ziffern werden verständlich, wenn man bedenkt, dass die Dauerarbeitslosigkeit und die stetige Kürzung der Unterstützungen es immer mehr Menschen unmöglich macht, die Kosten für die Krankenkassen aufzubringen, dass also immer mehr Fürsorgebedürftige auch in diesem Zweig zu betreuen sind. Der Punkt 47 g) weist die Verpflegskosten in den 2 Altersheimen aus. Die Gemeinde versorgt in diesen beiden Heimen ca. 200 Pfleglinge. Die Kosten hiefür betragen S 63.000.-. Hiebei sei erwähnt, dass die Entwicklung der Eigenwirtschaft dank der eifrigen Bemühungen des Verwalters eine sehr erfreuliche ist. Es werden dadurch der Gemeinde ganz erhebliche Mehrauslagen erspart. Im Kapitel XIII, Pkt. 49 b) finden Sie die Ausgaben für die produktive Arbeitslosenfürsorge mit einem Betrag von S 16.800.-. Dieser Betrag sind die Löhne für die sogenannten Fürsorgearbeiter. Als solche finden hauptsächlich Jugendliche ohne jede Unterstützung und auch einige ältere Personen ohne Unterstützung Verwendung. Leider musste dieser Zweig der Fürsorge ganz besonders gedrosselt werden, weil die notwendigen Mittel einfach nicht mehr aufzubringen sind. Unter 49 c) im Kapitel XIII finden Sie die "Winterhilfe" Durch eine Verordnung der Bundesregierung wurde die diesjährige Winterhilfe als Regierungsaktion angekündigt. Das mag bei manchem die Meinung erweckt haben, die diesjährige Winterhilfe enthebe die Gemeinde aller Sorgen. Wir haben in Steyr bis jetzt

zwei Winterhilfsaktionen als Eigenaktionen durchgeführt. Und es darf wohl ohne Selbstüberhebung gesagt werden, dass beide Aktionen ihre Aufgabe, den Aermsten der Steyrer-Bevölkerung die Schrecken des Winters zu mindern, gelungen ist. Als im Dezember 1929 haargenau am selben Tag der Notruf der Stadt Steyr durch die Presse den Weg durch alle Welt fand, haben die Mitteilungen der Zeitungen - ich rede hier nicht von Sensationsmeldungen gewisser Blätter - arge Kritiker gefunden. Damals war die furchtbare Not in unserer Stadt noch nicht so zur Kenntnis der Allgemeinheit gelangt, damals war Steyr vielleicht das einzige Elendsgebiet und es war Pflicht der Stadtverwaltung auf dieses Elend aufmerksam zu machen. Steyr führte vor 3 Jahren mit den reichlichen Spenden, die aus aller Welt einliefen, die 1. Winterhilfe durch. Seither haben sich die Verhältnisse wesentlich verschlechtert. Was damals die Kritik herausforderte, die Notrufe, die die Gemeindeverwaltung an die Oeffentlichkeit ergehen liess, tut heute auch die Bundesregierung. Heute ist oben die Kenntnis von der Not und dem entsetzlichen Elend weiter Gebiete Oesterreichs Allgemeingut geworden und die Erkenntnis hat sich durchgerungen, dass mit Normalmitteln diesen aussergewöhnlichen Notzuständen nicht zu steuern ist. Die Zentralisierung der Winterhilfe mag Vorteile haben, in Wirklichkeit tritt sie nach aussen gar nicht in Erscheinung. Es wird derselbe Apparat verwendet, es ist in der Durchführung alles beim alten geblieben, geändert hat sich nur eines: Der Spendeneinlauf und zwar zu unserem Nachteil. Wir hatten im Vorjahre Spenden im Betrage von S 97.000.- und haben heuer bis heute S 19.556.-, davon vom Bunde S 3.500.-. Angekündigt sind von der Landesregierung weitere S 8,000.-. Bisher hat die Winterhilfe rund S 17.000.- ausgegeben. Wir wissen nicht, welche Mittel dem Bund zur Verfügung stehen und wieviel von diesen Mitteln der Notstadt Steyr zugedacht ist. Wir haben alle in Betracht kommenden Zentralen auf die Verhältnisse in unserer Stadt auf das eindring-

lichste aufmerksam gemacht, nirgends einen Zweifel über die Situation in Steyr gelassen und hoffen nun, dass diese Zentralen ihren Verpflichtungen der Stadt gegenüber nachkommen, weil sie uns ja die Möglichkeit zu eigenen Sammlungen durch die Zentralisierung fast gänzlich genommen haben. Nun einige Ziffern zur Winterhilfe: Der Hauptzweig ist die Ausspeiseaktion. Sie findet auch heuer wieder in den Räumen der Werkskantine statt. Ich darf an dieser Stelle der Direktion der Steyr-Werke A.G. für die Ueberlassung der Werksräume aufrichtig danken. An der Ausspeisung nehmen rund 2300 Personen teil, die tagtäglich ein warmes Mittagessen und ein grosses Stück Brot erhalten. Die Zubereitung ist gut, wenn sich auch nicht vermeiden lässt, dass sich bei einer solchen Massenaktion Kritiker finden. Ich erfülle eine selbstverständliche Pflicht, wenn ich bei dieser Gelegenheit eines warmherzigen Freundes unserer Stadt gedenke und ihm den allerherzlichsten Dank ausdrücke, des Herrn Landesamtsdirektors ATTEMS. Ich habe hoch nie vergeblich bei ihm vorgesprochen! Er hilft unserer Stadt in vorbildlicher Weise und ohne ihn wäre die Fürsorge in unserer Stadt schon manchmal vor Katastrophen gestanden. Der Dank an diesen edlen Menschen ist mir Herzenssache! Bisher wurden 2300 Personen mit je 50 kg Kohle beteilt. Diese Aktion ist noch nicht abgeschlossen und wir hoffen in der nächsten Zeit neuerlich Kohle zur Ausgabe bringen zu können. Am 4. Jänner beginnt die Aktion "Ausgabe verbilligten Fleisches". Der Fürsorgeverwaltung ist es gelungen, ein Wochenquantum von rund 4100 kg zu erhalten. Diese Aktion soll mehrere Wochen andauern, das Fleisch gelangt bei Steyrer-Fleischhauerm zum Kilogrammpreis von 80 g zur Ausgabe. Mit 8. Jänner beginnt wieder die "Schulmilchaktion" an der sich rund 1200 Kinder beteiligen werden. Zum erstenmale ist auch das Bundesrealgymnasium in diese Aktion einbezogen. Einen Grossteil

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2