Niederschrift über die 13.ordentliche Sitzung des Gemeinderates der Stadt Steyr, am Freitag, den 7. Juli 1933 um 20 Uhr 15 Minuten. Tagesordnung. Stadtrat. Referent Stadtrat Karl Klement: 1.) Lebensmittelpolizei und Marktordnung der Stadt Steyr; Aenderung. 2.) Viehmarktordnung der Stadt Steyr; Aenderung, Referent Bürgermeister Franz Sichlrader: 3.) Ermässigung der Wohnabgabe. Finanz- und Rechtsausschuss. Referent Gemeinderat Franz Tribrunner: 4.) Ex präsidio Erledigungen während der Gemeinderatsferien. Referent Gemeinderat Michael Sieberer: 5.) Wahl derGemeindekommission zur Anlage der Geschworenen- und Schöffenliste für das Jahr 1934. Referent Bürgermeister Franz Sichlrader: 6.) Pilat Max, Uebertretung der Bauordnung, Berufung. Referent Stadtrat Dr.Rudolf Schneeweiss: 7.) Robiczek Hedwig, Uebertretung der Bauordnung, Berufung. Bau- und Verwaltungsausschuss. Referent Stadtrat Rudolf Marktschläger: 8.) Strassen-Neubenennung - Hochhauserstrasse - Stadtrat. Referent Bürgermeister Franz Sichlrader: 9.) Uebernahme eines Teiles der Voralpenstrasse. 10.) Freiwilliger Arbeitsdienst. Vertrauliche Sitzung.
Anwesende: Vorsitzender Bürgermeister Franz Sichlrader, Bürgermeister-Stellvertreter Anton Azwanger, die Stadträte: Dedic Karl, Klement Karl, Rudolf Marktschläger, Roithner Hans, Schlossgangl Leopold, Dr. Rudolf Schneeweiss, die Gemeinderäte: Pfaff Johann Berger Rudolf Sieberer Michael Chalupka Elise Schickl Friedrich Daspelgruber Josef Schöner Johann Steinkellner Julius Schrangl Franz Grafleitner Josef Schwitzer Erna Hamberger Josef Steiner Florian Hofmann Rudolf Tribrunner Franz Baminger Alois Voglsam Josef Kirchberger Josef Weindl Anton Leitzinger Karl Vom Magistrat : Magistrats-Direktor Dr. Ferdinand Häuslmayr und als Schriftführer Oberkommissär Hans Sichlrader. Die kommunistischen Gemeinderäte und der der nationalsozialistischen Partei angehörige Gemeinderat blieben mit Rücksicht auf das Betätigungsverbot der Sitzung fern. Der Vorsitzende Bürgermeister Franz Sichlrader stellt die Beschlussfähigkeit fest und gibt bekannt, dass sich Bürgermeister Stellv. Ferdinand Knabl, Stadtrat August Dressl und die Gemeinderäte Dr. Peyrer-Angermann, Dr. Leopold Breitler und Hans Witzany für die heutige Sitzung entschuldigt haben. Zu Niederschriftsprüfern werden die Gemeinderäte Elise Chalupka und Josef Daspelgruber bestimmt. Unter Einlauf bringt der Vorsitzende ein Dankschreiben des Landesamtsdirektors Attems wegen der Verleihung der goldenen Stadtplakette und eine Einladung zum "Fest der Alten“ zur Verlesung. Sodann wird in die Tagesordnung eingegangen.
Stadtrat Referent Stadtrat Karl Klement: Punkt 1.) Lebensmittelpolizei und Marktordnung der Stadt Steyr Aenderung. Zl.4227/33 Der Referent begründet die Notwendigkeit dieser Aenderung und stellt folgenden Antrag: Der Gemeinderat genehmige nachstehende Aenderungen der bestehenden Lebensmittelpolizei und Marktordnung: 1. Der § 5 erhält einen Absatz 3, der zu lauten hat: Das Aufbewahren nicht marktfähiger Lebensmittel im Verkaufs- und Aufbewahrungsraume ist verboten. 2. Der erste Absatz des § 55 hat zu lauten: Jeder Marktbeschicker hat für die Benützung des Platzes und für die Ueberlassung von Gerätschaften, desgleichen auch jene auswärtigen Produzenten, Händler, Bäcker u.s.w., die Lebensmittel in den Strassen des Stadtgebietes absetzen oder Waren an Kunden zustellen, pro Tag zu entrichten: a) - f), unverändert. g) für jedes Stück Grossvieh (Rinder und Pferde) pro Stück S O.50. Einstimmig angenommen. Punkt 2.) Viehmarktordnung der Stadt Steyr, Aenderung. Zl.4139/33 Der Referent erläutert die dringliche Notwendigkeit zur Abänderung der bestehenden Viehmarktordnung und stellt dann folgenden Antrag: Der Gemeinderat genehmige nachstehenden Entwurf einer Marktordnung für Viehmärkte im Stadtgebiete Steyr. § 1. Der Verkauf von Zucht- und Nutzvieh findet an Wochenmarkttagen in den behördlich genehmigten Handelsstätten statt. Für die veterinärpolizeiliche Ueberwachung sind die im § 5 festgesetzten Gebühren zu entrichten.
§ 2. Für die sichere Unterbringung und Beaufsichtigung der Tiere sind die Besitzer im Sinne des Strafgesetzes verantwortlich. § 3. Das Vieh aus Ländern, die nicht zum Geltungsgebiete des allgemeinen Tierseuchengesetzes gehören, muss auf dem neben dem Viehmarkt gelegenen Platze aufgetrieben werden. Desgleichen werden dort Tiere, deren Provenienz nicht sichergestellt ist, untergebracht. Verseuchtes oder seuchenverdächtiges Vieh darf nicht auf dem Viehmarktplatze untergebracht werden, sondern muss bis zur Durchseuchung bezw. Entscheidung über den blossen Seuchenverdacht in dem Kontumazstalle gehalten werden. § 4. Die veterinärpolizeiliche Ueberwachung der Viehmärkte wird im Sinne des § 9 des Gesetzes vom 8.August 1909,R.G.Bl.Nr. 177 durch einen diplomierten Tierarzt erfolgen; seine Entlohnung obliegt der Stadtgemeinde. § 5. Als Marktgebühr hat der Marktbesucher bezw. Viehverkäufer zu entrichten: An Wochenviehmarkttagen: für jedes Stück Grossvieh S.0.50 an Jahresviehmarkttagen: für jedes Stück Grossvieh S 1.- für Pferde pro Stück S 2.- Tiere im Säuglingsalter, die mit den Muttertieren zu Markte gebracht werden, sind von jeder Marktgebühr befreit. § 6 Jeder Viehbesitzer, Händler oder Besteller, der Vieh zum Markte bringt, hat die Provenienz und den Gesundheitszustand der Tiere durch einen vorschriftsmässig ausgestellten Einzelviehpass darzutun. Die Viehpässe sind beim Eintriebe vorzuweisen; dem Marktorgan ist die Markt- bezw. Standgebühr zu entrichten, wofür dem Besitzer eine
entsprechende Marktbollette auszuhändigen ist. § 7. Den Marktaufsichtsorganen obliegt die Aufrechterhaltung der Ordnung am Marktplatze, die Revision der Viehpässe, die Abstellung von Tierquälereien. § 8. Der Viehmarkt beginnt um 8 Uhr vorm. und endet um 14 Uhr. Die Abhaltung von Vor- und Nachmärkten, das Einstellen der zum Markte gebrachten Tiere während der Marktstunden in Privatund Gasthausstallungen sowie das Abschliessen von Verkäufen vor dem Marktbeginne oder ausserhalb der Marktabteilungen ist unstatthaft. § 9. Zigeunerpferde müssen auf einem besonderen vom Magistrat bestimmten Platze Aufstellung nehmen. § 10. Jahresviehmarkt. Er findet am Wieserfeldplatz statt. Die zu Markte gebrachten Tiere werden in Kastenständen, die durch Holzbarrieren abgeteilt sind, untergebracht. Der Eintrieb findet nur durch die Gleinkergasse über den Eintriebsschranken statt. An Marktgebühren werden die gemäss § 5 festgesetzten Gebühren eingehoben. § 11. Schweinsmarkt. Zu diesem werden nur in Kisten, Körben oder Kastenwagen befindliche Spanferkel oder Jungschweine zugelassen. Die Behältnisse müssen geräumig und tadellos gereinigt sein. Als Standplatz ist der Wieserfeldplatz bestimmt. An Marktgebühr ist pro Stück S 0.30 zu entrichten. § 12. Die regelmässige Reinigung der Marktplätze obliegt dem Bauamt sofort nach Beendigung des Marktes.
§ 13. Uebertretungen dieser Viehmarktordnung unterliegen den Strafbestimmungen des Gesetzes vom 6. August 1909, R.G.Bl. Nr.177, bezw. der Ministerialverordnung vom 30.September 1857,R.G.Bl.Nr. 198. Gemeinderat Anton Weindl stellt die Anfrage, wo sich der Kontumazstall befindet und tritt für eine sorgfältigere Reinigung des Wieserfeldplatzes nach Abhaltung des Spanferkelmarktes ein. Bürgermeister Franz Sichlrader entgegnet hiezu, dass sich der Kontumazstall in der Industriestrasse befindet und dass für eine bessere Reinigung des Wieserfeldplatzes nach Möglichkeit vorgesorgt werden wird. Hierauf erfolgt die einstimmige Annahme des Referentenantrages. Bürgermeister-Stellv. Anton Azwanger übernimmt den Vorsitz. Referent Bürgermeister Franz Sichlrader: Punkt 3.) Ermässigung der Wohnabgabe. Zl. 4595/33 Der Referent teilt mit, dass sich die österreichische Ferien- und Reisegesellschaft wegen Ermässigung der Wohnabgabe für die Sommergäste auch an den Magistrat Steyr wandte und es im Interresse des Fremdenzuzuges notwendig sei, dem Ansuchen zu entsprechen. Er stellt hierauf folgenden Antrag: Der Gemeinderat beschliesse: Im Interesse der Förderung des Fremdenverkehres und unter Berücksichtigung der seitens der österreichischen Bundesbahnen zur Erlangung der Fahrtbegünstigungen während der Sommermonate festgelegten Bedingungen wird die Wohnabgabe für Uebernachtungen jener Sommergäste, die dieser Fahrtbegünstigung teilhaftig geworden sind, während der Monate Juli, August und September 1933 von 15 % auf 10 % ermässigt. Die von der österreichischen Ferien- und Reisegesellschaft „Oefrege" beantragte Zustimmungserklärung für die Aufnahme der Gemeinde Steyr in das Begünstigungsverzeichnis ist abzugeben. Einstimmig angenommen. Finanz- und Rechtsausschuss. Referent Gemeinderat Franz Tribrunner:
Punkt 4.) Ex präsidio Erledigungen während der Gemeinderatsferien. Zl. 4374/33 Referent stellt fest, dass es auch heuer wieder notwendig sei, wie alljährlich, den Bürgermeister während der Gemeinderatsferien zur Erledigung dringender Angelegenheiten zu ermächtigen und beantragt: Der Gemeinderat beschliesse: Der Herr Bürgermeister wird zur ex präsidio Erledigung dringender Angelegenheiten während der Gemeinderatsferien ermächtigt. Durch diese Ermächtigung wird der Gemeinderatsbeschluss vom 13.März 1926, Zl. 5953, betreffend die Bestellung des Ersparungskomitees (Stadtrates) nicht berührt. Einstimmig angenommen. Referent Gemeinderat Michael Sieberer: Punkt 5.) Wahl der Gemeindekommission zur Anlage der Geschworenenund Schöffenliste für das Jahr 1934. Zl. 637/33 Der Referent stellt auf Grund der Parteienvorschläge folgenden Antrag: Der Gemeinderat entsende in die Kommission zur Anlegung der Geschworenen- und Schöffenliste für das Jahr 1934 nachstehende Frauen und Herren: 1.) Von der sozialdemokratischen Partei: Karl Klement,Stadtrat u. Parteisekretär, Steyr, Kirchengasse Nr.12 Zäzilie Sichlrader, Bürgermeistersgattin, Steyr, Schlüsselhofgasse 42, Dr. Rudolf Schneeweiss, Rechtsanwalt und Stadtrat, Steyr, Volksstrasse 4. 3.) von der christlichsozialen Partei: Irene Patek, Oberstleutnantswitwe, Steyr, Spitalskystrasse 8 Josef Voglsam, Schuhmachermeister, Steyr,Bindergasse Nr. 5 3.) Von der deutschen Wahlgemeinschaft: Friedrich Schreiner, Kaufmann, Steyr, Engegasse Nr. 2 Einstimmig angenommen. Referent Bürgermeister Sichlrader: Punkt 6.) Pilat Max, Uebertretung der Bauordnung, Berufung. Zl. 3299/33. Der Referent weist auf die Gefahren hin, die durch eigenmächtige von der Behörde nicht bewilligte Bauführungen entstehen und gibt der Meinung Ausdruck, dass man wohl von den Bürgern
der Stadt verlangen kann, dass sie sich wenigstens vorher bei der Behörde erkundigen. Er beantragt daher: Der Gemeinderat beschliesse: Dem Rekurse des Max Pilat gegen die Strafverfügung des Magistrates vom 27. April 1933, Zl. 3928, wird mangels berücksichtigungswürdiger Gründe keine Folge gegeben. Einstimmig angenommen. Referent Stadtrat Dr. Rudolf Schneeweiss: Punkt 7.) Robiczek Hedwig, Uebertretung der Bauordnung, Berufung. Zl. 3471/33 Der Referent bemerkt, dass es sich im vorliegenden Falle nur um eine kleine Adaptierung eines bestehenden Objektes handelt und dass die Partei sicherlich nur in Verkennung des Rechtsstandpunktes die Uebertretung begangen haben dürfte. Er stellt deshalb folgenden Antrag: Dem Einspruche der Hedwig Robiczek gegen die Strafverfügung des Magistrates vom 18.April 1933,Zl. 2811, wird keine Folge gegeben. In Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei wird jedoch die vorgeschriebene Strafe im Gnadenwege nachgesehen. Einstimmig angenommen. Bau- und Verwaltungsausschuss. Referent Stadtrat Rudolf Marktschläger: Punkt 8.) Strassen-Neubenennung - Hochhauserstrasse - Zl. 3162/33 Der Referent führt aus, dass es durch die Erbauung der Schule der Schwestern notwendig geworden ist, auch die zwischen den Häusern Tomitzstrasse Nr.3 und 5 einmündende öffentliche Strasse auszubauen und zu benennen. Er stellt ferners fest, dass sich um den Stadtteil nächst dieser Strasse der verstorbene Generaldirektor Hochhauser besondere Verdienste erworben hat und würde/ sich daher namens des Bau- und Verwaltungsausschusses erlauben, dem Gemeinderate folgenden Antrag zu unterbreiten: Der Gemeinderat beschliesse: Die zwischen den Häusern Tomitzstrasse Nr. 3 und 5 in die Tomitzstrasse einmündende bisher
unbenannte öffentliche Strasse erhält die Bezeichnung Hochhauser-Strasse. Einstimmig angenommen. Stadtrat. Referent Bürgermeister Franz Sichlrader: Punkt 9.) Uebernahme eines Teiles der Voralpenstrasse. Zl. 4293/33 Der Referent führt aus, dass es nun nach langem Verhandeln doch gelungen sei, einen Teil der Voralpenstrasse in die Verwaltung des Landes zu überführen. Es handelt sich um dasjenige Stück der Sierningerstrasse, an deren Stelle sich der Langseppenberg und das zum Abbruch kommende bereits angekaufte Haus befindet. Es ist zu hoffen, dass die noch im Hause wohnenden Mieter in nächster Zeit ausziehen werden um mit den Abbrucharbeiten noch im Herbste beginnen zu können. Er beantragt daher: Der Gemeinderat nimmt dankend zur Kenntnis, dass das Land Oberösterreich die Voralpenstrasse in Steyr von km 3.714 bis 4.803 übernommen und für die Demolierung eines Hauses zur Verbreiterung der Voralpenstrasse am Langseppenberg einen Beitrag von S 5.000.- bewilligt hat. Die Gemeinde verpflichtet sich zu folgenden Leistungen: 1.) Ein jährlicher Beitrag von s 150.- pro km. 2.) erstmalige kostenlose Beistellung des erforderlichen Schotter- und Sandmateriales an Ort und Stelle für die übernommene Strassenstrecke. Ferners bemerkt der Referent, dass der jährlich zu leistende Beitrag pro km von § 150.- also beiläufig § 300.- nicht in Geld, sondern in Schotter und Sandmaterial beigestellt werden kann. G.R. Friedrich Schickl nimmt in scharfen Worten gegen die Landesregierung Stellung und bedauert es, dass diese Stelle für die Stadt Steyr nie das nötige Interesse aufbringt und die Stadt Steyr immer stiefmütterlich behandelt. Er fordert die Landtags-
abgeordneten auf, bei der Landesregierung im wirtschaftlichen Interesse der Stadt die Uebernahme der Strecke Haratzmüllerstrasse bis Sierningerstrasse zu erwirken. Schliesslich bemängelt er, dass nur papierene Gesetze geschaffen werden und keine Taten folgen, dass andererseits in Masse für Strassen Geld ausgegeben wird und Steyr immer unberücksichtigt bleibe. Dies müsse der Landesregierung klar gelegt werden. Stadtrat Rudolf Marktschläger bemerkt, dass sich seine Fraktion nicht der scharfen Kritik des G.R. Schickl anschliesse, vielmehr es begrüsst, dass im Antrag der Landesregierung für das besondere Entgegenkommen der Dank ausgesprochen wird. Bgmst.Sichlrader als Referent gibt zu, dass Gesetze beschlossen und nicht durchgeführt werden, dass dies aber nicht der Gemeinderatsmehrheit zur Last gelegt werden kann, sondern die Regierungsstellen betreffe. Er gibt auch zu, dass Steyr nicht in dem Masse berücksichtigt werde, wie vielleicht andere Gemeinden. Er nimmt ferners die Anregung des Gemeinderates Schickl wegen der Engherzigkeit der Landesregierung zur Kenntnis und wird in diesem Sinne der Landesregierung berichten. Hierauf erfolgt die einstimmige Annahme des Referenten- antrages. Punkt 10.) Freiwilliger Arbeitsdienst. Zl.4386/33 Der Referent führt im wesentlichen folgendes aus: Durch den freiwilligen Arbeitsdienst erhoffen wir uns keine Besserung der Wirtschaftslage. Dass wir uns auch in Steyr entschlossen haben unter Zuhilfenahme des freiwilligen Arbeitsdienstes Arbeiten durchzuführen entsprang nicht dem eigenen Triebe, sondern der Not gehorchend reifte dieser Entschluss. Nicht zum Lohndruck soll der freiwillige Arbeitsdienst geschaffen sein, er soll den Zweck haben, jenen jungen Menschen einen wirtschaftlichen Halt zu geben; ihnen in der Not zu helfen. Nicht nach dem Muster Deutschlands soll der freiwillige Arbeitsdienst geführt werden, sondern vom sozialen Empfinden müssen wir uns
leiten lassen; diesen jungen Menschen müssen wir fürsorglich zur Seite stehen, ja fast die Mutterstelle vertreten. Heute erfolgte die offizielle Eröffnung des in einem Gebäude der ehemaligen Artilleriekaserne durch den eigenen Fleiss der Arbeitsdienstwilligen hergestellten Lagers. Es besteht aus einem Schlafsaal, Küche und Nebenräume und ist so gestaltet, dass sich die jungen Lente wohl fühlen können. Wir wollen ihnen das geben, was ihnen durch die grosse Not vorenthalten ist, die Abnahme der täglichen Sorgen und ein menschliches Dasein. Diese jungen Menschen werden daraus ersehen, dass sie nicht unnütz auf der Welt sind. Es ist aber nicht der Zweck, durch den „FAD" ungeheuerliche Arbeiten zu leisten, sondern auch für das leibliche und geistige Wohl der Jugend vorzusorgen. Die Arbeitszeit wird 6 Stunden betragen und die Freizeit mit Turnen und Kursen ausgefüllt sein. Lesen, Rechnen und Schreiben soll aufgefrischt werden. Sie werden fragen, kann sich denn die Gemeinde das leisten? Hiezu möchte ich feststellen, dass zur Einrichtung des Lagers von den SteyrWerken Betten beigestellt wurden, dass uns die Kinderfreunde verschiedenes Kochgeschirr überlassen haben und daher nicht allzuviel Barauslagen notwendig waren. Die Auslagen der Verpflegskosten die wir mit S 1.50 pro Tag und Arbeitswilligen annehmen und das tägliche Taschengeld von s 0.50 pro Arbeitsdienstwilligen werden durch die vom Bunde vorgesehene Bauschvergütung gedeckt. Nach Verlesung des Stadtratsbeschlusses vom 23. Juni 1933 stellt der Referent folgenden Amtrag: Der Gemeinderat genehmige nachträglich die in der Stadtratssitzung vom 23. Juni 1933 beschlossenen Arbeiten unter Zuhilfenahme des freiwilligen Arbeitsdienstes und ermächtigt gleichzeitig den Stadtrat, die Durchführung der weiters mit Zulassungsbescheid der I.B.K. Linz vom 6. Juli 1933, Zl.80/Präs. vorgeschriebenen Richtlinien im Sinne des zitierten Stadtratsbeschlusses zu ver- anlassen. Einstimmig angenommen. Hierauf Schluss der öffentl. Sitzung um 21 Uhr 10 Min. Der Schriftführer: Die Ueberprüfer: Der Vorsitzende:
Niederschrift über die vertrauliche Sitzung des Gemeinderates der Stadt Steyr am Freitag, den 7. Juli 1933. Beginn: 21 Uhr 15 Minuten. Tagesordnung. Fürsorgeausschuss. Referent Bürgermeister-Stellv. Anton Azwanger: 1.) Fürsorgerekurse. Stadtrat Referent Stadtrat Karl Klement: 2.) Freiwillige Zusicherungen der Aufnahme in den Heimatverband. Finanz- und Rechtsausschuss. Referent Stadtrat Dr. Rudolf Schneeweiss: 3.) Aufnahmen in den Heimatverband auf Grund der Ersitzung. 4.) Zusicherungen der Aufnahme in den Heimatverband auf Grund der Ersitzung. Stadtrat. Referent Bürgermeister Franz Sichlrader: 5.) Aufnahme eines Darlehens. Fürsorgeausschuss. Referent Bürgermeister-Stellv. Anton Azwanger: Punkt 1.) Fürsorgerekurse. Der Referent stellt nach Begründung folgende Anträge: Zl. 3690/33 Gruber Klara, Erhaltungsbeitrag-Rekurs. Der Gemeinderat beschliesse die Ablehnung des Rekurses, aber Gewährung einer fallweisen Unterstützung nach § 28 des H.G. Zl. 3626/33 Weber Josef, Erziehungsbeitrag für die Kinder Leopold und Fritz; Rekurs. Dem Rekurs des Josef Weber gegen den Beschluss der Fürsorgeräteversammlung vom 11.Mai 1933, Zl. 2648, wird dahingehend Folge
gegeben, dass ein monatlicher Erziehungsbeitrag von S 15.- ab 1. Juni 1933 bis 31. Mai 1934 höchstens für die Dauer der Arbeitslosigkeit zuerkannt wird. Zl. 3683/33 Mitsch Katharina, Erziehungsbeitrag für das Kind Frieda; Rekurs. Dem Rekurs der Katharina Mitsch gegen den Beschluss der Fürsorgeräteversammlung vom 11.Mai 1933, Zl. 3313, wird dahingehend Folge gegeben, dass ein monatlicher Erziehungsbeitrag von S 12.- ab 1. Juni 1933 bis 31. Dezember 1933 längstens für die Dauer der Arbeitslosigkeit zuerkannt wird. Zl. 3921/33 Nemeth Josef, Mietzinsbeihilfe; Rekurs. Dem Rekurse des Josef Nemeth gegen den Beschluss der Fürsorgeräteversammlung vom 11. Mai 1933, Zl. 2830, wird mangels verfügbarer Mittel für Zwecke einer Mietzinsbeihilfe keine Folge gegeben. Zl. 3689/33 Neidhart Maria, Erziehungsbeitrag für die Kinder Gertrude und Anna; Rekurs. Dem Rekurse der Anna Neidhart gegen den Beschluss der Fürsorgerêteversammlung vom 11. Mai 1933, Zl. 3315, wird mangeld vorhandener Mittel keine Folge gegeben. Zl. 3931132 Pachinger Georg, Erziehungsbeitrag für die Kinder Josef, Franz und Anna; Rekurs. Dem Rekurse des Georg Pachinger gegen den Beschluss der Fürsorgeräteversammlung vom 11. Mai 1933, Zl. 2037, wird dahingehend Folge gegeben, dass ihm ein monatlicher Erziehungsbeitrag von S 10.- ab 1. Juni 1933 bis 31. Mai 1934, jedoch nur für die Dauer der Arbeitslosigkeit zuerkannt wird. Zl. 3721/33 Gollnhuber Johann, Erziehungsbeitrag für die Kinder Johann, Marianne und Franz; Rekurs. Dem Rekurs des Johann Gollnhuber gegen den Beschluss der Fürsorgeräteversammlung vom 11. Mai 1933 wird teilweise Folge gegeben und der Erziehungsbeitrag für die Kinder Johann, Marianne
und Franz ab 1.Juli 1933 bis 30. Juni 1934 von S 30.- auf S 35.- erhöht. Zl. 3865/33 Kronegger Josefa, Erziehungsbeitrag für das Kind Berta; Rekurs. Dem Rekurse der Josefa Kronegger gegen den Beschluss der Fürsorgeräteversammlung vom 11.Mai 1933 wird teilweise Folge gegeben und der Erziehungsbeitrag für das Kind Berta ab 1. Juni 1933 bis 31.Mai 1934 von S 15.- auf S 20.- erhöht. Zl. 3691/33 Eichler Josef, Erziehungsbeitrag für die Kinder Anna und Josef; Rekurs. Dem Rekurse des Josef Eichler gegen den Beschluss der Fürsorgeräteversammlung vom 11.Mai 1933 wird mangels verfügbarer Mittel keine Folge gegeben. Zl. M 123/33 Löschenkohl Theresia Erziehungsbeitrag für das Kind Leopoldine; Rekurs. Dem Rekurs der Theresia Löschenkohl gegen den Beschluss der Fürsorgeräteversammlung vom 26. Jänner 1933, wonach der Erziehungsbeitrag mit § 15.- für das Kind Leopoldine festgelegt wurde, wird keine Folge gegeben. Zl. M 106/33 Moser Maria, Erziehungsbeitrag für das Kind Walter; Rekurs. Dem Rekurse der Maria Moser gegen den Beschluss der Fürsorgeräteversammlung vom 11.Mai 1933 wird mangels besonderer Bedürftigkeit keine Folge gegeben. Zl. M 127/32 Anna Bichlwanger, Erziehungsbeitrag für das Kind Anna; Rekurs. Dem Rekurse der Anna Bichlwanger gegen den Beschluss der Fürsorgeräteversammlung vom 11. Mai 1933 wird dahingehend Folge gegeben, dass weiterhin ein monatlicher Erziehungsbeitrag von S 10.- für das Kind Anna Bichlwanger ab 1. Juli 1933 bis 30. Juni 1934 für die Dauer der Arbeitslosigkeit der Kindeseltern, gewährt wird.
Zl. 4811/33 Brunner Franz, Bekleidungsansuchen-Rekurs. Dem Rekurse des Franz Brunner gegen den abweislichen Bescheid der Fürsorgeräteversammlung vom 30. Juni 1933 wird mangels verfügbarer Mittel für derlei Zwecke keine Folge gegeben. Zl. 4824/33 Schnellenberger Franz, Zahnbehandlungskosten-Rekurs. Dem Rekurse des Franz Schnellenberger gegen den Bescheid der Fürsorgeräteversammlung vom 30.Juni 1933 wird mangels verfügbarer Mittel für derlei Zwecke keine Folge gegeben. Die hierauf vorgenommene gemeinsame Abstimmung über sämtliche Rekurse ergibt die einstimmige Annahme. Stadtrat. Referent Stadtrat Karl Klement: Punkt 2.) Freiwillige Zusicherung der Aufnahme in den Heimatverband. a) Bewilligung: Mütter Ernst, Zahntechniker, Gleinkergasse 3 Zl. 4399/33 b) Abweisungen: Einstimmig angenommen. Finanz- und Rechtsausschuss. Referent Stadtrat Dr. Rudolf Schneeweiss: Punkt 3.) Aufnahmen in den Heimatverband auf Grund der Ersitzung. a) Bewilligungen: Zl. 2885/33 Bayer Franz Zl. 3393 Berger Franz Zl.2755/33 Böhm Rudolf Zl.2482/33 Busek Antonia Zl. 2131/33 Eiterer Franz Zl. 3154/33 Drobnitsch Anton Zl.3847/33 Essletzbichler Engelbert Zl. 3590/33 Geiblinger Maria Zl. 2807/33 Hölzl Peter Zl. 3699/33 Hauser Josef Zl. 2531/33 Hubmer Ludwig Zl. 4125/33 Hubatschek Maria Zl. 2970/33 Jirousek Heinrich Zl. 3699/33 Kaiplinger Katharina Zl. 3061/33 Kammesberger Franz Zl. 3675/33 Kierer Josef Zl. 2193/33 Kobler Franz Zl. 3815/33 Kramlinger Maria Zl. 3920/33 Kreuzriegler Josef Zl. 1958/33 Lang Josef
Zl. 4239/33 Martinak Marianne Zl. 2148/33 Mayrhofer Josefa Zl. 3441/33 Oberhuber Josef Zl. 3919/33 Marxrieser Aloisia Zl. 2645/33 Penzendorfer Franz Zl. 2991/33 Ottendorfer Karl, Zl. 1585/33 Pöllhuber Josef Zl. 165/33 Pickl Alois Zl. 2700/33 Pühringer Ludwig Zl. 2537/33 Puchner Karl Zl. 3351/33 Schenner Judith Zl. 2990/33 Söllinger Karl Zl. 2880/33 Stieger Karl Zl. 2611/33 Voit Franz, Zl. 2172/33 Wimmer Johann, Zl. 2806/33 Schreil Alois Zl. 3450/33 Staudinger Marie Zl. 3425/33 Thusvoll Josef Zl. 4116/33 Vorderwinkler Aloisia b) Abweisungen: der Aufnahme in den Heimatverband auf Grund Punkt 4.) Zusicherund der Ersitzung. a) Bewilligung: Zl.3953/33 Laska Franz,Schmiedgehilfe, St. Ulrich, Jägerberg 50. b) Abweisungen: Einstimmig angenommen. Bürgermeister-Stellv. Anton Azwanger übernimmt den Vorsitz. Stadtrat. Referent Bürgermeister Franz Sichlrader: Punkt 5.) Aufnahme eines Darlehens. Zl. 1665/33 Bürgermeister Sichlrader als Referent teilt mit, dass auf Grund des Punktes 3 des Gemeinderatsbeschlusses vom 29.April 1933, Zl. 926, mit der Sparkasse Steyr bezüglich Umwandlung der bestehenden Darlehen in ein einziges in Verhandlungen eingegangen wurde. Die Sparkasse Steyr hat sich dazu bereit erklärt und langte auch die hiezu nach den bestehenden Vorschriften notwendige Zustimmung seitens des Bundeskanzleramtes ein. Dabei hat sich aber ergeben, dass es notwendig sei, dass die bestehenden Darlehen, die bei Zusammenfassung beiläufig einen Betrag von S 170.000.- ergeben auf S 200.000.- aufgerundet werden müssen und soll der neue Kredit,
bezw. die Krediterhöhung zur Bezahlung des angekauften Hauses am Langseppenberg im Betrage von S 12.000.- und zur Bereitstellung des Gemeindeanteiles für den Ennskaiausbau von S 10.000.-, ferners zur Deckung bisher aus den gemeinsamen Darlehen entstandenen Zinsen verwendet werden um dadurch die laufende Gebarung 1933 nicht zu belasten. Durch die Zinsfussermässigung werden sich die Zinsen auch bei einem Kredit von § 300.000.- nicht höher stellen, als bisher bei dem von S 170.000.- und dadurch keine Mehrbelastung der Gemeinde darstellen. Da aber die Sparkasse auch unsererseits Garantien verlangt, so bitte ich dem im folgenden Antrage angeführten Punkte zuzustimmen, wobei festzustellen ist, dass die Gemeindeabgaben der Sparkasse allein schon den Betrag von S 16.000.- jährlich ergeben und damit der grösste Teil der Sicherstellung erreicht ist. Der Referent stellt sodann folgenden Antrag: Der Gemeinderat beschliesse gemäss Punkt 4 des Beschlusses vom 29. April 1933, Zl. 926 (Voranschlag) die Aufnahme eines Darlehens bis zu S 30.000.- (dreissigtausend) bei der Sparkasse in Steyr. Dieses Darlehen wird mit den Schulden an die Sparkasse in beiläufigen Ausmasse von S 170.000.- (einhundertsiebzigtausend) in ein amortisables Darlehen von rund S 200.000.- (zweihunderttausend) verwandelt. Zur Amortisierung bezw. Verzinsung dieses Darlehens (300.000.-) verpflichtet sich die Gemeinde zu nachstehenden Leistungen: 1.) Verrechnung der auf die allgemeine Sparkasse Steyr entfallenden Lohnabgabe, Realabgabe und Wasserzins im Kompensationswege. 2.) Hinterlegung der Besucherabgabe (derzeit monatlich S 150.-) in einem bei der Sparkasse zu schaffenden Sicherstellungskonto.
Mit dem endgiltigen Abschluss (Frist, Laufzeit und Verzinsung) wird der Stadtrat betraut. Stadtrat Rudolf Marktschläger gibt darüber Aufklärung, dass durch diese Transaktion der Gemeinde Steyr ein Barbetrag von beiläufig S 33.500.- zur Deckung des Hausankaufes und als Beitrag zur Kaiinstandsetzung nach Abzug der bisher erwachsenen Zinsen flüssig gemacht werden kann. Er ist auch der zuversicht lichen Meinung, dass sich in der Begebung des neuen Darlehens keine Schwierigkeiten mehr ergeben werden. Hierauf gelangt der Referentenantrag zur einstimmigen Annahme. Bürgermeister Sichlrader übernimmt wieder den Vorsitz, dankt für die geleistete Mitarbeit und wünscht allen Gemeinderäten guten Urlaub. Schluss der Sitzung: 21 Uhr 35 Minuten. Der Vorsitzende: Die Niederschriftsprüfer: Der Schriftführer:
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