- 107 - N i e d e r s c h r i f t über die 11.ordentliche Sitzung des Gemeinderates der Stadt Steyr am Freitag,den 30.Dezember 1932 um 20 Uhr. T a g e s o r d n u n g. Stadtrat. Referent Bürgermeister Franz Sichlrader: 1.) Budget-Provisorium für das l.Kalendervierteljahr 1933. 2.) Wahl eines Bürgermeister-Stellvertreters und Stadtrates. Anwesende: Vorsitzender Bürgermeister Franz Sichlrader, die Bürgermeister-Stellvertreter Anton Azwanger und Rudolf Marktschläger, die Stadträte: Dressl August, Klement Karl, Knabl Ferdinand, Roithner Hans und Dr.Rudolf Sohneeweiss, die Gemeinderäte: Bamminger Aaois Pfaff Johann Berger Rudolf Breitler Leopold Dr. Ohalupka Elise Daspelgruber Josef Egger Johann Grafleitner Josef Bamberger Josef Hofmann Rudolf Kirchberger Josef Lei tzinger Karl Peyrer-Angermann Dr. Sieberer Michael Schöner Johann Schrangl Franz Schwitzer Erna Steiner Florian Steiner Johann Tribrunner Franz Urban Josef Voglsam Josef Weindl Anton Wi tzany Hans. Vom Magistrate: Magistratsdirektor Dr.Ferdinand Häuslmayr, Bauamts'direktor Ing. Heinrich Treml, Oberrechnungsrat Franz Liska und als Schriftführer Oberkommissär Hans Sichlrader. Bürgermeister Franz Sichlrader eröffnet um 20 Uhr 15 Min. die Sitzung, konstatiert die Beschlussfähigkeit, gibt die
- 108 - Tagesordnung bekannt und teilt mit, dass die Stadträte Earl Dedio,Leopold SchlOBSgangl md die Gemeinderäte August Firbas und Friedrich Schickl als entschuldigt zu gelten haben. Zu Niederschriftsprüfer werden die Gemeinderäte Josef Urban und Josef Voglsam bestimmt. Bürgermeister-Stellvertreter Rudolf Marktschläger über nimmt den Vorsitz. Stadtrat. Referent Bürgermeister Franz Sichlrader; Punkt 1.) Budget-Provisorium für das I-Kalendervieitel.iahr 1933> ZI.8153/33 Der Referent führt folgendes aus; Ich bin nicht in der Lage, dem Gemeinderate ein normales Budget für das Jahr 1933 vorzulegen. Nach reiflicher Ueberlegung habe ich mich entschlossen, ein Budgetprovisorium für das erste Kalendervierteljahr auszuarbeiten und dem Gemeinderate zur Beschlussfasanng zu unterbreiten.Ich muss etwas weiter aushölen um diese ausserordentliche Massnahme zu begründen. Vor genau vier Jahren hat der Gemeinderat ein grosszügiges Sanierungsprogrsunm beschlossen, das natürlich die Mitwirkung der Bundes- und Landesregierung vorsah. Als einen Schicksalstag habe ich jenen 39.Dezember 1938 bezeichnet. Ich habe die Zustimmung aller Parteien gefunden, als ich den ziffernmässigen Nachweis erbrachte, dass eine Gesundung der Gemeindefinanzen aus eigener Kraft unmöglich ist, ich habe auf alle Gefahren hingewiesen, die mit der vollständigen Stillegung der kommunalen Tätigkeit, vor allem der kommunalen Technik,verbunden sind. Aber nur ein ganz kleiner Teil des Sanierungsprogrammes wurde realisiert. Die politischen Wirren des Jahres 1939 haben alle unsere berechtigten Hoffnungen - Kanzler und Ministerrat haben die Forderungen der Gemeinde als recht und billig erkannt - zerstört. Auseerdem setzte im Spätherbst 1939 die lokale Krise mit uner hörter Heftigkeit ein: Zusammenbruch der Bodenkreditanstalt und
109 - damit in Verbindung die fast völlige Stillegung der Steyr-Werke, eine Katastrophe, die ausserordentliohe Massnahmen der Gemeinde verwaltung dringend heischte. In klarer Erkenntnis dieser Lage hat eich daher der Ge meinderat - am 29.Dezember 1930 - mit Rettungsvorschlägen T?efasst, die in einem ausführlichen Exposee der Regierung vorgelegt wurden. Diese vielleicht denkwürdigste Sitzxing des Gemeinderates seit dem Zusammenbruch hat den stärksten Widerhall in der Öeffentlichkeit gefunden, nicht nur in Oesterreich, sondern auch im Auslands. Wir haben sachlich und wahrheitsgetreu die Not in dieser Stadt aufgezeigt, wir haben, nachdem fast drei Dutzend Deputationen bei der Regierung erfolglos geblieben waren, einen letzten Versuch ge macht,das öffentliche Gewissen aufzurufen. Unser Ruf ist über die Grenzen Oesterreichs hinausgegangen, ja selbst über den Ozean - aber nach Wien ist dieser Ruf nicht gedrungen, Oesterreichs Regie rung ist stumm geblieben und hat nicht nur unsere Vorschläge fast völlig ignoriert, sie hat seriöse Vorschläge, die dem Bunde keinen Groschen gekostet hätten, abgewiesen; ich verweise auf den Plan der Verlos\ing des Stadtgutes. Die Regierung hat uns bloss den etwas antiquitierten Rat gegeben, zu sparen,obwohl wir sie schon ungezähltemal aufgefordert hatten, die sanitären Verhältnisse, die baulichen Verhältnisse, kurz das Gebiet der kommunalen Technik in dieser Stadt durch Sachverständige untersuchen zu lassen, damit sie durch die eigenen Organe darüber aufgeklärt werde,dass in dieser Stadt seit sechs Jahren jede Investitionstätigkeit,ja fast jede den normalen Verhältnissen entsprechende Instandhaltungstätigkeit so gut wie eingestellt ist. Wie sich aber diese Passivität einmal in der Zukunft rächen wird, darüber wage ich nicht einmal Vermutungen auszusprechen. Ja ich halte diese uns aufgezwungene Untätigkeit für das grösste Unglück, denn ich weise wahrhaftig nicht, wie wir einmal die ungeheuren Versäumnisse auf diesen Ge bieten nachholen werden können.
- llo - In Durchführung des Gemeinderatsbeschlusses vom 39.Dezember 1931 hat dann der Stadtrat jene drakonischen Sparmassnahmen auf sachlichem und personellem Gebiete beschlossen, die ja noch all gemein bekannt sind und über deren Auswirkung ich ja noch einiges zu sagen haben werde. Trotz des Fehlschlagens aller unserer Pläne, trotz der starren,abweisenden Haltung der Regierung,schöpften wir anfangs dieses Jahres neue Hoffnungen. Es kam nämlich :die Kon trolle des Rechnungshofes. Wir sagten luna: Wenn schon die Regie rung dea Beschlüssen des Gemeinderates, obwohl einstimmig gefasst, kein Gehör schenkt, wenn sie schon den Amtsberichten keinen Glau ben schenkt, dann wird sie doch dem objektiven Berichte der eigenen Organe Beachtung schenken. Es kommt also alles darauf an, wie dieser Bericht aussehen wird. Wir haben natürlich diesem Be richt mit voller Ruhe entgegengesehen, denn unsere Verwaltung war sauber und ist sauber. Die seinerzeitigen Fehler haben wir immer offen und ungeschminkt zugegeben, sie liegen übrigens fast acht Jahre zurück, ganz abgeselai davon,dass die Plähe der Industriebe teiligungen fast ausschliesBlich durch die Entwicklung der allge meinen Wirtschaftslage beilingt waren. Ich halte es daher für notwendig, dem Gemeinderate daß wesentlichste aus diesem Bericht zur Kenntnis zu bringen, schon aus dem Grunde, dass die Oeffentliohkeit sieht, dass die Regierung nicht einmal das Ergebnis der Prüfung ihrer eigenen Organe zu würdigen weiss. Die Ueberprüfung erstreckte sich auf die Rechnungsab schlüsse 1929 bis 1931. Sie ergab die volle Uebereinstimmung mit den Hauptbüchern, anerkennend wird hervorgehoben die Organisation unseres Reohnungs- und Kassadienstes und die im Jahre 1926 be schlossenen besonderen Sparmassnahmen. Auch der Rechnungshof sieht in unserem Schuldendienst - worauf wir ja in jeder Budgetsitzung hingewiesen haben - eine der Hauptursachen der katastrophalen Finanzlage der Stadt. Und so kommt -der Bericht in dieser Hinsicht zu folgendsm Schlüsse:
- 111 - "In richtiger Erkenntnis dieser Sachlage ist die jetzige Gemeindeverwaltung bestrebt, die schwere Schuldenlast nach Mög lichkeit abzubürden, indem sie sich zu dem gewiss nicht leichten Schritt entschlossen hat, Gemeindeobjekte zu veräussern und den Erlös - wenigstens zum Grossteil - für ausserordentliche Schulden tilgungen zu verwenden." Ganz richtig kommt der Kontrollbericht bei der Betrachtung Fürsorgeausgaben zu dem Ergebnis, dass diese Ziffern am klar sten zeigen, wie schwer das Wirtschaftsleben dieser Stadt darniederllegt. Und so stellt auch der Kontrollbericht mit aller Klarheit fest, dass die grosse Arbeitslosigkeit - zur Zeit des Berichtes tearen 53 ^ der Bevölkerung in irgend einer Form öffentlich befürsorgt - eine der weiteren Haupturaaohen unserer schwierigen Lage ist, wobei sich - ich folge immer dem Berichte des Rechnungshofes - die Lage noch dadurch verschärft, dass alljährlich eine grosse Anzahl von in Steyr ansässigen Personen durch Ersitzung in Steyr zuständig werde. Der Bericht schliesst dieses Kapitel mit den Worten: "Wenn sich die Hoffnung auf Einstellung neuer Arbeitskräfte in das eine Grossunternehmen der Stadt als aussichtslos erweisen sollte, könnte - da die Schaffung neuer Industrien aller Voraussicht nach für lange Zeit nicht in Frage kommt - wohl nur die Auswan derung der bessere Existenzmöglichkeiten suchenden Menge von Ar beitslosen eine fühlbare Entlastung der Gemeinde bringen." Kann man die Lage einer Stadt noch krasser schildern ? Und haben wir nicht selbst immer auf alle diese Umstände hingewiesen? Mit anerkennenswerter Sachlichkeit weist der Kontrollbericht weiter auf das bedrotyliohe Moment - worüber ich ja noch in jeder Budgetsitzung gesprochen habe - der Zurückstellung notwendiger Arbeiten auf den rapid wachsenden Einnahmenausfall. Dieses Kapitel / schliesst mit den Worten: "Die Gemeinde ist,da sie keine sogenannten Monopolbetriebe wie Gaswerk,Elektrizitätswerk,Schlachthof etz. besitzt, fast ausBchliesslich auf die Eingänge an Steuern und Abgaben angewiesen.
- 113 - Ein stärkeres Sinken des Ertrages dieser Einnahmenquellen, wie es sich in den letzten Jahren infolge der Betriebseinschränkungen des einzigen, die Wirtschaftslage der Stadt beherroohenden Grossunternehmens zeigt, wirkt sich daher verheerend auf das Budget der Gemeinde aus. Dies nicht nur in der Richtung eines Einnahme entfalles, sondern auch in einer Erhöhung des Fürsorgeaufwandes. Es ist einleuchtend, dass die Ausgleichung eines Einnahmerück ganges von S 484.000.-, wie es sich bei der ordentlichen Gebarung des Jahres 1931 gegenüber 1989 ergeben hat, bei einem Budget von rund 3 -g Millionen Schilling nicht leicht ist." Und Bchliesslich hebt der Kontrollbericht noch aner kennend unsere Bestrebungen hervor,auch auf dem Gebiete des PersonalaufwändeB alle nur denkbaren Ersparungen zu erzielen. Aber alle die von \ins vorgenommenen Sparmassnahmen werden nach Ansicht des Rechnungshofes - die sich wieder vollkommen mit unserer deckt - die gesamte Finanzl^e der Gemeinde nicht in aus schlaggebender Weise verbessern. Der Rechnungshof erwartet sich Entlastung, wenn es gelänge, Gemeindeob.jekte zu verkaufen und den Erlös zur Verringerung des Schuldendienstes zu verwenden, eine Idee, die wir schon vor Beginn der Kontrolle gehabt habend die aber bekannt ermassen zunichte wurde. Aber auch der Verkauf von Gemeindegut kann nach Ansicht des Rechnungshofes niemals die Sanierung bewirken, denn auch der Rechnungshof ist der Meinung; "Die Herstellung des Gleichgewichtes der Gebarung kann der Gemeinde unter den derzeitigen lokalen Wirtschaftsverhältnissen auch bei ernstestem Bemühen aus eigener Kraft wohl nicht gelingen." Also auch nach dem Kontrollbericht müssen andere Faktoren eingreifen. Das ist ja der Kern des Problemes, das ist ja die Forderung der Gemeinde - ungehört seit Jahren -. Der Kontrollbericht des Rechnungshofes hat also die Grundursachen unserer Finanznot mit aller Schärfe dargelegt.
- 113 - er hat offenbart, dass die Verwaltung der Gemeinde einwandfrei ist. Wir haben einige - sicherlich nicht übertriebene - Hoffnung gehabt, dass der Kontrollbericht die Regierung endlich einmal veranlassen werde,- das Problem dieser Stadt etwas gewissenhafter zu untersuchen. Abs® auch diesem Berichte, der im Wesen zur Gänze das bestätigt, was wir unentwegt behauptet haben, hat bisher keine Aenderung der Gesinnung von "oben" bewirkt. Ich habe mit Absicht das Ergebnis der Rechnungshofkpn trolle behandelt, ich sage ganz offen; aus politischen Gründen, weil sie den sozusagen gerichtsordnungsmässigen Nachweis erbringt, dass die Arbeit öer sozialdemokratischen Vertreter in der Ge meinde Steyr untadelig ist, sodass endlich einmal die schamlosen und albernen Verdächtigungen verstummen müssen; im besonderen aber aus Sorge für die Bewohner dieser Stadt. Denn, man gebe sich keiner Täuschung hin; wenn asfelbet die Untersuchungsergebnisse der verfassungsmässig höchsten Instanz ohne jeden Erfolg bleiben, dann werden sich eben meine Befürchtungen bewahrheiten, die ich immer ausgesprochen habe; Daan ist das Schicksal dieser Stadt besiegelt,dann rat die Kulturgeschichte dieser Stadt geschrieben. Und dieses Schicksal trifft alle Bewohner dieser Stadt ohne Unterschied der Partei. Und wenn man ferner bedenkt, dass sich die Verhältnisse seit Erstellung des Kontrollberichtes noch wesentlich verschlechtert haben, dass die Arbeitslosigkeit zugenommen hat, dann muss man wohl zu der Ansicht kommen, dass es zuständigen Orts nicht nur an dem Verständnis fehlt.sondern auch an dem guten Willen. Ich möchte dieses Kapitel nicht Bchliessen, ohne den Kontrollorganen des Rechnungshofes von dieser Stelle aus den aufrichtigsten Dank für die sachliche und ungeheure Arbeitsleistung auszudrücken. Ich gehe nun in der Darstellung unserer Arbeiten, die uns durch den Gemeinderatsbeschluss vom 29.Dezember 1931 aufge tragen worden sind, weiter, werde aber vor allem bei den einzel nen Kapiteln des Budgetprovisoriums des näheren darauf eingehen.
- 114 - Am 7.Juni 1932 hat dis christlichsoziale Minorität die Einberufung einer ausserordentliohen Sitzung wegen Berichter stattung der Erspajungsmassnahmen verlangt. Diese Sitzung fand am 17.Juni 1932 statt. Ich habe mich damals bloss auf die Mitteilungen beschränken können, dass fast alle unsere Vorschlä ge abgelehnt worden waren, und dass das Magistrats-Präsidium alle Vorarbeiten getroffen hat, die im eigenen Wirkungsbereich liegenden Möglichkeiten durchzuführen. In derselben Gemeinderatesitzung wurden dann die letzten besoldungsrechtlichen Vorteile der Angestellten beseitigt und die Gleichstellung mit den Bundes angestellten durchgeführt. Im Juli l.J. erfolgte schliesslich ein grÖBserer Abbau von Angestellten. Es ist selbstverständlich, dass die furchtbare Krise nicht nur die Gemeinde Steyr schwer trifft, sondern dass fast alle österreichischen Gemeinden darunter leiden. Und so haben die im Städtebund organisierten Gemeinden die Einberufung eines Städte tages verlangt, der am 19.November 193S stattfand und wo die Vertreter aller Parteien ein Programm ausarbeiteten,von dessen Durchführung sie eine Besserung der Lage der Gemeinden erwar teten. Zwei Probleme beherrschten diese Tagmg; Das Finanzproblem, das soziale Problem. Das soziale Problem wird der Fürsorgere ferent noch näher behandeln. Aber als verantwortlicher Verwalter dieser Stadt kann ich nicht umhin, dieses Problem wenigstens vom allgemeinen Gesichtspunkt aus zu beleuchten.Der grösste Teil der erwerbsfähigen Bevölkerung von Steyr ist seit Jahr®n arbeits los. Nach menschlicher Voraussicht besteht keine Hoffnung auf baldige Besserung. Die Situation in der Autoindustrie ist noch völlig imgeklärt. Die Aussteueriing umfasst immer grössere Kreise der Arbeitslosen, die ja mit der vollen Unterstützung nur,ein karges Leben führen können. Die Richtlinien der 28.Arbeitslosen novelle gestalten die Situation immer kritischer. Die Anfor derungen an den Armenetat werden immer grösser. An die Tore der Gemeinden pocht zu allererst die soziale Not, zum Minister kommt
- 115 ~ man nicht so leicht, wohl aber zum Bürgermeister i Und die Not ist kein guter Beraterl Und Hunger hat noch zu allen Zeiten weh getan Wir aber müssen die Hungernden und Darbenden mit einem Bettel abs peisen, Und doch wäre damit das soziale Problem in seiner ganzen Tiefe nicht erfasst: loh denke hier vor allem an die Jugend, an jene Jugend, die nicht zur Arbeit kommt, die zu keinem geregelten Leben kommt, die also trotz Arbeitewilligkeit und Arbeitsfähigkeit kaum etwas Ordentliches lernen kann. Wir aber können sie nicht beschäftigen und so muss ein Teil der Ju gend verkommen ohne Schuld,nur weil ihr eine Gesellschaftsordnung die Arbeit verweigert, obwohl tausende von Maschinen vorhanden sind, die stille stehen, obwohl Rohstoffe in ungezählten Mengen vorhanden sind, die des Veredelungsprozesses harren. Und auch diese Jugend, die sich betätigen möchte, die sich entwickeln möchte, auch diese Jugend kommt zum Fürsorgeamt um Almosen. Immer haben die Gemeindevertreter betont, dass die Gemeinde lediglich zur Befürsorgung der arbeits- und erwerbsun fähigen Bevölkerung verpflichtet ist, also der Alten,Kranken und Kinder, nicht aber jener, die arbeiten können. Die Sorge für die kraft der Gesellschaftsordnung arbeitslos gewordenen Personen hat nach unserer Ansicht der Bund zu tragen. Heute aber müssen diese Lasten die Gemeinden auf sich nehmen. Und weh die Gemeinde vertreter zu dem Minister kommen und ihm diese ungeheure Sache vortragen, dann hat dieser Minister den Mut, den Gemeindever waltern zu sagen; Sparen. Man erinnert sich in solchen Augen blicken an die unermeselichen Opfer, die aus öffentlichen Gel dern zur Unterstützung des Privatkapitales, zur Stützung von zweifelhaft geleiteten Bankinstituten verwendet worden sind. Nach dieser kleinen Abschweifung zurück zum Gegenstand. Auch dieser Städtetag hat bisher nichts ausgerichtet. Die Re gierung, weit weg von den Stätten wirklicher Not, weit entfernt von den Armenämtern der Gemeinden schlisset noch immer die Augen. Sie ist schlecht beraten, wenn sie das Gebot der Stunde:
- 116 Rettung der Gemeinden nicht erkennt. Ich glaube nunmehr hinreichende Griinde dafür erbracht zu haben, daes wir für das Jahr 1933 kein Budget aufgestellt haben. Ich wiederhole; Die Sanieriing aus eigener Kraft ist auch nach dem Urteil des Rechnungshofes nicht möglich. Fast alle Sanierungsvor schläge der Gemeinde hat der Bund abgelehnt. Die besonderen Lokal verhältnisse sind völlig ungeklärt. Ein Budget müsste also ledig lich Hausnummern enthalten, was jedoch keinen Sinn hat. Ich komme nun zur Besprechung des Budgetprovisoriums und schicke voraus; Das Provisorium iSt nach Art der Monatspräalafeel erstellt. Der Gehalts- und Lohnetat ist aus sämtlichen Verwaltungs gruppen herausgezogen und in einer Post dargestellt. Die bei den einzelnen Verwaltungsgruppen ausgeworfenen Erfordernisziffern stellen somit nur den Sachaufwand dar, was bei Vergleich mit den analogen Ziffern der Vorjahre, welche die Gehaltsbeträge enthal ten, zu berücksichtigen ist. Es muss ausdrücklich betont werden, dass im Erfordernis nur die in den ersten drei Monaten anfallenden Gebühren enthalten sind. So ist beispielsweise beim Schuldendienst auf den Kredit, dessen Annuitäten erst im Mai und November fällig sind, nicht Rücksicht genommen; ebenso ist für die in den Ferien notwendigen Arbeiten in den Schulen nichts vorgesehen. Der vierfache Betrag der aufseheindnden Ziffern wäre somit nicht der richtige Jahresaufwand pro 1933. Dasselbe gilt natürlich auch für die Bedeckungsziffern. Einem Gesamterfordernis für das erste Kalendervierteljahr von S 519.073.- ßteht eine Bedeckung von " 358.106,- gegenüber, sodass sich für das erste Quartal 1933 ein voraussichtlicher Abgang von S 160.968.- ergibt. In diesem Erfordernis ist ein Betrag für den Personalauf wand an Gehalten S 140.238.- an Löhnen für die städtischen Arbeiter von S 45.700.- zusammen somit ein Gesamtbetrag von S 185.938.- enthalten. Wenn wir die Ziffer des vergangenen Jahres mit dieser Summe vergleichen, so ergibt das ein Ersparnis pro Qi.iart.ol
- 117 den Angestellten von rund S 26.000.- und "bei den städt.Arbeitern von rund " 20.000.- somit im Jahre 1933,wenn keine besonderen Er eignisse dazwischen treten,ein Gesamtersparnis von S 184.000tgegenübar 1932. Dabei muss aber besonders berücksichtigt wer den, dasB die Bezüge des Jahres 1932 bereits unter den Auswir kungen des Budgetsanierungsgeeetzes gekürzt erscheinen. Im Jahre 1932 wurden 9 pragmatisierte und 12 Vertragsangestellte teilweise pensioniert und teilweise abgebaut. Der Personalaufwand wurde somit um 21 Personen herabgesetzt. Im übrigen betote ich hier ausdrücklich, dass seit einer Reihe von Jahren keine Neuaufnahme erfolgte und dass an lässlich von Pensionierungen keine Neueinstellungen erfolgten. Und nun zu den Ersparungen, die im Laufe des Jahres 1932 durchgeführt worden sind im besonderen. Um dem Gemeinderate ein einwandfreies Bild vorzutragen, habe ich einen provisorischen Reohnungsabschluss für das Jahr 1932 aufstellen lassen, der, da wir ja am Ende des Jahres angelangt sind, nur mehr eine ganz minimale Aenderung erfahren kann. Ueber den definitiven Reoh nungsabschluss wird ja der Gemeinderat Beschluss zu fassen haben. Die mir heute zur Verfügung stehenden Ziffern geben folgendes Resultat: Die Ausgaben 1933 inkl.der Vorjahrsschuldentilgung betrugen ..., 8 2,383.114.20 die Einnahmen 1932 ergaben " 1.723.802.- der ungedeckte Abgang 1932 beträgt demnach ... S 659.332^20 was gegenüber dem präliminierten Abgang von " 957.900.- ein günstigeres Ergebnis des Finanzjahres 1932 um 298.587.80 ergibt. Nach Ausschaltung der Vorjahrsschuldenzahlungen ergibt sich für das Jahr 1932 folgendes Bild:
- 118 - Die Ausgaben S 2,383.114.30 ab VorjahTBbelastung " 399.535.45 somit eine reine Ausgabe 1932 von " 2,083.588.75 Einnahmen 1932 " 1,723.802.- somit ein reiner Abgang von 1933 " 359.786.75 Im Vergleich zum präliminierten Abgang von " 957.900.- abzüglich der Vorjahrsbelaetung von " 280.000.- ergibt eich ein präliminierter reiner somit ein günstigerer Erfolg von " 318.113.35 gegenüber dem präliminierten Betrag, mit anderen Worten, der für das Jahr 1933 entfallende Abgang wurde nahezu auf die Hälfte herabgedrückt. Worauf ist nun dieser Erfolg zurückzuführen ? Zwei Momente kommen vor allem in Betracht; Erhöhte Einnahmen gegenüber den präliminierten Ziffern und die Ersparungsmassnahmen. Zunächst einige Worte über die Mehreinnahmen an Abgaben. Bei der Erstellung der Bedeokungsziffer des Voranschlages 1932 (Oktober 1931) musste mit Rücksicht auf die damalige Situation in den Steyr-Werken äusserst vorsichtig präliminiert werden. Die Erfolgsziffern der gemeindeeigenen Abgaben zeigen auch,dass diese Vorsicht am Platze war; denn die gemeindeeigenen Abgaben, also jene, die ihr allein zuftlessen, zeigen einen Mindereingang von rund S 20.000.-. Dieser Mindereingang wird allerdings aufge hoben durch ein Mehrerträgnis von anderen Abgaben. Diese Mehrein gänge betragen rund S 45.900.-, sodass sich bei dieser Verwal tungsgruppe ein Nettomehrerfolg von rund S 26.000.- ergibt. In diesem Zusammenhang möchte ich vor allem auf Ein gänge bei der Verwaltungsgruppe 49: Fürsorge für Arbeitslose hinweisen, die eine Summe von S 94.515.— ergibt. Hier war im Voranschlag 1932 überhaupt kein Betrag als Bedeckung eingesetzt, weil erst nach dem Spendenergebnis des Monates Dezember 1931 und Jänner 1933 der Entschluss gefasst wurde, die Gesamteinnahmen-
- 119 - und Ausgabengebarung auob hauptbücherlich darzustellen. Zusammenfassend über die Einnahmen des Jahres 1933 ist also zu sagen^ dass sich gegenüber dem Voranschlag an Mehrein nahmen insgesamt S 246.466.- und an Mindereingffiigen " 9.164.- Bomit Nettomehreinnahraen von " 337.302.- ergeben. und nun zu den Ziffern auf der Ausgabenseite 1932 J Der Gemeinderat hat Ende 1931 einschneidende Massnahmen im Gehaltsetat beschlossen, der Stadtrat hat als Ersparungskomitee an Saohaufwand eine Reihe grosser Abstriche vorgenommen, der Arbeiteretand wurde vorübergehend reduziert - und doch ist gegen über der präliminierten Erfordernisziffer von S 2,444.400.- durch die tatsächlichen Ausgaben von " 3,383.114.20 scheinbar nur ein Ersparnis von " 61.385.80 erzielt worden. Diese Ziffer stellt nur das Nettoersparnis dar. In Wirklichkeit ist im Erfordernis von 29 Verwaltungsgruppen der Gesamtbetrag von S 281.880.75 erspart worden. DiesenErsisarungen stehen allerdings wesentliche Mehrerfordernisse gegenüber, deren grösste Post sich bei dem Fürsorgewesen begreiflicherweise ergibt, die allein den Betrag von S 131.302.- ausmacht. Wie wirkt sich nun der Gebarungsabgang auf die städt. Finanzen aus. Der Gebarungsabgang von S 659.000.- hat zur Folge, dass die schwebenden.sofort fälligen Schulden der Gemeinde täg lich wachsen, am 24.Dezember 1932 einen Stand von rund 670.000.- erreichten. Die Gemeinde kann somit die Forderungen des Bundes und Landes nicht begleichen und kann auch nicht restlos den pri vaten Zahlungsverpflichtungen nachkommen. Die schwebenden Schulden. die jetzt ungefähr S 670.000.- betragen, werden in nicht allzu langer Zeit auf einen Betrag angewachsen sein, der die Aktiv werte der Gemeinde erreicht. Und hier liegt ein äusserst gefäs.rliches Moment.worüber ich ja eingangs ausführlich gesprochen habe.
- 130 - Aus den wenigen Ziffern geM also mit aller Klarheit hervor, dass wir auf dem Gebiete der Ersparungen zu einer Linie gelangt sind, die kaum mehr überschritten werden kann. Denn weitere tief einschneidende Massnahmen wären im Interesse der öffentlichen Wohlfahrt und Sicherheit nicht mehr zu verantworten. Wae die zu erwartenden Steuereingänge des Jahres 1933 an langt,so will ich mich auf eine einzige Ziffer beschränken und darauf hinweisen, dass die BundesabRabenertragsanteile auf Grund der Mitteilungen des Finanzministeriums fast um 35 geringer eingesetzt worden sind. Ueberflüssig zu sagen, dass auch bei allen anderen Einnahmen Rückgänge zu erwarten sind. Neben dem Kapitel der Fürsorge ist es an zweiter Stelle das Kapitel der Abgabenverwaltungj das den tiefsten Einblick in die wirtschaftliche Depression gestattet. Je schlechter eich die wirtschaftlichen Verhältnisse gestalten, desto schwierigpr ge staltet eich die Einbringung der Abgaben. Ich will nur einige Ziffern zur Kenntnis bringen, die nebenbei auch den Beweis er bringen, dass sich die Arbeiten in der Steuerverwaltung wesent lich komplizierter gestalten wie früher. So wurden an Zahlungsauf trägen über Verzögerungezuschläge ausgefertigt in den Jahres 1939 1930 1931 1938 463 493 717 1388 Einen breiten Raum in der städt.Steuerverwaltung nehmen die exe kutiven Eintreibungen ein. So wurden im Jahre 1930 in 350 Fällen S 15.147.-, im Jahre 1931 in 145o Fällen S 43.000.- und im Jahre 1933 bis 30.November in 3000 Fällen S 39.000 eingetrieben. Die Exekutionsfälle haben sich im Laufe von 3 Jahren demnach auf das zehnfache erhöht. Es ist selbstverständlich, dass in solchen Zeiten der Steuerkontrolle die grösste Aufmerksamkeit gewid/^met werden muss. Und es ist festzustellen, dass in der Zeit vom I.Jänner 1939 bis 30«I^ovember 1933 die Kontrolle 804 Erfolgsfälle mit leiner Nachzahlung von rund 8 130.000.- ergab.
- 131 - In dem Provisorium ist selbstverständlich noch nicht einge baut die vom Lande beschlossene Fahrradsteuer und die Steuer für alkoholfreie Getränke, da die erstere erst im Juni zur Einzahlung gelangen soll und über die letztere erst ein Beschluss zu fassen sein wird. Im übrigen muss jetzt schon festgestellt werden, dass diese beiden neuen Einnahmequellen, wenn sie überhaupt zur Einhebung gelangen sollten, -Bon keinem nennenswerten Ertrag begleitet sein werden. Beide Einnahmen werden zusammen kaum den Betrag von S 9000.- im Jahre erreichen. Ich bin am Ende meiner Ausführungen. Ich wiederhole zu sammenfassend; Die auf das primitivste Niveau herabgedrüokte Ver waltung kann so lange weitergeführt werden, als Bund und Land die bisher aufgelaufenen Schuldsummen nicht kündigen oder etwa gar von dan Ertragsanteilen abziehen werden. Die Schulden werden, obwohl seit vielen Jahren kein Darlehen mehr aufgenommen worden ist, jene bedrohliche Höhe erreichen, auf die ich bereits hinge wiesen habe. Neue Einnahmsauellen zu erschliessen oder bestehende Abgaben zu erhöhen, ist bei den heutigen Verhältnissen schlechhin ünmöglich. Die Not in dieser Stadt wird von Tag zu Tag grösser. Die Forderungen der auf die Armenfürsorge angewiesenen Personen werden immer stürmischer werden. Der seit vielen Jahren geführte Kampf der Gemeinde Steyr ist fast erfolglos, trotzdem die Situation in dieser Stadt von Jahr zu Jahr unhaltbarer wird. Wenn ich in den früheren Jahren anlässlich der Budgetberatung mit ernsten Worten Appelle an.die Bundesregierung gerichtet habe, so unterlasse ich es heute, weil ich zur Erkenntnis gelangt bin, dass alle Warnungs rufe der Gemeinde ungehört geblieben sind. Ich verlange heute nur von der Regierung, dass sie sich bloss den Kontrollbericht ihres Rechnungshofes durchstudiert und die Anregungen ihres Rechnungs hofes. dessen Revision wahrhaftig äusserst genau ist, befolgt. Wenn die Regierung auch den Rechnungshofbericht ignoriert, dann ist wirklich nicht einzusehen, warum diese neue Institution in
- 123 ~ den schweren Verfassungskämpfen des Jahres 1939 ausdrücklich in däB Verfassung aufgenommen worden ist. Nachdem der Referent noch den schädigenden Einfluss ein zelner Zeitungsnachrichten brandmarkt und sich insbesondere aber gegen den im Wiener-Journal vom 16.Dezember 1932 erschienenen Artikel, der in verleumderischer Art die Ehre der Arbeiterschaft und deren Vertrauenspersonen angreift, verwahrt, stellt er zum I.Punkt der Tagesordnung folgenden Antrag: Der Gemeinderat genehmige das Budget-Provisorium für das erste Vierteljaiir 1933, das bei einem Erfordernis von S 519.073.- und einer Bedeckung von " 358.105.- einen Abgang von " 160.968.- aufweist. Der Stadtrat wird ermächtigt, durch Ausnützung der Kontokorrentkredite und Rückstellung von fälligen Erfordernisposten den Abgang auszugleichen. Anschliessend an das Referat bringt Bürgermeister-Stellver treter Anton Azwanger folgenden Bericht: Die Fürsorge in Steyr. Im Vorjahre sprach ich in diesem Saal vor dem Gemeinderat zum Kapitel Fürsorge und versuchte, ein Bild der entsetzlichen Not weiter Schichten der Stadtbewohner zu zeichnen. Was ich damals an Tatsachenmaterial vorbrachte, hat die Welt erschüttert; das darf ohne Uebertretbung gesagt werden, denn Gaben guter Menschen kamen aus dem In- und Auelande, ja sogar aus der Uebersee in reichem Masse und gaben Zeugnis, dass der Notruf verstanden und gewürdigt wurde. Einzelne Zeitungen brachten ohne unser Zutun Sensationsnachrichten über unsere arme Stadt, Uebertreibungen, die besser unterblieben wären. An dieser Stelle sei allen, die der notleidenden Bevöl kerung unserer Stadt gedachten, der aufrichtigste Dank gesagt. Nun steht der zweite Krisenwinter
- 123 - vor uns, ein Winter, der die Fürsorgeverwaltung neuerlich vor ge waltige Aufgaben stellt, weil die Rot in unserer Stadt, von der jeder Eingeweihte glaubte, sie sei der Gipfel menschlichen Elends, im Jahre 1932 eine weitere Steigerung erfahren hat. Vergrössertes Elend in hunderten Familien,deren Erhalter seit Jahren arbeitslos, die sich also nicht mehr das Allernotwendigste kaufen können, Verbreiterung des Elends auf Hunderte, die im Vorjahre noch ohne ÜUhilfe der öffentlichen Fürsorge mehr schleoht als recht durchs Leben kameh. Aber lassen wir Zahlen reden; sie sind in ihrer brutalen Nüchternheit ein unumstösslicher Beweis für die aufgestellten Behauptungen. Gleich vorweg sei betont: Alle Sorge der Gemeinde gilt den Arbeitslosen,gilt der furchtbaren Not der Zeit. Das ist der Leitsatz,von dem sich die Gemeinderatsmehrheit bei der Erstellung des Budgetprovisoriums leiten liess. Auf allen Gebieten der Verwaltung wurden tief einschneidende Einschränkungen vorgenommen; die Gemeinderatsmehrheit war sich aber darüber einig, dass es unmöglich ist, die Ausgaben für die Fürsorge zu drosseln. Trotz der furchtbaren Not der Gemeinde, trotz des Rückganges der Einnahmen wurden die Leistungen der Ge meinde auf dem Gebiete der sozialen Fürsorge noch gesteigert. Von dem Erfordernis für das erste Vierteljahr per S 519.073.- entfallen auf den Fürsorgeaufwand S 173.730.- oder 33 ^ fo des Geeamterfordernisses. Aber nun zu den Ziffern; Vergleichsziffern aus den Monaten November und Dezember 1928 - des letzten Jahres, das für die Steyrer noch Arbeit und Verdienst bot - geben interessarte Aufschlüsse. Das Jahr 1928 zeigte^ seine Arbeitslosenziffer von 4736 Personen. Die letzten Wochen des Jahres 1932 bringen die Zahl von 7.500 Personen. Ich brauche nicht zu betonen, dass Kinder in diesen Zahlen nicht inbegriffen sind.
- r ,.: •..--W.ij - 134 - Vergleichen wir einzelne Kapitel des Fürsorgeaufwandes in den Monaten November und Dezember 1928 und die aus den gleichen Monaten des heurigen Jahres. Die laufenden Erhaltungsbeiträge weisen für 1933 eine Plus differenz von S 2000.- auf. Am eindruckvollsten zeigt sich aber die katastrophale Ver elendung der Bewohner in den Gruppen: Erziehungsbeiträge,momentane Aushilfen,Bskleidungskosten und Fürsorge für Arbeitslose. Bedürfte es noch eines Beweises für das völlige Versagen unserer Wirtschafte- und Gesellschaftsordnung, "gäbe es noch Zweifler am Niederbruch dieser sogenannten "Ordnung", diese Ziffern bringen den Beweis und klären damit vielleicht die letzten Zweifler auf. An Erziehungsbeiträgen wurden in der Vergleichszeit 1928 S 4195.- zur Auszahlung gebracht. Vor vier Jahren war die Zahl der Familien, die die Sorge um ihr Teuerstes, ihre Kinder, der Oeffentlichkeit überlassen mussten und die Kosten, die daraus erwuchsen, verhältnismässig gering. Wer gibt auch diese Sorge ab, wenn ihn nicht das eiserne Muss, in diesem Falle die Gefahr des Verkommene der Kinder, zwangsläufig dazu drängt. Heute ist die Zahl dieser Familien ungeheuerlich. Die herrliche Ordnung schmeisst den Ernährer aus dem Verdienst, die Eltern vermögen die Sorge um die Kinder nimmer zu tragen und müssen sie der Oeffentlichkeit auflasten und so hatte die Ge meinde in der Vergleichszeit 1932 den dreifachen Betrag S 12.557.- zu leisten. Dostoijewski, der Schilderer des verelendeten kaiserlichen Russland, nennt die Familien, die Opfer der Not wurden, "blosse Schlaf- und Essensgemeinschaften". Steyr brauchte seinen Dostoijewski, der würde mit Entsetzen feststellen müssen, dass in unsaer Stadt durch die Not in tausenden von Fällen selbst diese triebhaften Bindungen gesprengt wurden. Der Hunger hat in
125 - ungezählten Fällen selbst die "Essensgemeinschaft" gesprengt. Denn die Unterstützungssätze vieler Hunderte reichen für das täg liche Brot kaum mehr und wenn sich diese Armen das Dach über dem Kopf zu erhalten vermochten, so nur um den Preis des Verzichtes auf andere Lebensnotwendigkeiten. Ein anderes Bild; Der Aufwand für Bekleidungsbeihilfen betrug in der Ver gleichszeit 1928 S 360.-, in den letzten zwei Monaten des Krisen jahres 1932 das Zwanzigfache S 7.510.-, vielleicht gibt es ange sichts dieser Ziffern Menschen, die von Fürsorgeinflation reden. Der Schrecken geht aber weiter. Die Auslagen für momentahe Aushilfen betrugen in den letzten zwei Monaten 1928 S 742.-, in der Vergleichszeit 1932 das Sechzehnfache S 12.352.-. Dabei gelten bei uns noch immer die Unterstützungssätze von 30 bis 42 Groschen pro Tag und Kopf, Unterstützungen also, die ein Hohn auf den Begriff "Fürsorge" sind.Mehr zu geben vermag die bettelarme Gemeinde nicht. Und die Folgen; Krankheiten sind seit je die treuesten Ge fährten der Not; die Tuberkulose, die Rachitis fordern Opfer um Opfer. Und so muss die Stadt immense Summen aufwenden, um den durch die Not brüchig und siech gewordenen Leib wieder zu heilen, müssen gewaltige Summen für Armenkrankenpflege, für Heilstätten, insbesondere Lungenheilstätten bereit gestellt werden. Fast S 23.000.- sind in das -Präliminare dafür, eingestellt. Dabei ist der Erfolg der Heilstättenbehandlung ein sehr problema tischer. Nach 2, längstens 3 Monaten, kommt der Kranke aus der Heilstätte wieder zurück in Not und Entbehrung und verfällt wieder in Krankheit. Für Pfleglinge in Irrenanstalten gibt die Gemeinde pro Vierteljahr S 6.400.- aus. Der Stadtarzt hat als Fürsorgearzt im abgelaufenen Jahre rund 7.000 Ordinationen und über tausend Visiten absolviert. Auch ihn hemmt die finanzielle Lage der Gemeinde arg in seiner
- 126 - Hilfstätigkeit. Die beiden Amtefürsorgerinnen machten rxind 5.000 Besuche; sie vermögen mangels geldlicher Mittel in den meisten Fällen statt wirklicher Hilfe leider nur gute Worte und praktischen Rat zu gehen. Das Jugendamt ist Berufsvormund über 1300 Kinder,dazu kommt noch die Aufsicht über 400 Ziehkinder. Das Amt ist Kurator über vier entmündigte Personen. Die Mutterberatung zählte im abgelaufenen Jahre über 3000 Besucherinnen. Die Fürsorgeverwaltung und auch private Vereinigungen be mühten sich, dem Kinderelend zu steuern. Durch verschiedene Ak tionen war es möglich, rund 900 Kinder durchschnittlich sechs lochen auf auswärtigen Pflegeplätzen, bezw.in Kolonien unterzu bringen. Ich stelle hier mit grosser Befriedigung und mit auf richtigem Danke fest, dass die private Wohltätigkeit sich gerade der armen Kinder unserer Stadt warm angenommen hat. Da möchte ich besonders hervorheben die grosse Hilfe, die Wiener Arbeiter, Arbeiter in der Ostschweiz und NürnbergerFreunde Steyrer-Kindern brachte. Unsere Kinder haben da wirklich edle,hilfsbereite Menschen gefunden. Schwer leidet in Steyr die Jugend, darunter sei das Alter zwischen 14 und 21 Jahren verstanden. Hunderten dieser Juesgen versagt die Oesellschaft das primitivste Recht, das Recht auf Arbeit. Es gibt bei uns junge Menschen von 19,20,21 Jahren, die noch nie schaffende Arbeit leisten durften. Sie leiden doppelte Not; wirtschaftliche und moralische. Leider vermag die Gemeinde da fast gar nicht zu helfen, da ihr weder die Mittel, noch geeignete Anstalten zur Verfügung stehen. Wen würde es wündern, würde eines dieser "Stiefkinder des Lebens" straucheln und aus ihm ein "Aussenseiter der Gesellschaft" werden ? In den städtischen Heimen sind über 300 Pfleglinge unter gebracht, davon werden über 200 voll und ganz von der Gemeinde erhalten.
- 127 - Die Eigenwirtschaft der Fürsorgeanstalten wurde auch im abge laufenen Jahre weiter ausgebaut, die Selbstversorgung gesteigert. Dadurch war es möglich, ganz bedeutende Ersparungen zu erzielen. Dass die Stadt kein Heim für Waisen und auch kein anderes Erziehungsheim für Kinder besitzt, ist bekannt. Die Gemeinde ist also gezwungen, gefährdete Kinder in fremden Heimen,bezw..in Privat pflegeplätzen unterzubringen. Es kommen da 374 Kinder in Betracht, wofür die Gemeinde allmonatlich rund 5.100 S an Verpflegegeldern ausgibt. Die Fürsorge für Obdachlose ist auf ein Minimum beschränkt. Es stehen der Gemeinde hiefür - man schämt sich, das in der Oeffentlichkeit zusagen - vier Betten zur Verfügung. Zu den fallweise zu befürsorgenden Menschen gehören die Al ters- und Kleinrentner, deren es in Steyr rund 1500 gibt. Weiter wird das Fürsorgeamt noch von ca.1500 Personen bean sprucht, die in verschiedenen Anliegen im Amte vorstellig werden. Not Bezeichnend für die entsetzliche/die in Steyr herrscht, ist die Tatsache, dass zahlreiche Familien nicht einmal mehr die Kin— dergartenbeiträge, die monatlich S 3.- betragen, leisten können und um Befreiung bezw.Ermässigung ansuchen. Die Gemeindeverwaltung tut das Menschenmöglichste, um den un schuldigen Opfern der Krise die furchtbare Lage zu erleichtern. Sie hat mit den bescheidenen Mitteln, die ihr zur Verfügung stehen, eine Art produktiver Arbeitslosenfürsorge ine Leben gerufen. Dieser Zweig der Fürsorge soll hauptsächlich jüngeren Fürsorgebe dürftigen kleine Verdienstmöglichkeiten schaffen. Infolge der ganz aussergewöhnlichen schlechten finanzielle Lage unseres Gemeinwe sens Waren wir gezwungen, in den letzten drei Monaten des Jahres die hiefür in Aussicht genommenen Aufwendungen stark zu drosseln. Der Grund hiefür lag in der Notwendigkeit, alles Verfügbare für die Winterhilfe frei zu halten. Ich hätte es nicht«zu ver antworten vermocht, die allgemeine Winterhilfe zu gefährden, am einer immerhin kleinen Anzahl von produktiv Befürsorgten
- 128 - Erleichterungen zu versühaff©n. Nun fällt dieser Grund weg, die Mittel für die Winterhilfe sind bereit gestellt und wir hoffen, die produktive Arbeitsloeenfürsorge Schritt für Schritt wieder aufbauen zu können. Ich will die Gelegenheit nicht vorübergehen lassen,ohne dem Gemeinderat Bericht über die Hauptzweige der Winterhilfe zu erstatten. Darunter seien die Ausspeiseaktion und die Milchaktion für Schulkinder verstanden. An der Ausspeiseaktion, die sich in den Räumen der Kantine der Steyr-Üjerke befindet, nehmen rund 1700 Personen teil. Es ist beabsichtigt, diese Ausspeisung bis Ende März zu führen. Vielleicht interessieren Sie einzelne Ziffern dieser Aktion: Sie verbraucht wöchentlich 1400 Laib Brot, rund 500 kg Mehl, ca. 1500 kg Gemüse und rund 300 kg Fleisch. Die Gesamtkosten be laufen sich auf rund 80.000 Sohillihg. Wenn ich früher sagte, dass die Mittel für die Winterhilfe bereit gestellt seien,meinte ich damit die Mittel, die der jetzige Umfang der Aktionen er fordert. Eintretende Katastrophen werden alle Berechnungen über den Haufen werfen. An der Kindermilchaktion nehmen ca.900 Kinder teil. Diese Kinder erhalten täglich während des Vormittagsunterrichtes einen Viertelliter Milch und ein ausgiebiges Stück Brot. Unberücksichtigt mussten leider weitere 600 Kinder bleiben, Kinder, deren Eltern noch wenigstens eine kleine Unterstützung haben und für deren Einbeziehung die Mittel fehlen. Es sind wahrlich herrliche Zeiten, die den Hunger messen und erst den Verhungernden helfen können. Dass auch diese Aktion gewaltige Summen beansprucht, brauche ich nicht zu betonen.Ich möchte an dieser Stelle der Versicherungsgesellschaft "Phönix", die uns auch im heurigen Winter wieder einen ansehnlichen Betrag für die Milchaktion widmete, ganz besonderen Dank aussprechen.
- 129Nach Möglichkeit wird auch im laufenden Winter im Eahmen der Winterhilfe eine Kleideraktion durchgeführt. Als Fürsorgereferent bin ich verpflichtet und ich erfülle diese Pflicht gerne, den Beamten der Fürsorgeabteilung Dank und Anerkennung auszusprechen. Es ist nervenzermürbende und uner— mesfiliche Arbeit, die im Fürsorgeamte geleistet wird. Ich muss auch feststellen, dass es im Fürsorgeamte noch nie zu irgend welchen Auseinandersetzungen mit den Parteien gekommen ist. Trotz der furchtbaren Not bewahren die Besucher des Fürsorgeamtes bewundernswerte Disziplin, sie erleichtern damit den Angestell ten die schwere Arbeit. Nochmals möchtte ich allen Freunden,allen Helfern unserer Befürsorgten herzlichen und aufrichtigen Dank aussprechen. Ich fühle mich verpflichtet, ganz besonders der Landesre gierung für die weitgehende Unterstützung Dank zu sagen. Leider hat die Bundesregierung der Stadt nicht das gleiche Entgegenkommen geschenkt. Ganz allgemein sei festgestellt, dass durch die Aussteuerungspraxis des Ministers für soz.Verwaltung immer mehr und mehr Arbeitslose auf die Fürsorge der Gemeinde verwiesen werden und so das Budget der Gemeinde bis aufs Aeusserste belastet wird. Anscheinend denkt man im Ministerium nicht an die furchtbare Gefahr, die droht, wenn Industriegemein den, wie Steyr, ihre Fürsorgetätigkeit mangels verfügbarer Mittel einzustellen gezwungen werden. Kann die Stadt für die Taueende und Tausende von Ausgesteuerten,Arnssn,Kranken,Waisen, für die Alten nicht mehr sorgen, reiasen einmal die Nerven dieser Men^ sehen, dann könnte die Verzweiflung dieser Armen nicht allein unsere Stadt in eine soziale Katastrophe stürzen. Es wurde in diesem Saale einmal das Wort vom "grossen Bruder" Bund geprägt; damit wollte man wohl gewisse brüderliche Pflichten des Bundes der Gemeinde gegenüber interpretieren. Wenn wir beim Gleichnis bleiben, drängt sich unwillkürlich das Brudergleichnis aus der Bibel auf und die Frage: "Bruder Bund y
.-■- -- V; .- r - - . . V _ - 130 wo hast Du Deinen schwächeren Bruder Gemeinde gelassen?" Und die Antwort darauf; "Der liegt als von der Bundeateuergesetzgebung erschlagener Abel zu Tode getroffen am Boden." Die Wegnahme gewaltiger Mittel durch die BundesSteuerge setzgebung wirkt sich in den Gemeinden wohl am katastrophalsten in der Fürsorgeverwaltung aus. loh habe Ihnen in groben Umrissen ein Bild der Fürsorge tätigkeit der Gemeinde entrollt. Leider kann durch diese Tätig keit den Opfern der kapitalistischen Gesellschaft nur geringe Hilfe gebracht werden. Was aber im Bereiche des Möglichen liegt, geschieht, um das Schicksal dieser Amen ertragbar zu gestalten. Wenn einer von Ihnen an der Richtigkeit des Vorgebrachten zweifelt oder es für übertrieben hält, er gehe an einem belie bigen Tag ins Fürsorgeamt, dort erhält er die Bestätigung und jeder raüsste statt des Herzens einen Stein im Leibe haben, würde er dann nicht zum Ankläger gegen eine Gesellschaftsordnung, die so furchtbares Leid, so namenloses Unglück auf unschuldige Menschen wälzt. Ich bitte Sie um Annahme der Kapitel Fürsorge. Nach den Ausführungen des Fürsorgereferenten befasst sich Stadtrat Ferdinand Knabl ebenfalls mit der herrschenden Not in Steyr und betont, dass es richtig sei, dass tausende von Menschen der Gemeinde zur Last fallen, diesen aber geholfen werden muss, obwohl es auch der Gemeinde sehr schlecht geht. Er bezeichnet den Bericht des Bürgermeisters als Katastrophenbericht und er klärt, dass derzeit jede kommunale Tätigkeit so gut wie ausge schlossen erscheint. Wenn auch das Budget-Provisorium nur auf die allernotwendigsten Auslagen beschränkt ist, so wird seine Fraktion in Erkenntnis der Sachlage für den Referentenantrag stimmen, zumal es die verworrenen Verhältnisse nicht gestatten, ein Budget für das ganze Jahr zu erstellen. Er hofft aber, dass die Verhältnisse bis März 1933 ein klares Bild geben und die Erstellung eines normalen Voranschlages ermöglichen werden.
- 131 Bis dorthin muss eben getrachtet werden, den Abgang in irgend einer Form auszugleichen. Er begrüsst es, dass die Schulden an Geschäftsleute entsprechend herabgedrückt wurden und spricht sich dafUf aus,dass ßian dort schuldig bleiben soll, wo diese Möglich keit besteht, also bei Bund und Land, Er wendet sich dagegen, dass der Bund für die Gemeinde Steyr kein Interesse aufbringt und verweist darauf, dass der Bund ein gewisses Interesse und Entgegenkommen schon dadurch bekundet, dass er die immer grösser werdenden Schulden der Gemeinde stillschweigend duldet und die Ertragsanteile dieser Schulden wegen nicht kürzt. Was die Stützung der Banken duroh die Bundesregierung anbelangt, so stellt Redner fest, dass es die ZentralSparkasse wat, die als erster Faktor die Stützung der Bodenkreditanstalt durch die Bun desregierung verlangte. Es sei vielmehr ein Gebot der Stunde und ein Verdienst der Regierung Ender gewesen, die Stützung dieser Bank zu ermöglichen, da mit dem Falle dieses Institutes fast alle Banken Oesterreichs geschlossen hätten werden müssen. Im übrigen sei dies nicht Angelegenheit des Gemeinderates. Redner ist über zeugt, dass auch die kapitalistische liifirtschaftsordnung Mängel aufweist, dass aber dieses Uebel in erster Linie der Weltwirt schaftskrise zuzuschreiben sei, er ist aber auch davon überzeugt, dass auch sozialistisch verwaltete Reiche nicht auf Rosen gebettet sind. Auch in Russland geht es den Arbeitern nicht gut und dass es auch dort Not und Elend gibt, ist erwiesen. So mancher wird auch über diese Verhältnisse nicht erbaut sein. Bezüglich des Rechnungshofberichtes verweist Redner darauf, dass nicht immer so sparsam wie in den letzten Jahren mit Gemeindegeldern umgegangen wurde, dass ein Kontrollbericht früherer Jahre bestimmt anders ausgefallen wäre, heute jedoch ist er von der sparsamen Verwal tung vollkommen überzeugt und ist seiner Fraktion durch die ermöglichte sachliche Zusammene.rbeit der letzten Jahre auch daran ein entschiedener Verdienst zuzuschreiben. Wegen der schädigenden Pressenachrichten steht Redner auf den Standpunkt, dass es ganz #-
- 133 ^ gleich sei, von welcher Seite sie kommen,jedenfalls sind sie zu verurteilen. Ganz besonders ist aber dte schäbige Art des Wiener-Journals zu verurteilen.Solche Dinge müssen in Hinkunft unter allen Umständen hintangehalten werden. Mit der Erklärung, dass seine Fraktion in der bisherigen Form mitarbeiten wird, sich jedoch freie Hand für die Zukunft, so lange die Majorität ihre sachliche Einstellung bewahrt, vorbehalten wird, schliesst Redner seine Ausführungen. G.R.Hans Steiner beschwert sich darüber, dass man schön seit einem halben Jahre den Gemeinderat, nicht ohne gewisse &?0" nicht, auf die Vorlage des Rechnungshofberiohtes wartetn lässt. Im Berichte des Bürgermeisters scheinen nur diese Fälle aus dem Rechnungshofberichte herausgenommen worden zu sein, die sich günstig auswirken, die anderen Beanständungen können ja versahwiegen werden. Er vermeint, dass die buchmässige UeberPrüfung kein richtiges Bild geben kann, da an sicherlich nicht alles den Kontr.ollbeamten zur Vorlage brachte, um ihnen eine richtige Kontrolle zu ermöglichen. Er bemängelt,dass die Ge meinde trotz der grossen Notlage Abfertigungen, wie im Falle des Fräütein Dietl gewährte und die Wohnungen des Bürgermeisters und des "AmtsrateS' Saiber kostenlos adaptierte, dass ferners die Vizebürgermeister, deren Funktion früher ehrenamtlich war,jetzt besoldet werden und dass auch der Bürgermeister infolge seiner anderwärtigen Einkünfte als Landtagsabgeordneter,als Funktionär des Elektrizitätswerkes und der Sparkasse auf seine Gemeindfebe->?«^^^ Züge(Verzichten könnte^ Er bemängelt ferners die hohen Gehälter der sogenannten Parteibuchbeamten und verlangt den Abbau der Aushilfsbeamten Wimmer und Doppier. Er wendet sich auoh dagegen, dass städtische Arbeiter aussetzen mussten, dass man aber zur gleichen Zeit anderen ihre Bezüge durch Leistung von Ueberstunden sicherte. Er verwahrt sich dagegen, dass die hohen Zinsenlasten auf die Rücken der Steuerträger überwälzt werden und gibt die Anregung, beim Schuldenmachen vorsichtiger zu sein.
- 133 insbesondere die Schulden an das Landeekrankenhaus abzudecken um nicht Gefahr zu laufen, dass Stadtarame unter Umständen keine Aufnahme mehr finden.j Nach Bemängelung der Kapitel Strassenpflege und Beleuchtung kommt Redner auf die Armenpfle^zu sprechen und führt aus,dass diese Kosten hauptsächlich aus Sammlungen gedeckt werden und dass die Leute im guten Glauben gaben, dass die Gelder zur Beteilung von Armen verwendet und nicht andere beteilt werden, wie eine ihm (Redner) zugekommene Mitteilung besagt, dass BürgermeiBter~Stellvertreter Azwanger und Verwalter Doppier die Lebens mittel für ihre Haushalte daraus beziehen» Er stellt die konkrete Anfrage an den Bürgermeister, ob es wahr ist, dass Lebensmittel ohne oder gegen Bezahl\ing an die Beiden abgegeben wurden. Die schon wiederholt duroh Zwischenrufe unterbrochene Rede wird ganz besonders bei diesen Aeusserungen gestört, was die Festhaltung infolge des Tumultes nur sehr schwer möglich machte. Es konnten Zwischenrufe wie "das haben sie zu beweisen", "Verleumder","kneifen Sie uns aber nicht so aus wie Ihre | Führer" gehört werden. Im Weiteren Verlauf seiner Ausführungen stellt G.R.Hans Steiner fest, dass trotz der bescheidenen Mitteln auch fremdzu ständige Personen beteilt werden, so hat auch ein Schutzbündler aus Sierning ein Paar Schuhe erhalten. Er bezeichnet dies als eine Freunderlwirtschaft. Zum Kapitel Volks- und Hauptschulen bemängelt Redner die fortwährende Aenderung der Schulbücher und verlangt, dass von Seite der Gemeinde mit Rücksicht darauf,dass auch dieser durch die Neueinführungen in der Beistellung der Armenlernmittel Kosten erwachsen, dagegen Einspruch erhoben werde. Ferners kritisiert er das unsoziale Verhalten des Stadt schulrates und bringt einem vom Oktober 1932 datierten Erlass, der die Zusammenlegung von Schulklassen vorsieht,zur Verlesung. Bezüglich des ausgewiesenen Betrages für Wahlzwecke vermeint Redner, dass diese Post ohneweiters gestrichen werden kann,da ja auch bei der derzeitigen Einstellung der Sozialdemokraten keine -St*.'
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