Gemeinderatsprotokoll vom 29. Dezember 1931

Zertrümmerte Existenzen würden der einzige Erfolg eines solchen Versuches sein. Die als sicheres Hilfsmittel verbleibenden Ausgabendrosselungen sind nun nicht darnach angetan, einen vernünftig und wirtschaftlich denkenden Menschen zu befriedigen. Wenn den Angestellten z.B. ab 1. Jänner 20 % des Bezuges gut geschrieben werden und sie daher um diesen Betrag weniger Bargeld auf die Hand erhalten, wenn Vertragsangestellte und Arbeiter entlassen werden, so bedeutet das, abgesehen von dem drückenden Opfer das die davon Betroffenen zu tragen haben, eine weitere Einschränkung der Kaufkraft unserer Bevölkerung und damit eine fühlbare Schwächung des Wirtschaftslebens unserer Stadt. Die Drosselung des Personal und Sachaufwandes bedeutet aber auch eine weitere Verschlechterung unserer Strassen und Schulverhältnisse und des Bauzustandes der im Gemeindebesitz befindlichen Gebäude. In dieser Hinsicht wirkt eine übermässige Ausgabendrosselung geradezu wertvernichtend und ist im höchsten Grade unwirtschaftlich. Es wird daher das Präsidium bei der Durchführung der Sparmassnahmen beständig darauf achten, und reiflich überlegen müssen, wie und wo der grösste Nutzeffekt zu erzielen ist. In gleicher Weise werden bei den Personalmassnahmen neben den Notwendigkeiten der Gemeindeverwaltung auch soziale Rücksichten beachtet werden müssen. Ich stelle bei dieser Gelegenheit mit Befriedigung fest, dass dem Verlangen der christlichsozialen Fraktion nach einer Staffelung der Gehaltsgutschriften je nach der Höhe des Bezuges und des Familienstandes stattgegeben wurde. Es ist ganz klar, dass mit den in Rede stehenden Vorschlägen und Massnahmen das Finanzproblem der Stadt Steyr nicht gelöst werden kann. Aus den bereits erwähnten Gründen können diese drakonischen Sparmassnahmen nur den Sinn haben, unsere Stadt über jene Zeiten hinwegzubringen, in der unser Staat und die Welt um uns unter einer beispiellosen Krise leiden, und wir daher auch auf keine Hilfe von auswärts rechnen können. In einer Stadt, in der 54 % der Bevölkerung von irgend einer öffentlichen oder privaten Unterstützung leben, kann natärlich von einer gesunden Gemeindeverwaltung keine Rede sein. Mit den Steyr-Werken lebt oder stirbt diese Stadt. Wenn wir einmal die Hoffnung begraben müssten, dass da oben in den Werken jemals wieder die vielen tausend schaffenden Hände tätig sein werden, wie noch vor einigen Jahren, dann würde sich wohl die Erkenntnis aufdrängen,

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