Gemeinderatsprotokoll vom 29. Dezember 1931

Niederschrift über die 6. ordentliche Sitzung des Gemeinderates der autonomen Stadt Steyr am Dienstag, den 29. Dezember 1931. Tagesordnung. 1.) Mitteilungen des Bürgermeisters. Finanz- und Rechtsausschuss. Referent Gemeinderat Michael Sieberer: 2.) Steuerrekurse. Stadtrat Referent Bürgermeister Franz Sichlrader: 3.) Stromtarif- und Stromlieferungsbedingungen. 4.) Nachtragskredite. 5.) Voranschlag 1932. Referent Stadtrat Dr. Rudolf Schneeweiss: 6.) Grundwidmung für den Urnenhain. Referent Stadtrat Ferdinand Knabl: 7.) Verleihung von Ehrenmedaillen für 15 jährige Dienste auf dem Gebiete des Feuerwehr- und Rettungswesens. Vertrauliche Sitzung.

Bürgermeister Franz Sichlrader, Anwesende: Vorsitzender die Bürgermeister-Stellvertreter Anton Azwanger und Rudolf Marktschläger, die Stadträte: Dedic Karl, Dressl August, Klement Karl, Knabl Ferdinand, Roithner Hans,Schneeweiss Rudolf Dr., die Gemeinderäte Peyrer-Angermann Dr. Berger Rudolf Pfaff Johann Breitler Leopold Dr. Sieberer Michael Chalupka Elise Schöner Johann Daspelgruber Josef Schrangl Franz Firbas August Schwitzer Erna Grafleitner Josef Steiner Florian Urban Josef Steiner Johann Hamberger Josef Tribrunner Franz Hofmann Julius Voglsam Josef Kirchberger Josef Weindl Anton Egger Johann Witzany Hans Leitzinger Karl Vom Magistrate: Magistrats-Direktor Dr. Ferdinand Häuslmayr, Baudirektor Ing. Heinrich Treml, Oberrechnungsrat Franz Liska Oberkommissär Hans Sichlrader als Schriftführer. Der Vorsitzende Bürgermeister Franz Sichlrader eröffnet um 20 Uhr 20 min. die Sitzung, konstatiert die Beschlussfähigkeit und gibt bekannt, dass der Gemeinderat Alois Huemer als entschuldigt zu gelten hat. Zu Niederschriftsprüfer werden die Gemeinderäte Leitzinger Karl und Dr. Peyrer-Angermann Camillo bestimmt. Punkt 1.) Mitteilungen des Bürgermeisters: Der Vorsitzende Bürgermeister Franz Sichlrader teilt mit, dass vom Bürgermeister der Stadt Villach ein Telegramm einlangte, das besagt, dass die Stadt Villach die politische Bezirksverwaltung erhalten hat und dass auch diesfalls der Gemeinderat der Stadt Steyr telegraphische Glückwünsche entbieten werde.

Die Anregung wird einstimmig angenommen. Weiters teilt der Vorsitzende mit, dass zufolge einer Zuschrift der kommunistischen Partei der Gemeinderat Josef Kolaritsch wegen Abreise sein Mandat nicht mehr ausüben kann und an dessen Stelle Johann Egger treten wird. Hierauf erfolgt die Angelobung des bereits zur Sitzung erschienenen Gemeinderates Johann Egger. Ferners teilt der Vorsitzende mit, dass die Wahl in die Personalvertretung ordnungsmässig ausgeschrieben wurde, dass nur ein Wahlvorschlag einlangte, sonach die Vornahme der Wahlhandlung überflüssig wurde und folglich die Kandidaten des eingereichten Wahlvorschlages als gewählt zu betrachten sind, zumal auch gegen das Wahlergebnis innerhalb der gesetzlichen Frist keine Einwendung erhoben wurde. Zl. 8017 Der Vorsitzende berichtet weiters, dass der Gedanke aufgetaucht ist, dass der berühmten Dichterin Handel-Mazzetti für die grossen Verdienste um die Stadt Steyr eine dauernde Ehrung in der Form zum Ausdrucke gebracht wird, dass in Hinkunft die Promenade die Bezeichnung "Handel-Mazzetti-Promenade" zu führen hat. Einstimmig angenommen. Finanz- und Rechtsausschuss. Referent Gemeinderat Michael Sieberer: Punkt 2.) Steuerrekurse. Der Referent beantragt: Zl. 6081 Zellinger Otto, Einspruch gegen die Ankündigungsabgabe. Dem Einspruche kann mangels gesetzlicher Voraussetzung keine Folge gegeben werden. Angenommen. Zl. 6025 Stephan Leopoldine, Einspruch gegen die Ankündigungsabgabe. Dem Einspruch kann mangels gesetzlicher Voraussetzung keine Folge gegeben werden. Angenommen. Zl. 5862 Fa. Creditul Minier, Einspruch gegen die Ankündigungsabgabe. Dem Einspruch wird mangels gesetzlicher Voraussetzung keine Folge gegeben. Angenommen.

Zl. 5985 Frühauf Franz, Einspruch gegen die Ankündigungsabgabe. Dem Einspruche wird mangels gesetzlicher Voraussetzung keine Folge gegeben, die Abgabe jedoch in Berücksichtigung der Wirtschaftslage auf S 30 - herabgesetzt. Angenommen. Zl. 5912 Wondruschka Karl, Einspruch gegen die Ankündigungsabgabe. Dem Einspruch wird mangels gesetzlicher Voraussetzung keine Folge gegeben, die Abgabe jedoch in Berücksichtigung der Wirtschaftslage ausnahmsweise auf S 20.- herabgesetzt. Angenommen, Zl. 6208 Steyr-Werke A.G., Einspruch gegen die Ankündigungsabgabe. Dem Einspruche wird mangels gesetzlicher Voraussetzung keine Folge gegeben. Angenommen. Zl. 4102 Knabl Ferdinand, Einspruch gegen die Konzessionsabgabe. Dem Einspruche wird keine Folge gegeben, die Abgabe jedoch in Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse auf den Mindestsatz (10.-) herabgesetzt. Angenommen. Den Vorsitz übernimmt nun Bürgermeister-Stellvertreter Anton Azwanger und erteilt dem Bürgermeister Sichlrader das Wort. Stadtrat. Punkt 3.) Stromtarif- und Stromlieferungsbedingungen. Zl. 6116/31 Der Referent erörtert auf Grund der gegenwärtig geänderten wirtschaftlichen Lage und der durch die Gesetzgebung bedingten Voraussetzung den durch einen Fachmann geprüften Vertrag und stellt unter Mitteilung der wichtigsten Bedingungen folgenden Antrag: Der Gemeinderat genehmige die von den Elektrizitätswerken in Steyr im Einvernehmen mit dem Magistrat vorgeschlagenen Tarifbestimmungen und allgemeinen Stromlieferungsbedingungen unter nachstehenden Bedingungen: 1. Die allgemeinen Stromlieferungsbedingungen treten mir 1. Jänner 1932 in Kraft und ersetzen die im Anhang zu den Bestimmungen des Stadtvertrages vom 18. November 1916 vorgesehenen "Bedingungen". Falls diese neuen allgemeinen Bedingungen zu Mehrbelastungen der Stromkonsumenten von Steyr führen sollten haben nicht diese Bedingungen, sondern die Bestimmungen des

Stadtvertrages samt den vereinbarten Nachträgen zu gelten. 2. Durch die Bestimmungen des Art. I, Ziffer 1, Absatz 1, des Artikels VIII. Ziffer 1 und des Artikels XIII, Ziffer 4 wird die der Stadtgemeinde Steyr für die Versorgung der Stromkonsumenten in Steyr eingeräumte Tarifhoheit nicht berührt. 3. Die hinsichtlich der Versorgung von Steyr im § 16 des Stadtvertrages vorgesehenen Bestimmungen über den Kontrahierungszwang des E.W. werden durch die im Art.II Ziffer 1 und Art. III Ziffer 4 enthaltenen Bestimmungen des allgemeinen Stromlieferungsbedingungen nicht berührt. 4. Das E.W. darf generelle Aenderungen der Spannung oder Stromart in Steyr nur nach vorheriger Zustimmung der Stadtgemeinde Steyr treffen (Art. I Ziffer 2 der Stromlieferungsbedingungen). 5. Das E.W. ist zur Einhebung genereller Vorauszahlungen im Sinne des Art. VIII Ziffer 5 der Stromlieferungsbedingungen nur nach vorher eingeholter Zustimmung der Stadtgemeinde berechtigt. 6. Die in den Tarifbestimmungen unter I (Zählertarif für Beleuchtungszwecke) vorgesehenen Bestimmungen der Mindestabnahme werden bis zu der in Aussicht genommenen Novellierung des Stadtvertrages nicht gehandhabt. 7. In Zweifelsfällen hat ein Schiedsgericht zu entscheiden, zu dem jede Partei zwei Schiedsrichter zu ernennen hat, die beide einen Obmann wählen; im Falle der Nichteinigung soll der Obmann abwechselnd vom Präsidenten des Kreisgerichtes Steyr und des Landesgerichtes Linz bestellt werden. Gemeinderat Josef Urban spricht sich gegen den Vertrag aus und meint, dass die schwere wirtschaftliche Lage der Arbeiterklasse nicht in Betracht gezogen wurde, die Arbeitslosen überhaupt nicht in der Lage seien, die hohen Lichtpreise zu bezahlen. Die Gemeinde hätte bei den Verhandlungen darauf Rücksicht nehmen müssen. Seine Fraktion kann daher nicht für den Referentenantrag stimmen. Bürgermeister-Stellvertreter Rudolf Marktschläger verweist darauf, dass diesem Vertrag langwierige Verhandlungen vorausgingen. Die ursprünglich vorgelegten Bedingungen schienen sehr harmlos, hätten aber für die Bevölkerung eine bedeutende Schädigung zur Folge gehabt. Es ist daher zu erkliren, dass es monatelang gedauert hat, um die Angelegenheit zum

Abschlusse zu bringen. Durch die jetzige Fassung tritt keine Benachteiligung der Bevölkerung ein. Seine Fraktion werde deshalb für den Antrag stimmen. Hierauf wird der Antrag mit 2 Gegenstimmen angenommen. Punkt 4.) Nachtragskredite. Zl.7961/31 Der Referent Bürgermeister Franz Sichlrader bringt folgenden Amtsbericht des Stadtrechnungsamtes unter Erläuterung der einzelnen Kapitel zur Kenntnis. Nach der mit dem Stichtage 23. Dezember 1931 durchgeführten Kreditkontrolle hat sich die Ausgabengebarung 1931 im Vergleich zum Voranschlag wie folgt gestaltet: mehr (+) Kapitel Voranschlag 1931 Erfolg 1931 weniger (-) I Gemeindebesitz S 1.000.- S 8.582.18 + 7.582.18 II Kreditgebarung S 218.118.- S 209.844.74 - 8.273.26 III Zinsendienst S 312.747.- S 408.192.10 + 95.445.10 IV Finanzverwaltung S 85.160.- S 155.132.78 + 69.972.78 V Allg. Polizei, Justiz, Militär S 53.100.- S 168.279.78 + 115.179.78 VI Strassen, Gärten, öff. Beleuchtung S 139.700.- S 179.943.75 + 40.243.75 VII Feuerschutz, Rettungswesen, Wasserbau S 12.000.- S 14.783.37 + 2.783.37 VIII Wasserversorgung, Marktwesen, etz. S 44.700.- S 41.467.09 - 3.232.91 IX Reinigung S 4.300.- S 4.836.50 - 63.40 X Gesundheitswesen S 26.500.- S 25.124.65 - 1.375.35 XI Wohnungsfürsorge S 4.300.- S 4.270.77 - 529.23 XII Armenpflege S 322.100.- S 341.722.81 + 19.622.81 XIII Sonstige Fürsorge und Beratung S 137.300.- S 149.218.56 + 11.918.56 XIV Wissen, Kunst, Kultus etz. S117.900.- S 111.336.20 - 6.563.80 XV Wahlen S 10.500.- S 10.418.51 - 81.49 XVI Bauwesen S 321.300.- S 310.473.04 - 10.826.96 XII Transportwesen S 25.075.- S 28.874.43 + 3.799.43 XVIII Zentralverwaltung S 510.000.- S 477.680.93 - 32.319.07 XIX Unternehmungen S -.- S 304.205.04 + 304.205.04 XX Sonstiges S 7.200.- S 7.012.98 -187.02 Genehmigter Voranschlag 1931 S 2,354.100.- Tatsächliche Ausgaben 1931 S 2,961.300.31 Ueberschreitungen + 670.752.80 Mindererfordernis - 63.452.49 Netto-Ueberschreitungen 1931 S 601.300.31

Es ist daher die gemeinderätliche Bewilligung für nachstehende Ueberschreitungen erforderlich: Kapitel Zu genehmigender Nachtragskredit I S 7.600.- III S 95.500.- IV S 70.000.- V S 115.200.- VI S 40.300.- VIII S 2.800.- XII S 19.700.- XIII S 12.000.- Transport: S 363.100.- Begründung der Ueberschreitung Wegen Ankaufes eines Grundstückes bei der Neutorbrücke und Ankaufes von Goldpfandbriefen aus der Reingewinnabfuhr der neuen "Geste" pro 1930 (Leichenhallenbaufonds). Wegen buchmässiger Durchführung der kapitalisierten Zinsen für die Inflationsdarlehen, Mehrverbrauch für die Instandhaltung der Wohnhäuser, nachträgliche Vorschreibung von Steuern als Teilhaber an der Reformbau & CO., Steyr. - Die Ueberschreitung ist durch Kreditoperationen gedeckt. Wegen buchmässiger Durchführung der Rückzahlung zuviel erhaltener Abgabenertragsanteile pro 1930. Ueberschreitung durch Kreditoperationen gedeckt. Wegen buchmässiger Durchführung des Personalzuschusses für die Polizei, des Mietzinses für die Polizeikaserne und der Einrichtungskosten für das Kommissariat; (durch Kreditoperationen gedeckt). Wegen Mehrkosten für Schubwesen und Herberge. Hauptsächlich wegen Mehrkosten der Instandsetzung der Neutor- und Steyrbrücke und einer unvorherhgesehenen Instandsetzung des Sprengwagens. Teilweise Deckung durch höheren Beitrag d. Bundes zur Brückeninstandsetzung. Wegen Uebernahme von Versicherungsprämien für neu angeschaffte Feuerwehrgeräte, Kauf von 500 m Schläuchen etz. Mit Ausnahme der Posten "Verpflegskosten in den Altersheimen u. Gebäudeerhaltung der Versorgungshäuser", wo Ersparungen erzielt wurden, sind sämtliche anderen Zweige überschritten, am stärksten "Bekleidungskosten" "momentane Aushilfen", u. "Krankenverpflegskosten." Im Voranschlag 1931 wurde für die Kinderausspeisung ein Erfordernis nicht präliminiert, da zur Zeit der Erstellung diese Aktion buchmässig in einem getrennten Fonda geführt wurde. Mit Abschluss 1930 wurden aber die nicht verbrauchten Kassareste der bestandenen "Suppenaktion" und "Kanzlerspende" per Sa. S 12.812.- bei der Stadtkasse in Empfang gestellt, wodurch auch mit 1931 die daraus getätigten Ausgaben im Rechnungsabschlusse der Stadtkasse aufscheinen.

Transport S 363.100.- XVII S 3.800.- Wegen Mehrverbrauch beim Autofuhrwerk infolge erhöhter Benzinkosten und Ankaufes von Automaterial aus den Beständen der "Geste"-Liquidation. XIX S 304.000.- Wegen buchmässiger Durchführung der Haftungsdarlehen: sonstiger mit der Liquidation der „Geste" zusammenhängender Ausgaben. Summe der erforderlichen Nachtragskredite S 670.900.- Wie schon in der Begründung zu den erforderlichen Nachtragskrediten angegeben, findet ein Grossteil durch Kreditoperationen eine Bedeckung, ein weiterer Teil erscheint durch das Mindererfordernis per S 43.452.- gedeckt. Was die Einnahmen betrifft, können im Gegensatz zum Erfordernis nur annähernd genaue Ziffern zur Zeit ermittelt werden. (Der Kartothekabschluss für die Abgaben ist frühestens Ende Februar 1932 möglich). Die im nachstehenden genannten Ziffern, so sorgfältig sie auch ermittelt sind, werden bis Jahresschluss eine, wenn auch nicht ins Gewicht fallende Aenderung erfahren. Nach dem Stand vom 23. Dezember d.J. ist bei folgenden Kapiteln mit einem günstigeren Ergebnis zu rechnen: Kapitel I Gemeindebesitz mehr um S 154.000.- (2. Teil Kaufschilling f.d.Fachschule) Kapitel III Zinsendienst mehr um S 12.600.- Kapitel V Polizei etz. mehr um S 4.400.- Kapitel VI Strassen, Brücken mehr um S 18.300.- (höherer Bundesbeitrag zu den Brücken) Kapitel VIII Wasserversorgung mehr um S 4.000.- Kapitel IX Reinigung mehr um S 200.-. Kapitel XGesundheitswesen mehr um S 200.- Kapitel XII Armenpflege mehr um S 4.000.- Kapitel XIII Sonstige Fürsorge (wegen durch- mehr um S 25.000.- laufender Verrechnung der Winterhilfe") Kapitel XVI Bauwesen mehr um S 7.700.- (Wegen Abverkaufes von Altmaterial). Transport: S 230.400.-

Transport: S 230.400.- XVII Transportwesen mehr um S 600.- XVIII Zentralverwaltung mehr um S 4.700.- XIX: Gemeindeunternehmungen- mehr um S 7.300.- (Reingewinn "Geste") Gegenüber den präliminierten Einnahmen dieser genannten Kapitel ist mit einem Mehreingang von S 243.000.- zu rechnen. Dagegen wird die präliminierte Bedeckung nicht erreicht bei: Kapitel IV: Finanzverwaltung. Die eigentlichen Gemeindeabgaben, stark im Rückgang begriffen, werden sich wegen einer grossen Nachzahlung von Mietzinsabgabe bei Steyr-Werke im Rahmen des Voranschlages halten Die Zuschläge zu den Bundesabgaben (Immobi- liargebühren u. Gebührenäquivalent) werden um - 6.600.- vermindert einlaufen. Die Abgabenertragsanteile ergeben ein Plus von + 85.000.- Hingegen sinken die mit dem Land gemeinsamen Abgaben (Lohn-,Wohn- u. Stromabgaben) um - 123. 000.- was einen Netto-Mindereingang bei der Finanzverwaltung von S 44.600.- ergibt. Bei Gegenüberstellung der oben aufgezählten Mehreinnahmen von S 243.000.- ergeben sich pro 1931 Netto-Mehreinnahmen von S 198.400.- die als weitere Deckung der erforderlichen Nachtragskredite zu verwenden wären. Die Bilanz für den städt. Betrieb "Geste" ist nun ebenfalls damit vollzagen und wird dem Gemeinderate demnächst ein Bericht vorgelegt werden. Der Referent Bürgermeister Sichlrader stellt hierauf folgenden Antrag: Der Gemeinderat nehme den Amtsbericht des Stadtrechnungsamtes vom 23. Dezember 1931 zur Kenntnis und genehmige nachstehende Nachtragskredite:

I Gemeindebesitz S 7.600.- III Zinsendienst S 95.500.- IV Finanzverwaltung S 70.000.- V Polizei, Justiz, Militär S 115.200.- VI Strassen, Gärten, öffentl. Beleuchtung S 40.300.- VII Feuerschutz S 2.800.- XII Armenpflege S 19.700.- XIII Sonstige Fürsorge und Beratung S 12.000.- XVII Transportwesen S 3.800.- XIX Unternehmungen S 304.000.- Summe der Nachtragskredite S 670.900.- Als Bedeckung sind vorhanden: 1. Nettomehreinnahmen von S 198.400.- 2. Ein Mindererfordernis von S 63.400.- S 261.300.- Abgangserhöhung 1931 um S 409.100.- Der durch Kreditoperationen nicht gedeckte Abgang ist im Voranschlag 1932 zu berücksichtigen. Stadtrat Ferdinand Knabl verweist darauf, dass ein grosser Teil der Nachtragskredite wieder für den städtischen Betrieb "Geste" notwendig wurde. Die von der christlichsozialen Fraktion immer wieder geäusserten Bedenken sind nun eingetreten. Er nimmt zur Kenntnis, dass ein Bericht über die Bilanz der "Geste" vorgelegt wird und behält sich die Stellungnahme namens seiner Fraktion vor. Weiters fordert Stadtrat Knabl die getrennte Abstimmung und teilt mit, dass sich sein Klub beim Kapitel XIX (Unternehmungen) der Stimme enthalten wird. Gemeinderat Josef Urban erklärt, dass seine Fraktion für den Antrag nicht stimmen werde, weil für das Bundespolizeikommissariat Steyr wiederum Beträge ausgewiesen erscheinen. Der Referent gibt noch auf die Aeusserungen der beiden Redner Aufklärung und betont nochmals, dass es sich nur um buchmässige Festlegungen handelt. Die hierauf erfolgte Abstimmung über den Referentenantrag ergibt die Annahme mit 4 Gegenstimmen, wobei sich bei Kap. XIX die christlichsoziale Fraktion der Stimme enthält.

Punkt 5.) Voranschlag 1932. Der Referent Bürgermeister Franz Sichlrader führt zu diesem Punkt aus: Genau auf den Tag vor drei Jahren, am 29. Dezember 1928, haben wir jene denkwürdige Sitzung des Gemeinderates abgehalten, in der dem Gemeinderate ein Sanierungsprogramm zur Beschlussfassung vorgelegt wurde. Ich habe damals diesen Tag als einen Schicksalstag in der Geschichte der Kommunalpolitik von Steyr bezeichnet und an alle Parteien des Gemeinderates den Appell gerichtet, unsere Forderungen durch einmütiges Zusammenstehen in der Stunde der Not zu unterstützen. Ich habe damals darauf hingewiesen, dass, wenn es uns nicht gelingt, unsere Massnahmen durchzuführen, die Kulturgeschichte dieser Stadt geschrieben ist. Die Parteien des Gemeinderates haben meinem Appell Folge geleistet trotz der politischen Gegensätze und trotz der oft schweren Belastungsproben, die uns die politischen Verhältnisse in diesem Staate auferlegten. Ich habe in jener denkwürdigen Sitzung dem Gemeinderate eine Generalbilanz über die Tätigkeit nach dem Zusammenbruch vorgelegt und auf den drohenden Verfall der Stadt hingewiesen, wenn sich die vorgesetzten Stellen nicht im letzten Augenblicke besinnen, das Problem dieser Stadt ernstlich zu prüfen und auf unsere Vorschläge einzugehen. Allerdings musste ich schon damals zu meinem Bedauern feststellen, dass bereits die Vorverhandlungen wegen Gemehmigung des Sanierungsprogrammes das Resultat gezeitigt haben, dass das von der Majorität ausgearbeitete Programm keine Aussicht habe, in seiner Gänze angenommen zu werden, sodass wir auch damals schon keine Pläne auf weite Sicht vorlegen konnten, sondern nur für die allernächste Zukunft. Wir haben schon vor drei Jahren die radikalsten Einschränkungen auf allen Gebieten der kommunalen Verwaltung eingeführt, wir haben einen Personalabbau durchgeführt, wir haben die Veräusserung kostbaren Gemeindegutes beschlossen und schliesslich die Gemeindepolizei verstaatlicht. Aber auch das vom Gemeinderate beschlossene, bereits reduzierte Sanierungsprogramm ist bis zur Stunde nicht durchgeführt, obwohl am Anfange die Auesichten sehr günstig

erschienen. Wir sind unter der Kanzlerschaft Dr. Schobers im Verein mit Landeshauptmann Dr. Schlegel um einige Schritte vorwärts gekommen. Als aber im Herbst 1930 ein Regierungswechsel kam, wurden die Sanierungsverhandlungen über Nacht eingestellt. Wir haben aber in gemeinsamer Arbeit immer wieder auf die Fortsetzung der Verhandlungen gedrungen, ohne irgend welche Erfolgezu erzielen. Die fortschreitende Wirtschaftskrise mit ihren geradezu grauenhaften Auswirkungen auf die Stadt Steyr zwang uns neuerlich Beschlüsse zu fassen, um die Regierung auf den furchtbaren Ernst der Situation in dieser Stadt aufmerksam zu machen. Und so hat sich im Oktober d.J. der Gemeinderat neuerlich mit der finanziellen Lage von Steyr beschäftigt und beschlossen, eine Deputation an die Regierung zu entsenden. Ich habe bereits anlässlich der Budgetberatung für das Jahr 1931, im Dezember 1930 auf den Umstand des Zusammenbruches aufmerksam gemacht, wenn unsere Vorschläge bei der Regierung ungehört bleiben. In 33 Deputationen innerhalb der letzten 5 Jahre hat die Gemeindevertretung von Steyr der Bundesregierung die immer unhaltbarer werdende Lage von Steyr eröffnet. Am 6. November d.J. hat die 34. Deputation beim Herrn Bundeskanzler und Bundes-Finanzminister vorgesprochen und ich glaube feststellen zu können, dass die Mitglieder der Deputation mit berechtigten Hoffnungen erfüllt worden sind. Nun aber muss ich mit tiefem Bedauern feststellen, dass noch kaum eine Vorsprache mit so einem kläglichen Ergebnis geendet hat. Die Regierung hat alle Vorschläge einfach im Hinblick auf die staatsfinanzielle Entwicklung abgelehnt und ist über diesen letzten Hilferuf, wie die Resolution lautete, glatt hinweggegangen. Wir haben in der Sitzung vom 30. Oktober l.J. eine Resolution beschlossen, in der es wörtlich gelautet hat: "Wenn dieser letzte Hilferuf ebenso ungehört bleibt wie die vielen in den letzten Jahren, dann haben die Verantwortung jene Faktoren zu tragen, die trotz ungezählter Warnungen das Problem dieser Stadt nicht ernsthaft gewürdigt haben."

Auf diese Resolution, die der Regierung in einer 34. Deputation zur Kenntnis gebracht wurde, hat sie, wie gesagt, nur ein Achselzucken übrig. Es ist also nunmehr der Augenblick gekommen, in dem der Gemeinderat dieser Stadt in solener Form feststellen darf und muss, dass nunmehr die Verantwortung für all das was über diese Stadt kommen mag, jene Stellen tragen, die dieses ernste und sicherlich schwierige Problem geradezu bagatellisiert haben. Die Forderungen, die wir seit Jahren und insbesondere seit dem 29. Dezember 1928 der Regierung vorgelegt haben, gehen nicht etwa bloss - das muss mit allem Nachdrucke festgestellt werden - auf die Majorität dieses Gemeinderates zurück, sondern es handelt sich um Forderungen des gesamten Gemeinderates, wie ich denn bei diesem Anlasse mit Genugtuung konstatieren kann, dass alle Finanzbeschlüsse der letzten Jahre, alle Präliminare der letzten Jahre, alle Finanzberichte der letzten Jahre, alle Transaktionen auf diesem Gebiete die einmütige, Zustimmung des Gemeinderates gefunden haben, ja ich darf mit besonderer Genugtuung feststellen, dass die Redner der Minorität bei allen diesen Anlässen nur Worte der Anerkennung unserer Verwaltung gefunden haben. Was also seit Jahren in jeder Budgetsitzung des Gemeinderates prophezeit wurde, worauf die Regierung seit Jahren in einer Unzahl der ungeschminktesten und aufrichtigsten Berichte aufmerksam gemacht wurde - von den 34 Deputationen nicht zu reden - das ist nunmehr zur traurigen Gewissheit geworden: Der endgiltige Zusammenbruch der Gemeindefinanzen der zweitgrössten Stadt Oberösterreichs, ein Zusammenbruch, für den das Wort Konkurs eine Verschleierung der Tatsachen wäre, weil bei einem Konkurse doch in der Regel eine Masse vorhanden ist, die zur teilweisen Deckung der Gläubiger benützt werden kann, während die Gemeinde über keine solche realisierbare Masse verfügt. Und nun will ich mich im allgemeinen mit dem uns zur Beschlussfassung vorliegenden Voranschlag des Jahres 1932 beschäftigen.

Einem Gesamterfordernis von S 2,444.400.- steht eine Bedeckung von S 1,486.500.- gegenüber, sodass sich ein Gesamtabgang von S 957.900.- ergibt. In diesem Erfordernis sind im Gegensatze zu den früheren Jahren auch die gestundeten und rückständigen Rechnungen und Leistungen per insgesamt S 280.000.- enthalten, sodass sich ein Reinerfordernis von S 2,164.400.- ergibt. Im Vergleich zu den Voranschlagsziffern des Jahres 1931 ergibt sich eine Erfordernisverringerung von S 262.400.-. Und trotz dieses verringerten Erfordernisses ergibt sich wegen der enorm zurückgegangenen Bedeckung, die gegenüber 1931 den Betrag von S 480.300.- ausmacht, der bereits genannte Abgang. Dabei handelt es sich um einen Geldvoranschlag, wie in den vergangenen Jahren, sodass diese Summe einfach aus den Kassebeständen fehlt, was Konsequenzen nach sich zieht, über die ich bei der Bedeckungsvorlage sprechen werde. Trotzdem sich die Bedürfnisse des Gemeindehaushaltes in den letzten Jahren wesentlich gesteigert haben, haben wir infolge unserer Ersparungspolitik, über deren schädliche Auswirkung ich ja noch bei jeder Präliminarsitzung gesprochen habe, die uns aber durch die Not der Zeit und das Unverständnis der verantwortlichen Stellen aufgezwungen worden ist, die Erfordernisse in den letzten 7 Jahren immer und immer wieder gedrosselt. Das Erfordernis des Jahres 1932 beträgt gegenüber dem Erfordernis 1925 um 30 1/2 % weniger, ein Resultat, das umso furchtbarer ist, wenn man bedenkt, dass ja auch die Erfordernisse der vergangenen Jahre keine Investitionstätigkeit im besonderen Masse vorgesehen haben. Zur Illustration dieser Ersparungspolitik mögen die Ziffern der Erfordernisse der letzten 7 Jahre sprechen. Es betrugen die Erfordernisse im Jahre 1925 S 3,112.515.74 1926 S 3,027.940.- 1927 S 3,048.860.- 1928 S 2,971.350.- 1929 S 2,508.027.-

1930 S 2,504.700.- 1931 S 2,427.000.- 1932 S 2,164.400.- Die ständig fortschreitende Krise in dieser Stadt kann man auch noch aus den Bedeckungsziffern der Voranschläge der letzten Jahre am besten ersehen. Der Voranschlag für das Jahr 1932 beträgt innerhalb der letzten acht Jahre die geringste Bedeckung. Die Bedeckung pro 1932 ist um 37 % geringer als im günstigsten Jahre der letzten Zeit, im Jahre 1929, sie ist um 14 % geringer als in dem schweren Krisenjahr 1926. Es betrug die Bedeckung im Jahre 1925 S 2,056.071.70 1926 S 1.719.000.- 1927 S 1,997.590.- 1928 S 2,024.080.- 1928 S 2,363.470.- 1930 S 2,228.300.- 1931 S 1,966.800.- Es ist selbstverständlich, dass sich der katastrophale Rückgang an Einnahmen vor allem bei dar Kreditbewegung bemerkbar macht. So haben wir für das Jahr 1932 den Betrag von S 363.400.- das ist 16.8 % des reinen Erfordernisses für Tilgungsraten von Darlehen zu leisten. Da es sich hier um einen Geldvoranschlag handelt, wurde heuer neben Bedeckung und Erfordernis für das Präliminarjahr 1932 auch das Gelderfordernis eingestellt, das eben zur Tilgung der mit Jahresschluss 1931 entstandenen schwebenden Geschäftsschulden vermutlich nötig sein wird. An gestundeten Zahlungen ist mit S 80.000.- (vor allem an das Land Oberösterreich) unbeglichenen sonstigen Rechnungen mit S 200.000.- zu rechnen. Ein Vergleich mit dem Vorjahr ergibt ferner, dass beim Schuldendienst an das Finanzministerium eine bedeutende Verminderung bei Inflationsdarlehen eingetreten ist (die Darlehen wurden aus dem Kaufschilling für die Fachschule zur Gänze abgestattet; es sind noch die kapitalisierten Zinsen zu zahlen). Infolge der bis 1. Mai 1932 bewilligten Stundung der Monatsraten ist pro Mai

bis Dezember 1932 der Betrag von S 8.000.- vorgeschen. Neu ist der Abstattungsbetrag an zuviel erhaltenen Abgabenertragsanteilen 1930 (monatlich S 550.-). Ein Vergleich mit dem Jahre 1931 ergibt, dass das Erfordernis auf dem Gebiete der Kreditbewegung um S 145.282.- höher ist, was seine Erklärung vor allem in der Einstellung der Rechnungsschulden des Jahres 1931 findet. Bei diesem Kapitel möchte ich auch auf den Schuldenstand der Gemeinde Steyr hinweisen, der im Vergleich zu anderen Städten trotz der entsetzlichen Lage; in der wir uns heute befinden, nicht hoch genannt werden kann, der allerdings infolge der besonders wirtschaftlichen und sozialen Struktur dieser Stadt unerträglich ist. Der Schuldenstand per 31. Dezember 1931 beträgt S 3,070.715.-, der sich noch um den Betrag von S 280.000.- für gestundete Beträge und Zahlungsrückstände aus dem Jahre 1931 erhöht. Eebenso drückend und die grösste Sorge der Gemeinde seit Jahren ist ihr Zinsendienst: Einem Erfordernis von S 321.300.-, d.s. 14.8 % des reinen Erfordernisses steht eine Bedeckung von S 105.800.- gegenüber, sodass sich ein Abgang von S 215.500.- ergibt. Im Zinsendienst bei länger fristigen Darlehen ist gegenüber 1931 eine Verminderung um S 3.147.- eingetreten, was mit der Rückzahlung am Sammelkredit gelegentlich des Fachschulverkaufes zusammenhängt. Eine Steigerung weist das Erfordernis für den städtischen Gebäude- und Grundbesitz (um S 3.400.-) auf. Die im Vorjahre präliminierten Beträge, insbesondere für die Erhaltungskosten der Ennsleitenhäuser erwiesen sich als zu gering. Trotz Erhöhung des Erfordernisses dürfte aber kaum das Auslangen gefunden werden. Die Post "Zinsen für“ schwebende Schulden" ist um S 7.700.- erhöht, da mit der ZahLung von enormen Verzugszinsen für Rechnungsschulden gerechnet werden muss. Bei den Bedeckungsziffern dieses Kapitels sind die Erträgnisse aus Miethäusern und Grundstücken um S 2.690.- erhöht, (Mietzinserhöhung) die Erträgnisse aus Wertpapieren und Geschäftsanteilen um S 1.214.- niedriger präliminiert.

Am klarsten sehen wir die Unmöglichkeit einer geordneten Verwaltung in dieser Stadt, wenn wir das Kapitel Finanzverwaltung im engeren Sinne einer genauen Betrachtung unterziehen. Einem Erfordernis von S 82.700.- steht eine Bedeckung von S 1,182.800.- gegenüber, sodass sich ein Erfolg von S 1,100.100.- ergibt. Aus diesem Kapitel ersehen wir am besten die Entwicklung des Steuerwesens. In welchem Masse ein Teil unserer Abgaben seit dem Jahre 1929 zurückgegangen, darüber möge folgende Zusammenstellung ein Bild ergeben: Voranschlag 1932 Erfolg 1929 Mietzinsabgabe S 280.000.- S 297.057.67 Gasabgabe S 10.500.- S 20.708.31 Lustbarkeitsabgabe S 35.000.- S 39.602.02 Kraftwagenabgabe S -.- S 35.201.60 Hundesteuer S 12.000.- S 16.092.50 Pferdesteuer S 3.500.- S 4.997.95 Ankündigungsabgabe S 11.000.- S 13.043.37 Konzessionsabgabe S 10.000.- S 11.236.95 Verwaltungsabgabe S 13.000.- S 36.919.90 Zuschlag zu den Immobil. Geb. S 10.000.- S 25.919.09 Anteile an den Bundesabgaben S 400.000.- S 579.571.- Lohnabgabe S 219.300.- S 753.414.31 S 1,064.900.- S 1,833.764.67 Die präliminierte Bedeckung 1932 aus den oben genannten Abgaben ergibt somit gegenüber dem Erfolg 1949 einen voraussichtlichen Mindereingang von S 768.864.67. Und das sind noch nicht alle Abgaben. Ich habe nur die wichtigsten herausgegriffen. Man kann also bei den Abgaben allein einen Rückgang von ungefähr § 800.000.- rechnen. Das Finanzgenie ist noch nicht geboren, das bei einem derartigen Entfall von Abgaben in einer so kleinen Stadt ein Gegengewicht erfinden könnte, wobei ich ausdrücklich betonen möchte, dass die Lohnabgabe, die allein fast um S 500.000.- zurückgegangen ist, auf den gegenwärtigen Stand der Belegschaft in den Steyr-Werken aufgebaut ist. Eine Reduzierung der Belegschaft also oder eine Verkürzung der Arbeitszeit, von der in der letzten Zeit gesprochen wird, wirft auch diese

166 Ziffer zu unserem Nachteil über Bord. Ich glaube, dass aus dieser einzigen Ziffer allein mit aller Klarheit hervorgeht, dass den verantwortlichen Verwalter dieser Stadt kein Verschulden an den heutigen Verhältnissen beigemessen werden kann. Ein ebenso trostloses Bild, über das ich noch jedes Jahr ausdrücklich gesprochen habe, und dessen fast vollständige Vernachlässigung in der Zukunft von den schwersten Folgen begleitet sein wird, gibt das Kapitel StrassenGärten,öffentliche Beleuchtung. Ich habe in den letzten Jahren bei der Beratung des Haushaltungsplanes unserer Stadt darauf verweisen müssen, dass die überaus knapp bemessenen ginanziellen Mittel der Stadt nur dazu reichen, um das Vorhandene zu erhalten und habe damit ausdrücken wollen, dass wir nur durch den Zwang der Not einen Nullpunkt erreicht haben, dass wir nur jene Arbeiten genehmigen konnten, die uns der Zustand der Strassen, der Brücken, unserer öffentlichen Anlagen, und der Strassenbeleuchtung selbst diktierte, dass wir nicht im entferntesten daran denken konnten, in diesen Zweigen der kommunalen Technik iggendwelche Aufbautätigkeit zu entfalten, trotzdem gerade auf diesen Gebieten gar viel zu leisten wäre. Von Jahr zu Jahr steigen die Anforderungen, die zum Beispiel an die Erhaltung unserer Stadtstrassen gestellt werden, weil die ständig zunehmende Verkehrsdichte die Strassen in erhöhtem Masse beansprucht, dies amsomehr, als weitaus der grösste Teil unserer Durchzugsstrassen nur wassergebundene Schotterstrassen darstellt, die den heutigen Verkehr nicht mehr zu ertragen vermögen und die deshalb ungewöhnlich höhe Erhaltungskosten erfordern. An unserer Strassenbeleuchtung, die nur eine spärliche Verteilung der Lampenstellen aufweist und für die wir um an Stromkosten zu ersparen, nur Lampen von geringer Kerzenstärke verwenden können, wäre gar manches zu verbessern. Solche Arbeiten aber, die ein Vorwärtsschreiten bedeuten würden, mussten in den letzten Jahren unterbleiben, und wenn ich bisher diese Verhältnisse erläutert habe, glaubte ich den Tiefstand dargestellt zu haben, der nicht mehr unterboten werden könnte. Leider haben uns die Ziffern des Haushaltungsplanes für das kommende Vahr, die uns die schwere Not unserer Weit aufgedsängt, gezeigt, dass wir nun auch den Nullpunkt unterschreiten

müssen. Wir werden also künftig - ich möchte sagen - ins Negative arbeiten müssen. Wir konnten längst nicht mehr aufbauen, wir konnten nur mehr das Vorhandene erhalten und es scheint, dass uns auch diese bescheidene Tätigkeit auf die Dauer nicht mehr erlaubt ist ohne unerträgliche Auswirkungen im Budget befürchten zu müssen. Wenn das kommende Jahr zu Ende sein wird, und wir nachweisen können, dass wir uns dennoch am Nullpunkt halten konnten, das heisst, dass wir die notwendigen Instandsetzungsmassnahmen doch durchführen konnten, so werden wir dies nicht mehr wie bisher als einen Rückstand werten können, wir werden dies vielmehr als einen Erfolg buchen müssen, wenn wir uns des katastrophalen Minimums erinnern, das uns der Haushaltungsplen für das Jahr 1932 zur Verfügung stellt und stellen muss. Dass unter solchen Verhältnissen dem Ausbau auf dem Gebiete der Wasserversorgung, des Feuerwehrwesens, der Stadtreinigung, des Gesundheitswesens, der Wohnungsfürsorge auch nicht einmal die gesetzlich vorgeschriebene Aufmerksamkeit gewidmet werden kann, ist wohl mehr als selbstverständlich. Und wenn ein gütiges Geschick die Stadtverwaltung einst in die Lage versetzte, kommunale Tätigkeit zu entwickeln, dann wird die Stadtverwaltung mit Restaurierungsarbeiten soviel zu tun haben, dass sie selbst unter den günstigsten Verhältnissen nicht imstande sein wird, zivilisatorische Aufbauarbeit zu leisten. Und das ist es ja, was ich seit 5 Jahren immer und immer wieder den Verfall der Stadt nenne. Und nun zu dem Kapitel der Armen- und Fürsorgepflege im Allgemeinen. Die Armenpflege weist ein Erfordernis von S 347.900.-, eine Bedeckung von 34.100.- auf, so dass sich ein Abgang von S 313.800.- ergibt. Wir haben diese Post auf ein Minimum reduziert, so dass mit aller Sicherheit anzunehmen ist, dass mit diesen Ziffern das Auslangen nicht gefunden werden kann. Folgende Steigerungen gegenüber dem Voranschlag 1931 sind zu verzeichnen: Regelmässige Erhaltungs- und Erziehungsbeiträge mit S 107.000.- ( mehr um S 2.100.-). Bekleidungskosten mit S 9.000.- (mehr um 5.000 ). Momentane Aushilfen mit S 20.800.- ( mehr um S 13.800.-). Armenpflege mit S 70.700.- ( mehr um S 11.200.-). Nicht minder trostlos sind die Ziffern auf dem Gebiete der sonstigen Fürsorge und Beratung . Ein Erfordernis von S 113.900.-

wird durch den Betrag von S 2.500.- bedeckt, sodass sich ein Abgang von S 111.400.- ergibt. Bei Fürsorge für Kinder und Jugendliche ist eine Reduzierung des Erfordernisses um S 8.900.- festzustellen. Hingegen steigt das Erfordernis für Arbeitslosenfürsorge um S 8.300.-. Die Blinden- und Taubstummenfürsorge weist eine geringfügige Steigerung auf, bei der Irrenfürsorge kann mit einem verringerten Erfordernis von ungefähr S 3.500.- gerechnet werden. Zusammenfassend ist zu sagen, dass sich ein gesamter Fürsorgeaufwand von S 490.900.- ergibt, was 22.7 % des reinen Erfordernisses ausmacht. Ist es überhaupt noch notwendig, bei diesem Präliminare des Jammers noch einige Worte über das Bauwesen im allgemeinen zu verlieren? Als besonders kennzeichnend möchte ich hier hervorheben, dass für unvorhergesehene Bauführungen kein Groschen vorgesehen ist. Dabei ist weiters festzustellen, dass Arbeiten, die im öffentlichen Interresse unbedingt notwendig wären und mit einem Betrage von S 484.000.- veranschlagt werden, auch in diesem Jahre wieder zurückgestellt werden mussten. Und nun zum Schlusse noch eine genauere Darstellung über die Ausgaben der Zentralverwaltung. Das Erfordernis mit S 450.800.- ist bedeckt mit einem Betrag von S 9.500.- sodass sich ein Abgang von S 441.300.- ergibt. Gegenüber dem Jahre 1931 ergibt sich für den Personaletat ein Minderaufwand von S 59.200.-, bei der Bedeckung wegen des erstmaligen Aufscheinens der Pensionsbeiträge eine Mehreinnahme von S 9.500.-. Der Minderaufwand resultiert aus: Kürzung der Funktionsgebühren, Kürzung der Gehälter, Kürzung der Pensionen, Verringerung der sozialen Lasten u.s.w. Da in der letzten Zeit wiederholt in der Oeffentlichkeit über den Personalaufwand gesprochen und geschrieben wurde, möchte ich hier einige genauere Ziffern zur Kenntnis bringen. Der Personalaufwand beträgt S 948.545.-, d.s. 43.8 % des Gesamterfordernisses. Auch hier wurden bedeutende Abstriche vorgenommen, sodass der präliminierte Betrag um 6.1 % geringer ist,

als im Vorjahre. Die aus dem Titel Budgetsanierung und Dienstordnungsänderung gegenüber dem Vorjahrsbudget erzielte Ersparnis beträgt rund 10 %, ein gewiss nicht zu unterschätzendes Ergebnis. Und nun noch einige Bemerkungen über die Unternehmungen der Gemeinde, die ja auf einen Kleinbetrieb zusammengeschrumpft sind. Bei der "Geste" ist mit einer Reingewinnabfuhr von S 10.000.- zu rechnen. Das Unternehmen ist nunmehr vollständig konsolitiert und es kann mit einer gewissen Stabilität des Unternehmens gerechnet werden. Eine einzige Ziffer möchte ich noch nennen, die uns den Zusammenbruch der Finanzen dieser Stadt mit aller Schärfe entrollen. Wenn wir das Gesamterfordernis bedecken wollten, dann müssten sich die Einnahmen verdoppeln. Und das ist das Finanzproblem dieser Stadt, das ich immer mit dem einzigen Satz gekennzeichnet habe: Zu wenig Einnahmen. Und nun zu den Bedeckungsvorschlägen! Es gibt natürlich solche nicht. Darlehensaufnahme ist ausgeschlossen, ebenso die Erhöhung bestehender Abgaben oder gar die Einführung neuer Abgaben. Sachersparungen sind schlechthin unmöglich, was ja aus meinen Ausführungen zur Genüge hervorgegangen sein dürfte. Es bleibt uns also nur mehr der Weg der Ersparungen im Personaletat. Aber auch hier können wir uns nichts besonderes erwarten, da der Verwaltungsapparat und der Arbeiterstand ohnehin schon vor 3 Jahren auf das unumgänglich notwendige Mass reduziert wurde. Eine Reduktion des Beamtenapparates und der Arbeiterschaft ist daher naturgemäss mit einer weiteren Einschränkung unserer Tätigkeit verbunden, worüber noch einiges zu sagen sein wird. Ich stelle daher folgende Anträge: Der Gemeinderat beschliesse zur teilweisen Herabsetzung der Ausgaben: 1.) Rücksichtslose Drosselung des gesamten Gemeindebetriebes auf allen Gebieten und Abbau der dadurch überzählig werdenden Arbeiter und Angestellten. 2.) Einschränkung des Gehaltsetats der gewählten Funktionäre, der Beamten und Vertragsangestellten ab 1. Jänner 1932 um 20 % auf Grund einer vom Stadtrat im Einvernehmen mit der Personalvertretung festzulegenden progressiven Staffelung der Kürzungen; die nicht zur Auszahlung kommenden

Beträge werden den Bezugsberechtigten gutgeschrieben. 3.) Revision sämtlicher mit dem Bunde geschlossenen Verträge, die eine Belastung der Gemeinde bedeuten. 4.) Erwirkung aller für notleidende Gemeinden in der Finanzgesetzgebung vorgesehenen Sonderbehandlungen, vor allem Erwirkung des Gemeindeausgleichsfonds. Da auch diese Massnahmen nicht geeignet erscheinen, das Budget ins Gleichgewicht zu bringen oder den Abgang zu decken, so wird, falls nicht in letzter Stunde die seinerzeitigen Sanierungsvorschläge zur Gänze erfüllt werden mit einer weiteren Einschränkung auf dem Gebiete der öffentlichen Verwaltung wie Sperrung der Schulen, Einstellung der Beheizung und Beleuchtung u.s.w. somit mit der Stillegung der gesamten öffentlichen kommunalen Tätigkeit vorgegangen werden müssen, sodass nur mehr jener Apparat aufrecht erhalten bleibt, der zur Fortführung der reinen behördlichen Aufgaben unbedingt notwendig ist. Mit der Durchführung dieser Massnahme ist unverzüglich zu beginnen und bis längstens 1. April 1932 dem Gemeinderate Bericht zu erstatten. Es ist notwendig, zu diesen Anträgen, die ein letztes Verzweiflungsmittel darstellen, einiges zu sagen. Die Drosselung des Gemeindebetriebes bedeutet mit Rücksicht auf den ohnehin äusserst reduzierten Stand an Arbeitskräften einen beschleunigten Verfall der Stadt, der dann nicht mehr aufzuhalten sein wird, sie bedeutet geradezu eine Gefahr für die Gesundheit und das Leben der Bürger in dieser Stadt. Aber wir können uns eben nicht mehr anders helfen, wir müssen mit aller Feierlichkeit aussprechen: Alle Schuld auf jene, denen die ungezählten Amtsberichte, denen die Notrufe einer ganzen Stadt, denen 34 Deputationen keinen Eindruck gemacht haben. Wir haben immer wieder Hoffnung gehabt, dass man uns hören wird, aber wir haben uns getäuscht. Und so wird sich das Schicksal dieser Stadt vollziehen, kraft eines unerforschlichen Ratschlusses jener Stellen, die

nicht verstehen wollen, dass man eine Stadt mit so abnormalen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen auf die Dauer nicht in eine Steuerverteilungsschablone einbeziehen kann. Ich bin mir bewusst, dass die Reduktion der Gehälter eine schwere Schädigung der Angestellten bedeutet, dass sie ungesetzlich ist, aber wir finden keine anderen Mittel, ja selbst wenn wir diese Beschlüsse nicht fassten, käme die Reduktion der Gehälter von selber, weil einfach kein Geld in den Kassen mehr vorhanden sein wird. Dabei bin ich mir natürlich vollkommen bewusst, dass wenn nicht Hilfe kommt, die 20 %ige Reduzierung bei weitem nicht genügt, denn selbst die Streichung des gesamten Personaletats würde noch ein Gelddefizit von rund 350.000 S übrig lassen. Es werden also noch viel krassere Mittel notwendig sein, Mittel allerdings, die bisher in Gemeinden europäischer Staaten nicht üblich waren. Ich resumiere: Seit fast 7 Jahren geht der zermürbende Kampf um die Einsicht bei den Zentralbehörden, seit 5 Jahren habe ich bei jeder Budgetberatung, auf die drohende Katastrophe hingewiesen, bei jeder Städtetagung habe ich Gelegenheit genommen, Not und Elend dieser Stadt und ihrer Bewohner zu schildern. Von kleinen Erfolgen abgesehen, ist man höheren Orts mit geradezu zynischem Gleichmut über die arbarmungswürdige Lage unserer Stadt hinweggegangen. Es lag daher der Gedanke nahe, - und er wurde auch erörtert - dass die verantwortlichen Verwalter einfach ihre Mandate zurücklegen und die Verwaltung anderen Faktoren überlassen. Meine Parteigenossen und ich stehen aber auf dem Standpunkt, dass wir den Posten auf den uns das Vertrauen der Bevölkerung gesetzt hat, nicht verlassen dürfen, dass wir solange ausharren müssen, als uns nicht dieses Vertrauen entzogen wird. Wir haben unsere Pflicht erfüllt, ich stelle ausdrücklich fest, dass alle Parteien dieses Gemeinderates an dieser harten aber bisher leider vergeblichen Arbeit einmütig Anteil haben. Wir haben aber auch im Hinblick auf die Not der Zeit die Gegensätze der Weltanschauungen im Interesse der Stadt zurückgestellt und nur aus diesem

Grunde haben wir das Schiff solange über Wasser halten können. Wenn ich vor drei Jahren an dem gleichen Tage vielleicht sogar zur selben Stunde das öffentliche Gewissenzur Rettung dieser Stadt aufgerufen habe, so wiederhole ich in letzter Minute neuerlich diese Hilferufe. Unsere Kräfte sind zu Ende, das Wort haben nunmehr die verantwortlichen Regierungsstellen. Mit der Bitte um einstimmige Annahme seines Antrages schliesst der Referent Bürgermeister Franz Sichlrader seine Ausführungen. Als erster Redner spricht Bürgermeister-Stellvertreter Rudolf Marktschläger (christlichsoz. Partei) und führt im Wesentlichen folgendes aus: Der dem Gemeinderate vorliegende Voranschlag für das Jahr 1932 ist nur der ziffernmässige Ausdruck der über unsere Stadt hereingebrochenen finanziellen und wirtschaftlichen Katastrophe. Das Erfordernis, das nur reine Pflichtausgaben vorsieht, hält sich mit S 2,444.400.- ungefähr auf der gleichen Höhe wie in den vorangegangenen Jahren, während die Bedeckung mit S 1, 486.300.-, z.B. um S 1,159.300.- hinter den Einnahmen des Jahres 1929 zurückbleibt. Trotz dieser unerhört geringen Veranschlagung sind aber Zweifel durchaus berechtigt, ob die Einnahmen in dieser Höhe wirklich hereinkommen werden. Der fortschreitende Beschäftigungsrückgang in den Steyr-Werken und die Schrumpfung in der übrigen Wirtschaft bedingen eben einen weiteren Rückgang der Einnahmen. Unter diesen Verhältnissen erscheint es fast unmöglich, für den mit S 957.900.- veranschlagten Abgang eine Bedeckung zu finden. Nur aus dieser Situation heraus, die man am treffendsten mit dem volkstümlichen Ausdruck "Friss Vogel oder stirb" bezeichnet, sind die Bedeckungsvorschläge des Finanzreferenten, die eine beispiellose Drosselung der Personal- und Sachauslagen bedeuten, zu verstehen. Diese Anträge tragen den Stempel des Zwanges an sich, des Zwanges der leeren Stadtkassen. Es ist ein Zeichen wirtschaftlicher Einsicht, dass man nicht erst versucht, den zu erwartenden Abgang durch Erhöhung von Steuern und Abgaben, wenigstens teilweise, zu decken; unsere unter einer Ueberlast von Steuern seufzende Bevölkerung könnte eine weitere Belastung nicht mehr ertragen.

Zertrümmerte Existenzen würden der einzige Erfolg eines solchen Versuches sein. Die als sicheres Hilfsmittel verbleibenden Ausgabendrosselungen sind nun nicht darnach angetan, einen vernünftig und wirtschaftlich denkenden Menschen zu befriedigen. Wenn den Angestellten z.B. ab 1. Jänner 20 % des Bezuges gut geschrieben werden und sie daher um diesen Betrag weniger Bargeld auf die Hand erhalten, wenn Vertragsangestellte und Arbeiter entlassen werden, so bedeutet das, abgesehen von dem drückenden Opfer das die davon Betroffenen zu tragen haben, eine weitere Einschränkung der Kaufkraft unserer Bevölkerung und damit eine fühlbare Schwächung des Wirtschaftslebens unserer Stadt. Die Drosselung des Personal und Sachaufwandes bedeutet aber auch eine weitere Verschlechterung unserer Strassen und Schulverhältnisse und des Bauzustandes der im Gemeindebesitz befindlichen Gebäude. In dieser Hinsicht wirkt eine übermässige Ausgabendrosselung geradezu wertvernichtend und ist im höchsten Grade unwirtschaftlich. Es wird daher das Präsidium bei der Durchführung der Sparmassnahmen beständig darauf achten, und reiflich überlegen müssen, wie und wo der grösste Nutzeffekt zu erzielen ist. In gleicher Weise werden bei den Personalmassnahmen neben den Notwendigkeiten der Gemeindeverwaltung auch soziale Rücksichten beachtet werden müssen. Ich stelle bei dieser Gelegenheit mit Befriedigung fest, dass dem Verlangen der christlichsozialen Fraktion nach einer Staffelung der Gehaltsgutschriften je nach der Höhe des Bezuges und des Familienstandes stattgegeben wurde. Es ist ganz klar, dass mit den in Rede stehenden Vorschlägen und Massnahmen das Finanzproblem der Stadt Steyr nicht gelöst werden kann. Aus den bereits erwähnten Gründen können diese drakonischen Sparmassnahmen nur den Sinn haben, unsere Stadt über jene Zeiten hinwegzubringen, in der unser Staat und die Welt um uns unter einer beispiellosen Krise leiden, und wir daher auch auf keine Hilfe von auswärts rechnen können. In einer Stadt, in der 54 % der Bevölkerung von irgend einer öffentlichen oder privaten Unterstützung leben, kann natärlich von einer gesunden Gemeindeverwaltung keine Rede sein. Mit den Steyr-Werken lebt oder stirbt diese Stadt. Wenn wir einmal die Hoffnung begraben müssten, dass da oben in den Werken jemals wieder die vielen tausend schaffenden Hände tätig sein werden, wie noch vor einigen Jahren, dann würde sich wohl die Erkenntnis aufdrängen,

dass die Bevölkerung von Steyr für die vorhandenen Existenzmöglichkeiten um 6 oder 8000 Menschen zu gross ist. Und diese bedauernswerten Mitbürger hätten dann wohl kein stärkeres Interesse, als diese Stadt der Armut zu verlassen, um sich anderswo eine menschenwürdige Existenz zu erringen. Wir müssen im Interesse der Stadt hoffen, dass es niemals so weit kommt. Aber gerade wegen dieser Sorgen und Nöte dürfen wir nicht versäumen, alle Möglichkeiten einer wirtschaftlichen Belebung unserer Stadt aufzuspüren und auszunützen. Ich denke da in erster Linie an den Fremdenverkehr, der für unsere Stadt eine viel grössere Bedeutung hat, als man auf den ersten Blick meinen möchte. Wenn uns auch keine Mittel zur Fremdenverkehrsförderung zur Verfügung stehen, so wird sich doch bei vorhandenem Interesse und mit einiger Tatkraft mancher Erfolg erzielen lassen. In gleicher Weise wären Bestrebungen, die der Stadt Steyr verloren gegangenen Absatzgebiete zurückzugewinnen, durch eine kluge und ausdauernde Strassen- und Verkehrsförderung zu unterstützen. Es werden manche Fragen laut werden, ob es zu dieser katastrophalen Entwicklung der Gemeindefinanzen kommen musste. Es ist sicher, dass die Situation rosiger wäre, wenn in der Vergangenheit die trotz aller ernsten und eindringlichen Mahnungen gemachten Fehler unterblieben wären und wenn in den letzten 7 oder 8 Jahren vom heutigen Sparwillen etwas vorweg genommen worden wäre. Meine Fraktion verzichtet angesichts der ernsten Lage auf eine Ausnützung dieser Tatsachen. Wir müssen alle den Blick nach vorne richten, wenn wir die Stadt über Wasser halten wollen; auch die schärfste Kritik würde ja keinen verlorenen Schilling zurückbringen. Wir haben auch Stimmen gehört, die der Meinung sind, dass der Gemeinderat unter den gegebenen Umständen seine Mandate zurücklegen und einem Regierungskommissär Platz machen soll. Wir haben diese Sache reiflich erwogen und sind zu dem Schluss gekommen, dass der Regierungskommissär nichts anderes tun könnte, als durch schärfste Sparmassnahmen den Gemeindehaushalt ins Gleichgewicht zu bringen; und der Gemeinderat ist heute daran, die gleichen Massnahmen zu beschliessen. Wir halten es für besser, diese schmerzliche Operation selbst durchzuführen, als uns einem Fremden, der unsere Verhältnisse nicht kennt, und auch gebotene Rücksichten nicht üben würde, anzuvertrauen.

Die christlichsoziale Fraktion stimmt für den Voranschlag und für die Bedeckungsanträge des Referenten aus der Erwägung heraus, dass nur strengste Sparsamkeit helfen kann. Unsere Zustimmung bedeutet kein Vertrauensvotum für die sozialdemokratische Mehrheitspartei, sondern soll nur zum Ausdruck bringen, dass wir gewillt sind, unserer beschworenen Pflicht gemäss auch in einer verzweifelten Situation im Dienste der Stadt und ihrer Bevölkerung mit zu arbeiten. Wir geben noch der Erwartung Ausdruck, dass die beschlossenen Massnahmen mit allem Ernst und aller Objektivität durchgeführt werden. Den von den Sparmassnahmen Betroffenen wird dadurch das aufgebürdete Opfer tragbarer erscheinen und die Bevölkerung wird dann die nötige Einsicht und Geduld aufbringen, die wir für eine klaglose Durchführung benötigen. Sodann spricht Gemeinderat Hans Steiner (Nationalsozialist), er verweist darauf, dass die seinerzeitige bürgerliche Gemeindevertretung der dermaligen Gemeinderatsmehrheit einen Barbetrag von 1.4 Millionen Kronen nebst einem grösseren Realbesitz hinterlassen hat und dass die Gemeinderatsmehrheit nicht nur diesen Betrag aufgebracht habe, sondern auch nebst dem aufgelaufenen, hohen Schuldenstand einen Grossteil des Realbesitzes veräusserte. Die Gemeinderatsmehrheit sei diesfalls nicht schuldlos. Die Grosszügigkeit in der Geldgebarung bei den Gemeindeunternehmungen und die Personalpolitik haben zu den heutigen Verhältnissen entschieden beigetragen. Redner bespricht sodann angebliche Vorteile der Gemeindeangestellten gegenüber den Bundebeamten und bemerkt, dass wohl Ersparungen aus diesem Titel zu machen sind, dass aber in erster Linie die Parteigünstlinge, die sogenannten Parteibuchbeamten dem Abbau zuzuführen sind und dass in manchen Fällen auch ein Gehaltsabstrich bis zu 30 % am Platze wäre; allenfalls auch eine grössere Kürzung der Bürgermeistergehälter eintreten könnte. Für einen Abbau der städtischen Arbeiter kann er aber auf keinen Fall stimmen. Sodann bespricht Redner noch den hohen Zinsendienst der Gemeinde und meint, dass sich bei richtigen Verhandlungen auch in dieser Beziehung Ersparungen machen lassen. Weiters bemängelt Redner die immerwährenden Aenderungen der Schulbücher und die hiedurch bedingten Mehrauslagen, die der Bevölkerung und der Gemeinde erwachsen. Schliesslich erklärt Redner für den Voranschlag und dem Antrage nicht stimmen zu können, doch für eine

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