Gemeinderatsprotokoll vom 30. Oktober 1931

Niederschrift über die 5. ordentliche Sitzung des Gemeinderates der autonomen Stadt Steyr am Freitag, den 30. Oktober 1931. Tagesordnung. 1.) Bericht des Bürgermeisters. Stadtrat. Referent Stadtrat Karl Klement: 2.) Verlegung des Spanferkelmarktes. Referent Bürgermeister Franz Sichlrader: 3.) Gehaltskürzung der Magistratsangestellten. Fürsorgeausschuss. Referent Bürgermeister-Stellv. Anton Azwanger: 4.) Annahme einer Stiftung. Finanz- und Rechtsausschuss. Referent Gemeinderat Franz Tribrunner: 5.) Neubestellung der Einspruchskommission (Bürgerlistengesetz). 6.) Bestellung der Mitglieder des Stadtschulrates. Referent Gemeinderat Josef Kirchberger: 7.) Steuerrekurse. Referent Bürgermeister Franz Sichlrader: 8.) Finanzbericht. Vertrauliche Sitzung.

Anwesende: Vorsitzender Bürgermeister Franz Sichlrader, die Bürgermeister-Stellvertreter Anton Azwanger und Rudolf Marktschläger, die Stadträte: Dedic Karl, Dressl August, Klement Karl, Knabl Ferdinand, Roithner Hans, Schneeweiss Rudolf Dr., die Gemeinderäte: Berger Rudolf, Sieberer Michael, Schickl Friedrich Breitler Leopold Dr. Schöner Johann Chalupka Elise Schrangl Franz Daspelgruber Josef Schwitzer Erna Firbas August Grafleitner Josef Steiner Florian Hamberger Josef Steiner Johann Tribrunner Franz Hofmann Rudolf Urban Josef Kirchberger Josef Voglsam Josef Kolaritsch Josef Weindl Anton Leitzinger Karl Peyrer-Angermann Dr. Vom Magistrate: Magistrats-Direktor Dr. Ferdinand Häuslmayr, als Schriftführer: Verw. Oberkommissär Hans Sichlrader. Der Vorsitzende Bürgermeister Franz Sichlrader eröffnet um 20 Uhr 15 die Sitzung, konstatiert die Beschlussfähigkeit und gibt bekannt, dass nachstehende Herren entschuldigt sind: Stadtrat Leopold Schlossgangl, die Gemeinderäte Alois Huemer, Johann Pfaff und Hans Witzany. Zu Niederschriftsprüfer werden die Gemeinderäte Rudolf Hofmann und Josef Kirchberger bestimmt. Der Vorsitzende gibt unter

Punkt 1.) Bericht des Bürgermeisters bekannt, dass vom G.R. Hans Steiner ein Schreiben eingelangt ist, wonach dieser die im Mai 1931 mit den Parteien der Deutschen Wahlgemeinschaft abgeschlossene Arbeitsgemeinschaft als gelöst betrachte und dass dies zur Kenntnis genommen wird. Weiters bringt der Vorsitzende die Anfrage des G.R. Josef Kirchberger und Genossen zur Verlesung und gibt bekannt, dass er sich die Beantwortung bis zum Schlusse der öffentlichen Sitzung vorbehalten werde. Es erfolgt die Verlesung: "1. Am 13. September d.J. hat bekanntlich die Heimwehr versucht, mit Gewalt die österreichische Regierung zu stürzen und die gesetzmässige Verfassung durch eine Diktatur zu ersetzen, ein Vorgehen, das zweifellos das Verbrechen des Hochverrates beinhaltet. Wie durch eine Reihe von Zeugen erhärtet ist, hat sich an diesem Putschversuch auch G.R. August Firbas, der bei Antritt seines Gemeinderatsmandates das Gelöbnis ablegte, die Gesetze der Republik und des Landes Oberösterreich gewissenhaft zu beachten und der Stadt Steyr die Treue zu halten, aktiv beteiligt. Herr Firbas hat durch diese Handlung seine Pflicht als Gemeinderat grob verletzt, sein Gelöbnis gebrochen; es stellen daher die Gefertigten an den Herrn Bürgermeister die Anfrage, was er zu tun gedenkt, um in Hinkunft derartige Pflichtvergessenheiten von Mitgliedern des Gemeinderates steuern zu können? 2. Am 21. Oktober d.J. sprach in einer Versammlung in Steyr der Heimwehrführer Starhemberg. Aus diesem Anlasse wurde unnötigerweise ein grosses Gendarmerieaufgebot nach Steyr beordert; auch die Bundespolizei entwickelte eine Tätigkeit, die den Anschein erweckte, als gelte es die Stadt Steyr vor dem Eindringen auswärtiger feindlicher Mächte zu schützen. In dem löblichen Bemühen, die Heimwehrversammlung ja vor jedem Störungsversuch zu bewahren, verbot die Bundespolizei jedermann, sich dem

Versammlungslokale zu nähern. Eine Zahl von Leuten, ca. 400 Personen, die sich dennoch aus Neugierde eingefunden hatten, wurde von der Bundespolizei aufgefordert, den Platz zu verlassen. Der Aufforderung der Polizei wurde restlos Folge geleistet und den Anordnungen der Wacheorgane nicht der leiseste Widerstand entgegengesetzt. Trotzdem aber fühlte sich die Gendarmerie, wie Bundespolizei merkwürdigerweise bemüssigt, die Menschenmenge mit gefälltem Bajonett, gezogenen Säbel und unter Benützung des Gummiknüttels wie Hasen bei einer Treibjagd vor sich herzuhetzen. Wer nicht nach den Wünschen der Wacheorgane flink genug laufen konnte, der bekam den Gummiknüttel zu spüren. Durch das brutale Vorgehen einer Reihe von Wacheorganen, die von dem mit gezücktem Säbel drohenden Inspektor Mayr zu rücksichtslosem Vorgehen fortwährend angeeifert wurden, bekam eine nicht unbeträchtliche Zahl von Personen, ohne sich nur der geringsten Verfehlung bewusst zu sein, saftige Hiebe mit dem Gummiknüttel, es wurden auch Presthafte zu Boden geworfen und mit roher Gewalt vorwärtsgestossen; selbst Frauen wurden mit dem Gummiknüttel traktiert. Die Gefertigten stellen an den Herrn Bürgermeister die Anfrage, welche Schritte gedenkt er zu unternehmen, um zu verhüten, dass derartige Hetzjagden und brutale Roheiten seitens der hiesigen Bundespolizei sich nicht widderholen, ferners, ob der Herr Bürgermeister bereits veranlasst hat, dass die Urheber dieser groben Uebergriffe seitens der Gendarmerie und Polizei zur Verantwortung gezogen werden? Des weiteren stellen die Gefertigten an den Herrn Bürgermeister die Anfrage, wer die Kosten des am 21. Oktober l.J. nach Steyr beorderten Gendarmerieaufgebotes zu tragen hat?

Punkt 2.) Verlegung des Spanferkelmarktes. Referent Stadtrat Karl Klement: Der Referent begründet seinen Antrag und verweist darauf, dass man sich schon seit dem Jahre 1927 mit dieser Angelegenheit befasst habe und dass doch endlich diese einer Erledigung zugeführt werden muss. Die Verlegung erfolgt nicht allein aus wirtschaftlichen Gründen zu Gunsten der Steyrdorfer-Geschäftswelt, sondern ist auch im Interesse der Bauern und des öffentlichen Verkehres zu suchen. Referent ersucht daher seinem Antrage zuzustimmen. Zl.1611/31 Der Gemeinderat beschliesse die provisorische Verlegung des Spanferkelmarktes auf den Wieserfeldplatz. Die zuständigen Magistratsabteilungen werden beauftragt, die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, dass der Markt am Wiederfeldplatz am 5. November 1931 eröffnet werden kann. Bürgermeister Franz Sichlrader teilt zu diesem Punkte der Tagesordnung mit, dass heute vormittags eine Deputation bei ihm vorgesprochen hat, die das Ersuchen stellte, dass die Angelegenheit in der heutigen Sitzung erledigt werde. Weiters sei das Ersuchen gestellt worden, die Abstimmung mittels Stimmzettel vorzunehmen. Bürgermeister-Stellvertreter Rudolf Marktschläger stellt fest, dass in der Stadt zwei verschiedene Anschauungen dem Probleme gegenüberstehen und man kann die Anschauung der Steyrdorfer-Geschäftswelt ebenso wie die der Stadt verstehen. Der christlichsoziale Klub hat daher die Abstimmung frei gegeben, da es keine politische, sondern eine rein wirtschaftliche Frage darstellt. G.R. Anton Weindl setzt sich mit Entschiedenheit für den Referentenantrag ein und gibt der Hoffnung Ausdruck, dass aus der provisorischen bald eine definitive Verlegung werden wird. Zu Stimmzettelprüfer werden hierauf die G.R. Michael Sieberer für die sozialdemokra. Partei und Stadtrat Ferdinand

Knabl für die christlichsoz. Partei bestellt. Die Abstimmung ergibt 21 Stimmen für die Verlegung, 6 Stimmen dagegen und 2 leere Stimmen, insgesamt 32 abgegebene Stimmen. Der Antrag erscheint somit angenommen. Punkt 3.) Gehaltskürzung der Magistratsangestellten. Referent Bürgermeister Franz Sichlrader: Der Vorsitz wird vom Bürgermeister-Stellvertreter Anton Azwanger übernommen und erteilt dieser dem Referenten das Wort: Referent Bürgermeister Franz Sichlrader führt folgendes aus: Das Budgetsanierungsgesetz findet bekanntermassen auch auf die Angestellten der Gemeinde automatisch Anwendung, wenn nicht zwischen Gemeinde und den Angestellten bis zum 1. November 1931 hinsichtlich des Ausmasses der Kürzung der Gehälter eine Vereinbarung getroffen wird. Wir haben diesen Weg der Vereinbarung beschritten, weil wir der Ansicht sind, dass der Weg des Diktates ungangbar ist. Die Vereinbarungen mit den Angestellten haben nun zu folgendem Resultat geführt: Die im Budgetsanierungsgesetz vorgesehene Kürzung der Gehälter von 4,5 und 6 % ab 1. Oktober 1931 findet für alle aktiven pragmatischen Angestellten, für die Neupensionisten, das sind jene, die nach dem 1. Jänner 1920 in den Ruhestand getreten sind und die Vertragsangestellten volle Anwendung. Es werden demnach Gehälter bis zu 283 s um 4 % bis zu 416" um 5 % über 416 " um 6 % gekürzt. Die Sonderzahlungen von je 30 % eines Monatsgehaltes die bisher im Juni und Dezember eines jeden Jahres flüssig gemacht wurden, entfallen für die Jahre 1932 und 1933. Die Altpensionisten, deren Bezüge wesentlich hinter den Neupensionisten zurückstehen und von denen überhaupt nur sieben unter die Voraussetzung der Gehaltskürzung fallen, werden schonender behandelt. Ihnen wird nur ein Prozent abgezogen, ausserdem

wurde ihnen die Sonderzahlung in dem Ausmasse eines Sechstels für die Jahre 1932 und 1933 zuerkannt. Die Ersparungen auf diesem Gebiete betragen für das Jahr 1931 S 10.700.- für die Jahre 1932 und 1933 rund je S 60.000.- das sind rund etwas über 9 % des Gehaltsetats. Ich kann nicht umhin, bei diesem Anlasse eine kurze Bemerkung in wirtschaftlicher Hinsicht zu machen. Die Konsumkraft der Bevölkerung dieser Stadt ist, wie allgemein bekannt, auf ein Minimum gesunken. Zu den relativ noch Zahlungskräftigsten gehören die öffentlichen Angestellten. Wenn man bedenkt, dass die Reduktion der Gehälter einer ganz kleinen Konsumentengruppe dieser Stadt in zwei Jahren rund S 130.000 ausmacht, die zur Gänze dem Konsum entzogen werden, so kann man sich beiläufig eine Vorstellung machen, was die Reduktion der Gehälter der öffentlichen Angestellten für die Wirtschaft im allgemeinen bedeutet. Ich muss auch offen erklären, dass wir nicht mit Freude an dieses Problem herangetreten sind, weil die Reduktion der Gehälter überhaupt keine nennenswerte Enflastung bedeutet und weil wir ferner der Ansicht sind, dass es noch andere und bessere Wege gäbe, die öffentlichen Finanzen zu entlasten. Ueber dieses Kapitel werde ich ja noch heute zu sprechen Gelegenheit haben. Ich fühle mich schliesslich verpflichtet, den Angestellten, besonders der Organisation von dieser Stelle aus meine Anerkennung auszudrücken, darüber, dass sie in dieser schweren Zeit volles Verständnis für die Sorgen der Gemeindeverwaltung gezeigt haben, so dass sich die Verhandlungen völlig reibungslos gestalten konnten.Der Referent stellt sonach folgenden Antrag: Zl. 175/Präs. "Auf Grund des Art. V, Abs. 2, letzter Absatz des Budgetsanierungsgesetzes vom 3. Oktober 1931, B.G.Bl. Nr. 294, werden einvernehmlich mit der Organisation der Magistratsangestellten die Bezüge wie folgt gekürzt:

1. Den aktiven pragmatischen Angestellten, Vertragsangestellten und Neupensionisten werden 4 %, 5 % bezw. 6 % in sinngemässer Anwendung des Art.III, § 2 des zit. Gesetzes ab 1.Oktober 1931 abgezogen. Die Sonderzahlung entfällt für die Jahre 1932 und 1933. 2. Die Bezüge der Altpensionisten werden mit Wirksamkeitsbeginn vom 1. Oktober 1931 um 1 % gekürzt, soferne das Budgetsanierungsgesetz auf sie überhaupt Anwendung findet. Den Altpensionisten wird die im Monate Dezember 1931 fällige Sonderzahlung (B.G. vom 16. Juli 1931, B.G.Bl. Nr. 212) im Dezember 1932 und 1933 zuerkannt. G.R. Dr.Peyrer-Angermann nimmt gegen die Trennung der Angestelltenangelegenheit in zwei Teile und zwar in eine öffentliche und eine vertrauliche, Stellung. Durch diese Trennung wird der Anschein erweckt, dass die Angelegenheit verwischt werde. Aus diesem Grunde wird er sich der Abstimmung enthalten. G.R. Josef Urban verurteilt auf das Schärfste, dass immer nur auf Konto der Arbeiterschaft und Angestelltenschaft saniert wird und erklärt, dass deshalb die kommunistischen Gemeinderäte den Antrag ablehnen. Bürgermeister-Stellv. Rudolf Marktschläger erklärt, dass die christlichsoziale Fraktion dem Antrag zustimmen werde, da hiedurch doch eine kleine Ersparung erzielt wird, er bedauert aber ebenso, dass sich die Gemeinde zu diesem Schritt entschliessen musste, da ja andererseits die Konsumkraft der Angestellten in ihrem verminderten Ausmass auch wieder auf die Geschäftswelt nicht ohne Folgen bleibt. Der Antrag wird hierauf mit 2 Gegenstimmen bei 4 Stimmenenthaltungen angenommen. Anschliessend an die Gehaltskürzung der Magistratsangestellten bringt der Referent Bürgermeister Sichlrader folgenden Antrag:

Der Gemeinderat beschliesse: Zl. 186/Präs. Gehaltskürzung der besoldeten gewählten Funktionäre. Die Bezüge des Bürgermeisters und der Bürgermeister-Stellvertreter werden mit Wirksamkeitsbeginn vom 1.Oktober 1931 um 6 % gekürzt. Der Antrag wird ohne Debatte mit 2 Gegenstimmen und 4 Stimmenenthaltungen angenommen. Bürgermeister Franz Sichlrader übernimmt wieder den Vorsitz und erteilt dem Referenten Bürgermeister-Stellvertreter Anton Azwanger zum Punkt 4 der Tagesordnung das Wort. Punkt 4.) Annahme einer Stiftung. Zl. 4993/31 Der Referent bringt den Stiftungsbrief der Herren Karl und Josef Reder zur Verlesung und beantragt: Der Gemeinderat beschliesse: 1. Der Gemeinderat nimmt die von den Herren Karl und Josef Reder gewidmete Stiftung "Schiffmeister Reder'sche Jubiläumsstiftung" unter der Voraussetzung in die Verwaltung der Gemeinde, dass die Landesregierung im Sinne des Hofdekretes vom 21. Mai 1841, P.G. Nr.60 der Annehmbarkeit der Stiftung die Zustimmung erteilt. 2. Der Bürgermeister wird ersucht, den Stiftern den Dank des Gemeinderates zum Ausdruck zu bringen. Der Antrag wird einstimmig angenommen. Referent Gemeinderat Franz Tribrunner: Punkt 5.) Neubestellung der Einspruchskommission (Bürgerlistengesetz). Zl.5993/31 Der Gemeinderat beschliesse: Für die Funktionsperiode vom 1. Jänner 1932 bis 31. Dezember 1931 wird gemäss § 15, Absatz 4 des Bürgerlistengesetzes in die Einspruchskommission Steyr-Stadt Magistrats-Direktor Dr. Ferdinand Häuslmayr als Vertreter der Gemeinde Steyr und gemäss § 15, Absatz 5 des bezogenen Gesetzes

als dessen Ersatzmann Hans Sichlrader bestellt. Der Antrag wird einstimmig angenommen. Punkt 6.) Bestellung der Mitglieder des Stadtschulrates. Zl. 168/Präs. Der Referent G.R.Franz Tribrunner beantragt: Der Gemeinderat beschliesse: Nach § 20, Pkt. 5 des Schulaufsichtsgesetzes für Oberösterreich sind in den Stadtschulrat 12 Mitglieder und Ersatzmänner nach dem Proporz aufgeteilt, vom Gemeinderat zu berufen. Es werden vorgeschlagen: Für die sozialdemokratische Partei: Mitglied: Ersatz: 1. Azwanger Anton, Oberlehrer Bürgermeister-Stellvertreter Klement Karl, Parteisekretär, Stadtrat, 2. Dressl August, Beamter, Stadtrat, Sichlrader Hans,VerwaltungsOberkommissär, 3. Roithner Hans Fachlehrer, Stadtrat, Riedler Ludwig, Friseur, 4. Dr. Häuslmayr Ferdinand, Magistrats-Direktor, Huemer Alois,Schlosser, Gemeinderat, 5. Dr. Rudolf Schneeweiss, Rechtsanwalt, Stadtrat, Chalupka Elise, Haushalt, Gemeinderätin, 6. Witzany Hans, Beamter, Nationalrat, Daspelgruber Josef, Tischler, Gemeinderat, 7. Schwitzer Erna, Lehrerin, Gemeinderätin, Menschik Ignaz, Maschinsteller, 8. Sieberer Michael, Sattler, Gemeinderat, Konrad Rupert, Schlosser, für die christlichsoziale Partei: (3) Mitglied: Ersatz: 1. Patek Irene, Oberstleutnantswitwe, Barth Marietta, Lehrerin, 2. Dr.Schmalzer Leo, Professor, Binder Hans, Hauptschriftleiter, 3. Marktschläger Rudolf, Bankbeamter, Bürgermeister-Stellvertreter, Janetschek Emilie, Fachlehrerin.

Für die deutsche Wahlgemeinschaft: (1) Mitglied: Ersatz: Urban Josef, Fachlehrer, Bartl Mathias, Direktor. Ausserdem sind gemäss § 20 Pkt .6 desselben Gesetzes 6 weitere Mitglieder und Ersatzmänner, die der Mehrheitspartei angehören, zu entsenden. Es werden vorgeschlagen: 1. Kirchberger Josef Redakteur, Gemeinderat, Schöner Johann, Dreher, Gemeinderat, 2. Pilous Ignaz, Steuerverwalter i.P. Ludwig Havlicek, Dreher, 3. Dedic Karl, Kaufmann, Stadtrat, Hofmann Rudolf, Beamter, Gemeinderat, 4. Beck Emanuel, Schuldirektor, Sippl Wilhelm, Geschäftsführer, 5. Schrangl Franz, Schlosser, Gemeinderat, Mayrhofer Ferdinand, Betriebsleiter, 6. Klaushofer Anna, Fürsorgerätin, Peil Anna, Haushalt, Der Antrag wird einstimmig angenommen. Referent Gemeinderat Josef Kirchberger: Punkt 7.) Steuerrekurse. Zl. 4450/31 Pollatschek & Reis, Einspruch gegen die Konzessionsabgabe-Vorschreibung. Dem Einspruch wird mangels gesetzlicher Voraussetzung keine Folge gegeben. Einstimmig angenommen. Zl. 4098/31 Thür Rudolf, Einspruch gegen die Konzessionsabgabe-Vorschreibung. Dem Einspruch wird mangels der gesetzlichen Voraussetzungen keine Folge gegeben. Einstimmig angenommen.

Zl. 4200/51 Oesterreichische Brau-A.G., Einspruch gegen die Konzessionsabgabevorschreibung. Dem Einspruch wird mangels der gesetzlichen Voraussetzung keine Folge gegeben. Einstimmig angenommen. Zl. 3665/31 Heinrich Frank Söhne, Einspruch gegen die Ankündigungsabgabe. Dem Einspruch wird mangels der gesetzlichen Voraussetzungen keine Folge gegeben. Einstimmig angenommen. Zl. 2733/31 Wolf Otto, Einspruch gegen die Autoabgabe. Dem Einspruche wird mangels der gesetzlichen Voraussetzungen keine Folge gegeben. Einstimmig angenommen. Zl. 3508/31 Buchegger Mathias, Uebertretung der BauordnungBerufung. Der Berufung wird mangels gesetzlicher Voraussetzung keine Folge gegeben. Einstimmig angenommen. Zl.4174/31 Eisinger Johann, Beschwerde gegen die Konzessionsabgabe. Dem Einspruch wird keine Folge gegeben, die Abgabe jedoch in Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse ausnahmsweise auf S 50.- ( Schilling fünfzig) herabgesetzt. Einstimmig angenommen. Zl. 4331/31 Rohrhofer Anton, Beschwerde gegen die Konzessionsabgabe. Der Beschwerde wird mangels gesetzlicher Voraussetzung keine Folge gegeben, die Abgabe jedoch in Berücksichtigung der vorgebrachten Gründe auf 50 % herabgesetzt. Einstimmig angenommen. Bürgermeister-Stellvertreter Anton Azwanger übernimmt den Vorsitz und erteilt zu Punkt 8 der Tagesordnung dem Bürgermeister Franz Sichlrader das Wort. Der Bürgermeister führt folgende: aus:

118

Anlässlich der Budgetberatung für das Jahr 1931 habe ich in der Sitzung vom 20. Dezember 1930 die Behauptung aufgestellt, dass wir vielleicht dann, wenn alle Punkte des seinerzeitigen Sanierungsprogrammes erfüllt werden, noch über das Jahr 1931 hinwegkommen werden, wenn aber die restlose Erfüllung des Sanierungsprogrammes nicht gelingt, dann muss schon im Jahre 1931 die Entscheidung fallen. Das, was ich vor ungefähr einem Jahre behauptet habe, ist nunmehr zur traurigen Gewissheit geworden. Die finanzielle Lage der Stadtgemeinde Steyr hat nunmehr einen Tiefstand erreicht, der uns zwingt, die vorgesetzten Regierungsstellen nochmals und mit allem Ernste auf unsere Lage aufmerksam zu machen, damit es nicht zu einer Katastrophe kommt, deren Folgen unübersehbar wären. Wir haben uns in den letzten Monaten immer unter Zuziehung eines Vertreters der Minorität ernstlich bemüht, verschiedene Zahlungserleichterungen, Stundungen zu erreichen, wir haben auch manche Erfolge erzielt, aber all das genügt natürlich nicht, um die zerrütteten Finanzen dieser Stadt, in der ja seit mehr als zwei Jahren eine Massenarbeitslosigkeit herrscht, wie kaum jemals, in Ordnung zu bringen. Ich fühle mich daher verpflichtet, dem Gemeinderate wieder einen Generalbericht zu erstatten, um vor allem den Nachweis zu erbringen, dass die Gemeindeverwaltung nichts unterlassen hat, die drohende Gefahr des Zusammenbruches abzuwehren. Ich muss natürlich vieles wiederholen, was ich in diesem Saale schon gesagt habe, es ist aber notwendig, damit die Oeffentlichkeit immer wieder zur Kenntnis kommt, welch zermürbenden und aufreibenden Kampf wir zu kämpfen gehabt haben. Ich will natürlich nur über jene Pariode berichten, in der ich die Geschäfte dieser Stadt führe. Und so habe ich bereits im Jahre 1926 anlässlich der Budgetberatung für das Jahr 1927 an die übergeordneten Gebietskörperschaften den ernsten Apell gerichtet, die wahren Ursachen der Finanznot dieser Stadt zu studieren und jene Massnahmen zu ergreifen,

die eben bei Vorhandensein ausserordentlicher Verhältnisse die Finanzgesetzgebung vorsieht. Ich habe damals von dieser Stelle aus ausdrücklich gesagt, dass das Finanzproblem der Stadt Steyr aus eigener Kraft nicht gelöst werden kann, da die Verarmung dieser Stadt unentwegt fortschreitet, dass das Fürsorgewesen in einem Masse in Anspruch genommen wird, das in keinem Verhältnis zu unseren Einnahmen steht, dass es unmöglich sei, der Bevölkerung noch weitere nennenswerten Lasten aufzubürden, Ich erinnere ferner an die denkwürdige Sitzung vom 29. Dezember 1928, den ich als einen Schicksalstag für die Stadt Steyr bezeichnet habe und in der ich gewissermassen eine Bilanz gezogen habe und alle Wege gezeigt habe, die zu einer Gesundung unserer Verhältnisse führen könnten. Es ist müssig, neuerlich auf die Ursachen der Verelendung dieser Stadt hinzuweisen, sie sind ja der gesamten Bevölkerung zur Genüge bekannt. Ich habe in jener Sitzung auch auf die Fehler hingewiesen, die geschehen sind, die aber niemals von Ausschlag gebender Bedeutung geworden sind, da wir ja seit dem Jahre 1926 im Gegensatze zu vielen anderen Gemeinwesen keine Groschen Darlehen mehr aufgenommen haben. Ich erinnere ferner an unsere drakonischen Sparmassnahmen, die sich allerdings in späteren Jahren bitter rächen werden, da ja der Verfall einer Stadt auf dem Gebiete der kommunalen Technik nicht durch Ersparungsmassnahmen verhütet werden kann, sondern nur durch eine planmässige Aufbauarbeit. Ich habe schon damals auf jenen Zeitpunkt verwiesen, in dem wir nicht mehr in der Lage sein werden, unseren privatrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen. Wir haben damals ein Sanierungsprogramm aufgestellt, das man nicht mit Unrecht als einen Ausverkauf bezeichnet hat und das ja in seinem Wesen nach allgemein bekannt ist, sodass ich mich darüber nicht des Näheren auslassen brauche. Wir sind schon damals zu einem radikalen Personalabbau geschritten, wir haben das Fürsorgewesen unter dem Druck unwiderstehlichen Zwanges auf das gesetzliche

Minimum restringiert, wir haben einige Steuerregulierungen durchgeführt, wir haben das Spital verkauft, schliesslich die Fachschule und haben endlich auch die Polizei verstaatlicht. Schon in der damaligen Sitzung wurde allen Ernstes das Problem der Konkurseröffnung erörtert. Ich bringe in Erinnerung, dass ich in jener denkwürdigen Sitzung vom 29. Dezember 1928 feststellen musste, dass uns die Durchführung eines wirklichen Sanierungsprogrammes nicht gelungen ist und dass es mir damals nicht gelungen ist, einen Plan für die Zukunft aufzustellen, sondern nur einen Plan auf kurze Sicht, ich habe auch damals vergeblich das öffentliche Gewissen für die Not dieser Stadt aufgerufen. Es ist uns allerdings unter der Regierung Schober und unter Mitwirkung des Landeshauptmannes Dr. Schlegel gelungen, einen Teil des Sanierungsprogrammes durchzuführen, ein Teil aber harrt noch der Erledigung. Inwieweit der restliche Teil unseres seinerzeitigen Sanierungsprogrammes durch politische Verhältnisse in dieser Stadt verhindert worden ist, darüber will ich mich heute nicht äussern, sicher ist, dass die so aussichtsreich begonnenen Sanierungsverhandlungen plötzlich zum Stocken kamen und seither nie mehr ernstlich wieder aufgegriffen wurden. Die Katastropne der Autofabrikation, die im Spätsommer 1929 einsetzte, gab mir in diesem Jahre neuerlich Gelegenheit, bei der Budgetberatung mit allem Nachdruck auf den Ernst der Situation hinzuweisen. Ich habe in dieser Sitzung wörtlich folgendes gesagt: "Seit fünf Jahren sind die vorgesetzten Instanzen von den unüberwindlichen Schwierigkeiten der Verwaltung in dieser Stadt bis in das kleinste Detail unterrichtet, seit fünf Jahren führen wir einen Kampf - ich betone - nicht um Hilfe, sondern um gerechte Behandlung, seit fünf Jahren kämpfen wir um den in der Finanzverfassung vorgesehenen Finanzausgleich. Alle unsere Forderungen werden immer abgetan mit den Worten: "Ihr müsst sparen." Ich habe ferner in dieser Sitzung darauf hingewiesen, dass das Schicksal der Autoindustrie

das Schicksal dieser Stadt bedeutet. Und heute ist noch niemand imstande zu sagen wie sich die Dinge auf diesem Gebiete entwickeln werden. Ich habe damals im Dezember 1929 klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, dass nicht mehr viel Zeit zu verlieren sei, soll nicht eine furchtbare Katastrophe über diese Stadt kommen. Aber die Krise, die im Sommer 1929 begonnen hatte, ging mit elementarer Gewalt vorwärts und wenn im Jahre 1929 in der Fabrik noch über 6000 Arbeiter beschäftigt waren, so sind es jetzt ungefähr 1800. Ueber die Auswirkung dieser Krise habe ich ja in diesem Saale so oft und so gründlich gesprochen, dass ich mich bei meiner späteren Darstellung nur mehr auf einige wenige Ziffern beschränken kann. Selbstverständlich habe ich die Budgetberatung für das Jahr 1931,also jene Budgetberatung, in der ich auf die Entscheidung des Jahre 1931 hingewiesen habe, neuerlich zum Anlass genommen, um wieder auf die Mittel und Wege hinzuweisen, die allein eine Besserung der Gemeindefinanzen bringen könnten. Ich habe bis jetzt einen kurzen Ueberblick über meine Tätigkeit als Bürgermeister gegeben, aus dem wohl mit aller Deutlichkeit hervorgeht, dassich keine Gelegenheit verpasst habe, das Problem dieser Stadt auf jenes Niveau zu bringen, vom dem allein aus betrachtet, wirkliche Sanierungsmassnahmen durchgeführt werden können. In meiner fünfjährigen Tätigkeit als Bürgermeister dieser Stadt haben nicht weniger als 33 Deputationen aus Steyr bei den zuständigen Ministerien vorgesprochen, um die Regierung auf den Ernst der Lage aufmerksam zu machen und von ihr besondere Mittel zu erreichen, die notwendig wären, unseren Haushalt ins Gleichgewicht zu bringen, wobei uns ja von allem Anfang an klar war, dass wir nicht etwa die Mittel für eine grosszügige Kommunalpolitik verlangen können. Der Vollständigkeit halber muss ich aber noch ausdrücklich erwähnen, dass natürlich auch in den früheren Jahren keine Gelegenheit versäumt wurde, das Problem dieser Stadt in seiner ganzen Tiefe aufzurollen. Ich habe in dieser

Hinsicht einen erschöpfenden Bericht im April dieses Jahres an den Bundeskanzler und an den Landeshauptmann von Oberösterreich erstattet, der auch in den Tagesblättern veröffentlicht wurde. Ich will mich heute nur darauf beschränken, festzustellen, dass die Berichterstattung in dieser Hinsicht bereits im Dezember 1932 eingesetzt hat und das kein Jahr vergangen ist, indem nicht die Gemeinde immer und immer wieder die Forderungen nach dem Finanzausgleich und nach einer aussergwöhnlichen Behandlung mit Rücksicht auf die aussergewöhnliche soziale und wirtschaftliche Struktur verlangt hätte. Man hat uns manchmal den Vorwurf gemacht, dass wir eine leichtfertige Schuldenpolitik betrieben haben. Es genügt, darauf hinzuweisen, dass wir, wie ich bereits betont, seit fünf Jahren kein Darlehen mehr aufgenommen haben. Und was die Darlehen der früheren Zeit anlangt, so habe ich auch darüber wiederholt dem Gemeinderate erschöpfend Bericht erstattet und ich muss auch heute wieder sagen, dass die Aufnahme mancher dieser Darlehen nicht notwendig gewesen wäre, wenn man jene Forderungen der Gemeinde berücksichtigt hätte, die die Gesetzgebung selbst vorsieht. Ich bin mir keinen Augenblick im Zweifel, dass das Problem dieser Stadt nicht mit Finanzausnahmegesetzen oder etwa gar mitDotationen oder mit der restlosen Erfüllung unssres Sanierungsprogrammes gelöst werden könnte. Ich weiss, dass das Problem dieser Stadt nur mit der Schaffung von Arbeitsmöglichkeiten gelöst werden kann, dass also das Problem dieser Stadt, worauf schon ungezähltemale hingewiesen worden ist, nicht mit den schwachen Kräften der Gemeinde, die nicht einmal autonom ihre Aufgaben bestreiten kann, zu lösen ist.

Die Auswirkung der Wirtschaftskrise und der Arbeitslosigkeit in Steyr ersieht man am besten aus einem Vergleich der wichtigsten Steuer- und Gebühreneingänge 1931 mit dem Jahre 1929 vermutlich gegenüber 1929 1929 1931 weniger um Gemeinde-Realsteuern 340.870.- 316,390.- 24. 180.- Wohnabgabe 7.270.- 6.630.- 520.- Lohnabgabe 753.700.- 431.110.- 522.500.- Kraftwagenabgabe 35.200.- 11.390.- 23.810.- Pferdesteuer 5.000.- 3.760.- 1.240.- Ankündigungsabgabe 13.050.- 11.470.- 1.580.- Geb. Aequiv. Zuschlag 3.280.- 2.030.- 1.250.- Immobiliargebühren 25.920.- 12.570.- 13.350.- Gasabgabe 20.710.- 10.290.- 10.120.- Hockersteuer 5.670.- 680.- 4.990.- Lustbarkeitsabgabe 39.600.- 32.550.- 7.050.- Hundesteuer 16.100.- 12.530.- 3.570.- Abgabenertragsanteile 579.580.- 490.600.- 88.980.- Marktgefälle 24.460.- 21.870.- 2.590.- Fleisch- u. Viehbeschau 37.100.- 33020.- 3. 180.- Summe 1,907.510.- 1.397.810.- 509.700.- Voranschlag 1931 -.- 1,420.100.- -.- gegenüber Voranschlag 1931 weniger um 22.290.-

Das ergibt also bei den genannten Steuern und Abgaben ein Minus von S 509.700.- gegenüber dem Jahre 1929 und die Ziffern des Voranschlages 1931 werden trotz der äusserst vorsichtigen Präliminierung und trotz der Erhöhung der Abgabenertragsanteile um rund S 22.000.- nicht erreicht. Wenn man bedenkt, dass die Summe von rund S 500.000.- auch schon im Jahre 1930 gefehlt hat, so ergibt sich also in zwei Jahren eine verminderte Einnahme von rund einer Million, wenn man ferner bedenkt, dass die Gemeinde ihren Haushalt auch bei einem Arbeiterstand des Jahres 1929 nicht in Ordnung bringen konnte, so geht unter diesen Umständen wohl mit aller Klarheit hervor, dass der schon vor Jahren immer wieder prophezeite finanzielle Zusammenbruch nunmehr unmittelbar vor der Türe steht.

Ueber die fortschreitende Verelendung der Bevölkerung dieser Stadt geben nachstehende Ziffern ein, jede weitere Bemerkung überflüssig machendes Bild. Es beträgt der Sachaufwand des Fürsorgewesens in den Jahren: 1929 1931 für Armenpflege: Erhaltungsbeiträge S 42.010.- S 17.720.- Erziehungsbeiträge S 32.960.- S 65.770.- Bekleidungskosten S 5.820.- S 9.000.- Verpflegung in den Heimen S 67.540.- S 68.570.- Krankenpflege S 48.610.- S 80.180.- Begräbniskosten S 1.050.- S 1.460.- momentane Aushilfen S 7.040.- S 14.700.- Heilstätten S 1.340.- S 1.800.- Versorgungsheime S 27.110.- S 29.300.- zusammen S 233.480.- S 318.880.- Tuberkulosenfürsorge S 7.080.- S 7.650.- Taubstummenfürsorge S -.- S 620.- Blindenfürsorge S 610.- S 950.- Irrenfürsorge S 18.380.- S 24.600.- Wohnungsfürsorge S -.- S 2.300.- Kleinrentnerfürsorge S 230.- S 38.670.- produkt. Arbeitslosenfürsorge S 5.940.- S 14.220.- Schülerausspeisung S -.- S 12.170.- Gesamtaufwand S 265.720.- S 420.260.- Der Sachaufwand für das Fürsorgeetat wird sich daher im Jahre 1931 gegenüber 1929 um S 154.540.- das sind 58 % erhöhen, obwohl leider auch auf diesem Gebiete grösste Sparsamkeit gezwungenermassen herrschen muss. Man erwäge: In einem einzigen Jahre sind die Erträgnisse aus den Abgaben um eine halbe Million Schilling weniger, die Ausgaben

auf einem einzigen Etat um S 154.000.- mehr geworden: ein unlösbares Problem. Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass wir uns in den letzten Monaten bemüht haben, Zahlungserleichterungen und Stundungen bei den öffentlichen Stellen und bei Kreditinstituten zu erreichen. Das Endergebnis dieser Verhandlungen bedeutet für das Jahr 1931 eine Erleichterung um S 156.000.-, wobei natürlich sofort festgestellt werden muss, dass eine derartige Transaktion keine wirkliche Verbesserung der Lage bedeutet, weil ja nur die Fälligkeitstermine verschoben werden und sich andererseits wieder die Schuldenkapitalien erhöhen, sodass in den späteren Jahren wieder erhöhter Zinsendienst zu leisten sein wird. Ich habe nun, um ganz klar zu sehen, für die letzten drei Monate des Budgetjahres 1931 ein Präalabel aufgestellt, in welchem alle Pflichtleistungen des Jahres 1931 unter Berücksichtigung der verschiedenen Stundungen aufscheinen. Aus dieser Uebersicht ergibt sich nun folgendes Ergebnis: Einem Gelderfordernis von S 716.500.- stehen gegenüber Bestände und Geldeingänge von S 431.700.- sodass ein Geldabgang mit Ende des Jahres 1931 von S 284.800.- sich ergibt. Im besten Falle sind für diese Zeit noch S 100.000.- kurzfristige Kontokorrentkredite zu erreichen, sodass sich das Gelderfordernis auf S 184.800.- restringiert. Dazu kommen noch unbezahlte Rechnungen im beiläufigen Betrage von S 215,000.-, für die nicht nur für das Jahr 1931, sondern auch für das Jahr 1932 keine Bedeckung vorhanden ist. Ich habe in jeder Budgetberatungssitzung auf diese Gefahr hingewiesen, und habe immer wieder betont, dass sich der jährliche Abgang endlich einmal auswirken muss. Die Bilanz führt also zu dem Ergebnis, dass die Gemeinde Steyr zahlungsunfähig ist. In fünf Budgetberatungen habe ich auf diese Gefahr hingewiesen, bei 33 Deputationen ist dieses Kapitel zur Sprache gekommen. Wir können aber nicht nur die fälligen Rechnungen nicht mehr bezahlen, sondern der Zeitpunkt ist immer näher gerückt, in welchem wir nicht mehr in

der Lage sein werden, die vollen Gehälter flüssig zu machen. Wir müssen unter der Annahme, dass die Abgaben für das Jahr 1932 in der gleichen Höhe eingingen, wie im Jahre 1931, den Gehaltsetat um rund 60 % kürzen, um Soll und Haben ins Gleichgewicht zu bringen. Die Gehaltskürzungen aber betragen, wie ich bei einem anderen Punkte der Tagesordnung bereits angeführt habe, etwas über 9 % des Gehaltsetats. Eine Kürzung der Personallasten um 60 % ist übrigens ausser jeder Diskussion. Ersparungen aber auf anderen Gebieten zu machen, ist vollkommen ausgeschlossen. Die Budgets der letzten Jahre sind ja, wie dem Gemeinderate bekannt ist, fast durchwegs Geldvoranschläge, das heisst, in allen Budgets der letzten Jahre sind neben den gesetzlichen Ausgaben, den Pflichtleistungen und Personallasten nur die Ausgaben für die allernotwendigsten Instandhaltungen und Restaurierungsarbeiten vorgesehen. Aus dem Präliminare der letzten Jahre ist aus dem Kapitel "Oeffentliche Arbeiten" überhaupt nicht eine Ziffer zu streichen, im Gegenteil die Praxis hat ergeben, dass immer wieder Nachtragskredite für dieses Kapitel beschlossen werden mussten. Und diese Situation ergibt sich in dem Zeitpunkt, den alle verantwortlichen Menschen dieses Staates für einen kritischen Zeitpunkt halten, in einem Winter, in dem eine noch nicht dagewesene Not herrschen wird. Wir haben in der letzten Gemeinderatssitzung einen Beschluss über eine Notstandsaktion für den bevorstehenden Winter gefasst, der einen materiellen Aufwand der Gemeinde selbstverständlich nicht vorsieht und der sich im Wesen darauf beschränkt, Hilfe vom Bund, Land und von der privaten Wohltätigkeit zu erwirken. Ob damit aber die Bedürfnisse der notleidenden Bevölkerung dieser Stadt befriedigt werden, das entzieht sich natürlich meiner Beurteilung. Die Gemeinde kann, wie schon ungezähltemale ausgeführt, nicht eigene Wege gehen, die Gemeinde kann immer wieder nur auf jene Wege hinweisen, die gegenwärtig in der Finanzgesetzgebung vorgesehen sind: Das ist die Schaffung eines Ausgleichsfonds

dessen Vorlage an den oberösterreichischen Landtag noch immer nicht erfolgt ist, wir können uns allerdings auch von einem solchen Ausgleichsfonds nicht mehr viel erwarten, weil ja die ungeheure Krise auch vor den Landgemeinden nicht mehr Halt gemacht hat, wir müssen weiters immer wieder auf jene Bestimmung der Finanzverfassung hinweisen, die eine ausnahmsweise Behandlung der notleidenden Gemeinden vorsieht. Das Gebot der Stunde aber ist, dass wir schon in der allernächsten Zeit über flüssige Mittel verfügen, damit wir die dringendsten Geschäftsschulden abstatten können, dass wir die Not in dieser Stadt zu lindern in den Stand gesetzt werden, und dass wir schliesslich die Löhne und Gehälter auszahlen können. Wir müssen daher neuerdings, abgesehen von den übrigen noch ausständigen Punkten des Sanierungsprogrammes aus dem Jahre 1928 neuerlich die Forderung erheben, dass der Bund uns die Jägerkaserne abkauft, sodass wir in die Lage versetzt werden, über die nächsten Monate hinwegzukommen. Ich verhehle nicht; dass wir selbst bei Verkauf dieses Gemeindeobjektes in kaum einem halben Jahre wieder in derselben Situation stehen wie heute, denn das Finanzproblem dieser Stadt, auf eine kurze Formel gebracht, lautet: Zu wenig Einnahmen. Ich habe das Jahr 1931 schon vor Jahresfrist als ein Schicksalsjahr bezeichnet, meine Befürchtung ist leider in Erfüllung gegangen. Ich kann leider nicht konkrete Anträge stellen, sondern ich kann nur Anträge stellen, die die Zentralbehörden auffordern, unser seinerzeitiges Programm endlich einmal zu verwirklichen. Ich kann diesen Anlass nicht vorübergehen lassen, um wiederum an die im Gemeinderate vertretenen Parteien und an die gesamte Bevölkerung den ernsten Appell zu richten, unsere Schritte zu unterstützen, damit wir in gemeinsamer Arbeit vielleicht doch endlich einmal zu einem bescheidenen Erfolg kommen.

Der Referent stellt sonach folgenden Antrag: Der Gemeinderat nimmt den Finanzbericht des Bürgermeisters zur Kenntnis und ersucht das Gemeinderats-Präsidium neuerlich mit allem Nachdruck die Erfüllung des seinerzeitigen Sanierungsprogrammes bei der Regierung zu erwirken. Der Gemeinderat muss im Hinblick auf die augenblickliche Not und auf die durch normale Mittel derzeit unlösbaren Schwierigkeiten verlangen, dass der seinerzeit zugesagte Ankauf der Jägerkaserne durch den Bund um einen angemessenen Kaufschilling unverzüglich durchgeführt werde. Der Gemeinderat verlangt schliesslich die in der Finanzgesetzgebung vorgesehene Ausnahmsstellung dieser Gemeinde. Wenn dieser letzte Hilferuf ebenso ungehört bleibt wie die vielen in den letzten Jahren, dann haben die Verantwortung jene Faktoren zu tragen, die trotz ungezählter Warnungen das Problem dieser Stadt nicht ernsthaft gewürdigt haben. G.R. Dr. Peyrer-Angermann (deutsche Wahlgemeinschaft) führt zum Finanzbericht (Sanierungsmassnahmen) des Bürgermeisters an, dass trotz der Auffassungsverschiedenheit der im Gemeinderate vertretenen Parteien sei es in politischer oder in wirtschaftlicher Beziehung, alle den objektiven und klaren Ausführungen des Bürgermeisters nur zustimmen müssen und dass alle auf diesem Gebiete getroffenen Massnahmen zu würdigen sind. Wenn schon manche Fehler durch die Majorität geschehen sind, so sollen diese nicht zu demagogischen Zwecken ausgenützt werden, jedenfalls handelt es sich nur um Kleinigkeiten, die keine wie immer gearteten Einflüsse auf die Finanzlage auszuüben vermochten. Die Stadt Steyr bedeutet das letzte Stück der Kriegsliquidierung; die Zusammenziehung der Arbeiterschaft während des Krieges und dann der gänzliche Rückgang der Industrie hat nicht unwesentlich zu der dermaligen

katastrophalen, Lage der Stadt beigetragen. Die Instandhaltung der vielen Brücken in Steyr hat bisher unglaubliche Summen verschlungen. Die Steuermittel der Bevölkerung sind nicht mehr vorhanden um eventuelle in dieser Beziehung noch weitere Sanierungsmassnahmen ergreifen zu können. Wenn es so weitergeht, werden wir bald anstehen, es heisst aber, bis zum Letzten durchhalten und es muss den massgebenden Faktoren endlich gezeigt werden, dass auch diese den Ernst der Lage erkennen und dass nicht wie bisher die Wünsche mit Wohlwollen entgegengenommen werden und schliesslich doch nichts geschieht. Nur die sachliche und objektive Zusammenarbeit kann unsere Schritte, die mit dem nötigen Ernst und Energie unternommen werden müssen, mit Erfolg begleiten. Bürgermeister-Stellvertreter Rudolf Marktschläger (christlichsozial ) betont, dass der Bericht des Bürgermeisters in jeder Hinsicht zu unterstreichen ist und dass man ohne Unterschied der Partei demselben zustimmen kann. Hätten die Oberbehörden die früheren Hilferufe entsprechend gewürdigt, so hätte so manches vermieden werden können. Man muss den Oberbehörden nachweisen, dass es keine Phrase ist, sondern der Hilferuf der innersten Not der Stadt entspringt. Er bringt die Anregung, dass der Antrag des Bürgermeisters von einer Deputation in der alle Parteien des Gemeinderates vertreten sind, den massgebenden Stellen mit dem nötigen Nachdruck überreicht werde und dass auch dieser letzte Schritt, wenn er auch mit Kosten verbunden ist, vor der Bevölkerung zu verantworten ist. Schliesslich ersucht Bürgermeister-Stellv. Marktschläger dass die Resolution bezw. der Antrag des Bürgermeisters einhellig von allen Parteien des Gemeinderates angenommen werde, da nur so ein Erfolg zu erwirken ist.

G.R. Josef Kolaritsch (kommunistisch) verweist darauf, dass die kommunistische Partei jede Gelegenheit benützt, um auf die grosse Not der Stadt hinzuweisen. Steyr ist ein Opfer der bankerotten kapitalistischen Wirtschaftsordnung. Die bisherige Politik habe kläglich versagt. Die 33 Deputationen sind Beweis genug und wenn noch 5 Deputationen gesandt werden, wird sich die gegenwärtige Situation kaum ändern. Der Kampf um die Erhöhung der Steueranteile muss mit der grössten Energie betrieben werden. Ein Erfolg wird erst eintreten, wenn sich die grösseren notleidenden Gemeinden zu einem gemeinsamen Vorgehen zusammenschliessen und den Kampf gemeinsam führen. In Russland hat man für die Städte mehr Verständnis und beweist dies die harmonische Hilfe, die der Staat den Gemeinden entgegenbringt. Im kapitalistischem System dagegen sind die Städte und insbesondere die Stadt Steyr zum Tode verurteilt. Er erklärt zum Schlusse, nicht für den Antrag stimmen zu können, da es den kommunistischen Kampfmethoden nicht entspricht. Bürgermeister Sichlrader führt in seinem Schlusswort aus, dass er nicht der Ansicht ist, dass eine Deputation nicht helfen soll, es muss eben mit allem Ernst den Regierungsstellen gezeigt werden, dass es so nicht mehr weitergehen kann. In der Gemeindestube kann aber nicht über das kapitalistische oder kommunistische Wirtschaftssystem gesprochen werden. Er bittet nochmals, seinem Antrag trotz der politischen Verschiedenheit zuzustimmen, damit den Regierungsstellen gezeigt werden kann, dass sich der Gemeinderat auf wirtschaftlichem Gebiet einig ist. Die hierauf folgende Abstimmung ergibt die Annahme des Referentenantrages mit 2 Gegenstimmen.

Bürgermeister Franz Sichlrader übernimmt wieder den Vorsitz und lässt darüber abstimmen, ob die Anfrage des Gemeinderates Kirchberger und Genossen der geschäftsordnungsmässigen Behandlung zugeführt werden solle. Der Antrag wird mit Mehrheit angenommen. Der Vorsitzende erteilt sonach dem Gemeinderate Josef Kirchberger zur Begründung seiner Anfrage das Wort. G.R. Kirchberger kommt einleitend auf die letzte Gemeinderatssitzung, in der die entsetzliche Not der Stadt Steyr geschildert wurde, zu sprechen und verweist einerseits auf die Bemühungen der zuständigen Stellen, dieser übergrossen Not Herr zu werden und wie andererseits es wieder Leute gibt, die aus der Not Kapital zu schlagen suchen, wie es die Führer der Heimwehr praktizieren. Er kritisiert in scharfen Worten das Gehaben dieser Volksbewegung und verweist darauf, welch ungeheure Summen zum Schutze derselben durch den Bund verausgabt wurden und wie man sich immer wieder bemüht, diese Hochverräter zu schützen. Er bespricht dann das verantwortungslose Vorgehen des Gemeinderates Firbas anlässlich des Heimwehrputsches und fordert, diesen wegen seines Gelöbnisbruches zur Verantwortung zu ziehen. Im weiteren Verlauf bespricht G.R. Kirchberger die kleinlichen Schikanen, die durch Organe der Bundespolizei ausgeübt werden, dass es in Steyr schon zuviel ist, wenn man sich auf der Strasse räuspert, lacht oder gar pfeift und kommt dann auf rücksichtslose Vorgangsweise der Bundespolizei anlässlich der am 13. Oktober 1931 stattgefundenen Heimwehrversammlung zu sprechen und betont, dass die Schuld dieses Vorgehens nicht einzelnen Organen, sondern lediglich der Leitung des Kommissariates und insbesondere aber dem Abteilungsinspektor Mayr zuzuschreiben ist. Redner verweist schliesslich auch auf das übermässige Anschwellen des Polizeiapparates und auf das Geschimpfe bürgerlicherseits über den hohen Stand an Wachebeamten, als die Polizei dem Bürgermeister unterstellt war.

G.R. Josef Kolaritsch erhebt namens der kommunistischen Partei und der revolutionären Arbeiterschaft Steyr's schärfsten Protest gegen die Vorgangsweise der Polizei am 13. Oktober 1931 und kommt auf die nächtlichen Hausdurchsuchungen bei kommunistischen Funktionären und schliesslich auf das einseitige Vorgehen der Polizei bei Erlassung von Versammlungsverboten zu sprechen. Einerseits stellt man zum Schutze der Heimwehrversammlungen die ganze Exekutive zur Verfügung und verbietet andererseits kommunistische Demonstrationen und Versammlungen mit der Begründung, dass der Bund die Ausgaben für die Beistellung des nötigen Wacheaufgebotes nicht ertragen kann. G.R. Kolaritsch ersucht sodann um Beantwortung seiner in der letzten Gemeinderatssitzung gestellten Anfrage bezüglich der Vorkehrungen des Bürgermeisters wegen Erwirkung eines Verbotes der Heimwehrversammlung am 13. Oktober 1931 und meint, dass dieser Tag ein Schulbeispiel bürgerlicher Demokratie darstellt und fordert in einer Resulution unter anderen Punkten die sofortige Entfernung des Abteilungsinspektor Mayrs von seinem Posten und die Einstellung der von der Gemeinde für das Bundespolizeikommissariat Steyr zu leistenden Zuschüsse. Bürgermeister Sichlrader erklärt, die Ausführungen des Gemeinderates Kolaritsch in seine heutige Beantwortung nicht einbeziehen zu können und dass die Resolution Kolaritsch erst nach schriftlicher Einbringung und Unterstützung von 5 Gemeinderatsmitglieder der geschäftsordnungsmässigen Behandlung zugeführt werden kann. Sodann schreitet Bürgermeister Sichlrader zur Interpellationsbeantwortung und führt aus: 1.) Die Gemeindeverfassung gibt mir keine Handhabe zu einem Einschreiten; das Wort in einer solchen Sache hat nach meiner Ansicht der Staatsanwalt.

2.) Ich habe schon am 4. und 5. November 1930 bei der Polizeileitung dagegen Protest erhoben, dass anlässlich besonderer Ereignisse jedes Einvernehmen mit dem Bürgermeister, der ja auch Bezirkshauptmann der Stadt Steyr ist, bewusst unterlassen wird. Ich habe denselben Protest am 13. September d.J. und am 21. Oktober d.J. wieder erhoben, allerdings ohne Erfolg. Ich bin zwar der Ansicht, dass die Leitung der Polizei gemäss Art. 22 der Verfassung zu einem solchen Einvernehmen verpflichtet wäre. Ich werde diese Interpellation unverzüglich an den Landeshauptmann zur Untersuchung der geschilderten Vorfälle weiterleiten. Wer die Kosten des Gendarmerieaufgebotes getragen hat, vermag ich nicht zu sagen, nachden bestehenden Gesetzen hat diese Kosten der Bundesschatz zu tragen. Ich selbst bedauere das durch nichts begründete und allen besonnenen Menschen unverständlich erscheinende scharfe Vorgehen der Polizei, da eine solche Handlungsweise sicherlich nicht zur Beruhigung der in schwerster Not lebenden Bevölkerung dieser Stadt beiträgt. Damit ist die öffentliche Sitzung vom Vorsitzenden für geschlossen erklärt. Der Vorsitzende: Der Schriftführer: Die Ueberprüfer:

Niederschrift über die vertrauliche Sitzung des Gemeinderates der Stadt Steyr, am Freitag, den 30. Oktober 1931. Tagesordnung. Stadtrat. Referent Stadtrat Dr. Rudolf Schneeweiss: 1.) Grundverkauf. 2,) Aufnahmen in den Heimatsverband. Referent Stadtrat Karl Klement: 3.) Freiwillige Aufnahmen in den Heimatsverband. Referent Bürgermeister Franz Sichlrader: 4.) Aenderung der Dienstordnung. Fürsorgeausschuss. Referent Bürgermeister-Stellv. Anton Azwanger: 5.) Fürsorgerekurse. Der Vorsitzende eröffnet um 22 Uhr 50 Minuten die Sitzung und gibt bekannt, dass sich die Gemeinderäte Karl Klement und August Firbas von der Sitzung entschuldigt haben und dass die Punkte 1 und 3 der Tagesordnung zurückgestellt wurden. Sodann gelangt Pkt. 2 Heimatrechtsangelegenheiten zur Behandlung. Referent Stadtrat Dr. Rudolf Schneeweiss beantragt zu Punkt 2.) Aufnahmen in den Heimatsverband. Ansuchen um Aufnahme in den Heimatverband auf Grund der Ersitzung: a) Aufnahmen:

Akamphuber Josef Bamminger Johann Buchta Adalbert Dirmayr Maria Eisinger Leopold Fleischanderl Karl Fügner Katharina Gross Theresia Gschwandtner Josef Hackl Alois Hambrusch Peter Hausmann Johanna Hemmelmayr Karl, Ing. Hofmarcher Konrad Jakopp Hedwig Kastner Karl Koller Anton Lindenmayr Josef Löschenkohl Johann Mitsch Katharina Neidhart Barbara jun. Petrovitz Maria Pirzl Johann Presenhuber Alois Rodinger Franz Schartmüller Johann Scheideleder Franz Schicklgruber Johann Schwarz Adalbert Smid Friedrich Steinacker Franz Uiblacker Heinrich Amon Franz Beck Johann Daspelgruber Johann Eisinger Franz Fischer Paula Frühwirth Engelbert Götz Rudolf Gruber Franz Guttbrunner Albine Hager Maria Hanetzeder Hedwig Hausjel Maria Hofer August Hueber Leopold Köllinger Maximilian Koch Auguste Korous Ferdinand Lobitzberger Josefa Lubinger Franz Neidhart Barbara Paulmayr Franz Pfistermüller Alois Pirzl Maria Riedl Alois Schachinger Franz Schatzl Josef Scheifele Johann Schützenhofer Mathias Sindelar Franz Stamberg Franz Steinmassl Josef Weinberger Rudolf

Wellebil Franz Wimmer Franz Zauner Franz Wipplinger Ignaz b) Abweisungen: Demmelmair Mathias (Ansuchen der Gemeinde Wallern). Ansuchen um Zusicherung der Aufnahme in den Heimatverband der Stadt Steyr: Hlavaty Franz, Kutscher, Stadtplatz 18 (abgewiesen) Jomrich Franz, Landwirt, Posthofstr. 33 (aufgenommen). Nachtrag. Aufnahmen in den Heimatverband auf Grund der Ersitzung. a) Aufnahmen: Derfler Franz Antonic Friedrich Digles Richard Dirnberger Rudolf Ehmayer Helene Durst Theresia Holzmühler Josef Froschauer Karl Mayr Johann Kinninger Leopold Rimnac Rudolf Mitterhuber Franz Schittengruber Karoline Semmann Johanna Stierl Berta Zwiler Georg b) Abweisungen. Raab Josef (Ansuchen der Gemeinde Neuhofen a.d.Kr.) Einstimmig angenommen. Bürgermeister-Stellvertreter Anton Azwanger übernimmt den Vorsitz und erteilt dem Referenten Bürgermeister Sichlrader zu Punkt 4.) Aenderung der Dienstordnung das Wort. Der Referent Bürgermeister Sichlrader führt folgendes aus:

Die Magistratsangestellten der Stadt Steyr werden nach dem Gehaltsschema der Bundesangestellten entlohnt. Durch die im Jahre 1930 beschlossene Dienstordnung haben die Angestellten gegenüber den Bundesangestellten gewisse Vorteile gehabt. Während die Bundesangestellten eine 78,3 %ige Pensionsbemessungsgrundlage haben. hatten die Gemeindeangestellten eine 100 %ige. Die Bundesangestellten müssen für ihre Bezüge Einkommensteuer und Pensionsbeiträge bezahlen, für die Gemeindeangestellten wurden diese Bezüge bisher vom Dienstgeber geleistet. Ausserdem hat der Bund die Kriegsdienstzeit 1 1/2 fach angerechnet, während in Steyr eine zweifache Anrechnung durchgeführt wurde. Es handelt sich hier um Begünstigungen, die wiederholt von den vorgesetzten Gebietskörperschaften beanstandet wurden. Es muss allerdings festgestellt werden, dass die Einreihungsverhältnisse der Magistratsangestellten eine derartige Begünstigung bis zu einem gewissen Grade rechtfertigen. Es muss ferner festgestellt werden, dass fast alle grösseren Gemeinwesen in Oesterreich das sogenannte Einheitsschema eingeführt haben, das insbesondere bei den höheren Dienstposten wesentlich höhere Gehälter aufweist. Die meisten städtischen Angestellten hatten bis in die letzte Zeit 14 Monatsgehälter, während unsere Angestellten bloss 60 % eines Monatsgehaltes als Sonderzahlung erhielten. Die jetzigen Verhältnisse zwingen uns, auch in dieser Hinsicht mit den Angestellten zu verhandeln, um die bisher bestehenden Privilegien aus der Welt zu schaffen. Es ist selbstverständlich, dass die Angestellten auf die erworbenen Rechte nicht gerne verzichten und dass ihnen ein Teil dieser erworbenen Rechte abgelöst werden musste, weil sonst überhaupt eine Aenderung der Dienstordnung nicht möglich gewesen wäre. Das Ergebnis der Verhandlungen, das in Form der Dienstordnungsänderung durch den Gemeinderat zu genehmigen ist, ist in kurzen Zügen folgendes:

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2