Gemeinderatsprotokoll vom 16. Juli 1930

18. Sitzung. Niederschrift über die 18. ordentliche Sitzung des Gemeinderates der Stadt Steyr am Mittwoch, den 16. Juli 1930. Tagesordnung. 1.) Bericht des Bürgermeisters. Stadtrat. Referent Bürgermeister-Stellv. Russmann: 2.) Schlosspark, Vertragsgenehmigung. für ein Amtsgebäude. 3.) Grundabtretung Finanz- und Rechtsausschuss. Referent Gemeinderat Franz Huber: 1.) Kraftwagen-Beschwerde. 5.) Landeszweckabgabe, Rekurse. Referent G.R. Josef Kirchberger: 6.) ex präsidio Erledigungen. 7.) Pferdeabgabe-Rekurs. 8.) Landeszweckabgabe-Rekurse. Referent Gemeinderat Alois Huemer: 9.) Ankündigungsabgabe-Rekurs. Referent Bürgermeister-Stellv. Russmann: 10.) "Geste", Vorlage der Bilanz. Fürsorge-Ausschuss. Referent Bürgermeister-Stellv. Russmann: 11.) Neubestellung von Fürsorgeräten. 12.) Fürsorgerekurse. Bau- und Verwaltungsausschuss. Referent Bürgermeister-Stellv. Dr. Messenböck: 13.) Teilregulierungspläne. Vertrauliche Sitzung.

Anwesende: Vorsitzender Bürgermeister Franz Sichlrader, die Bürgermeister-Stellvertreter Julius Russmann und Dr. Hubert Messenböck, die Stadträte: Dedic Karl, Dressl August, Klement Karl, Gaiblinger Keopold, Schlossgangl Leopold, die Gemeinderäte: Azwanger Anton, Leitzinger Karl, Baumgartner Hans Lemp Karl Patek Irene Chalupka Elise Dr. Peyrer-Angermann Ecker Alois Dr. Ulrich Furrer Pfaff Johann Hamberger Josef Riedler Ludwig Hambrusch Peter Schrangl Franz Huber Franz Schwandtner Anton Steiner Florian Huemer Alois Tribrunner Franz Kirchberger Josef Voglsam Josef Knabl Ferdinand Vom Magistrat : Magistrats-Direktor Dr. Ferdinand Häuslmayr, als Schriftführer: Kanzleidirektor Karl Kapinus. Entschuldigt abwesend sind: die Stadträte: Dr. Rudolf Schneeweiss und Hans Roithner, die Gemeinderäte: Knogler Richard, Schwitzer Erna u.Hans Witzany. Als Niederschriftsprüfer fungieren die Gemeinderäte Hofrat Dr. Ulrich Furrer und Alois Ecker. Vorsitzender Bürgermeister Franz Sichlrader eröffnet die Sitzung und berichtet zu Punkt 1.) Mitteilungen des Bürgermeisters über das Ergebnis der Suppenaktion im Winter 1929/30. Zl. 511/30 21. 637/30 Zusammensetzung der Kommission zur Bildung der Geschworenen- und Schöffenliste. Im Einvernehmen mit den Parteien wird der Amtsantrag genehmigt.

Stadtrat. Referent Bürgermeister-Stellv. Russmann: Punkt 2.) Schlosspark, Vertragsgenehmigung. Zl. 2271/30 Der Referent begründet im Detail die Vorarbeiten und beantragt: Der Gemeinderat erteilt dem Uebereinkommen vom 6. Mai 1930 betreffend die öffentliche Benützung des Schlossparkes nachträglich die Zustimmung. Gleichzeitig werden die auf die Rückübergabe einzelner Objekte, Materialien und Grundstücke an die Schlossverwaltung bezüglichen Protokolle vom 6., 8.Mai und 15. Juli 1930 und die darin festgelegten Ersatzleistungen zur Kenntnis genommen. Bei der Abstimmung wird der Antrag angenommen. Zl. 2751/30 Punkt 3.) Grundabtretung für ein Amtsgebäude. Der Referent begründet die Notwendigkeit eines solchen Baues, verweist darauf, dass der Garten der Schrader-Realität für eine Hauptschule viel zu klein wäre und beantragt: Der Gemeinderat beschliesse: einen Teil der sogenannten Schrader-Realität im beiläufigen Ausmasse von 3.000 m2 in das unentgeltliche und lastenfreie Eigentum des Bundes unter der Bedingung zu übergeben, dass auf diesem Grunde ein Gebäude zur Unterbringung nachstehender öffentlicher Aemter errichtet werde: Bezirkshauptmannschaft, Bezirkssteuerbehörde, Steueraufsicht, Steueramt, Vermesssungsamt, Bezirksjugendamt, Arbeitsamt und Bezirksgendarmeriekommando. Der Gemeinderat gibt der zuversichtlichen Erwartung Ausdruck, dass bereits im Bundesbudget 1931 die entsprechenden Geldmittel für diesen Bau sichergestellt werden. Der Gemeinderat betont bei diesem Anlasse, dass dieser Grund ebenso wie die Gründe, die er bereits zur Errichtung der Polizeikaserne und der Bundesmittelschule zur Verfügung gestellt

hat, zu dem wertvollsten Gemeindegrundbesitz gehört. Der Antrag steht zur Diskussion. G.R. Hofrat Dr. Ulrich Furrer verweist auf die Unbrauchbarkeit des Gebäudes der Bezirkshauptmannschaft und bezeichnet dieses als eine wahre Schande. Der Referentenantrag wird sodann einstimmig angenommen. Finanz- und Rechtsausschuss. Referent Gemeinderat Franz Huber: 4.) Kraftwagen-Beschwerde. Zl. 12936/29 Ehgartner Karl, Abgabe für Personen-Auto. Der Gemeinderat beschliesse: Dem Ansuchen um Herabsetzung der Kraftwagenabgabe auf das für Lastkraftwagen vorgeschriebene Ausmass mangels gesetzlicher Voraussetzung keine Folge zu geben, da der Beschwerdeführer zu dem Kraftwagen eine Personenwagenkarosserie besitzt und daher jederzeit in der Lage ist, den gegenständlichen Wagen als Personenwagen zu benützen. Einstimmig angenommen. Punkt 5.) Landeszweckabgabe-Rekurs. Zl.812/30 Sensenwerke Krenhof A.G. Landeszweckabgabe-Beschwerde. Der Referent beantragt nach kurzer Begründung, der Gemeinderat beschliesse: Der Beschwerde wird aus den Gründen der Entscheidung der Bemessungsbehörde I.Instanz keine Folge gegeben. Einstimmig angenommen. Referent G.R. Josef Kirchberger: Punkt 6.) ex präsidio Erledigungen. Zl. 2788/30 Antrag des Finanz- und Rechtsausschusses: Der Referent beantragt wie alljährlich: Der Herr Bürgermeister wird zur ex präsidio Erledigung dringender Angelegenheiten während der Gemeinderatsferien ermächtigt. Durch diese Ermächtigung wird der Gemeinderatbeschluss vom 12.März 1926, Zl. 5953 betreffend Bestellung des Ersparungskomitees (Stadtrates) nicht berührt. Einstimmig angenommen.

Punkt 7.) Pferdeabgabe-Rekurs. Zl.1553 Badegruber Johann, Pferdesteuer-Rekurs. Derselbe Referent beantragt: Dem Einspruch wird gemäss § 4 des Gesetzes vom 23.Dezember 1925, L.G.u.V. Bl.Nr.34 ex 1926 keine Folge gegeben, da durch die Erhebungen festgestellt ist, dass das Pferd nicht ausschliesslich in Ausübung des Gewerbebetriebes verwendet wird. Einstimmig angenommen. Punkt 8.) Landeszweckabgabe-Rekurse Derselbe Referent beantragt unter Hervorhebung der gewissenhaf. ten Arbeit, da bei 8000 Vorschreibungen nur 34 Rekurse vorliegen, folgende Herabsetzungen: Zl. 1411 Langensteiner Anton, Zl. 1551 Baumberger Peter, Zl. 1572 Laschober Johann, Zl. 1582 Fischlmayr Josef, Zl. 1588 Ehler Josef, Zl. 1600 Angerer Anton, Zl. 1623 Bittner Marie, Zl. 1711 Vielhaber Josefine, Zl. 1714 Puchegger Marie, Zl. 1728 Rogl Sylvester, Zl. 1741 Weisser Marie, Zl. 1768 Huber Rudolf, Zl. 1769 Schirok Ludwig, Zl. 1826 Stallinger Ludwig, Zl. 1830 Ing.Wartha Ludwig, Zl. 1878 Mayr Josef, Zl. 2012 Rathenböck Moriz, Zl. 1973 Gottwald Marie, Der Referent ersucht um Zustimmung. Einstimmig angenommen.

Ferner beantragt er folgende Einsprüche gegen die Landeszweckabgabe abzuweisen: Zl. 1488 Buresch Otto Zl. 1815 Scherhaufer Josef Zl. 1577 Deisl Michael Zl. 1819 Wittmann Leopold Zl. 1613 Derfler Karl Zl. 1858 Wieser Rudolf Zl. 1615 Gurschner Harald Zl. 1916 Eiterer Franz Zl. 1624, Haidenthaler Josef Zl. 2019 Kristen Karl Zl. 1759 Wöhrer Heinrich Zl. 2048 Rasmussen Josefine Zl. 1780 Schmidt Franz Zl. 1798 Eichler Robert Zl. 1789 Stinitzka Arthur Zl. 2181 Linzer Wurstfabrik. G.R. Josef Hamberger findet die Vorschreibung im Falle Haidenthaler ungerecht. G.R. Ferdinand Knabl verweist darauf, dass bei Wöhrer 3 Brüder gemeinsam das Geschäft führen. G.R. Josef Kirchberger stellt fest, dass in beiden Fällen dem Gesetz entsprechend die Vorschreibung erfolgte. Der Bürgermeister lässt nun über die beiden Fälle separat abstimmen, wobei der Referenten-Antrag die Mehrheit erhält. Die übrigen Fälle werden einstimmig angenommen. Punkt 9.) Ankündigungsabgabe-Rekurs. Zl. 1311 Reklamebüro Benno Sasse. Der Referent beantragt: Dem Einspruche wird mangels gesetzlicher Voraussetzung keine Folge gegeben. Besonders berücksichtigungswürdige Umstände liegen auch nicht vor, da die I. Instanz bereits eine wesentliche Ermässigung gewährt hat. Angenommen. Der Punkt 10 der Tagesordnung wird über Ersuchen bis nach Punkt 13 zurückgestellt. Fürsorgeausschuss. Referent Bürgermeister-Stellv. Russmann: Punkt 11.) Neubestellung von Fürsorgeräten. Der Referent beantragt:

Zl. 1378/30 Bestellung eines neuen Fürsorgerates für den 19.Fürsorgebezirk. Der Gemeinderat beschliesse dem Antrage der Fürsorgeräteversammlung auf Bestellung des Herrn Johann Obermayr als Fürsorgerat für den 19.Fürsorgebezirk die Genehmigung zu erteilen. Dem zurückgetretenen bisherigen Fürsorgerat Herrn Julius Martin wird für sein langjähriges erfolgreiches Wirken der Dank und die Anerkennung des Gemeinderates ausgesprochen. Zl. 2801/30 Bestellung einer neuen Fürsorgerätin für den 10.Fürsorgebezirk. Der Gemeinderat beschliesse dem Antrag der Fürsorgeräteversammlung auf Bestimmung des Frl. Marie Dworschak als Fürsorgerätin für den 10.Bezirk die Genehmigung zu erteilen bezw. die neue Fürsorgerätin zu ernennen. Der Uebernahme des Fürsorgebezirkes 11 durch die bisherige Fürsorgerätin des 10.Bezirkes Frl. Viktoria Bachner gibt der Gemeinderat seine Zustimmung. Der bisherigen Fürsorgerätin für den Fürsorbezirk 11 Frau Marie Hingerl spricht der Gemeinderat seinen Dank aus. Zl. 2150/30 Bestellung eines neuen Fürsorgerates für das Bruderhaus. Der Gemeinderat beschliesse: An Stelle des vom Amte eines Fürsorgerates für das Bruderhaus zurückgetretenen Herrn Anton Doppler wird über Vorschlag der Fürsorgeräteversammlung Herr Johann Simbrunner als Fürsorgerat für das Bruderhaus bestimmt. Herrn Anton Doppler wird für seine umsichtige und erspriessliche Amtsführung der Dank und die Anerkennung des Gemeinderates ausgesprochen. Zl.1379/30. Bestellung eines Fürsorgerates für den 7. Bezirk. Der Gemeinderat beschliesse: An Stelle des zurückgetretenen Fürsorgerates für den 7.Bezirk Herrn Richard Linninger wird Herr Karl Pfaffhuber im Sinne des Vorschlages der Fürsorgeräteversammlung als Fürsorgerat für diesen Bezirk bestimmt.

Herrn Richard Linninger wird vom Gemeinderate Dank und Anerkennung ausgesprochen. Alle vier Anträge gelangengemeinsam zur Abstimmung und werden einstimmig angenommen. Punkt 12.) Fürsorgerekurse. Der Referent beantragt namens des Fürsorgeausschusses: M 5/22 Berufung der Hain Elise gegen Entscheidung der Fürsorgeräteversammlung. Der Gemeinderat beschliesse: Dem Einspruche kann mit Rücksicht auf die beschränkten Mittel der Gemeinde keine Folge gegeben werden. Es bleibt daher unter Würdigung der Erhebungsergebnisse der Beschluss der Fürsorgeräteversammlung in seiner Gänze aufrecht. Zl. 1852/30 Fürsorgerekurs Estermann Josef. Der Gemeinderat beschliesse dem Einspruche teilweise stattzugeben und einen einmaligen Bekleidungsbeitrag von S 15.- zu bewilligen. Der Pflegepartei Estermann steht es ausserdem noch frei für die beiden Pflegekinder Eduard und Erna Zachl je ein Paar Sandalen beim Fürsorgeamte zu beanspruchen. M99/22 Fürsorgerekurs Kierer Julie. Der Gemeinderat besohliesse dem Einspruche insoweit stattzugeben, dass der Kindesmutter Julie Kierer eine einmalige Beihilfe von S 20.- gewährt wird. In den übrigen Teilen bleibt der angefochtene Beschluss der Fürsorgeräteversammlung unter Würdigung der Erhebungsergebnisse aufrecht. Zl. 2309 Ott Hermann, Fürsorgerekurs. Der Gemeinderat beschliesse dem Einspruche keine Folge zu geben, da Mann und Frau eine wenn auch kleine wöchentliche Unterstützung beziehen, sodass mit der Unterstützung der Gemeinde der Mindestverdienst eines Arbeiters erreicht wird. Der angefochtene Beschluss der Fürsorgergäteversammlung besteht daher zu Recht. Zl. 11819/29 Rekurs des Bezirks-Jugendamtes Steyr-Land betref. fend Unterhaltsbeiträge der Kinder Walter u.Margarete J o h n. Der Gemeinderat beschliesse dem Einspruche keine Folge zu

geben und die Entscheidung der Fürsorgeräteversammlung zu bestätigen. Zl. 3043/30 Mayrhuber Viktor, Fürsorgerekurs. Dem Rekurs wird mangels gesetzlicher Voraussetzung keine Folge gegeben, da die besondere Bedürftigkeit zur Gewährung einer dauernden Unterstützung auf Grund der gepflogenen Erhebungen nicht vorliegt. Alle diese Anträge gelangen ebenfallsgemeinsam zur Abstimmung und werden angenommen. Bau- und Verwaltungsausschuss. Referent Bürgermeister-Stellv. Dr. Messenböck: Punkt 13.) Teilregulierungspläne. Zl. 3135/30 Parzellierung von Baugründen der Stadtgemeinde Steyr. Der Referent beantragt namens des Bau- und Verwaltungsausschusses: Der Gemeinderat beschliesse, den Amtsantrag der MagistratsAbteilung IV auf Parzellierung der Baugründe 1. Ennserstrasse - Kaserngasse, 2. Sierningerstrasse westlich des Versorgungsheimes, 3. südlich der Fuchslucke emtsprechend dem Amtsberichte und den diesen beigelegten Parzellierungsplänen zu genehmigen. Angenommen. Referent Bürgermeister-Stellv. Russmann: Punkt 10.) „Geste", Vorlage der Bilanz. Zl. 3051 Der Bürgermeister erteilt dem Referenten das Wort, nachdem er festgestellt hat, dass der Betriebsleiter Franz Mellich vorgeladen wurde, dass dieser aber am Nachmittag mit Fahrschülern fortgefahren sei, vielleicht eine Panne hatte, wodurch sein Ausbleiben zu rechtfertigen wäre. Der Referent führt aus. Bevor ich auf den eigentlichen Gegenstand zu sprechen komme, möchte ich folgendes Grundsätzliches vorausschicken:

Der Gemeinderat hat Ende des Jahres 1928 einstimmig ein Sanierungsprogramm ausgearbeitet, das Steuer- und Gebührenerhöhungen, Reduzierung der öffentlichen Fürsorge, Verstaatlichung der Polizei, Abbau von Beamten, Verkauf des städtischen Krankenhauses und anderer öffentlicher Gebäude vorsah. Ein Teil dieses Sanierungsprogrammes ist bereits durchgeführt worden, ein Teil harrt noch der Erledigung. Durch das verständnisvolle Entgegenkommen der jetzigen Regierung werden die noch ausstänigen Projekte voraussichtlich in absehbarer Zeit durchgeführt werden. Was wir aus eigenen Kräften zu tun imstande sind, wollen wir restlos erfüllen und es ist kein Zweifel, dass die Regierung, diese Taten des Gemeinderates würdigend, schon aus diesem Grunde unseren Vorschlägen gegenüber zugänglich ist. Ich erinnere auch daran, dass wir das Stadtgut, dessen passive Wirtschaft eine schwere Sorge der Gemeinde war, verpachtet haben. Wir haben die drakonischesten Sparmassnahmen schon seit dem Jahre 1926 eingeführt, wir haben unbekümmert um Prestigepolitik auf allen Zweigen der öffentlichen Verwaltung jene Massnahmen getroffen, die uns zur Ueberwindung der Finanznot dieser Stadt unerlässlich erschidnen. Es ist selbstverständlich, dass diese Massnahmen auch vor unseren Unternehmungen nicht halt machen können. Als wir im August 1927 die Autobuslinien errichteten, wurde dieses Werk von der gesamten Bevölkerung freudig begrüsst. Ueber die Notwendigkeit der Erschliessung des Hinterlandes bedarf es in dieser Körperschaft keiner besonderen Begründung. Schon bei der Gründung der „Geste" haben wir zum Ausdruck gebracht, dass wir dann, wenn ein Betriebszweig Tendenzen zur dauernden Passivität zeigen sollte, ihn abstossen werden. Allerdings dachten wir beim Autobusbetrieb, der ja mit Rücksicht auf die besonderen Verhältnisse dieser Stadt unter besonders ungünstigen Voraussetzungen leidet, daran, ihn etwa aus öffentlichen Mitteln zu subventionieren, was ja insoferne gerechtfertigt wäre, als es sich um ein Unternehmen des öffentlichen Interesses handelt. Aber die Zeiten haben sich inzwischen gewaltig

geändert. Die im Sommer des vergangenen Jahres einsetzende wirtschaftliche Katastrophe hat diese Stadt an den Rand des Abgrundes gebracht und eine Stadt, die um ihre Existenz kämpft, die Bundesund Landeshilfe zur Sanierung ihrer Finanzen in Anspruch nehmen muss, kann natürlich selbst ein Unternehmen, das im öffentlichen Interesse gelegen ist, dann, wenn es passiv wird, nicht mehr weiterführen. Nun ergibt der Rechnungsabschluss der "Geste" infolge der Verluste der Autobetriebe eine Unterbilanz. Unter normalen und gesunden Finanzverhältnissen würden wir, wie bereits betont, es verantworten können, aus der Stadtkassa Zuschüsse zu leisten, um so die Betriebe aufrecht zu erhalten, unter den gegenwärtigen Verhältnissen aber können wir eine solche Verantwortung nicht tragen. Und so bin ich heute auf Grund des Ergebnisses der Bilanz gezwungen, dem Gemeinderate Anträge zu unterbreiten, die die Abstossung der Autobetriebe zur Folge haben. Wir sind zu diesem Entschlusse gekommen. Besondere Verhältnisse, auf die ich noch zu sprechen kommen werde, rechtfertigen die scheinbare Verzögerung. Das Jahr 1929 brachte durch die verschiedenen Zwischenfälle des Winters, aber auch durch eine Vermehrung und Intensivierung des Reklamegeschäftes eine Anhäufung von Büroarbeiten und die Betriebsleitung der "Geste", die stets beauftragt wurde, mit Personal möglichst zu sparen, musste den Buchhalter zu diesen Arbeiten heranziehen, welcher infolgedessen erst sehr spät dazu kam, die Bilanz aufzustellen. Man konnto umso ruhiger zuwarten, als im Oktober 1928 ohnedies eine Revision der "Geste" stattge. funden hat. Nach Vorlage des Bilanzentwurfes für 1928 setzte die Kontrolle des Rechnungsamtes, die sehr eingehend war, ein. Inzwischen war aber das Ende des Jahres 1929 herangekommen und das Magistrats-Präsidium entschloss sich, die Ergebnisse der Bilanz pro 1929 abzuwarten, um so beide Rechnungsabschlusse gleichzeitig dem Gemeinderat vorzulegen. Ich habe aber veranlasst, dass die Bilanz pro 1929 so rasch als möglich fertiggestellt wird, damit der Gemeinderat möglichst bald von der Lage der "Geste"

unterrichtet werde. Ich berichte nun über die Rechnungsabschlüsse 1928 und 1929, welche von der Kontrolle als mit den Büchern und stichprobenweise mit den Belegen übereinstimmend befunden wurden. Gewisse Richtigstellungen, insbesondere wegen der Aufteilung der Lasten der zentralen Geschäftsführung und der Unkosten wurden vorgenommen. Alle Geschäftszweige der "Geste" hatten im Jahre 1928 an Umfang zugenommen, vor allem war es in diesem Jahre möglich, den regelmässigen Autobusbetrieb aufzunehmen. Auch die Liquidierung der Holzwarenabteilung in Form der Aufarbeitung der Halbfabrikate nahm einen befriedigenden Fortgang. Allerdings erwiesen sich hiebei die Schwierigkeiten grösser, als man anfangs gedacht hatte, da die Arbeitsweise in der seinerzeitigen Uhrenkastenfabrik ohne jede Kontrolle und kaufmännische Gebarung vor sich gegangen war und es grösster Sorgfalt, Mühe und auch bedeutender Kosten bedörfte, um die Aufarbeitung der Halbfabrikate endlich befriedigend zu gestalten. Immerhin war es noch nicht gelungen, die Autoabteilung und die Holzwarenabteilung aktiv zu machen; die Verluste in diesen beiden Abteilungen zusammen mit einem kleinen Verlust im Bestattungswesen zehrten die Gewinne In den anderen Zweigen auf, sodass ein Nettoverlust von S 5.574.55 resultierte. Dieser Verlust schien nicht von besonderer Bedeutung, da man bei der Liquidierung der Holzwarenerzeugung von vornherein mit gewissen Einbussen rechnen musste, der Autobusbetrieb noch im Anfang der Entwicklung stand und man nach der damaligen Wirtschaftslage dieser Stadt noch hoffen konnte, dass die weitere Zunahme des Verkehres den Autobusbetrieb rentabel gestalten würde. Der Rechnungsabschluss weist eine Unterbilanz von S 5.906.02 aus, von der der Reservefonds von S 2.000.- abzurechnen ist, sodass sich eine tatsächliche Unterbilanz von S 3.906,02 ergibt. Die im Oktobef 1928 vorgenommene Revision hatte bereits gezeigt, dass eine Unterbilanz in der angegebenen Höhe wahrscheinlich resultieren dürfte. Dieser Umstand liess aber keinen Schluss

auf die dauernde Ertragsfähigkeit des Unternehmens zu, da die Anfangsschwierigkeiten eben erst überwunden werden mussten, und da die „Geste" von Anfang an ohne jedes Eigenkapital zu arbeiten gezwungen war. Leider hatte das Jahr 1929 die Erwartungen nicht erfüllt, die man darauf gesetzt hatte. Der reine Verlust stieg auf S 20.249.37, sodass sich eine Unterbilanz von S 26.155.39 ergab. Den um die notwendigen Abschreibungen verringerten Aktiven per S 332.786.31 stehen Passiven per S 358.941.70 gegenüber. Den Betriebsgewinnen der Reklameabteilung per S 1.216.87 der Versicherungsabteilung per S 508.81 und dem Bestattungswesen per S 364.09 das ist zusammen S 2.089.77 stehen die Verluste der Autoabteilung per S 20.225.32 und der Holzwarenerzeugung per S 2.113,82 das ist zusammen S 22.339.14 gegenüber, sodass sich ein reiner Verlust v. S 20.249.37 ergibt. Auf Grund dieses Bilanzergebnisses wurde sofort eine Inventuraufnahme pro Mitte April 1930 angeordnet und auf Grund dieser Inventur eine Zwischenbilanz erstellt. Es ergaben sich hiebei einige im ganzen bedeutungslose Bewertungsverschiebungen gegenüber den Ansätzen der "Geste". Die Zwischenbilanz hat gezeigt, dass die Abschreibungen bei der „Geste" ordnungsgemäss durchgeführt worden sind, aber auch, dass der Verlust hei den genannten Betriebszweigen sich heuer annähernd wieder in derselben Höhe bewegen würde, wie im Vorjahre. Welches sind nun die Ursachen dieser ungünstigen Entwicklung ? In dem Absatz der im Zuge der Liquidierung der Holzwa- renerzeugung hergestellten Uhrenkasten trat ein unvorhergesehener Stillstand ein. Die Firma Landenberger mit der die "Geste" fest abgeschlossen hatte, brach zusammen, eine Konkurrenzfirma kaufte das ganze Lager, das auch die von der "Geste" an Landenberger gelieferten Uhrenkasten enthielt, zu einem Spottpreis auf und

überschwemmte damit den Wienermarkt, sodass der Absatz vollkommen ins Stocken gebracht wurde. Aber mehr noch. Da die Firma Landenberger noch nicht alle Uhrenkasten übernommen hatte, blieb der „Geste" ein grösserer Teil des Lagers an Fertigware und an Materialien liegen. Die Erzeugung der Ührenkasten wurde daraufhin sofort eingestellt und versucht, das Lager bestmöglichst zu verwerten. Es ist selbstverständlich, dass hiebei kein Gewinn erzielt werden konnte. Bei den Autobetrieben wurden alle organisatorischen Mass nahmen getroffen, um diese den Anforderungen des Publikums entsprechend auszugestalten und ein angemessenes Erträgnis zu erzielen. Eine genaue Betriebsorganisation ermöglichte es rasch und wirksam zu disponieren. Die Arbeit wurde so eingeteilt, dass Ueberstunden fast ganz vermieden wurden und dass die Arbeiter und Chauffeure, die im Fahrdienst frei waren, in der Garage und zu Reparaturen ausgenützt werden konnten. Aber auch hier traten Ereignisse ein, denen gegenüber alle Sorgfalt und Mühe fruchtlos bleiben musste. Sie wissen ja, wie schlecht der Zustand der Strassen nicht nur in der Stadt, sondern mit wenigen Ausnahmen auch in der Umgebung ist, die die Autobusse der "Geste" befahren müssen und Sie wissen, dass dieser Zustand schon in normalen Zeiten schwere Kosten verursacht. Der strenge Winter 1929 musste sich unter diesen Umständen ganz besonders katastrophal auswirken. Man kann an erhöhten Reparaturskosten und erhöhtem Pneuverbrauch mindestens s 7.000.- rechnen, die durch den strengen Winter verursacht worden sind. Dabei ist der ganz bedeutende Entfall an Einnahmen nicht mit berücksichtigt. Immerhin hätten alle diese Umstände das Defizit nicht auf die angegebene Höhe gebracht, wenn nicht die grosse Katastrophe, die über die ganze Stadt Steyr durch die Einstellung der Steyr-Werke gekommen ist, ihre Folgen auch für die Autobetriebe der "Geste" gezeitigt hätte. Der Verkehr insbesondere in der Stadt ging ganz gewaltig zurück und es war nur mit der grössten Sorgfalt und Mühe möglich, den Verlust

der Autobetriebe in der angegebenen Höhe zu erhalten. Die bis jetzt eingetretenen Verluste haben die liquiden Mittel weitgehend aufgezehrt und so die effektive, nicht nur buchmässige Ansammlung von Abschreibungsreserven verhindert. Jeder Monat, in dem der Betrieb aufrecht erhalten wird, kostet der „Geste" beträchtliche Summen. Die Gemeinde muss sich also rasch entschliessen, um diesem Zustande zu stenern. Es wäre also notwendig eine für unsere Verhältnisse nicht unbeträchtliche Subvention zu Gunsten der "Geste" zu beschliessen, um den im Interesse der Stadt insbesondere der Geschäftsweat wichtigen Autobusbetrieb aufrecht zu erhalten. Die heutige Finanzlage der Stadt Steyr verbietet uns aber, wie bereits eingangs erwähnt, diesen Ausweg. Es fragt sich also, ob die voraussichtliche Wiederaufnahme der Autoerzeugung in den Steyr-Werken die notwendige Erhöhung an Einnahmen bringen wird, die die Autobetriebe rentabel macht. Im günstigsten Falle wird die Wiederaufnahme der Arbeit im nennenswerten Ausmasse im Herbst beginnen, immerhin aber nicht den Umfang des vergangenen Jahres erreichen, die Auswirkung auf den Verkehr der "Geste" wird also nur allmählich und im bedeutend verringerten Umfange zu verspüren sein. Es lässt sich daher nicht verantworten, die bedeutenden Verluste der Zwischenzeit und den zwar geringeren aber dauernden Verlust der weiteren Betriebsführung im Hinblick auf alles Gesagte auf uns zu nehmen. Es wird daher der einzige Ausweg sein, die sich aller Wahrscheinlichkeit nach bietende Gelegenheit zu ergreifen und den Autobusbetrieb an einen kräftigeren Unternehmer abzustossen, der infolge seines sich über das ganze Land erstreckenden Verkehrsnetzes vielleicht in der Lage ist, sowohl die berechtigten Verkehrsinteressen zu befriedigen als auch ein finanziell günstigeres Resultat zu erzielen. Ich stelle daher folgende Anträge: 1.) Der Gemeinderat nimmt die Rechnungsabschlüsse der "Geste" pro 1928 und 1929, sowie den Revisionsbericht der Magistrats-Abteilung II genehmigend zur Kenntnis.

2.) Der Gemeinderat beauftragt das Magistrats-Präsidium für die "Geste" die bereits begonnenen Verhandlungen über einen möglichst raschen und möglichst günstigen Verkauf der Autobetriebe fortzuführen und das Ergebnis dieser Verhandlungen dem Gemeinderate - im Falle besonderer Dringlichkeit dem Stadtrat gegen nachträgliche Genehmigung durch den Gemeinderat - zur Beschlussfassung vorzulegen. 3.) Der Gemeinderat beschliesse die von der "Geste" geführten Autobetriebe mit 31.Juli 1930 einzustellen, falls die Verkaufsverhandlungen bis dahin keine, wenn auch provisorische Lösung gefunden haben. Gemeinderat Dr. Peyrer-Angermann sagt, erkönne für den Antrag deshalb nicht stimmen, weil ihm der Inhalt der Bilanz nicht bekannt sei, das Verlesene sei ein Bericht, aber keine Bilanz; nirgends in der Welt wird einem zugemutet, etwas zu genehmigen, was nicht bekannt ist. Es sei dies eine schmachvolle Behandlung und sehe beinahe so aus, dass die "Geste" etwas zu verschleiern habe. Aus diesen Gründen sei er nicht imstande, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen. Stadtrat Schlossgangl stellt den Antrag auf punktweise Durchnahme des gestellten Referentenantrages. Dieser Antrag wird angenommen und zu Punkt 1 geschritten. Stadtrat Schlossgangl bemerkt dazu, dass seine Partei von Anfang an Bedenken hatte und die Tatsachen haben ihr recht gegeben, und stellt daher den Gegenantrag: Die christlichsoziale Fraktion beantragt, der Gemeinderat nehme den Rechnungsabschluss der „Geste" für 1928 und 1929 und den Revisionsbericht der Magistrats-Abteilung II nicht zur Kenntnis. Bürgermeister-Stellvertreter Dr. Messenböck stellt einen Irrtum im Berichte des Referenten über einen angeblichen Präsidialbeschluss fest, während G.R. Dr. Peyrer-Angermann neuerlich die Vorlage der Bilanz verlangt.

Der Antrag Schlossgangl wird sodann mit Mehrheit abgelehnt,mithin erscheint der Punkt 1 des Referentenantrages angenommen. Punkt 2 des Antrages wird einstimmig angenommen. Zu Punkt 3 des Antrages führt Stadtrat Schlossgangl aus: Die christlichsoziale Fraktion hat seit mehr als Jahresfrist immer wieder die Vorlage des Rechnungsabschlusses und der Bilanz der "Geste" verlangt, diesem Verlangen wird erst heute, daher sehr verspätet Folge gegeben. Wir müssen auch bemängeln, dass das Magistrats-Präsidium, wie es in dem Berichte des Herrn Referenten verlautete, merkwürdigerweise anordnete, den Rechnungsabschluss 1928 zugleich mit dem Rechnungsabschluss 1929 dem Gemeinderat vorzulegen. Wir haben von Anfang an gegen die Geschaftsführung der "Geste" Bedenken gehabt und das heutige Resultat bestätigt unsere geäusserten Bedenken. Wir sind daher nicht in der Lage, derartige Rechnungsabschlüsse mit so traurigen Ergebnissem zur Kenntnis zu nehmen und stellen den Antrag: Im Sinne des Gemeinderatsbeschlusses vom 13.März 1926, Zl.5953, Aufgaben des Ersparungskomitees, Punkt 4, der das Ersparungskomitee, bezw. den Stadtrat zur Anordnung besonderer Ersparungsmassnahmen auch bezüglich der städtischen Unternehmungen ermächtigt, bean tragt die christlichsoziale Fraktion: 1.) Die Betriebsleitung der "Geste" ist sofort zu beauftragen, zu jedem Monatsbeginne dem Stadtrate einen Rechnungsabschluss über den vorausgehenden Monat und ein Präambel für den darauffolgenden Monat vorzulegen. 2.) Der Stadtrat hat rechtzeitig durch genaueste Kontrolle den etwa erforderlichen Abbau der restlichen Betriebszweige der "Geste" wahrzunehmen. 3.) Die Liquidierung der Autounternehmung und Holzwarenerzeugung ist über Vorschlag des Liquidationskomitees vom Stadtrate ehestens und bei bestmöglichster Wahrung der Gemeindeinteressen durchzuführen.

4.) Der Stadtrat hat über die gesamte Betriebsführung der "Geste" die Untersuchung einzuleiten und über die getroffenen Massnahmen dem Gemeinderat zu berichten, worauf Bürgermeister-Stellv. Dr. Messenböck das Wort nimmt: Am 12. März 1926 hat der Gemeinderat von Steyr einstimmig beschlossen: "Die finanzielle Lage der Gemeinde zwingt zu besonderen Massnahmen. Es scheint daher notwendig, dass zur Durchführung dieser Massnahmen, bezw. zur Kontrolle der getroffenen Verfügungen ein eigenes Komitee bestellt werde." Der Gemeinderat weiss, dass die dem Ersparungskomitee zugewiesenen Aufgaben im vollen Umfange dem Stadtrat übertragen wurden und heute noch vollinhaltlich in Kraft stehen. Meine folgende Stellungnahme zur bedauernswert mangelhaften Betriebsführung der "Geste" ist durch die in Kraft stehenden Ersparungsbeschlüsse begründet. Wo es gilt, den Gemeindehaushalt zu sanieren, sah man die Minorität immer bei der Mitarbeit; wo aber der Gemeinde Schaden, ja sogar schwerer Schaden zugefügt wird, wie durch die "Geste", da verlangen wir genaue Untersuchung und alle Massnahmen, die garantieren, dass die Gemeinde in aller Zukunft vor solcher Schädigung bewahrt bleibe; da verlangen wir ferner, dass die Schuldtragenden entsprechend zur Verantwortung gezogen werden. Die Arbeit, die beim Gemeindeunternehmen „Geste" geleistet wurde, entspricht nicht den gemeinsam gefassten Ersparungs- und Sanierungsbeschlüssen. Für meine Behauptung erbringe ich den Beweis. Der Punkt 5 des Ersparungsbeschlusses vom Jahre 1926 besagt ausdrücklich, dass die Unternehmungen nur dann nicht den besonderen Massnahmen und Vorschriften des Ersparungskomitees unterliegen, wenn die Betriebskosten durch höhere Einnahmen gedeckt sind. Dies ist nach dem Referentenberichte nicht der Fall. Da die „Geste" in einigen Betriebszweigen nicht erst heute oder gestern passiv geworden ist, wenn wir es auch erst dieser Tage erfahren haben, sondern bereits vor längerer Zeit, so hätte nach dem Punkt 4 der Aufgaben des Ersparungskömitees schon längst mit der schärfsten Kontrolle und mit den einschneidensten Massnahmen begonnen werden sollen.

Die heute vorgelegte Bilanz zeigt, wie berechtigt es war, wenn die Minorität durch Anträge und Anfragen im Gemeinderate und Stadtrate immer wieder die Vorlage der Rechnungsgebarung der "Geste" verlangte. Der "Geste"-Referent, Herr BürgermeisterStellv. Russmann, hat hier im Gemeinderate seinerzeit betont, dass er dafür bürge, dass sofort jeder "Geste"-Betriebszweig aufgelassen würde, wenn dessen Aktivgebarung gefährdet erscheine. Uns wurde weiter erklärt, dass unsere Befürchtungen, bei der "Geste" stimme es nicht, unbegründet seien. Heutebzeigt es sich, wie recht wir mit unseren Befürchtungen hatten und wie gut es gewesen wäre, wenn die Bilanz und der Rechnungsabschluss der "Geste" zu dem von uns verlangten Zeitpunkt vorgelegt worden wäre, wie es auch das Gemeindestatut verlangt. Der Abbau der passiben "Geste"-Betriebszweige erfolgt leider post factum. Ich kann nicht glauben, dass der Herr Bürgermeister, der sich redlich bemüht, die von Bund und Land geforderten Sanierungsmassnahmen der Stadtgemeinde im eigenen Wirkungskreise der Gemeindeverwaltung durchzuführen, uns mit unrichtigen Angaben über die "Geste" hingehalten hat. Ich kann nicht glauben, dass der Herr Bürgermeister, der hier im Rathause auf strengste Sparsamkeit achtet, anderseits ruhig zuschaut, wie drügen in der Kirchengasse bei der "Geste" des Herrn Mellich ein Betrieb nach dem andern verschuldet zusammenkracht. Wohl aber muss ich glauben, dass der Betriebsleiter der "Geste", der Herr Mellich, seinen vorgesetzten Referenten Bürgermeister-Stellv.Russmann und seinen Parteigenossen Bürgermeister Sichlrader nicht mit der gebotenen Aufrichtigkeit über den Stand der "Geste" informierte. Ich kann daher dem Herrn Bürgermeister und dem Herrn Bürgermeister-Stellv.Russmann den Vorwurf nicht ersparen, dass gegen den Betriebslditer der "Geste" viel zu wenig Kontrolle gehandhabt wurde und dass man den Betriebsleiter der "Geste" viel zu selbstherrlich schalten und walten liess. Dass der Autobetrieb der „Geste" passiv wurde, das nimmt uns gar nicht wunder; das habe ich ja schon bei der Gründung

des Autobetriebes hier im Gemeinderate öffentlich gesagt, wo ich sogar für eine entschädigende Subventionierung zu einer Zeit sprach, als man bei der "Geste" noch von Aktiven träumte. Das was ich vor allem beanstande, ist der Umstand, dass der Passivstand der "Geste" erst zu einer Zeit gemeldet wurde, in der es mehr als spät ist und ferners der Umstand, dass gegen die Verschleierungstaktik der „Geste" nicht rechtzeitig mit der nötigen Entschiedenheit aufgetreten wurde. Diese verschuldeten „Geste"-Unternehmungen müssen nun abgebaut werden, denn es geht wirklich nicht an, mit den Ersparnissen der Gemeinde die wachsenden Schulden der "Geste" zu bezahlen. Durch dieses Vorgehen der "Geste ist das Ansehen der Gemeindeverwaltung schwer geschädigt worden und die Stellung des Bürgermeisters, der gerade jetzt wegen der Sanierung bei den übergeordneten Regierungsstellen fortwährend vorzusprechen hat, ausserordentlich erschwert worden. Es genügt daher nicht, auf Grund der vorgelegten Bilanz diese Gesteunternehmungen sofort abzubauen, sondern es muss zur Wahrung des Ansehens der Gemeindeverwaltung eine strenge Untersuchung über die Ursachen dieser katastrophalen Verschuldung der "Geste" eingeleitet werden. Ergibt die Untersuchung, dass nicht bloss äussere, ungünstige Wirtschaftsverhältnisse zu diesem Tiefstand geführt haben, sondern auch ein persönliches Verschulden von Organen der Betriebsleitung, so muss die Mehrheitspartei, die ja in erster Linie die Verantwortung für die klaglose Verwaltung des Gemeindevermögens trägt, auch mit der notwendigen Konsequenz gegen diese Schuldtragenden einschreiten. - Wenn Sie nicht haben wollen, dass die bisher geleistete Sanierungsarbeit zu Schanden wird, wenn Sie nicht haben wollen, dass durch die „Geste" der Schuldenstand der Gemeinde noch vermehrt wird, wenn Sie nicht haben wollen, dass die einstimmig gefassten Beschlüsse zur Schaffung eines Ersparungskomitees und zur Sanierung der Stadt Steyr bloss papierene Beschlüsse bleiben, dann bitte ich den geehrten Gemeinderat, dem durch unseren Klubohmann, Herrn Stadtrat Schlossgangl erstatteten Antrag die Zustimmung zu geben.

Gemeinderat Knabl befürchtet einen grösseren Schaden bei der Liquidierung und meint, dass es klüger sei, dass auch die anderen Betriebe der "Geste" abgebaut werden. Er hält dieses Verlangen als sehr berechtigt und führt in Bezug auf die Abweisungsbeschlüsse bei der Landeszweckabgabe aus, dass Geschäfte führen nicht immer vorteilhaft sei. Die Erfahrungen mit der "Geste" mahnen zur Vorsicht, damit die Gemeinde nicht noch weiteren Schaden erleide. Stadtrat Schlossgangl spricht abermals gegen die Weiterführung des "Geste"-Betriebes. G.R. Hamberger meint, die Gemeinde habe schon mit verlustbringenden Betrieben so viel Erfahrung, dass man glauben könnte, dass die Majorität daraus gelernt habe, Bürgermeister-Stellv. Russmann bekommt nun das Schlusswort, indem er vorerst einige Richtigstelkungen macht und dann feststellt, dass Ueberprüfungen u. Kontrollen reichlich vorgenommen wurden u.zw. vom eigenen Rechnungsamte und von aussen, dass also der Vorwurf, es sei zu wenig aufgepasst worden, nicht zutrifft. Der Verlust im Jahre 1928 war nicht besorgniserregend, erst das Anschwellen im Jahre 1929 hat wieder eine scharfe Kontrolle eingesetzt. Der Verlust bei der „Geste" ist letztenendes ein Ausfluss der Not dieser Stadt und eine Folge des Unheiles des einzigen grossen Betriebes. Schliesslich spricht er sich für die Annahme des Zusatzantrages, der ja dem Sinne nach auch seinen Antrag zum Ausdruck bringt, aus, worauf Punkt 3 mit Zusatzantrag einstimmig angenommen wird. Schluss der öffentl. Sitzung 22 Uhr. Der Vorsitzende: Dis Ueberprüfer: Der Schriftführer:

Niederschrift über die vertrauliche Sitzung des Gemeinderates der Stadt Steyr am Mittwoch, den 16. Juli 1930. Zagesordnung. Finanz- und Rechtsausschuss. Referent Stadträte Dr. Rudolf Schneeweiss u. Karl Klement: 1) Heimatsangelegenheiten. Referent Bürgermeister-Stellv. Russmann: 2.) "Geste", Vermögenstransaktion. Referent Bürgermeister Sichlrader: 3.) Personalien. Zu Punkt 1 referiert Stadtrat Karl Klement und beantragt die en bloc Annahme folgender Anträge: Aufnahmen in den Heimatverband aufGrund der Ersitzung. a) Aufnahmen: Adamer Emmerich, Dreher, Roseggerstrasse 6 Bades Engelbert, Fabr. Arb., Wolfernstrasse 5 Bamminger Franz, Tischler, Wehrgrabeng. 85 Bartlhuber Josef, Hilfsarbeiter, Steinerstr. 16 Bodingbauer Theresia, Hilfsarb., Wieserfeldplatz 43 Brandstetter Theresia, Hilfsarb., Schlüsselhofg. 9 Buchmayr Johann, Hilfsarb., Sierningerstr. 104 Dietrich Anton Otto, Ing. Fischergasse 4 Eberl Franz, Schlosser, Schosserstrasse 3 Eder Josef, Sensenschmied, Arbeiterstrasse 1 Eisterlehner Maria, häuslich, Wieserfeldpl. 26

Enserer Franz, Hilfsarb., Wieserfeldplatz 17 Forster Franz, Maurer, Aichetgasse 22 Gassner Theresia, häuslich, Sierningerstr. Bar. 2 Geieregger Jakob, Sattler, Schillerstr. 6 Gerhart Andreas, Dreher, Marxstrasse 1 Girkinger Maria, häuslich, Kegelprielstr. 22 Gmachmeir Johann, Hilfsarb. Neustrasse 1 Götz Franz, Friseur, Schillerstr. 10 Grossbichler Rosa, Private, Wieserfeldpl.33 Grössing Anna, Hilfsarb., Hammerschmiedberg 6 Günwald Josef, Schlosser, Kautschstrasse 1 Gruber Josef, Hilfsarbeiter, Arbeiterstr. 1 Haberfellner Friedrich, Chauffeur, Wieserfeldpl.35 Haidter Michael, Fabriksarb. Aichetgasse 11 Halbemer Anton, Kaufmann, Engegasse 31 Hannesschläger Josefa, Beamtin, Werndlgasse 6 Hitzelhammer Heinrich, Zeugschmied, J. Wokralstr. 14 Hofmayr August, Zimmermeister, Haratzmüllerstr. 50 Hofmanninger Jakob, Hilfsarbeiter, Schubertstr. 6 Höld Johann, Schlosser, Haratzmüllerstr. 48 Jäger Maria, Private, Zieglergasse 5 Jagersberger Franz, Sparkassebeamter, Promenade 8 Janatsch Ludwig, Schlosser, Brucknerstrasse 4 Kahr Franz, Hilfsarbeiter, Brucknerstrasse 5 Kastner Vinzenz, Rundschleifer, Marxstrasse 8 Kirsch Mathilde, Stubenmädchen, Schönauerstr. 5 Kornfeil Karl, Fabriksarbeiter, Marxstr.13 Kaschuttnig Johann, Bahnmeister i.P., Leopoldg.16 Kronsteiner Anna, Hausgehilfin, Wieserfeldpl. 15 Leitner Michael, Steinmetz, Viktor Adlerstr.9 Michlmayr Aloisia, Schneiderin, Schiffweg 8 Mitterlehner Karl, Hilfsarbeiter, Tomitzstr.3 Nussbaumer Karl, Goldschmied, Schlüsselhofg. 55

Obereigner Maria, Hausgehilfin, Kammermayrstr.10 Obermann Josef, Friseur, Engegasse 9 Palk Johann, Wagnergehilfe, Schosserstrasse 3 Plank Mathias, Dreher, Josef Wokralstr. 1 Pollak Vikor, Schlosser, Altgasse 5 Pfaffenlehner Karl, Sattler, Tomitzstr. 16 Prellinger Karl, Schaffner, Bahnhofstrasse 4 Preslmayr Johann, Dreher, Schwimmschulstr. 3 Rebusch Theresia, Hausgehilfin, Gleinkergasse 2 Riedler Johann, Tischler, Gleinkergasse 14 Roier Simon, Zeugschmied, Marxstrasse 1 Salmutter Adolf, Schuhmacher, Haratzmüllerstr. 37 Szelegowitz Karl,Schlosser, Fabrikstrasse 19 Singer Ludwig, Büchsenmacher, Schubertstr. 6 Sommerlechner Leopold, Fabriksarb., Direktionstr. 4 Steiner Franz, Monteur, J. Wokralstrasse 10 Stummer Josef, Zimmermann, Fabrikstrasse 36 Staffelmayr Josef, Hilfsarbeiter, Schönauerstr. 3 Staffelmayr Katharina, Private, Schönauerstr. 3 Steinauer Berta, Hilfsarbeiterin, Kirching. 16 Schmidberger Leopold, Hilfsarb., Vikt.Adlerstr. 7 Swirek Franz, Werkmeister, Sierningerstrasse 78 Tober Karl, Hilfsarbeiter, Konr. Deublerstr. 2 Weismann Anna, Hilfsarbeiterin, Kammermayrstr. 8 Welli Josef, Fabriksarbeiter, Sierningerstr. 101 Wöss Marie, Köchin, Mehlgraben 4 Zeindlinger Josef, Fabriksarb., Sierningerstr. 67 b) Abweisungen: Hoffmann Ferdinand, Hilfsarbeiter, Sierningerstr. 84 Schachner Franz, Schlosser, Hammerschmiedberg 14

c) Zusicherungen der Aufnahme in den Heimatverband: Winicki Karl, Binder, Josefgasse 12 Winicki Maria, Geschirrhändlerin, Josefg. 12 d) Abweisungen: Treml Anton, Bäcker, Herbert Hooverstr.7 In getrennter Abstimmung werden alle Anträge angenommen. Anschliessend daram referiert G.R. Kirchberger zu Punkt 3.) Personalien. Zl. 219/Präs. Dr. Heinrich Drasch, Quieszierung-Beschwerde. Nach ausführlicher Begründung beantragt der Referent: Der Beschwerde gegen den Beschluss des Stadtrates vom 20. Juni 1930, mit welchem Do. Drasch in den zeitlichen Ruhestand versetzt wurde und das Ruhegenussausmass bei 20 anrechenbaren Dienstjahren mit 80 % der Aktivitätsbezüge festgesetzt wurde, wird keine Folge gegeben, das Ruhegenussausmass jedoch gnadenweise auf 82.5 %erhöht. Begründung: 1.) Eine Versetzung in den zeitlichen Ruhestand kann gemäss § 90 D.O. erfolgen, wenn durch die Veränderung in dem Organismus eines städtischen Amtes oder durch verbleibende Verringerung der Geschäfte die Dienstleistung eines Beamten entbehrlich wird und er nicht anderweitig angemessen verwendet werden kann. Der Beschwerdeführer war der Polizeiabteilung zugeteilt, die polizeilichen Agenden wurden mit 1.Juli 1930 verstaatlicht. Eine anderweitige angemessene Verwendung ist mit Rücksicht auf den reduzierten Aufgabenkreis nicht möglich. Es sind also alle Voraussetzungen im Sinne des § 90 D.O.gegeben. 2.) Der Beschwerdeführer führt aus, dass er, da er den Gebührenurlaub noch nicht absolviert habe, erst nach Konsumierung des Urlaubes in den zeitlichen Ruhestand versetzt werden könne. Weder in einem Gesetz noch in der Dienstordnung ist in dieser Hinsicht eine konkrete Bestimmung vorhanden. DieVersetzung in den zeitlichen oder dauernden Ruhestand kann vielmehr in jedem Zeitpunkte auf Grund des vorgeschriebenen Formalverfahrens,

das ja zur Gänze eingehalten worden ist, erfolgen. 3.) Was die angebliche Nichtanrechnung einer Vordienstzeit anlangt, so gibt der Beschwerdeführer selbst zu, dass er dies seinerzeit unterlassen habe. Jedenfalls kann er sich heute nicht mehr darauf berufen, da der Anhang III der D.0. zu § 16 ausdrücklich bestimmt, dass die Vordienstzeiten bis Juli 1920 anzumelden gewesen wären. 4.) Die Behauptung, dass das Quieszierungsdekret mit cem Stadtratsbeschlusse hinsichtlich des Stichtages der Quieszierung nicht übereinstimme, dürfte aller Wahrscheinlichkeit nach auf Missverständnisse zurückzuführen sein. Der Stadtrat hat den Antrag der Personalkommission vollinhaltlich angenommen, und in diesem Antrage wurde der Stichtag 30.Juni 1930 vom Vorsitzenden der Personalkommission eigenhändig niedergeschrieben. G.R. Dr. Peyrer-Angermann hat Bedenken über die Zubilligung der "gnadenweisen“ Erhöhung und ersucht um Aaskunft. Diese erteilt Magistrats-Direktor Dr. Häuslmayr. womit sich G.R. Dr. Peyrer-Angermann zufrieden gibt. Der Antrag wird sodann einstimmig angenommen. Referent Bürgermeister-Stellv.Russmann: Punkt 2.) "Geste" Vermögenstransaktion. Der Referent führt aus: Die jetzigen Mitteilungen bringe ich deshalb in der vertraulichen Sitzung, weil ich das der "Geste" verbleibende Vermögen zu nennen habe und es anlässlich der bei der Liquidierung der Autobetriebe vorzunehmenden Transaktionen nachteilig wäre, diese Ziffern der Oeffentlichkeit bekanntzugeben, Der "Geste" verbleiben alle Aktiven und Passiven die sich auf das Bestattungs-,das Reklame- und das Versicherungsgeschäft beziehen. Es sind dies Anlagewerte im Betrage von ca. 28.000 S und Betriebsaktiva im Betrage von ca. 71.000 S. Im Hinblick auf die heutige wirtschaftliche Lage ist es zweckmässig, eine Debitorenreserve von 10.000 s (auf einen Debitorenstand von 71.000 S ein gewiss nicht allzu

hoher Betrag) vorzusehen. Die "Geste" würde also somit in die Lage versetzt, ihren wenn auch nunmehr so beschränkten Geschäftsbetrieb so zu sagen neu und was ihr bis jetzt noch niemals passiert ist, mit einem angemessenen Reinvermögen ausgestattet beginnen zu können. Das Reinvermögen zeigt die Höhe der Anlagewerte, also S 28.000.-; ausserdem steht der "Geste" dann noch die Debitorenreserve von 10.000 S zur Verfügung, für die restliche Betriebsaktiva per 61.000 S hat die "Geste" Kreditoren zu übernehmen. Alle anderen Aktiva und Passiva, also alles was der Holzwarenerzeugung und den Autobetrieben angehört, ist von der emeinde zu übernehmen; von den Passiven gehören dazu insbesondere die Schulden an die Sparkasse Steyr und Spar- u. Kreditkasse Linz. Der Uebernahmetermin wird zweckmäs sig mit dem 1. Jänner 1930 festgesetzt. Die Aktiva müssen bestmöglichst veräussert und zur Abdeckung der Passiva verwendet werden. Welcher Erfolg bei der Veräusserung erzielt wird, lässt sich gegenwärtig auch nicht annähernd sagen. Dass wir nicht erwarten können, den Buchwert zu erhalten, ist bei jeder Liquidation selbstverständlich. wegen der Wichtigkeit der Sache werde ich aber beantragen, mit der Veräusserung ein eigens zu diesem Zweck gewähltes Komitee des Gemeinderates, das aus dem Bürgermeister als Vorsitzenden und 2 Mitgliedern besteht, zu betrauen. Jetzt in der vertraulichen Sitzung kann ich Andeutungen, die ich bezüglich der Verlustquellen des Autobusbetriebes in der öffentlichen Sitzung gemacht habe, näher ausführen. Eine der wesentlichen Ursachen des schlechten Betriebsergebnisses der Autobusse sind die unverhältnismässig hohen Kosten, die der Betrieb der Steyr-Autobusse erfordert. Sie erstrecken sich nicht nur auf die hohen Reparaturen, die im Jahre 1929 z.B. 33.500 s das ist mehr als das Doppelte der bei Autobussen anzusetzenden Reparaturskosten betrugen, sondern auch auf einen ganz bedeutenden Mehrverbrauch an Benzin und Oel. Die Betriebsleitung der "Geste"

hat bei Errichtung des Autobusbetriebes ihre Befürchtungen in dieser Hinsicht geäussert, doch konnten wir als Gemeinde auf sie keine Rücksicht nehmen, da es kein Mensch verstanden hätte, wenn Steyr seine Fahrzeuge aus anderen Fabriken bezogen hätte. Dieser Umstand wird aber bei der Liquidierung des Autobusbetriebes zu ganz besonderen Abstrichen auf die Buchwerte führen müssen, da jeder Unternehmer DIE erhöhten Betriebskosten der Steyr-Autobusse in Anschlag bringen wird. Wir haben bereits mit der Oberkraft" Verhandlungen eingeleitet und hoffen, dass sie zu einem halbswegs BEFRIEDIGENDEN Ergebnis führen werden. Die Reduktion des Betriebsumfanges der "Geste" muss naturgemäss eine Reduktion des Personales nach sich ziehen. Da die Aufrechterhaltung des mit der Leichenbestattung verbundenen Geschäftes im bisherigen Umfange eine ständig damit befasste Kraft erfordert, ist es zweckmässig, den Betrieb des Geschäftes auf die Artikel der Leichenbestattung einzuschränken, um diese Kraft für andere Arbeiten mitverwenden zu können. Ich stelle daher folgende Anträge: Der Gemeinderat beschliesse: 1.) Der Unternehmung "Geste" die in der Bilanz vom 31.Dezember 1929 als Aktiva der Betriebszweige Leichenbestattung, Reklame und Versicherung ausgewiesenen Vermögensstücke per ca. 28.000 S als Anlagevermögen; die eben dort ausgewiesenen liquiden Mittel, Debitoren und Lagerwaren per ca. 71.000 S abzüglich einer Debitorenverlustreserve per 10.000 s, das sind also 61.000 S als Betriebsvermögen und dem gegenüber von den eben dort ausgewiesenen Kreditoren Schulden im Betrage von ca. 61.000 S zu belassen, sodass der "Geste" ein Firmensondervermögen von 38.000 S verbleibt, das sich aus einem Reinvermögen von 28.000 s und einer Debitorenreserve von 10.000 S zusammensetzt. 2.) Die darüber hinausgehenden Aktiva und Passiva der "Geste", also die Vermögensstücke, die dem Holzwaren- und den Autobetrieben angehören, durch die Gemeinde zu übernehmen, die Aktiva bestmöglich zu veräussern und den Erlös zur Tilgung

der Passiva zu verwenden, mit der Durchführung der Veräusserung aber ein zweigliedriges Gemeinderatskomitee unter dem Vorsitze des Bürgermeister zu betrauen. 3.) Den gemeinderätlichen Referenten der "Geste" zu beauftragen, unter Zustimmung des Bürgermeisters die durch die angeführten Massnahmen notwendig werdende Reduktion des Personales und sonstige Einschränkungen nach Vorschlag des MagistratsPräsidiums vorzunehmen. 4.) Die Betriebsleitung der "Geste" zu beauftragen, das Lager des Geschäftes, soweit es sich nicht auf für das Bestattungswesen notwendige Artikel bezieht, abzuverkaufen und keine Nachschaffungen mehr vorzunehmen. 5.) Die vorstehenden Massnahmen gelten als Ersparungsmassnahmen im Sinne des Gemeinderatsbeschlusses vom 12.März 1926, Zl.5953. Anschliessend berichtet er noch über die bestehenden Verhandlungen mit der "Oberkraft" wegen Uebernahme des Autobusbetriebes. Bürgermeister-Stellv. Dr. Messenböck erklärt vorweg, für die Punkte 2 - 5 des Antrages zu stimmen, für P.1 jedoch nicht. Wenn er sich noch dazu entschliessen hätte können, für Punkt 1 zu stimmen, so kann er sich nach dem heutigen Vorgehen des Betriebsleiters Mellich keinesfalls dazu bewegen lassen. Das Nichterscheinen zur Sitzung trotz des an ihn ergangenen Aiftrages IST EINE ARGE Respektlosigkeit, die man sich nicht ruhig gefallen lassen darf. Es sei dies eine Pflichtverletzung, nach der er nach § 4 der Bestimmungen über die Einsetzung des Ersparungskomitees ohne Disziplinarverhandlung zu entlassen sei. Mellich habe einfach nicht den Mut gehabt, herzukommen. Aus diesem Grunde ist es ganz unmöglich, dass die "Geste" unter Leitung eines solchen Menschen weitergeführt wird. Das Vertrauen in seine Person ist erschüttert. G.R. Dr. Peyrer-Angermann will die Schuld nicht nur dem Betriebsleiter Mellich geben, sondern es sei auch der Referent

schuld an dem Zusammenbruch, er bedauere, dass man nicht einen kaufmännisch erfahrenen Referenten bestellt habe. Er habe kein Gefühl der Sicherheit und will Schluss gemacht haben mit dem ganzen Betrieb. Bürgermeister-Stellv. Dr. Messenböck wünscht eine Abänderung des Punktes 2 und stellt den Antrag, Mellich mit Bezug auf Abs. Ersparungs-Komitee ohne Disziplinarerkenntnis zu entheben. G.R. Dr. Peyrer-Angermann meint, ob es nicht klüger wäre, den Punkt 1 zu vertagen. An dem Nichterscheinen des Mellich kann wirklich eine Panne schuldtragend sein. Bürgermeister-Stellv. Russmann polemisiert gegen die Ausführungen des Vorredners, betont, dass die "Geste" nie ein Eigenvermögen besessen habe. Auch er ist der Ansicht, dass der Betrieb unter Leitung des Mellich nicht mehr gut möglich ist. Gegen Mellich werden weitere Schritte vorbehalten bleiben. Bürgermeister Sichlrader setzt sich für eine Abtrennung der Betriebe ein. G.R. Knabl ist für die Trennung der Liquidation, doch soll Aktivum und Passivum separat geführt werden. Stadtrat Schlossgangl führt aus: Ich werde jetzt kurz klar legen, was ich mir von der Göste" vorstelle. Die "Geste" liegt heute am Boden, doch man sieht es nicht recht, denn die "Geste" hat über sich einen sehr dichten Schleier gebreitet. Unter dem Schleier befinden sich die Debitoren und die Aktiven, damit sie ja nicht an die Sonne kommen, weil sie ja nach meiner Ansicht eine helle Sonnenbeleuchtung nicht vertragen dürften. Es muss da eine gründliche Operation vorgenommen werden. Ich stehe bei dieser Angelegenheit auf dem Standpunkte: "Geste" verkaufe ehemöglichst alle Deine Aktiven, natürlich unter fortwahrender Aufsicht der Gemeinde und bringe die einbringlichen Debitoren,Gelder herein und dann komme mit einem reinen Speisezettel, bezw. mit der bitteren Pille zur Gemeinde und dazu gehört dann auch eine gründliche Rechtfertigung über das sich ergebende

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