Gemeinderatsprotokoll vom 20. Juni 1930

17. Sitzung. Niederschrift über die 17. ordentliche Sitzung des Gemeinderates der autonomen Stadt Steyr, am Freitag, den 20. Juni 1930. Tagesordnung. 1.) Bericht des Bürgermeisters. 2.) Wahlen. Stadtrat. 3.) Verstaatlichung der Polizei. 4.) Uebergabe der Durchzugsstrassen in die Bundesverwaltung. Referent Stadtrat Dr. Schneeweiss: 5.) Grundverkauf zur Errichtung einer Bundesmittelschule. Vertrauliche Sitzung. Anwesende: Vorsitzender Bürgermeister Franz Sichlrader, die Bürgermeister-Stellvertreter Julius Russmann und Dr. Hubert Messenböck, die Stadträte: Dedic Karl, Dressl August, Klement Karl, Gaiblinger Leopold, Schlossgangl Leopold und Dr. Rudolf Schneeweiss, die Gemeinderäte: Knogler Richard, Azwanger Anton, Baumgartner Hans Lemp Karl, Chalupka Elise, Patek Irene, Ecker Alois, Pfaff Johann, Dr. U. Furrer, Hofrat, Riedler Ludwig, Futterer Franz, Schwandtner Anton, Hamberger Josef, Schwitzer Erna, Hambrusch Peter, Steiner Florian, Huemer Alois, Voglsam Josef,

Kirchberger Josef, Witzany Hans, Knabl Ferdinand. Vom Magistrate: Magistrats-Direktor Dr. Ferdinand Häuslmayr, als Schriftführer: Kanzleidirektor Karl Kapinus. Bürgermeister Sichlrader eröffnet die Sitzung, begrüsst die Erschienenen und konstatiert die Beschlussfähigkeit. Entschuldigt sind die Gemeinderäte: Dr. Peyrer-Angermann, Franz Tribrunner, Franz Schrangl, Karl Leitzinger und Stadtrat Hans Roithner. Als Niederschriftsprüfer kommen die Stadträte Dedic Karl und Dressl August an die Reihe. Punkt 1.) Bericht des Bürgermeisters: Einladung der Fürsorgeräte zur Teilnahme am "Fest der Alten" der Bürgermeister ersucht die Gemeinderäte von der Einladung Gebrauch zu machen. Zl. 2314 Das Bezirksgericht Steyr teilt unter Z.A 219/30 vom 16. Mai 1930 mit, dass der am 18. Mai 1930 verstorbene Josef Höfner der Stadtgemeinde Steyr den Betrag von S 2000.- zu wohltätigen Zwecken vermacht hat. Zl. 98/Präs. Gemeinderat Leopold Fridrich legt sein Mandat aus Gesundheitsrücksichten nieder. Der Bürgermeister stellt den Antrag: Der Gemeinderat nimmt den Rücktritt des G.R. Friedrich zur Kenntnis. Bei diesem Anlasse wird ihm für die stets sachliche und Pflichtbewusste Mitarbeit im Gemeinderate der beste Dank zum Ausdruck gebracht. Für den Stadtschulrat wird Gemeinderat Anton Azwanger in Vorschlag gebracht. Angenommen. An seine Stelle wurde Ludwig Riedler einberufen, der die Angelobung leistet. Durch die Mandatsniederlegung ist auch eine Umstellung in den Ausschüssen erforderlich u.zw. wird G.R. Alois Huemer in den Finanz- und Rechtsausschuss, G.R. Ludwig Riedler in den Fürsorgeausschuss entsendet.

Zl.165/Präs. An Stelle des durch den Gemeinderat in den Sparkasseausschuss entsendeten Karl Fischer wird Stadtrat Karl Klement gewählt. Der Bürgermeister berichtet sodann noch über die Aussprache beim Bundeskanzler Schober, woselbst eine interministerielle Konferenz stattfand, wobei über alle die Finanzierung der Stadt betreffenden Fragengesprochen wurde. Einen Teil der Fragen wird der Gemeinderat schon heute der Erledigung zuführen können, die übrigen werden voraussichtlich bald zur Erledigung gebracht werden können. Stadtrat. Vorsitz: Bürgermeister-Stellv. Russmann: Punkt 3.) Verstaatlichung der Polizei. Zl. 119/Präs. Referent Bürgermeister Sichlrader führt aus: Am 29. Dezember 1928 hat der Gemeinderat anlässlich der Beratung des Sanierungsprogrammes den Beschluss gefasst, die Lokalpolizei in Steyr zu verstaatlichen. Die Gründe, die zu diesem Beschluss geführt haben, waren rein finanzieller Natur, was ja auch im Beschlusse bereits zum Ausdruck kam. Dies muss deswegen mit allem Nachdruck betont werden, weil von verschiedenen Kreisen das politische Motiv in den Vordergrund gerückt worden ist. Ich möchte in diesem Zusammenhange insbesonders darauf hinweisen, dass die seinerzeit nach Steyr entsandte Kommission zur Ueberprüfung der Sicherheitsverhältnisse amtlich festgestellt hat, dass kein Grund zur Ergreifung besonderer Massnahmen vorliege. Im übrigen will ich auf diese Ereignisse in der heutigen Sitzung nicht mehr zurückkommen und mich lediglich auf die Sache beschränken. Es sind also nur finanzielle Gründe, die uns zwingen, die Verstaatlichung durchzuführen. Die grösseren Gemeinden, vor allem die Industriegemeinden, können unmöglich auf die Dauer die Lasten eines den modernen Verhältnissen entsprechenden Polizeiapparates tragen.

Auf Grund der bisherigen eingehenden und gründlichen Verhandlungen soll die Lokalpolizei am 1. Juli l.J. verstaatlicht werden. Der oberösterreichische Landtag hat das Gesetz bereits am 17. Juni l.J. beschlossen. Nach diesem Gesetz, das den Bestimmungen der geltenden Verfassung angepasst ist, gehen folgende Agenden an das zu errichtende Bundespolizeikommissariat über: 1. Die örtliche Sicherheitspolizei, 2. die Strassenpolizei auf anderen als Bundesstrassen nach Massgabe übereinstimmender Gesetze des Bundes und des Bundeslandes, 3. die Flurpolizei, 4. die Sittenpolizei, 5. die Beaufsichtigung des Buchmacher- und Totalisateurwesens, die Bekämpfung des Winkelwettungswesens; 6. auf dem Gebiete des Theater- und Kinowesens,sowie der öffentlichen Schaustellungen, Darbietungen und Belustigungen: a) die Ueberwachung der Veranstaltungen, soweit sie sich nicht auf betriebstechnische, bau- u. feuerpolizeiliche Rücksichten erstreckt; b) die Mitwirkung in erster Instanz bei Verleihung von Berechtigungen, die in den einschlägigen Verwaltungsvorschriften vorgesehen sind; c) sonstige Amtshandlungen, welche die auf diesem Gebiete jeweils geltenden landesgesetzlichen Vorschriften den Bundespolizeibehörden ausserdem übertragen. Und nun zu dem Aufwand, der die Gemeinde in Hinkunft treffen wird. Wir haben zunächst einmalige Barauslagen im beiläufigen Ausmasse von 80.000 S für die Adaptierungen der Polizeiubikationen zu tragen. Das Uebereinkommen setzt mit dem Stichtage vom 1. Juli 1930 den Raumbedarf genau vor, der jetzt allerdings nicht erreicht wird, der aber aktuell würde im Falle der Erbauung eines Dienstgebäudes für das Kommissariat. Sollte jedoch das Kommissariat aus irgend einem Grunde vergrössert werden oder

sollten etwa durch Eingemeindung neue Wachstuben errichtet werden, so hat die Kosten der Bund zu tragen. Zu den Barauslagen gehören ferner die Kosten für die Anschaffung der ersten Einrichtung bis zum Höchstausmass von 35.000 S. Wir haben also als einmalige Barauslagen rund einen Betrag von 115.000 S zu tragen. Zu diesen einmaligen Barauslagen kommen laufende Barauslagen Die Gemeinde hat für den Personalaufwand einen Jahresbeitrag von 66.000 S zu leisten, der sich erhöht oder vermindert im Falle einer Aenderung in der Zahl der Bevölkerung um 3 S jährlich für den Kopf der zugewachsenen oder weggefallenen Bevölkerung, wobei eine Zu- oder Abnahme unter 1.000 nicht berücksichtigt wird. Zu dieser Kopfquote kommt eine Entschädigung von jährlich 6.100 S für die Polizeikaserne und ein Pauschalersatz von jährlich 500 S für die Instandhaltung dieses Objektes, zusammen also 6.900 S. Diese Beiträge werden alle fünf Jahre revidiert. Wir haben ferner die Mietzinse für die Räume im Schlosse, in der Sierningerstrasse und in Stein zu tragen. Diese Beträge sind noch nicht endgiltig festgesetzt, dürften aber jährlich nicht viel mehr als 3.000 S ausmachen. Ausserdem haben wir noch einen kleinen Differenzbetrag für eine Ersatzwohnung zu tragen. Da die Bundespolizeibehörde für die Stadtgemeinde den Vollzug der vom Magistrate Steyr verhängten Polizeiarreste versieht, so haben wir auch den Ersatz der ihr daraus erwachsenden Kosten, die nicht sehr gross sein werden, zu tragen. Schliesslich kommt noch folgender laufender Sachaufwand in Betracht: Beheizung und Beleuchtung im beiläufigen Betrage von S 18.000 pro Jahr, dann der unentgeltliche Bezug von Wasser, unentgeltliche Abfuhr der Fäkalien, die Kosten für die Rauchfangkehrerarbeiten u. dgl. und schliesslich für die dauernde normale Instandhaltung. Wir müssen also in Zukunft mit 100.000 S laufender Kosten rechnen.

Diese Kosten erhöhen sich noch insoferne, als ja der Bund nicht den gesamten Beamtenapparat übernommen hat. Jedenfalls aber bedeutet die Verstaatlichung der Lokalpolizei für die nächsten 5 Jahre ein Ersparnis von jährlich rund 250.000 S. Ich möchte bei dieser Gelegenheit jedoch mit aller Deutlichkeit feststellen,dass diese Ersparnis natürlich noch nicht die Sanierung der Gemeinde bedeutet, denn, wenn sich die Verhältnisse in Steyr nicht ändern, so würde die Gemeinde den Polizeiapparat einfach nicht aufrecht erhalten können, das heisst, wir hätten schon in absehbarer Zeit ernstlich an noch tiefer einschneidende Massnahmen denken müssen. Im übrigen ist eine Uebersicht über die finanzielle Entwicklung, abgesehen von dem Schicksal der Steyr-Werke, derzeit unmöglich, da ja bekanntlich im Herbst eine neue Abgabenteilung im Plane ist. Darüber lässt sich aber heute nichts sagen. Vielleicht können wir bei der Budgetberatung für das Jahr 1931 schon einen klaren Ueberblick haben. Auf der heutigen Tagesordnung stehen noch andere wichtige Beratungsgegenstände, deren Durchführung auch von grosser Bedeutung für unsere finanzielle Lage ist. Am 1. Juli 1930 werden 54 Beamte aus dem städtischen Dienste treten. Ich möchte daher diesen Anlass benützen, um allen diesen Beamten, die ihren aufreibenden und verantwortungsvollen Dienst stets gewissenhaft erfüllt haben, vor allem dem Leiter des Polizeiamtes, Oberpolizeirat Edelmayer, den besten Dank des Gemeinderates aussprechen. Ich bin überzeugt, dass sie sich auch bei der neuen Dienststelle voll bewähren werden. Ich gebe ferner der zuversichtlichen Hoffnung Ausdruck, dass die Staatspolizei in Steyr jenen freundschaftlichen Kontakt mit der Bevölkerung findet, der im Interesse beider Teile notwendig ist. Die Bevölkerung von Steyr wird sicherlich die oft schwere Aufgabe, die der Sicherheitsbehörde obliegt, zu würdigen wissen, die Polizei aber wird sich bestimmt vor Augen halten, dass das Wirken in einer Stadt der Arbeitslosigkeit und der

grössten Not besonderes Verständnis menschlicher Schwächen und Leidenschaften verlangt. Wenn der gute Wille besteht, das gegenseitige Verständnis zu fördern, dann werden wir auch mit der neuen Polizei im guten Einvernehmen leben, was ich als die sicherste Grundlage der öffentlichen Ordnung halte. In diesem Sinne möchte ich die mir zugestandene Polizeigewalt an die Organe des Bundes übergeben. Ich habe bereits betont, dass die heutige Tagesordnung noch andere Sanierungspunkte umfasst, sodass bei Realisierung aller dieser Anträge unser seinerzeit ausgearbeitetes Sanierungsprogramm fast zur Gänze durchgeführt ist. Dies verdanken wir in erster Linie dem gegenwärtigen Chef der Bundesregierung Dr. Schober. Bundeskanzler Dr. Schober ist - das muss ich ganz besonders hervorheben - der erste bürgerliche Regierungsschef, der die schweren Sorgen dieser Stadt voll und ganz gewürdigt hat, der seinen Versprechungen anlässlich des Besuches im März d.J. so schnell die Tat folgen liess, der unsere Lage gerecht und wohlwollend geprüft hat und dem wir daher zum wärmsten Danke verpflichtet sind. Unsere jahrelangen, wahrhaft dornenvollen Arbeiten sind - wenn nicht ganz besondere Ereignisse dazwischen kommen - endlich einmal von Erfolg gekrönt worden und das spannt unsere Kräfte zu neuer Arbeit an. Ich habe einmal in einer Gemeinderatssitzung gesagt, dass ich nicht erlahmen werde, das öffentliche Gewissen zur Rettung dieser Stadt und ihrer Bewohner aufzurufen. Wenn nicht alla Hoffnungen täuschen, so stehen wir, was die Unterstützung durch die höcheten Regierungstellen anlengt, vor einem Wendepunkt. Ich muss jedoeh gleich noch feststellen, dass auch der gegenwärtige Finanzminister Dr. Juch unseren Problemen und Wünschen mit dem grössten Wohlwollen gegendber steht und dass er, obwohl auch seine Sorgen sicherlich nicht klein sind, das Möglichste zu tun versprochen hat, um unsere Lage zu erleichtern. Ich möchte auch von dieser Stelle aus den leitenden Beamten des Bundeskanzleramtes, die die Verhandlungen in der loyalsten Form geführt haben, den besten Dank zum Ausdruck bringen.

Er beantragt sodann namens des Stadtrates: Der Gemeinderat erteile dem Uebereinkommen zwischen den Vertretern des Bundeskanzleramtes und der Stadtgemeinde Steyr betreffend Durchführung der Verstaatlichung der Lokalpolizei die Zustimmung. Gemeinderat Josef Kirchberger erklärt namens der sozialdemokratischen Fraktion, dass sie den Bericht des Bürgermeisters genehmigend zur Kenntnis nehme. Er glaube im Namen des Gemeinderates zu sprechen, wenn dem Magistrats-Präsidium, im besonderen dem Bürgermeister und dem Magistrats-Direktor Dr. Häuslmayr, deren fortgesetzten Bemühungen es gelungen ist, die Sanierungsverhandlungen in Fluss zu bringen, der beste Dank ausgesprochen werde. Stadtrat Schlossgangl erklärt namens der christlichsozialen Partei des Gemeinderates, dass sie den Besicht des Bürgermeisters genehmigend zur Kenntnis nehme. Gemeinderat Hambrusch erklärt namens des Wirtschaftsblocks, dass der Bericht des Bürgermeisters genehmigend zur Kenntnis genommen werde. Gemeinderat Franz Futterer erklärt namens der kommunistischen Partei, dass er nicht für den Antrag stimmen könne, da der Arbeiterschaft ein weiteres Machtmittel aus der Hand genommen werde. Die Arbeiterschaft werde sich bei der sozialdemokratischen Partei zu bedanken haben, dass sie in den Faschismus hineingetrieben werde. Redner stellt den Antrag auf namentliche Abstimmung, der jedoch abgelehnt wird. Sodann wird der Antrag des Referenten mit allen gegen eine Stimme angenommen. Punkt 4.) Uebergabe der Durchzugsstrassen in die Bundesverwaltung. Zl. 2721. Bürgermeister Sichlrader als Referent verweist auf die schwierigen Verhandlungen, deren Ergebnis die Uebernahme der Strasse in das Eigentum des Bundes ist, wobei jedoch die Herstellung von Strasse und Brücken durch die Gemeinde Bedingung ist. Zur Ermöglichung dieser Arbeiten wird seitens des Bundes der Beitrag von 45000 S auf 70 000 S erhöht. Die Arbeiten werden durch

den Bund ausgeführt und der Gemeinde ein Kredit eingeräumt, der beim voraussichtlichen Verkauf des Fachschulgebäudes verrechnet werden wird. Der Bürgermeister verliest sodann den folgenden Antrag und bittet um dessen Annahme. Der Gemeinderat beschliesse: Die Durchzugsstrecke der Steyrer- und Eisenbundesstrasse von der Stadtgrenze bei Km 18, 1 04 der Steyrer-Bundesstrasse bis zum Beginne der Eisenbundesstrasse an der südlichen Stadtgrenze sowie die im Zuge dieser Strecke gelegenen zwei eisernen Brücken (Steyrbrücke und Neutorbrücke) werden unter nachstehenden Bedingungen in die bundesstaatliche Verwaltung übergeben: 1. Die Stadtgemeinde Steyr überträgt die ganze Durchzugsstrecke von der Stadtgrenze bei Km 18. 1 04 der Steyrer-Bundesstrasse bis zum Beginne der Eisenbundesstrasse an der südlichen Stadtgrenze in das Eigentum des Bundes. Diese Durchzugsstrecke umfasst die Strassenzüge Ennserstrasse, Posthofstrasse-Schlüsselhofgasse, Zwischenbrücken, Engegasse-Stadtplatz-Grünmarkt-Eisenstrasse 2. Die Stadtgemeinde verpflichtet sich, die erforderliche Instandsetzung der Strassenfahrbahn zur Erreichung eines dem Durchzugsverkehr entsprechenden Zustandes auf eigene Kosten durchzuführen. Diese Instandsetzungsarbeiten sind: a) Einbau einer dem heutigen Verkehr entsprechenden Ausgleichskurve an der Mündung der Posthofstrasse in die Ennserstrasse. b) Kitontränkung und oberflächenbehandlung der Posthofstrasse, ebener Teil. c) Oberflächenbehandlung der Posthofstrasse (Bergstrasse). d) Pflasterung des Grünmarktes. e) Pflasterung des bisher ungepflasterten Teiles der Eisenstrasse. 3. Das Bundesministerium für Handel und Verkehr führt die Instandsetzung der beiden in der Durchzugsstrecke liegenden eisernen Strassenbrücken über die Steyr und die Enns auf Kosten der Stadtgemeinde Steyr und mit Leistung eines Bundesbeitrages

zu den Instandhaltungskosten von S 70.000 durch. 4. Die Stadtgemeinde verpflichtet sich, einen 50 %igen Beitrag im Falle des gänzlichen Umbaues einer oder beider Brücken oder im Falle der Vornahme durchgreifender Rekonstruktionen (Verstänkung, Auswechslung von Tragwerksteilen, Erneuerung der Pflasterung oder Bedielung) zu leisten. 5. Die Stadtgemeinde verpflichtet sich, die Erhaltung und Säuberung der Durchzugsstrecke von Km 19.534 der Steyrer-Bundesstrasse bis zum Beginne der Eisenbundesstrasse einschliesslich der Säuberung der Fahrbahn und Gehwege auf den beiden Brücken und die Reinhaltung der Tragkonstruktionen auf ihre Kosten zu besorgen, wogegen die Bundesstrassenverwaltung die Durchzugsstrecke von km 18.104 - 19.534 wie bisher auf ihre Kosten erhält. 6. Die Stadtgemeinde hat für alle infolge des Bestandes der Gasrohrleitungen, der elektrischen Kabelleitungen und der Telephonleitungen an den Brücken notwendig werdenden Herstellungen und für die Instandhaltung dieser Anlagen insoferne nicht die betreffenden Unternehmungen hiezu rechtsverbindlich verpflichtet sind - aus eigenen Mitteln aufzukommen. 7. Die Stadtgemeinde übernimmt die Tragung der Kosten aus Anlass der Ordnung der Grundbuchsverhältnisse. Die Finanzierung dieser Instandhaltungsarbeiten wird auf Grund des Ergebnisses der unter dem Vorsitze des Bundeskanzlers Dr. Schober im Beisein des Finanzministers Dr. Juch abgehaltenen interministeriellen Konferenz vom 10. Juni 1930 durch ein Darlehen geregelt, das das Bundesministerium für Finanzen zum Zwecke dieser Arbeiten verschaffen wird. Die Rückzahlung dieses Darlehens erfolgt aus dem im Jänner 1931 fällig werdenden Kaufschilling für die Bundeslehranstalt für Eisen- und Stahlbearbeitung und für Elektrotechnik. Das Bundesministerium für Handel und Verkehr ist zu ersuchen, bei Vergebung der zur Instandsetzung der beiden eisernen Strassen-Brücken notwendigen Arbeiten nach Tunlichkeit die Reformbaugesellschaft Steyr zu berücksichtigen, an welchem Unternehmen

die Stadtgemeinde Steyr durch Gesellschaftsvertrag beteiligt ist. Einstimmig angenommen. Referent Stadtrat Dr. Schneeweiss: Punkt 5.) Grundverkauf zur Errichtung einer Bundesmittelschule. Zl. 2701 Der Referent bezieht sich auf die Ausführungen des Bürgermeisters und begründet die Notwendigkeit weiterer Massnahmen für die Sanierung der Gemeinde und führt aus, dass das Realgymnasium in einem in den Jahren 1631 bis 1672, also vor ungefähr 300 Jahren erbauten Gebäude untergebracht ist. Seit 5 Jahren sei das Realgymnasium von mehr als 360 Schülern und Schülerinnen besucht und weise dasselbe fünf Parallelklassen auf. Das Gebäude sei räumlich derart unzulänglich, dass schon seit fünf Jahren eine sogenannte Wanderklasse errichtet werden musste. Das Gebäude entspreche weder räumlich noch auch in hygienischer Richtung den Anforderungen, welche an ein Schulgebäude unbedingt gestellt werden müssen. Die Räume im Erdgeschoss seien düster, ebenso der Turnsaal und der Raum, in welchem die Schülerbibliothek sowie die Lehrerbibliothek untergebracht sei. Wichtige Lokalitäten seien aber auch derart feucht, dass eine Gefahr für die darin untergebrachten Gegenstände bestehe. Dies sei bei den Räumen der Fall, in welchen die Lehrerbibliothek, das geographische Kabinett und das naturhistorische Kabinett untergebracht seien. Alle Räumlichkeiten leiden unter äusserst ungünstigen Belichtungsverhältnissen, sodass ein Teil der Schüler geradezu der Gefahr ausgesetzt ist, kurzsichtig zu werden. Ein Erholungsraum oder ein Raum für Spielzwecke sei überhaupt nicht vorhanden, wie denn überhaupt die Lage des Schulgrundstückes sehr ungünstig sei, weil dieses nach dem Süden freiliege, aber auch diese Seite an einer verhältnismässig schmalen Strasse gelegen sei, sodass nur die Räume des zweiten Stockwerkes den Vorteil eines freien Ausblicks geniessen. Mit Rücksicht auf diese völlige Unzulänglichkeit des Schulgebäudes habe schon am 15.Februar 1928 die Direktion der Bundesoberrealschule in Steyr eine umfangreiche Eingabe an das Bundesministerium

für Unterricht gerichtet, in welcher auf die zahllosen Mängel des Schulgebäudes und die Unmöglichkeit, dasselbe weiter für Schulzwecke zu verwenden, hingewiesen wurde. Auch eine Elternversammlung habe im gleichen Jahre stattgefunden, in welcher sowohl von Seiten der Direktion als auch von Seiten des Schularztes und den leitenden Funktionären der Stadtgemeinde Steyr auf die Unzulänglichkeit des Schulgebäudes und die Notwendigkeit einer Abhilfe hingewiesen worden sei. Bei der vor kurzem erfolgten Vorsprache des Bürgermeisters, der beiden Vizebürgermeister, des Magistrats-Direktors Dr. Häuslmayr sei nun das Schulelend neuerlich dem Bundeskanzler und den Referenten des Bundesministeriums für Unterricht und Finanzen geschildert worden und habe diese Schilderung erfreulicherweise volles Verständnis gefunden, sodass nunmehr die Bereitwilligkeit besteht, in Steyr ein neues Schulgebäude zum Zwecke der Unterbringung eines neuen Realgymnasiums,sowie der anzuschliessenden Handelsschule zu errichten. Es sei wohl selbstverständlich, dass die Stadtgemeinde Steyr alles tun müsse, um die Errichtung dieses Schulgebäudes zu fördern und insbesondere den für die Errichtung dieses Gebäudes erforderlichen Grund beistelle. Ein solcher vollkommen geeigneter Grund befindet sich beim sogenannten Werndlschlössl und sei auch dieser von dem bereits von der Regierung nach Steyr entsandten Ministerialrat Dr. Mosser als geeignet befunden worden. Mit Rücksicht auf die Anforderungen, welche derzeit an ein Schulgebaude und insbesondere auch hinsichtlich Errichtung eines Sportplatzes gestellt werden, sei die Beistellung des Grundes im Ausmass von mindestens 22.000 m2 notwendig,weshalb der Referent den Antrag stellt: Einen Grund in diesem Ausmasse beim Werndlschlössl unentgeltlich zum Zwecke der Errichtung eines neuem Realgymnasiums samt Handelsschule dem Bund zu überlassen. Er beantragt schliesslich: Der Stadtrat beschliesse: Von dem zum Werndlschlössl in Steyr gehörigen Grund (Parz. 318, 319, 259) wird ein Teil im Ausmasse von 20.000 bis 22.000 m2

unentgeltlich an den Bund unter der Bedingung abgetreten, dass derselbe auf diesem Grunde ein Schulgebäude zum Zwecke der Unterbringung einer Bundesmittel- und einer Handelsschule errichtet und der Vertrag vom 12. Juli 1872 als aufgelöst zu gelten hat. G.R. Josef Kirchberger findet es als selbstverständlich, für den Antrag zu stimmen und spricht dem Bürgermeister und dem Magistratsdirektor Dr. Häuslmayr für die erfolgreichen Bemühungen den allerbesten Dank aus. G.R. Kirchberger nimmt den Anlass, den Neubau einer Hauptschule zu urgieren. G.R. Hofrat Dr. Ulrich Furrer erklärt, dass er für die unentgeltliche Uebergabe des Grundstückes stimmen werde, und bringt zum Ausdruck, dass die Schulräume im gegenwärtigen Gebäude gewiss nicht als günstig bezeichnet werden können. Bürgermeister-Stellv. Dr. Messenböck erklärt, dass das derzt. Schulgebäude auf die Dauer unhaltbar und unzureichend sei und schliesst sich dem Dank des G.R. Kirchberger, insbesonders für Magistrats-Direktor Dr. Häuslmayr namens seiner Fraktion und als Mitglied des Lehrkörpers an. Der Antrag wird sodann einstimmig angenommen. Schluss der öffentlichen Sitzung. Deg Vorsitzende: Der Schriftführer : Die Ueberprüfer:

Niederschrift über die vertrauliche Sitzung des Gemeinderates der Stadt Steyr am 20. Juni 1930. Tagesordnung. Punkt 1.) Verstaatlichung der Polizei. Punkt 2.) Personalien. Referent Bürgermeister Sichlrader: Punkt 1.) Verstaatlichung der Polizei. Der Referent führt aus: Was in meritorischer Hinsicht wegen Verstaatlichung der Polizei zu sagen war, habe ich bereits in der öffentlichen Sitzung getan. Es obliegt mir nun, den Ergänzungsvertrag zum Uebereinkommen, der aus rein präjudiziellen Gründen in der vertraulichen Sitzung beraten werden soll, zu besprechen. Im Uebereinkommen sind die Leistungen der Gemeinde für die Zukunft festgesetzt. Es ist aber klar, dass die Gemeinde diese gewiss an sich nicht allzu grosse Belastung im gegenwärtigen Zeitpunkt auch nicht zu leisten imstande ist, da sie ja mit Rücksicht auf die Entwicklung in den Steyr-Werken vor dem Bankrott steht. Es galt also eine Form zu finden, die Leistungen auf ein noch erträgliches Mass herabzusetzen. Uns so kamen wir zu dem Auskunftsmittel, dass ein Sondervertrag die Modalitäten der Leistungen besonders zu regeln hat. Die wesentlichen Bestimmungen dieses Sondervertrages enthält der § 13, der bestimmt, dass der Beitrag zum Personalaufwand (66.000 S), die Entschädigung für die Beistellung der Amts- und Wohnräume in der Polizeikaserne und der Pauschalersatz für die Instandhaltung dieser Räume (6.900 S), die Kosten der erstmaligen Herrichtungsarbeiten (rund 80.000 S) und schliesslich der Ersatz der Kosten für

die Anschaffung der Ersteinrichtung (35.000 S) solange gestundet werde, bis die finanzielle Lage der Stadtgemeinde unter Berücksichtigung der Erfüllung der gesetzlichen kommunalen Aufgaben die Leistungen ohne Gefährdung ihres budgetären Gleichgewichtes gestatten. In einem solchen Falle ist die Stadtgemeinde Steyr, die Landesregierung für Oberösterreich und das Bundeskanzleramt zu hören, während die Entscheidung dem Finanzministerium obliegt. Es sind also alle Vorsichtsmassregeln getroffen, dass die Gemeinde nicht in einem ungünstigen Zeitpunkt zur Erfüllung der Leistungen gezwungen werde. Ich möchte zum klaren Verständnis nunmehr folgendes feststellen: Die einmalige Barauslage von 115.000 S wird bis auf weiteres gestundet, ebenso die Kopfquote von 66.000 S und die Entschädigung bezw. der Pauschalersatz von 6.900 S. Wir machen daher im Jahre 1930 rund 152.000 S Schulden beim Bunde und in den folgenden Jahren je 72.900 S, das würde - um eine Ziffer zu nennen - in zehn Jahren rund 880.000 S ausmachen. Allerdings würden wir in diesen zehn Jahren beim gleichen Stand der Wache ohne Berücksichtigung der Vorrückungen ungefähr einen Betrag von 4 Millionen Schilling ausgeben. Ich muss jedoch hier das wiederholen, was ich bereits in der öffentlichen Sitzung gesagt habe, dass wir eben niemals unter den heutigen Verhältnissen diese Lasten auf die Dauer ertragen könnten, dass wir daher ernstlich das Problem der Konkurseröffnung in Erwägung hätten ziehen müssen. Wir machen also bewusst Schulden, allerdings unter ganz besonders günstigen Voraussetzungen, da diese Schulden für uns ein unverzinsliches Darlehen bedeuten. Ich habe mich verpflichtet gefühlt, dies ausdrücklich zu betonen, damit ein für allemal festgestellt ist, was ja für spätere Zeiten nicht unbedeutend sein dürfte, dass wir unter dem Druck der gewaltigen wirtschaftlichen Katastrophe dieser Stadt nicht anders handeln konnten. Es soll uns nicht einst der Vorwurf gemacht werden, dass wir unseren Nachkommen leichtfertig

Lasten aufbürden. Jedenfalls haben wir auf diesem Gebiete ganz ausserordentliche Vorteile erreicht. Von besonderer Bedeutung ist noch der § 10 des Sondervertrages, der festsetzt, dass im Falle der Aenderung in den Ubikationen die Gemeinde verpflichtet ist, die im Rahmen des Uebereinkommens vorgesehenen Räume auf ihre Kosten zu schaffen. Praktisch gesprochen, die Errichtung eines neuen Amtsgebäudes durchzuführen, was vor allem bei Auflösung des Mietverhältnisses im Schlosse Lamberg Platz greifen würde. Es ist selbstverständlich, dass in einem solchen Zeitpunkte neuerliche Verhandlungen eingeleitet werden müssten. Ich kann daher auch den Sondervertrag mit gutem Gewissen dem Gemeinderate zur Annahme empfehlen. Bürgermeister Sichlrader fügt noch bei, dass die erforderlichen Auslagen vom Bund zinsenlos gestundet werden und erst bis zur völligen Besserung der finanziellen Lage der Gemeinde fällig werden sollen. Er beantragt: Zl. 149/Präs. Zustimmung zum Vertrage. Der Gemeinderat erteile dem Vertrage zwischen den Vertretern des Bundeskanzleramtes und der Stadtgemeinde Steyr betreffend Durchführung der Verstaatlichung der Lokalpolizei die Zustimmung. Der Antrag wird mit allen gegen eine Stimme (Kommunisten) angenommen. Punkt 2.) Personalien. Derselbe Referent bespricht die langwierigen Verhandlungen mit der Sicherheitswache und beantragt zur Verstaatlichung der Polizei in Steyr - Abfertigung an die administrativen Beamten. Der Gemeinderat beschliesse: folgende Abfertigungen an nachstehende Beamten: S 8.000.- (achttausend) an Oberpolizeirat Edelmayer S 3.400.- (dreitausendvierhundert) an Verw. Oberkomm. Wania

S 1.900.- (eintausendneunhundert) an Kanzleioffizial Heide S 1.500.- (eintausendfünfhundert) an Kanzleiassistentin Maurer S 1.500.- (eintausendfünfhundert) an Kanzleiassist. Klaubberger S 1.500.- (eintausendfünfhundert) an Kanzleiassist. Wolfartsbergerg S 1.600.- (eintausendsechshundert) an Kanzleiasstist.Lebeda. Gegen eine Stimme angenommen. Zl. 71/Präs. Verstaatlichung der Lokalpolizei - Entschädigungen. Bürgermeister Sichlrader beantragt: Der Gemeinderat bewillige den zu verstaatlichenden Sicherheitsorganen einen einmaligen Entschädigungsbetrag im Ausmasse von fünf Julibezügen (ohne Nebengebühren und ohne Familienzulagen) und zwar: die erste Rate im Ausmasse von drei Monatsbezügen am 1. Juli und die zweite Rate von zwei Monatsbezügen am 1. September 1930. Gegen eine Stimme angenommen. Mit Zustimmung des Gemeinderates wird noch folgender Punkt auf die Tagesordnung gesetzt: Zl. 2738 Anstalt armer Schutzkinder in Steyr - Grundverkauf. Der Gemeinderat beschliesse den Verkauf eines Grundstreifens im beiläufigen Ausmasse von 10 m2 aus der öffentlichen Gnundparzelle 1373 an die Anstalt armer Schutzkinder in Steyr um den Kaufschilling von S 20.- (zwanzig) unter der Bedingung, dass die o.ö. Landesregierung die Zustimmung erteilt. Alle mit dieser Grundtransaktion verbundenen Kosten, Gebühren und dgl. gehen zu Lasten der Käuferin. Einstimmig angenommen. Der Bürgermeister teilt mit, dass er den Gemeinderat noch zur Besichtigung der neuen Polizeiubikationen einladen wird. Schluss der Sitzung: 22 Uhr. Der Vorsitzende: Der Schriftführer: Die Ueberprüfer:

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