Gemeinderatsprotokoll vom 21. Juni 1929

noch nicht den geringsten Erfolg gezeigt haben, dass also wieder ein halbes Jahr verloren ist, obwohl die unter der Führung des Herrn Landeshauptmannes beim Finanzminister erschienene Deputation einhellig die grösste Dringlichkeit der vorgeschlagenen Aktionen begründete. Hunderte Millionen an Zinsen allein sind dadurch verloren gegangen. Es ist und bleibt ein Widerspruch, wenn man uns oben immer wieder sagt, wir sollen sparen - was wir ja ohnehin seit vier Jahren in einem kaum mehr zu überbietenden Masse tun wenn man aber die wirklichen Sanierungsvorschläge, Vorschläge, die eine fundamentale Änderung der Finanzsituation bedingen, einfach auf die lange Bank schiebt. Ich verweise darauf, dass wir dem Bunde, wo es nur möglich war, in der Loyalsten Weise entgegen gekommen sind, so haben wir ihm den wertvollsten Grund zur Errichtung einer Gendarmeriekaserne kostenlos überlassen, der Bund aber hat unsere, geradezu in seinem Interesse gelegene Anregung der Vereinigung der Gendarmeriekaserne mit einer Polizeikaserne glatt abgelehnt; nur nebenbei sei bemerkt, dass sich der Bund für die schenkungsweise Ueberweisung des Grundes nicht einmal bedankt hat. Ich erwähnte dies hauptsächlich deswegen, weil ich schon heute auf die grossen Schwierigkeiten der Verstaatlichung der Polizei hinweisen will, die sich im besonderen aus der Raumfrage ergeben wird. Man wird sich also, was die Ersparungen auf diesem Gebiete für den Gemeindehaushalt bedeuten sollen, kaum besonders hoch gespannten Illusionen hingeben dürfen. Der Voranschlag für 1929 kann also kein klares Bild insoferne ergeben, als die wichtigsten Transaktionen noch in Schwebe sind. Immerhin aber bestätigt er das, was wir schon seit Jahren in Wort und Schrift predigen: die verantwortlichen Regierungsstellen müssen endlich einmal das Problem der Industriegemeinde zu lösen versuchen und auf die besondere Stellung einzelner Industriegemeinden in dieser Republik Rücksicht nehmen. Solange die Gesetzgebung bloss formalrechtlich den Begriff der notleidenden Gemeinde fixiert, bloss formalrechtlich einen Ausgleichsfond statuiert, ohne ihn in Realität treten zu lassen,

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