Gemeinderatsprotokoll vom 29. Dezember 1928

Kulturgeschichte dieser Stadt geschrieben. Ich werde also im vollen Bewusstsein der grossen Verantwortung, die ich als Bürgermeister dieser Stadt zu tragen habe, das Problem leidenschaftslos behandeln. Der Zusammenbruch unserer Finanzen ist zwar jäh hereingebrochen, aber nicht unerwartet. Die Bevölkerung ist allerdings überrascht von dieser Entwicklung der Dinge, weil sie ja trotz der Aufklärung durch Wort und Schrift natürlich nicht die Gelegenheit hat, so gründlich in den Verwaltungsorganismus einzublicken. Das Problem Steyr ist aber nicht von gestern, das Problem Steyr geht auf viele Jahrzehnte zurück. Es ist überflüssig, in diesem Saale auf die drückende Abhängigkeit des Wirtschaftslebens dieser Stadt von einem einzigen Unternehmer hinzuweisen. Das ist wohl die Hauptursache, die zu beseitigen nicht in unserer Macht ist. Gemeinde und Gemeindeverwaltung werden auch noch in ferner Zukunft von dem Schicksal des grossen Unternehmens dieser Stadt abhängen. Prosperität und Rückgang dieses Unternehmens bestimmen den Lebensstandard der gesamten Stadt. Es müsste daher der vorsichtige Verwalter dieser Stadt in den Zeiten der Prosperität eine Art Krisenfonds ansammeln, um die Finanzen in den Zeiten des Rückschlages ausgleichen zu können. Eine Werndlära aber haben wir in der Nachkriegszeit noch nicht erlebt. Wir haben bisher bloss von der Hand in den Mund gelebt. Wir haben nie wirklich mit sicheren Einnahmen rechnen können, ganz abgesehen davon, dass ja ein grosser Teil der Einnahmen auf Grund der heutigen Gesetzgebung sich unserer Ingerenz überhaupt entzieht. Die Gemeindeverwaltung hat natürlich auf diese tiefste Ursache unserer Not immer und zu jeder Zeit hingewiesen. Es ist auf die Dauer unmöglich, eine Stadt mit so eigenartiger wirtschaftlicher und sozialer Struktur zu verwalten, wenn sie die Einnahmen nicht autonom regeln darf, ja wenn ihr die Haupteinnahmen nach

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