Gemeinderatsprotokoll vom 11. Mai 1927

Niederschrift über die 1. ordentliche Sitzung des Gemeinderates der autonomen Stadt Steyr am 11. Mai 1927. Tagesordnung. Konstituierung des Gemeinderates. Anwesende: Vorsitzender Bürgermeister Sichlrader die Bürgermeister-Stellvertreter: Dr. Hubert Messenböck und Julius Russmann, die Gemeinderäte: Arzt Josef Baumgartner Johann, Dressl August Dedie Karl Fiala Karl Ecker Alois Gaiblinger Leopold Fridrich Leopold Hambrusch Peter Hafner Josef Huber Franz Kammerhofer Franz Kirchberger Josef Kisely Berta Klement Karl Kletzmayr Hermann Knabl Ferdinand, Knogler Richard Leitzinger Karl Marktschläger Rudolf Mitschko Martin Patek Irene Peyrer Angermann Dr. Camillo Roithner Hans Schlossgangl Leopold Schneeweiss Rudolf Dr. Schwandtner Anton Schrangl Franz Steiner Florian Schwitzer Erna Weiguny Josef Tribrunner Franz Witzany Hans

Vom Magistrate: Magistratsdirektor Dr. Ferdinand Häuslmayr. Als Schriftführer: Kanzleidirektor Karl Kapinus. Bürgermeister Sichlrader eröffnet um 19 Uhr 45 Min. die auf Grund des § 23 des Gemeindestatutes einberufene Sitzung. Der zu Beginn der Sitzung nicht anwesende G.R. Fiala erscheint später. Der Bürgermeister bestimmt die Gemeinderäte Arzt und Baumgartner zu Niederschriftsprüfern und leitet sodann die Angelobung sämtlicher Gemeinderäte ein, indem er die Angelobungsformel verliest und sodann mit Namensaufruf in alphabetischer Reihenfolge zur formellen Angelobung auffordert. Er ernennt sonach die Gemeinderäte Fridrich und Marktschläger zu Skrutatoren und übergibt dem an Jahren ältesten Gemeinderat Karl Leitzinger den Vorsitz. Dieser übernimmt den Vorsitz und leitet die Durchführung der Wahl für den Bürgermeister ein. Gemeinderat Hafner beantragt die Wiederwahl des bewährten Franz Sichlrader zum Bürgermeister. Bei der mit Stimmzettel erfolgten Wahl lauten 34 Stimmzettel auf Sichlrader, 1 Zettel leer. Der Vorsitzende verkündet das Ergebnis und fragt den abermals zum Bürgermeister Gewählten, ob er die Wahl annehme, was dieser bejaht. Der Vorsitzende schreitet zur Wahl des Bürgermeister-Stellvertreters der sozialdemokratischen Partei, wozu Gemeinderat Hafner Herrn Julius Russmann in Vorschlag bringt. Das Wahlergebnis ist 34 Stimmen für Russmann, 1 Stimmzettel leer. Nachdem auch dieses Resultat durch den Vorsitzenden verkündet ist und Russmann die Annahme zusagt, wird der der Wahlgang für den Bürgermeister-Stellvertreter der christlichsozialen Partei vorgenommen. G.R. Schlossgangl be-

antragt den bisherigen Bürgermeister-Stellvertreter Dr. Hubert Messenböck. Das Ergebnis ist 33 Stimmen für Dr. Messenböck, 2 Stimmzettel leer. Bürgermeister-Stellvertreter Dr. Messenböck erklärt, die auf ihn gefallene Wahl anzunehmen. Nachdem nun das Präsidium gewählt ist übergibt der Vorsitzende dem neugewählten Bürgermeister den Vorsitz. Bürgermeister Sichlrader übernimmt diesen und hält folgende Ansprache: Sehr geehrte Frauen und Herren ! Die Bevölkerung der Stadt Steyr hat durch ihr Urteil vom 24. April 1927 neuerlich die Vertreter der sozialdemokratischen Partei mit der verantwortungsvollen Geschäftsführung der Stadtverwaltung betraut, ein Beweis, dass sich die abgetretene Gemeinderatsmehrheit das Vertrauen der werktätigen Bevölkerung dieser Stadt erhalten hat. Sie haben mich zum zweitenmal zum Bürgermeister von Steyr gewählt. Während meiner zehnmonatlichen Amtstätigkeit glaube ich den Beweis erbracht zu haben, dass ich die Interessen der Stadt Steyr jederzeit zu wahren getrachtet habe. Was die zukünftigen Aufgaben der Gemeindeverwaltung anlangt, so verweise ich auf den Wahlaufruf der sozialdemokratischen Partei in Steyr. Ich sowie meine Parteigenossen sind Feinde der leeren Versprechungen, wir rechnen darauf, dass unsere redlichen Bemühungen auch Verständnis bei den übrigen Parteien des Gemeinderates finden, insbesondere dann, wenn es sich um die Lösung von Problemen handelt, bei der Land und Bund mitwirken müssen. Ich muss wiederum von dieser Stelle aus - die Erfahrungen des Wahlkampfes zwingen mich dazu - mit aller Deutlichkeit feststellen, dass die letzte Ursache der schlechten finanziellen Lage in der Art der Abgabenverteilung und in ihrer be-

sonderen Auswirkung auf die Stadt Steyr liegt. Ich kann dem Gemeinderate die Versicherung geben, dass ich mein Amt auch künftig auf das Gewissenhafteste verwalten werde, ich werde mir jedoch stets voll und ganz bewusst sein, welche Klasse der Bevölkerung mich auf diesen verantwortungsvollen Posten berufen hat. Ich gebe der Hoffnung Ausdruck, dass es uns gelingen wird, in der vor uns liegenden Funktionsperiode so manche wichtige Aufgabe zu lösen. Ich lade nochmals alle Mitglieder des Gemeinderates nachdrücklichst und freundlichst zur Mitarbeit ein und appelliere im besonderen wieder an das Pflichtgefühl aller Angestellten der Gemeinde. Der Gemeinderat schreitet sodann zur weiteren Konstituierung. Der Bürgermeister gibt bekannt, dass infolge Änderung des Statutes ein Kollegium eines unbesoldeten Stadtrates gebildet werden soll, der jedoch noch nicht zusammentreten könne, weil wohl der oberösterr. Landtag die entsprechende Gesetzesvorlage genehmigt hat, jedoch die Einspruchsfrist der Bundesregierung abgewartet werden muss, bevor das abgeänderte Statut publiziert und demgemäss Gesetzeskraft erhalten könne. Infolgedessen wird vorgeschlagen, den Stadtrat zu wählen, der indes als Ersparungskomitee in Funktion treten soll. Gegen diese Anregung wird kein Einwand erhoben und zur Wahl des Stadtrates geschritten. Ausser den drei Bürgermeistern werden noch sieben Stadträte zu wählen sein, die im Verhältnis 5:2 auf die sozialdemokratische und christlichsoziale Partei aufgeteilt werden. Im Wahlgange werden sonach die Gemeinderäte Josef Hafner, Karl Dedic, Dr. Rudolf Schneeweiss, Karl Klement und August Dressl, Leopold Schlossgangl und Kletzmayr Hermann einstimmig gewählt.

Bezüglich der Konstituierung der übrigen Ausschüsse beantragt Stadtrat Hafner die drei Ausschüsse Finanz- und Rechtsausschuss, Bau- und Verwaltungsausschuss und Fürsorgeausschuss statt wie bisher mit je 12 Mitgliedern mit nur je 10 zu besetzen. Bürgermeister-Stellvertreter Dr. Messenböck beantragt wie bisher 12 Mitglieder, wogegen Stadtrat Hafner auf seinem Antrag beharrt. Bei der Abstimmung wird der Antrag Hafner mit Stimmenmehrheit angenommen. Die Wahl dieser und aller übrigen Ausschüsse erfolgt ebenfalls mit Stimmzettel, mit folgendem Ergebnis: Finanz- und Rechtsausschuss (10 Mitglieder 7:3) Vorsitzender: Hafner Josef Mitglieder: Von der sozialdemokratischen Partei: Fridrich Leopold, Huber Franz, Kirchberger Josef, Dr. Schneeweiss Rudolf, Sichlrader Franz, Witzany Hans. Von der christlichsozialen Partei: Knabl Ferdinand, Marktschläger Rudolf, Arzt Josef. Bau- und Verwaltungsausschuss: (10 Mitglieder, 7:3) Vorsitzender: Dr. Messenböck Hubert Mitglieder: Von der sozialdemokratischen Partei: Dressl August, Klement Karl, Leitzinger Karl, Mitschko Martin, Schwandtner Anton, Steiner Florian, Weiguny Josef. Von der christlichsozialen Partei: Kammerhofer Franz, Schlossgangl Leopold. Fürsorgeausschuss. Vorsitzender: Julius Russmann Mitglieder: Von der sozialdemokratischen Partei:

Baumgartner Hans, Dedic Karl, Roithner Hans, Schrangl Franz Schwitzer Erna, Tribrunner Franz. Von der christlichsozialen Partei: Gaiblinger Leopold, Kletzmayr Hermann, Patek Irene. Personalkommission (6 Mitglieder 4:2) Von der sozialdemokratischen Partei: Hafner Josef, Huber Franz, Russmann Julius, Dr. Schneeweiss. Von der christlichsozialen Partei: Kletzmayr Hermann, Dr. Messenböck Hubert. Einspruchskommission für die Bodenwertabgabe (7 Mitglieder 5:2) Von der sozialdemokratischen Partei: Leitzinger Karl, Russmann Julius, Steiner Florian, Weiguny. Josef, Witzany Hans. Von der christlichsozialen Partei: Arzt Josef, Knogler Richard. Kassenkommissäre: (2) Von der sozialdemokratischen Partei: Dedic Karl. Von der christlichsozialen Partei: Marktschläger Rudolf. Krankenfürsorgeausschuss: (2) Von der sozialdemokratischen Partei: Tribrunner Franz. Von der christlichsozialen Partei: Kletzmayr Hermann. Meisteratelier: (2) Von der sozialdemokratischen Partei: Huber Franz Von der christlichsozialen Partei: Dr. Hubert Messenböck.

Arbeiter-Bau- und Wohnungsgenossenschaft: Vorstand (3) Von der sozialdemokratischen Partei: Schwandtner Anton, Weiguny Josef. Von der christlichsozialen Partei: Arzt Josef. Aufsichtsrat: (2) Von der sozialdemokratischen Partei: Klement Karl. Von der christlichsozialen Partei: Kammerhofer Franz. Museumsausschuss: (3) Von der sozialdemokratischen Partei: Russmann Julius. Von der christlichsozialen Partei: Kletzmayr Hermann, Dr. Messenböck Hubert. Ortsschulrat Gleink: (2) Von der sozialdemokratischen Partei: Roithner Hans Von der christlichsozialen Partei: Knogler Richard. Frauengewerbeschule: (1) Roithner Hans. Lichtbild- und Filmunterricht: (2) Von der sozialdemokratischen Partei. Roithner Hans Von der christlichsozialen Partei: Kammerhofer Franz. Vorstand der Elektrizitätswerke (2) Von der sozialdemokratischen Partei: Sichlrader Franz.

Von der christlichsozialen Partei: Baudirektor Ing. Treml. Landesfortbildungsschulrat (1) Hafner Josef, Ersatz: Dr. Messenböck Hubert Schulausschuss der gewerbl. Fortbildungsschule (1) Hafner Josef. Handelsschulkuratorium 3, 2:1 Von der sozialdemokratischen Partei: Dedie Karl, Dr. Schneeweiss Rudolf. Von der christlichsozialen Partei: Dr. Messenböck Hubert. Berufsberatung: (1) Huber Franz. Schiedskommission: (1) Dressl August. Vertrauensmänner für die Unternehmungen: Steyrer- Industrie- und Handelsgesellschaft: Magistratsbeamter Franz Liska. Steyrer Werkstätten Ludwig Steininger & CO. Magistratsbeamter Leopold Fridrich. Firma Reisser und Reder: Russmann Julius. Die Besetzung aller Ausschüsse erfolgt einstimmig, mit Ausnahme des Beschlusses über die Besetzung im Vorstande des Elektrizitätswerkes, der hinsichtlich des Vertreters der christlichsozialen Partei 23 Stimmen für Ing. Treml 10 Stimmen für G.R. Kammerhofer 3 Stimmen für G.R. Schlossgangl ergibt.

Baudirektor Ing. Treml erscheint somit gewählt. Demnach erscheint die Konstituierung vollzogen und schliesst der Bürgermeister die Sitzung mit der Mitteilung, dass die erste Sitzung des Ersparungskomitees morgen, Donnerstag, um 3 Uhr nachm. stattfindet. Die nächste Sitzung des Gemeinderates wird schriftlich bekanntgegeben. Der Bürgermeister: Der Schriftführer Die Niederschriftsprüfer

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