Gemeinderatsprotokoll vom 18. Dezember 1925

Eine Einladung der Fürsorgeräte zur Weihnachtsfeier im Versorgungshause für 20. Dezember 1925 wird zur Kenntnis gebracht. Sodann verliest der Vorsitzende einen eingelangten Dringlichkeitsantrag: Das Kreisgericht Steyr wurde am 15. Juni 1849 errichtet, besteht also durch mehr als 75 Jahre. Der Gedanke der Aufhebung des Kreisgerichtes ist nicht neu, hat aber immer den Widerstand der an dieser Frage interessierten Bevölkerung hervorgerufen und konnte auch bisher nicht verwirklicht werden. Nunmehr hat die Bundesregierung ein Verwaltungsersparungsgesetz im Nationalrate eingebracht, in welchem unter anderem auch die Aufhebung des Kreisgerichtes Steyr vorgesehen ist. Schon die Behauptung, dass die Aufhebung des Kreisgerichtes Steyr eine auch nur in die Wagschale fallende Ersparung dem Bundesschatze bringen könnte, gehört in das Reich der Phantasie. Einige Ziffern mögen besagen, dass mit der Aufhebung des Kreisgerichtes durchaus nicht die bei demselben beschäftigten Richter und Beamten entbehrlich werden. Beim Kreisgerichte waren im Jahre 1924 946 Verbrechenssachen anhängig. Heuer sind bis zu einem Drittel des Monates Dezember 1032 Verbrechenssachen angefallen. Die Kriminalität ist also eine steigende und bietet daher keinerlei Möglichkeit, an einen richterlichen Abbau zu denken. Im Jahre 1925 waren 442 Einzelrichterverhandlungen in Strafsachen und 147 Schöffenverhandlungen. Die Einzelrichter sind aber nicht nur bei den von ihnen geleiteten Verhandlungen, sondern auch als Senatsbeisitzer und mit anderen Agenden (Handelsregister, Grundbuchssachen, Konkurs- und Ausgleichssachen), somit voll beschäftigt. Es sind im Jahre 1925 367 Zivilklagen, 15 Konkurse und 43 Ausgleiche angefallen.

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