Gemeinderatsprotokoll vom 18. Dezember 1925

26. Sitzung. Protokoll über die 26. ordentliche Sitzung des Gemeinderates der autonomen Stadt Steyr am 18. Dezember 1925. Tagesordnung. 1.) Bericht des Bürgermeisters. Finanz- und Rechtsausschuss. Referent: V.B. Russmann. 2.) Abtretung von Gemeindegrund zur Aufstellung eines Trafik-Kiosk. 3.) Einspruch gegen eine Vorschreibung der LustbarkeitsAbgabe 4.) Gnadengesuch gegen eine Steuervorschreibung. 5.) Ausbau des Bahnhofgebäudes. 6.) Errichtung und Beteiligung an einer neuen Autolinie. 7.) Ansuchen um Weihnachtsremunerationen. 8.) Betriebskredit für die "Geste" Referent: G.R. Tribrunner. 9.) Grundabtretung Stigler 10.) Genehmigung einer Vereinbarung betreffend Sportplatz "Vorwärts" Referent: G.R. Dr. Schneeweiss. 11.) Ansuchen um Vertragsverlängerung 12.) Errichtung einer neuen Industrie und Beteiligung der Gemeinde. Vertrauliche Sitzung. Anwesende: Vorsitzender V.B. Karl Dedic, die Vizebürgermeister: Dr.Hubert Messenböck und Dir. Russmann die Gemeinderäte:

Wolf Josef Kranjak Marie Baumgartner Johann Lebeda Alois Voglsam Josef Lind Eduard Molterer Berta Lischka Hans Fischer Karl Furrer Ulrich Dr. Radmoser Johann Ruckerbauer Markus Saiber Alois Scherak Franz Hiessmayr Franz Schlossgangl Leopold Urban Josef Schneeweiss Rud. Dr. Januschka Emanuel Ecker Alois Klaffenböck Johann Steinbrecher Leopold Tribrunner Franz Klement Karl Wolfartsberger Johann. Vom Magistrate: Mag. Dir. Dr. Ferdinand Häuslmayr. Als Schriftführer: Protokollführer Karl Kapinus. Vizebürgermeister Dedie eröffnet die Sitzung um 6h 45. Entschuldigt sind: Bürgermeister Wokral, die Gemeinderäte: Markgraf, Meyer, Hafner, Witzany, Futterer und Kletzmayr. Als Protokollprüfer sind die G.R.Radmoser und Ruckerbauer. an der Reihe. Zu Punkt 1.) Bericht des Bürgermeisters bringt der Vorsitzende eine Zuschrift des städt. Museums zur Verlesung, wonach das Museum über die Erbschaft nach Dr. Johann Wittmann bestehend aus einigen Gemälden berichtet. Die Gemeinde hat den Erben den Dank ausgesprochen. Zur Kenntnis genommen. Gemäss § 14, Anhang II der D.O. wird dem Gemeinderate über die neue Zusammensetzung der Personalvertretung berichtet. Zur Kenntnis genommen.

Eine Einladung der Fürsorgeräte zur Weihnachtsfeier im Versorgungshause für 20. Dezember 1925 wird zur Kenntnis gebracht. Sodann verliest der Vorsitzende einen eingelangten Dringlichkeitsantrag: Das Kreisgericht Steyr wurde am 15. Juni 1849 errichtet, besteht also durch mehr als 75 Jahre. Der Gedanke der Aufhebung des Kreisgerichtes ist nicht neu, hat aber immer den Widerstand der an dieser Frage interessierten Bevölkerung hervorgerufen und konnte auch bisher nicht verwirklicht werden. Nunmehr hat die Bundesregierung ein Verwaltungsersparungsgesetz im Nationalrate eingebracht, in welchem unter anderem auch die Aufhebung des Kreisgerichtes Steyr vorgesehen ist. Schon die Behauptung, dass die Aufhebung des Kreisgerichtes Steyr eine auch nur in die Wagschale fallende Ersparung dem Bundesschatze bringen könnte, gehört in das Reich der Phantasie. Einige Ziffern mögen besagen, dass mit der Aufhebung des Kreisgerichtes durchaus nicht die bei demselben beschäftigten Richter und Beamten entbehrlich werden. Beim Kreisgerichte waren im Jahre 1924 946 Verbrechenssachen anhängig. Heuer sind bis zu einem Drittel des Monates Dezember 1032 Verbrechenssachen angefallen. Die Kriminalität ist also eine steigende und bietet daher keinerlei Möglichkeit, an einen richterlichen Abbau zu denken. Im Jahre 1925 waren 442 Einzelrichterverhandlungen in Strafsachen und 147 Schöffenverhandlungen. Die Einzelrichter sind aber nicht nur bei den von ihnen geleiteten Verhandlungen, sondern auch als Senatsbeisitzer und mit anderen Agenden (Handelsregister, Grundbuchssachen, Konkurs- und Ausgleichssachen), somit voll beschäftigt. Es sind im Jahre 1925 367 Zivilklagen, 15 Konkurse und 43 Ausgleiche angefallen.

Ferner waren im heurigen Jahre 352 Rekurse und Berufungen zu erledigen. Aus diesem Ziffernmaterial ergibt sich also, dass das mit Richtern auf das allerknappeste besetzte Kreisgericht voll beschäftigt ist, was am klarsten auch daraus hervorgeht, dass sämtliche Richter des Kreisgerichtes, mit Ausnahme der beiden Einzelrichter, die Belastungszulagen beziehen, also mehr an Arbeit leisten, als ihnen normalmässig zukommen würde. Die Ersparnis, welche durch Übertragung der Agenden des des Kreisgerichtes Steyr an einen anderen Gerichtshof zu erzielen sein würde, bestände äusserstenfalls in dem Unterschiede zwischen den Bezügen des Kreisgerichts-Präsidenten und einem Senatsvorsitzenden, welcher ja an seiner Stelle dem in Betracht kommenden Gerichtshofe zugewiesen werden müsste und diese Ersparnis würde sich pro Jahr auf sage und schreibe Schillinge 2200 belaufen. Ein Abbau des Kanzleipersonales kommt nicht in Betracht, weil beim Kreisgericht Steyr dasselbe ebenso überlastet ist, wie bei anderen Gerichtshöfen, so dass also das ganze Kanzleibeamtenpersonal weiter verwendet werden müsste. Dass die Staatsanwaltschaft Steyr keinen Abbau verträgt, ist für jeden, welcher die Verhältnisse kennt, klar, weil beide Staatsanwälte vollauf beschäftigt sind und die Staatsanwaltschaft nur über einen Kanzleibeamten verfügt, welcher naturgemäss nicht entbehrlich ist. Es ist also klar, dass eine nennenswerte Ersparung sich aus der Aufhebung des Kreisgerichtes Steyr nicht ergeben kann; wohl aber würde dieselbe eine erhebliche Belastung des Bundesschatzes und der Bevölkerung der Stadtgemeinde Steyr bedeuten, welche die angeführte geringe Ersparnis nicht nur nicht aufhebt, sondern eine so bedeutsame Tatsache darstellt, dass über dieselbe gar nicht hinweggegangen werden kann. Wer nicht vom grünen Tisch hinweg diese schwer-

wiegende Frage überprüft, sondern dieselbe von allen in Betracht kommenden Seiten zu beurteilen sich bemüht,kann nur zu dem einen Resultate gelangen, dass die Aufhebung des Kreisgerichtes Steyr ein Ding der Unmöglichkeit ist, dass nicht nur nicht an den Abbau geschritten werden darf, sondern nur ein Ausbau des Kreisgerichtes Steyr in Frage kommen kann. Die Strafprozessordnung steht auf dem Standpunkt der Unmittelbarkeit. Dieses Prinzip kann unmöglich aus Ersparungsgründen aufgegeben werden. Wenn also die Agenden des Kreisgerichtes Steyr an das Landesgericht Linz übergehen sollten, dann muss das Linzer Strafgericht die im Sprengel des Kreisgerichtes Steyr wohnhaften Personen nach Linz vorladen. Ein Zeuge, welcher beispielsweise aus Grünburg nach Steyr zu kommen hat, verliert einen ganzen Tag, wenn er aber nach Linz zu reisen hat, zwei Tage, was einerseits eine empfindliche Störung seiner Berufstätigkeit, aber auch eine wesentliche Belastung des Bundesschatzes durch die hiedurch bedingte Erhöhung der Zeugengebühren bedeutet. Die zahlreichen, in Steyr wohnhaften Parteien, welche beim Kreisgericht Steyr nur ganz kurze Zeit sich aufzuhalten hätten, müssen, wenn sie nach Linz vorgeladen würden, zumindest einen halben Tag verlieren. Das vom Bundesschatz für diesen Zweck beizustellende Pauschale würde also eine ganz enorme Erhöhung erfahren müssen. Das Landesgericht Linz ist aber auch räumlich derart beengt, dass es gar nicht in der Lage ist, die Richter und Kanzleibeamten, welche diesem Gerichte zugeteilt werden müssten, aufzunehmen. Es kommt also ein Ausbau oder ein Neubau in Betracht. Beides ist sehr kostspielig und würde, wenn mann nur die jährlichen Kapitalszinsen in Betracht zieht, weit die obangeführte Ersparnis von Schillingen 2200 pro Jahr übersteigen. Dazu kommt noch, dass in

Linz eine ganz bedeutende Wohnungsnot herrscht, dass daher den Richtern und Kanzleibeamten in absehbarer Zeit Wohnungen in Linz nicht zugewiesen werden könnten, dass diese täglich hin- und herfahren müssten, so dass sicherlich durch mindestens zwei Jahre den angeführten Beamten ganz bedeutende Zulagen zugebilligt werden müssten, so dass also die angebliche Ersparungsmassnahme tatsächlich eine bedeutende Belastung des Bundesschatzes bedeuten würde. Es geht aber auch nicht an, dass eine so wichtige, im Interesse der in Betracht kommenden Bevölkerung tief eingreifende Frage über den Kopf dieser Bevölkerung hinweg, entschieden wird. Dass volkswirtschaftliche Interessen der Steyrer - Bevölkerung ganz bedeutend durch die Verlegung des Kreisgerichtes Steyr berührt würden, unterliegt keinem Zweifel. Der starke Verkehr, welcher sich durch die Zureise der zu Gericht geladenen Personen ergibt, äussert sich in der Inanspruchnahme von Hotels, Gasthöfen, in starken Einkäufen in den städtischen Geschäften. Es ist bekannt, dass die Gelegenheit der Reise in die Stadt gerne dazu benützt wird, um entsprenchende Einkäufe zu besorgen. Die Gewerbetreibenden von Steyr, welche ohnhin gerade in der letzten Zeit mehr, als sie vertragen konnten, unter widrigen Verhältnissen zu leiden hatten, können wahrhaftig eine weitere Einbusse nicht vertragen. Es kann aber auch nicht übersehen werden, dass gerade die Steyrer Bevölkerung im Interesse der Erhaltung des Ansehens und in Wahrung ihrer wirtschaftlichen Interessen sich bereit gezeigt hat, nicht unerhebliche Opfer zu bringen, indem sie sich bemüht hat, die Garnison in Steyr zu erhalten, was mit einer schweren Belastung des Gemeindehaushaltes verbunden war. Steyr kann sicherlich nicht zu den glücklichen Städten gezählt werden. Erst vor wenigen Wochen hat diese Gemeinde eine Krise durchgemacht, welche eine geradezu unerträgliche Belastungsprobe für die ganze Bevölkerung darstellte. Es kann

der Bevölkerung von Steyr, wenn sie nicht systematisch zu Grunde gerichtet werden soll, nicht zugemutet werden, dass ihr auch weiterhin aus falsch verstandenen Ersparungsrücksichten die Axt an ihren volkswirtschaftlichen Lebensnerv gelegt wird. G.R. Dr. Schneeweiss begründet die Dringlichkeit, welcher Antrag nach kurzer Debatte einstimmig angenommen wird. Zur Sache selbst spricht der Referent ausführlich über die Aufgabe des Gemeinderates den Standpunkt der Bevölkerung der Regierung bekanntzugeben, da die Angelegenheit durch die Regierungsvorlage ernste Formen angenommen habe. Alle Bevölkerungskreise haben hiezu Stellung genommen, insbesondere die Gewerbevereine, aber auch für die Verlegung hat sich eine Stimme gefunden und zwar die Wiener Reichspost, die sicherlich nicht der Ansicht der Steyrer Bevölkerung entspricht. V.B. Dr. Messenböck erklärt namens der Wahlvereinigung voll und ganz für den Antrag zu sein und ist mit der Äusserung der Reichspost absolut nicht einverstanden. V.B. Russmann bespricht die Verkehrsnot durch Fehler aus alter Zeit, die heute durch die drohende Verlegung des Kreisgerichtes zum Ausdruck kommt und nun eine Beeinträchtigung der Bevölkerung darstellt. V.B. Dr. Messenböck zieht einen Vergleich mit der seinerzeitigen Frage der Verlegung der Garnison und be- zeichnet die Aktion der Regierung als einen Versuch der Degradierung der Stadt Steyr. Der Dringlichkeitsantrag wird sodann einstimmig angenommen. Der Vorsitzende verliest sodann den zweiten Dringlichkeitsantrag betreffend Ablauf des Wohnungsanforderungsgesetzes.

Z1. 24982. Das Wohnungsanforderungsgesetz soll am 31. Dezember 1925 ablaufen. Vom 1. Jänner 1926 hätte daher die Gemeinde kein Recht mehr, Wohnungen anzufordern, um sie Wohnungslosen zuzuweisen. Die Aufhebung der Wohnungsanforderung wäre speziell für die Stadt Steyr von geradezu katastrophaler Wirkung. Trotz der von der Gemeinde in den letzten Jahren geschaffenen Wohnungen sind die Verhältnisse in dieser Stadt noch immer die denkbar trostlosesten, noch immer sind 11 % der in Steyr wohnhaften Parteien direkt wohnungslos. Noch ist das jeder Kultur hohnsprechende Barackenelend nicht beseitigt und wird vermutlich auch in absehbarer Zeit nicht beseitigt werden können. Durch die Wohnungsanforderung ist es jedoch der Gemeinde gelungen, jährlich ca. 30 - 40 Wohnungen Wohnungslosen zuzuweisen; seit dem Bestande dieses Gesetzes wurden ca. 540 Wohnungen angefordert. Es ist einfach nicht auszudenken, wie sich die Verhältnisse entwickelt hätten, wenn die Gemeinde dieses Recht nicht gehabt hätte. Durch die Wohnungsanforderung ist es aber weiters möglich gewesen, dem Wohnungswucher einen wirksamen Riegel vorzuschieben. Steyr ist eine durchwegs proletarische Stadt. Fällt das Gesetz, so wird es den armen Schichten der Bevölkerung dieser Stadt überhaupt kaum mehr gelingen, eine Wohnung zu erhalten und es müsste sich der Wohnungssuchenden, die heute doch wenigstens die Hoffnung auf Änderung ihrer traurigen Lage haben, geradezu Verzweiflung bemächtigen, wenn sie keinerlei Aussicht mehr auf eine Wohnung hätten. Der Gemeinderat der Stadt Steyr protestiert daher mit aller Entschiedenheit gegen die Absicht der Regierung, das Wohnungsanforderungsgesetz ablaufen zu lassen. Der Gemeinderat der Stadt Steyr macht vor allem im Hinblick auf die eigenartige soziale und wirtschaftliche Struktur dieser Stadt die verantwortlichen Faktoren auf die unübersehbaren Folgen, die durch die Aufhebung der Wohnungsanforderung entstehen könnten, aufmerksam und lehnt schon heute jede Verantwortung für die Zukunft ab.

Dieser Antrag ist dem Bundeskanzleramt, dem Präsidium des Nationalrates und den Nationalräten der Stadt Steyr zu übermitteln. G.R. Lischka begründet die Dringlichkeit mit der bekannten Wohnungsnot in Steyr. Der Dringlichkeit wird zugestimmt. Zum Antrage selbst bezeichnet der Referent den Ablauf des Gesetzes für Steyr katastrophal nicht nur für die Wohnungslosen, sondern für alle Mieter und auch Geschäftsleute. Er erinnert an das Barackenelend, an den Umstand, dass selbst im Versorgungsheim 8 Parteien untergebracht werden mussten und befürchtet beim Ablauf des Gesetzes Unruhen. Er empfiehlt die einstimmige Annahme des Antrages. V.B. Dr. Messenböck anerkennt die Wohnungsnot und das Barackenelend in Steyr, das nirgends so arg ist wie hier, er polemisiert gegen eine Reihe von Äusserungen des Referenten, die er als nicht richtig bezeichnet, er vermisst einen Termin im Antrage über das Ende der Aufrechthaltung des Gesetzes, da es nicht angehe, für dauernde Zeit das Anforderungsgesetz zu fordern. Er erzählt dann einen Fall von einer Partei, die selbst nur einen geringen Zins zahlt, von einem Aftermieter aber so viel verlange, dass ihr monatlich 343.000 K rein verbleiben. Schliesslich erklärt er, den Antrag in dieser Form nicht annehmen zu können. Der Vorsitzende meint, ein Termin über den Zeitpunkt des Ablaufes lasse sich nicht bestimmen. G.R. Januschka nimmt die Anregung der Minorität über die Bestimmung eines Zeitpunktes nicht sehr ernst, er erinnert an die Zeit der Einführung des Mieterschutzes und will die Mieter auch heute nicht dem guten Herz der Hausherren ausliefern. Was die Opposition will, sei eine Sa-

nierung einer einzigen Schichte der Bevölkerung, dafür kann sich keine Partei, die eine Volkspartei sein will, einsetzen. Er behauptet im Falle einer Volksabstimmung, dass sich die Bevölkerung mit 90 % für das Anforderungsgesetz und auch 90 % für die Beibehaltung des Mieterschutzgesetzes aussprechen wird. Er sagt, es sei nicht zu verantworten, wenn sich ein Teil absentiere und er erinnert an den G.R. in Graz, wo die Grossdeutschen für den Antrag der Sozialdemokraten stimmten. Er wuenscht einen einstimmigen Beschluss. G.R. Klaffenböck sagt, auch den Hausbesitzern gehe es schlecht, er führt Beispiele an und schliesst: Das Gesetz muss geändert werden. V.B. Russmann bezieht sich auf Wels, wo die bürgerlichen Vertreter für den Antrag gestimmt haben und in Wels seien die Verhältnisse sicher nicht so triste Verhältnisse wie in Steyr. Er interpelliert die Gemeinderäte der Minorität, soweit sie selbst Mieter sind, persönlich, nicht aus Furcht vor dem Kirchberger gegen den Antrag zu stimmen. Stimmen Sie dafür und Sie ernten den Dank der ganzen Bevölkerung. V.B. Dr. Messenböck wünscht zur Klubberatung eine kurze Unterbrechung der Sitzung. Nach der Pause erklärt V.B. Dr. Messenböck namens der Wahlvereinigung nicht für den Antrag stimmen zu können. G.R. Januschka begründet neuerlich den Standpunkt der zinszahlenden Parteien und meint gegenüber der Äusserung, dass es auch Hausherren gebe, denen es schlecht gehe, es gibt auch andere Schichten denen es schlecht geht. Einzelne Fälle wiegen nicht gegen das Elend der Menge. Angebot und Nachfrage regulieren bekanntlich den Preis, dann wird der Arme nie zu einer Wohnung kommen. Schliesslich beantragt er namentliche Abstimmung, damit die Bevölkerung sehe, wer der Hausherren Minorität hörig sei.

G.R. Scherak polemisiert gegen einzelne Redner und schließt: Die Minorität habe soziales Empfinden für gewisse Schichten, aber nicht für die Allgemeinheit. G.R. Baumgartner befürchtet auch ein Übergreifen der Anwendung auf die Baracken, er hält den Standpunkt der Minorität für unbegreiflich und unterstützt den Antrag Januschka, damit die Bevölkerung sehe wo die Mieterfreunde und wo die Mieterfeinde zu suchen seien. G.R. Ecker erörtert seinen Standpunkt für den Antrag zu stimmen. V.B. Dedic macht aufmerksam, dass nach Erklärungen der Regierung gewisse Schutzbestimmungen aufrecht bleiben sollen. G.R. Molterer Berta kommt das Mieterschutzgesetz lächerlich vor und sie hält die Aufhebung für ein Gebot der Gerechtigkeit. V.B. Russmann wendet sich gegen die Vorrednerin und bespricht den Unterschied zwischen Hausbesitzer und Kleinrentner. Wenn Sie den Antrag ablehnen, wird Ihnen das keine Lorbeeren bringen; die Bevölkerung wird Ihnen die Antwort geben. G.R. Lischka bespricht die Folgen der Aufhebung des Anforderungsgesetzes und die Notwendigkeit einer Stellungnahme. V.B. Russmann konstatiert, dass der Vertreter der christlichen Arbeiterschaft fehlt. Die hierauf folgende Abstimmung ergab: V.B. Dr. Messenböck Nein V.B. Russmann ja G.R. Baumgartner ja G.R. Ecker Alois ja G.R. Fischer Karl ja G.R. Furrer Ulrich Dr. nein

G.R. Hiessmayr Franz nein G.R. Januschka Emanuel ja G.R. Klaffenböck Johann nein G.R. Klement Karl ja G.R. Kranjak Marie ja G.R. Lebeda Alois ja G.R. Lind Eduard ja G.R. Lischka Hans ja G.R. Molterer Berta nein G.R. Radmoser Josef ja G.R. Ruckerbauer Markus ja G.R. Saiber Alois ja G.R. Scherak Franz ja G. R. Schlossgangl Leopold nein G.R. Rudolf Schneeweiss Dr. ja G.R. Steinbrecher Leopold ja G.R. Tribrunner Franz ja G.R.Urban Josef nein G.R. Wolf Josef ja G.R.Wolfartsberger Johann nein somit erscheint der Antrag mit 18:8 Stimmen angenommen. Finanz- und Rechtsausschuss. Referent: V.B. Russmann. Punkt 2.) Abtretung von Gemeindegrund zur Aufstellung eines Trafik-Kiosk. Zl. 17224 und 17726. Der Beschluss des Gemeinderatspräsidiums, wonach dem Schwerinvaliden Daniel Riederich ein Stück Gemeindegrund beim Mauthause Sierningerstrasse zur Errichtung einer neuen Tabaktrafik gegen jederzeitigen Widerruf und unter der Bedingung, daß er von der zuständigen Finanzbehörde die Bewilligung zur Errichtung einer neuen Tabektrafik bekommt, zugewiesen wird, wird vom Gemeinderate nachträglich genehmigt.

Der festgesetzte Anerkennungszins per S 300.-- (dreihundert Schilling) pro Jahr einschliesslich der Marktgebühr wird gleichfalls genehmigt. Ohne Debatte genehmigt. Punkt 3.) Einspruch gegen eine Vorschreibung der Lustbarkeitsabgabe. Zl. 19818. Der Gemeinderat beschliesse: Dem Einspruche des Herrn Paul Schorn gegen die Höhe der von der Steuerverwaltung des Magistrates vorgeschriebenen Lustbarkeitsabgabe wird keine Folge gegeben. Ohne Debatte angenommen. Punkt 4.) Gnadengesuch gegen eine Steuervorschreibung. Zl. 21259. Der Referent beantragt: Der Gemeinderat beschliesse: dem Ansuchen der Frau Leopoldine Ramoult wegen gänzlicher Befreiung von der erhöhten Mietzinshellerauflage kann keine Folge gegeben werden. Es hat daher bei der alten Entscheidung des Magistrates zu bleiben. Ohne Debatte angenommen. Punkt 5.) Ausbau des Bahnhofgebäudes. Zl. 18964. 240 und 19479. Der Referent beantragt: Der Gemeinderat beschliesse: In Abänderung des Gemeinderatsbeschlusses vom 9. Jänner 1925, Absatz ad II erklärt sich der Gemeinderat damit einverstanden, dass die Errichtung einer Gastwirtschaft auf den Gründen der Bundesbahnverwaltung in der Weise vorgenommen werde, dass nur eine Bahnhofgastwirtschaft mit allen notwendigen Nebenräumen jedoch ohne Fremdenzimmer errichtet werde. Der Bau hat jedoch die Möglichkeit zu bieten, dass jederzeit eine Vergrösserung durch Aufbau eines Stockwerkes vorgenommen werden kann. Überdies ist es der Wunsch der Bevölkerung von Steyr, dass in dem neuzuerbauenden Objekte Raum für ein Bahnhofpostamt ge-

schaffen werde. Der Magistrat wird diesbezüglich beauftragt, mit der Postdirektion sofort die entsprechenden Verhandlungen einzuleiten. Weiters äussert der Gemeinderat den Wunsch, falls die Dreher'sche Brauerei in Schwechat als Vertragspartnerin der Bundesbahnverwaltung den Auf- und Ausbau sowie die Bewirtschaftung der Bahnhofgastwirtschaft übernimmt, diese Brauerei möge ihr der Gemeindevertretung gegenüber abgegebenes Versprechen in Steyr Fremdenzimmer in grösserer Anzahl an einem anderen Orte zu schaffen, trotzdem in naher Zeit einlösen. Die näheren Vereinbarungen hat der Magistrat zu treffen. Der Referent erläutert noch die näheren Umstände die zu diesen Antrag geführt haben. Der Antrag wird sodann ohne Debatte angenommen. Punkt 6.) Errichtung und Beteiligung an einer neuen Autolinie. Zl. 20782 und 21910. Der Referent beantragt nach kurzer Begründung: Der Gemeinderat beschliesse: Die Stadt Steyr ist an der Errichtung einer Autolinie Steyr - Hofkirchen - St. Florian und zurück interessiert und erklärt sich bereit den auf sie entfallenden Interessenanteil per 4000 Schilling gegen Aktien zu zeichnen. Ohne Debatte angenommen. Punkt 7.) Ansuchen um Weihnachtsremunerationen. Zl. 23863, 24191, 24349. Der Referent beantragt mit Rücksicht auf die Notlage: Der Gemeinderat beschliesse: Dem Ansuchen des Arbeitslosenkomitèes sowie des Landesverbandes der Kriegsbeschädigten, Witwen und Waisen (Ortsgruppe Steyr) um Gewährung einer Weihnachtsspende aus den Mitteln der Stadtgemeinde wird dahin entsprochen, dass dem Arbeitslosenkomitee ein Betrag von S 800.-- und der Invalidenorganisation ein Betrag von S 200.-- aus der Stadtkassa flüssig zu machen ist. Die Differenzierung zwischen Invaliden und Ar-

beitslosen ist begründet durch grössere Anzahl der Letzteren und teilweiser Erwerbsmöglichkeit ersterer. Wird ohne Debatte angenommen. Punkt 8.) Betriebskredit für die "Geste" Zl. 24256. Der Referent erörtert die Notwendigkeit der Bewilligung und versichert, dass das Kapital gut angewendet sei und das Unternehmen reüsiert. Er beantragt: Der Gemeinderat beschliesse: Der städt. Leichenbestattungsanstalt wird ein Kredit im Ausmasse von 10.000 (zehntausend Schilling) bewilligt. Der Kredit ist mit 12 % p.a. zu verzinsen und bis 31. Dezember 1926 der Stadtkassa vollständig zurückzuerstatten. G.R. Schlossgangl will vorerst die Schulden an die kleinen Geschäftsleute bezahlt wissen, bevor solche Kredite hinausgegeben werden. V.B. Dr. Messenböck will wissen, was mit dem Kredit geplant ist. V.B. Russmann erwidert darauf, das sei doch eben ein Geschäftsgeheimnis von dem er nur eines verraten wolle: Ausgestaltung des Unternehmens. Als Referent habe er sich gemäss seines seinerzeit gegebenen Versprechens bemueht, das Unternehmen ertragsreich zu gestalten, er habe einen Mitarbeiter gesucht und auch gefunden, der das Geschäft in die Höhe bringt und der es auch zu führen versteht. Die Minorität sabotiere und verhindere die Unternehmungen der Gemeinde. Daher könne er die Details der Ausgestaltung nicht öffentlich ausplauschen. Die Erfolge werden Sie zu sehen bekommen. V.B. Dedic stellt fest, dass der Betrieb seinerzeit ohne Betriebskredit übernommen wurde, dass also der heutige Beschluss nur eine Folge früherer Beschlüsse sei. Eine Kritik über die Tätigkeit der Geste wird anlässlich der Vorlage des Rechenschaftsberichtes möglich sein.

V.B. Dr. Messenböck beantragt zur Bekanntgabe der geplanten Investition die Verhandlung in die vertrauliche Sitzung zu verlegen, was jedoch über Vorschlag des Referenten abgelehnt wird. G.R. Steinbrecher behauptet die Minorität mache alles nach und daher müsse man im Geschäftsinteresse vorsichtig sein. V.B. Dr. Messenböck verwahrt sich dagegen, dass er selbst es sei, der mit gleichen Unternehmen der Gemeinde Konkurrenzunternehmen schaffe, und andere Korporationen, denen er wohl angehöre, könne man nicht verhindern zu ihrem Schutze vorzusorgen, er verweist auf angebliche Verbote des Plakatierens für katholische Vereine in Wien. Es sprechen sodann noch V.B. Dedic und V.B. Russmann, worauf der Antrag einstimmig angenommen wird. Referent; G.R. Tribrunner. Punkt 9.) Grundabtretung Stigler. Zl. 15469. Der Referent beantragt nach kurzer Begründung: Der Gemeinderat beschliesse: Die mit Herrn Stigler im Wege der Mag. Abt. V getroffenen Vereinbarungen vom 24. Oktober 1925 betreffend Abtretung von Grund an die Gemeinde werden nachträglich genehmigt und die hiezu erforderliche Summe von 1100 S bewilligt. Die Kosten dieser Transaktion werden von der Gemeinde getragen. Ohne Debatte angenommen. Punkt 10.)Genehmigung einer Vereinbarung betreffend Sportplatz "Vorwärts" Zl. Wird erst in der nächsten Sitzung behandelt werden. Referent: G.R. Dr. Schneeweiss. Punkt 11.) Ansuchen um Vertragsverlängerung. Zl. 20783. Nach kurzer Erörterung beantragt der Referent: Dem Ansuchen des Friedrich Landsiedl um Verlän-

gerung des mit Gemeinderatsbeschluss vom 9.Oktober 1925, Zl. 16655, bewilligten 30 tägigen Nachfrist betreffend Kaufvertrag einer Grundparzelle wird keine Folge gegeben. Punkt 12.) Errichtung einer neuen Industrie und Beteiligung der Gemeinde. Wird in der vertraulichen Sitzung behandelt, daher Schluss der öffentlichen Sitzung. Der Vorsitzende: Die Protokollprüfer: Der Schriftführer:

Protokoll über die vertrauliche Sitzung des Gemeinderates der Stadt Steyr am 18. Dezember 1925. Referent: G.R. Dr. Schneeweiss. Punkt 1.) Errichtung einer neuen Industrie und Beteiligung der Gemeinde. Beitritt der Stadtgemeinde Steyr zu einer Kommanditgesellschaft als Kommanditistin. Zl. 21904. Der Referent berichtet über die Aussichten des Unternehmens und empfiehlt die Annahme folgenden Antrages: Der Gemeinderat beschliesse: I. Die Annahme des Offertes der Herren Ludwig Steininger und Ing. Josef Köstler in Steyr vom 5. November 1925 betreffend Eintritt der Stadtgemeinde Steyr in die von den genannten Herren beabsichtigte Kommanditgesellschaft zur Erzeugung von Kinderwagen als Kommanditistin und genehmige nachstehenden im Einvernehmen mit den Offerenten formulierten Gesellschaftsvertrag: Gesellschaftsvertrag welcher am unten gesetzten Tage, Monate und Jahr zwischen den Herren Ludwig Steininger, Werkmeister in Steyr, Werndlgasse Na° 9, Ing. Josef Köstler in Steyr, Sierningerstrasse N° 82 und der Stadtgemeinde Steyr abgeschlossen wurde wie folgt: 1.) Die Herren Ludwig Steininger, Ing. Josef Köstler und die Stadtgemeinde Steyr vereinigen sich zu einer

Kommanditgesellschaft zum Zwecke der Erzeugung und Verwertung von Kinderwagen, insbesondere des beim Patentamt in Wien angemeldeten und mit Bescheid vom ... aufgelegten Kinderwagens "Unikum" und der einschlägigen Bedarfsartikel Erzeugung von allen Gegenständen, welche auf Grund von Erfindungen der offenen Gesellschafter nach den Bestimmungen des Patent- oder Markenschutzgesetzes geschützt werden. Ferner der Verwertung der erworbenen, bezw. zu erwerbenden Patente in allen Staaten der Patentunion und Russland durch Verkauf, Lizenzgebung oder durch Beschickung des bezüglichen Marktes mit Produkten in den der Stadtgemeinde gehörigen und von der Gesellschaft gepachteten Fabriksräumlichkeiten. 2.) Die Gesellschaft hat ihren Sitz in Steyr und wird unter der Firma Steyrer Werkstätten Steininger & Co. Kommanditgesellschaft in Steyr geführt werden. 3.) Die Gesellschaft tritt an jenem Tage in Kraft, an welchem vom Patentamte Wien Nummer und Datum des erteilten Patentes bekanntgegeben wird. Die Dauer der Gesellschaft wird auf 15 Jahre festgesetzt. Sollte vor Ablauf des 14. Gesellschaftsjahres von keiner Seite eine Erklärung erfolgen, dass die Gesellschaft mit Ende des 15. Jahres ihr Ende findet, so gilt dieser Vertrag auf weitere 15 Jahre als erneuert. 4.) Von den oben bezeichneten Gesellschaftern treten die Herren Ludwig Steininger und Ing. Josef Köstler als offene Gesellschafter, die Stadtgemeinde Steyr als Kommandistin in die Kommanditgesellschaft ein. Die Herren Ludwig Steininger und Ing. Josef Köstler bringen in die Gesellschaft das Patent N° vom ... samt allen Prioritätsrechten im Gesamtwerte von S 60.000 (in Worten: Sechzigtausend Schillinge) beziehungsweise die aus diesem Kapital anzuschaffenden Maschinen.

5.) Die Firma wird rechtsgiltig von jedem der beiden offenen Gesellschafter derart gezeichnet, dass unter dem gedruckten, geschriebenen oder stampiglierten Firmawortlaut einer der beiden offenen Gesellschafter seinen Namen zu setzen hat. 6.) Die erste Geschäftsbilanz ist mit 31. Dezember 1926 aufzustellen und bis spätestens Ende Februar des folgenden Jahres, jede weitere Bilanz jeweils bis Ende Februar des folgenden Jahres fertigzustellen und ein genaues Inventar zu errichten. 7.) Gewinn und Verlust treffen die beiden offenen Gesellschafter zu je 30% und die Stadtgemeinde Steyr zu 40%. 8.) Die offenen Gesellschafter dürfen ohne gegenseitige Zustimmung weder im Handelszweige dieser Gesellschaft für eigene Rechnung noch für Rechnung eines Dritten Geschäfte machen, noch an einem gleichartigen Unternehmen, sei es direkt oder indirekt teilnehmen. 9.) Der Stadtgemeinde Steyr steht das Recht zu, eine Vertrauensperson an den fallweise stattfindenden Gesellschaftsversammlungen teilnehmen zu lassen, durch dieselbe die Handelsbücher, Kalkulationsunterlagen und Korrespondenzen einzusehen und auf ihrer Grundlage eine Bilanz aufstellen zu lassen. 10.) Durch das Ableben eines Gesellschafters wird das Gesellschaftsverhältnis nicht gelöst, die Gesellschaft soll vielmehr mit den Erben, bezw. Rechtsnachfolgern des Verstorbenen fortbestehen. 11.) Wenn die Auflösung der Gesellschaft aus Gründen gefordert werden darf, welche in der Person eines Gesellschafters liegen (Art, 125 H.G.), so ist anstatt derselben auf Ausschliessung dieses Gesellschafters anzutragen. 12.) Im Falle des Ausscheidens oder der unfreiwilligen Ausschliessung des Kommanditisten haben bezüglich der Auseinandersetzung der Gesellschaft mit demselben die ge-

setzlichen Vorschriften zur Anwendung zu kommen. Im Falle des Ausscheidens oder der Auschliessung eines oder aller Gesellschafter gelten die gleichen Grundsätze, doch ist die Stadtgemeinde Steyr im Falle des Ausscheidens beider Gesellschafter berechtigt, die Übergabe des gesamten Unternehmens samt etwa vorhandenen Realitäten in ihr Eigentum zu begehren und die Vermögensauseinandersetzungen mit den ausscheidenden Gesellschaftern nach den Bestimungen des Handelsgesetzes über offene Gesellschaften unter der Annahme, als ob sie selbst offene Gesellschafterin wäre, durchzuführen. 13.) Bei der Auflösung der Gesellschaft aus was immer für einem Grunde ist tunlichst von der Durchführung eines regelrechten Liquidationsverfahrens Abstand zu nehmen. Die Mitglieder der Gesellschaft haben raschest die laufenden Geschäfte zu beendigen, die Aussenstände der Gesellschaft einbringlich zu machen und die Sachwerte zu versilbern. Sollte die Gesellschaft im Zeitpunkte der Auflösung über Realvermögen verfügen, so kann dasselbe im Falle der Zustimmung sämtlicher Gesellschafter aus freier Hand, sonst aber nur im Wege der öffentlichen Versteigerung veräussert werden. Der Stadtgemeinde Steyr bleibt das Recht vorbehalten, allfällige Realitäten um einen von gerichtlich beeidigten Sachverständigen zu bestimmenden angemessenen Preise zu erwerben. 14.) Nach Realisierung des Gesellschaftsvermögens sind aus dem erzielten Erlöse zunächst alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu berichtigen, ferner an die Stadtgemeinde Steyr, sowie die offenen Gesellschafter die von denselben eingebrachten Vermögenseinlagen auszubezahlen, das übrige Barvermögen nach dem im Punkt 4 angeführten Schlüssel aufzuteilen. Sollte der Erlös zur Befriedigung der Gesellschafter nicht voll ausreichen, so haben sich die offenen

Gesellschafter bezüglich der ihnen gebührenden Beträge einen verhältnismässigen Abzug gefallen zu lassen. 15.) Die Auflösung der Gesellschaft kann aus dem im Handelsgesetz angeführten Gründen herbeigeführt werden. 16.) Die Gesellschaft ist verpflichtet, innerhalb der in den bezüglichen Gesetzen vorgesehenen offenen Fristen für die in Oesterreich bereits angemeldete Erfindung in den Staaten der Patentunion und Russland Patente zu erwerben. 17.) Die Gesellschaft ist grundsätzlich verpflichtet mit Ausnahme der Angestellten und der qualifizierten Arbeiter nur Steyrer Arbeitslose zu verwenden. Die Aufnahme und Entlassung der Arbeiter ist ausschliessliches Recht der offenen Gesellschafter, bezw. der von diesen hiezu befugten Angestellten. Als Steyrer Arbeitslose gelten nur solche, welche beim Steyrer Arbeitslosenamte gemeldet sind und haben nach Steyr zuständige Arbeitslose den Vorzug gegenüber anderen. 18.) Die mit der Errichtung dieses Vertrages und der erforderlichen Durchführung im Handelsregister verbundenen Kosten und Gebühren werden von der Gesellschaft getragen. II. Die Stadtgemeinde Steyr übernimmt die Kosten der Adaptierung eines Stallgebäudes der Artilleriekaserne und der Anschaffung der notwendigen Maschinen im beiläufigen Ausmasse von 60.000 S (sechzigtausend Schillinge); dieser Gesamtwert bildet das Einlagekapital der Gemeinde. Das Gebäude bleibt im Eigentum der Stadtgemeinde Steyr. Zur endgiltigen Festsetzung des Gesamtwertes wird das Magistratspräsidium ermächtigt. III. Dem Unternehmen wird durch ein Jahr vom Betriebsbeginn an gerechnet die Bodenwertabgabe und die Mietzins-

hellerauflage für die Betriebsstätten erlassen. IV. Die Gemeinde verpflichtet sich dem Unternehmen einen Kontokorrentbetriebskredit bis zum Ausmasse von S 60.000 (sechzigtausend Schillinge) gegen 12.5 % ige Verzinsung p.a. auf die Dauer von 3 Jahren nach Vertragsausfertigung zu gewähren. Hierüber ist eine besondere Vereinbarung, zu deren formellen Durchführung das Magistratspräsidium ermächtigt wird, zu treffen. V. Mit dem Unternehmen ist ein Bestandvertrag betreffend die zur Verfügung gestellten Lokalitäten zu schliessen, dessen Genehmigung sich der Gemeinderat vorbehält. VI. Das Unternehmen wird mit der Stadtgemeinde Steyr ein Privatübereinkommen treffen, wegen Einstellung eines von der Gemeinde nominierten Vertrauensmannes als kaufmännischen Beamten. Zur Durchführung dieser Vereinbarung wird das Magistrats-Präsidium ermächtigt. VII. Dieser Gemeinderatsbeschluss sowie der Gesellschaftsvertrag werden in dem Augenblicke rechtswirksam, als das angesuchte und ausgelegte Patent im Sinne des Gesetzes als erteilt gilt, bezw. das Übereinkommen mit der Firma Jackels Nachfolger wegen Übertragung der Produktion zustande kommt. VIII. Das Gesellschafts kapital und der Kontokorrentbetriebskredit sind aus der Dollaranleihe sicherzustellen. G.R. Steinbrecher wünscht eine Reservierung eines zweiten Objektes, weil er der sicheren Überzeugung sei, dass sich das Unternehmen sehr bald wird vergrössern müssen.

Nach kurzer Debatte wird sodann der Antrag einstimmig angenommen. Punkt 2.) Steyrer Industrie und Handelsgesellschaft. Garantie-Erweiterung. Zl. 23827 Der Referent berichtet dass das Unternehmen in kürzester Zeit den Betrieb aufnehmen wird, dass grosse Bestellungen eingelangt sind und nun noch eines weiteren Kredites bedarf. Er beantragt daher: Der Gemeinderat beschliesse in Ergänzung des Punktes IV des Beschlusses vom 10. Juni 1925, Zl. 10635, die Erweiterung der Haftung für einen Betriebskredit der Steyrer Industrie- und Handelsgesellschaft Lettmayr & Co. im Wege der Bank für Oberösterreich und Salzburg von S 80.000 (achtzigtausend Schilling) um 40.000 S (vierzigtausend Schilling) somit auf einen Betrag von S 120.000 (einhundertzwanzigtausend Schilling). Die erweiterte Haftung gilt bis Ende 1926. Wird ohne Debatte angenommen. Punkt 3.) Elektrizitätswerke A.G. Kreditgewährung. Zl. 25022. Der Referent beantragt mit Rücksicht darauf, dass die Gemeinde den Dollarkredit nicht entsprechend ausnützen kann, ihn aber verzinsen muss, dem Elektrizitätswerk in Steyr behufs Ausgestaltung des Netzes ein Darlehen von 10.000 Dollar zu gewähren. Er beantragt: Der Gemeinderat beschliesse: I. Die Gewährung eines Darlehens im Betrage von 10.000 (zehntausend) Gold Dollar U.S.A. zahlbar in öst. Schillingen an die Elektrizitätswerke Ges.m.b.H. in Steyr unter nachstehenden Bedingungen: 1.) Das Darlehen ist von Seite der Gemeinde bis 31. Dezember 1928 unkündbar und kann nach Ablauf dieser Frist

vierteljährlich gekündigt werden, während der Darlehensnehmerin das Recht zuerkannt wird, jederzeit Abschlagszahlungen auf das Darlehen zu leisten oder den Restbetrag bezw. das volle Darlehen zurückzuzahlen. 2.) Die Zinsen werden mit 12% p.a. festgesetzt und sind halbjährig im Vorhinein zahlbar. 3.) Sollte die Gemeinde den Darlehensbetrag für eigene Zwecke bereits im Jahre 1927 benötigen und die Darlehensnehmerin das Darlehen nicht zurückzahlen, so wird der Gemeinde für ein etwa von anderer Stelle aufzunehmendes Darlehen die Zinsendifferenz vergütet; bei Aufnahme eines solchen Darlehens wird die Gemeinde das Einvernehmen mit dem Elektrizitätswerke in Steyr pflegen. 4.) Sollte irgend eine von der Darlehensnehmerin übernommene Zahlungsverpflichtung am Fälligkeitstage nicht oder nicht vollständig erfüllt werden, so kann die Stadtgemeinde Steyr den jeweils aushaftenden Darlehensbetrag zur sofortigen Rückzahlung kündigen; auch sind der Gemeinde bis zum Erlagstage 12 (zwölf) Prozent Verzugszinsen von der fälligen Forderung zu vergüten. 5.) Alle vertraglich festgelegten Zahlungen verstehen sich in amerikanischer Goldwährung nach dem Goldstandard vom 1. Juni 1925. Die Einzahlung erfolgt in österr. Währung zum Kurse des Golddollars am Zahlungstage und zwar für die Gemeinde vollkommen spesenfrei. 6.) Die Gemeinde darf aus diesem Darlehensgeschäft keine wie immer Namen habende Auslage treffen. Die Darlehensnehmerin ist demnach verpflichtet, alle mit diesem Geschäfte verbundenen Kosten, Gebühren und Abgaben etc. aus eigenem zu tragen. 7.) Der Darlehensbetrag ist hypothekarisch sicher zu stellen (Ranganmerkung) und ein gesetzlich vorgeschriebener Schuldschein auszustellen, alle dadurch erwachsenen Kosten gehen zu Lasten der Darlehensnehmerin.

II. Der Betrag ist aus der Dollaranleihe zu entnehmen. Dr. Messenböck erklärt, diesem Punkte nicht ohne weiteres zustimmen zu können, das Unternehmen biete keine Garantie, dass die Investitionen auch wirklich gemacht werden, es hat schon oft die Ausgestaltung versprochen und nie etwas gemacht. Wir sind nicht gerade dagegen, aber auch nicht dafür. Das Unternehmen soll einen Plan vorlegen, dann werden wir zustimmen, sonst nicht. G.R. Schlossgangl berichtet über den Beschluss in der Generalversammlung der Elektrizitäts-Werke. G.R. Steinbrecher unterstützt teilweise die Ausführung des V.B. Dr. Messenböck in Bezug auf die Verlässlichkeit der E.W.G. Er möchte Garantien haben, dass etwas und was gemacht werden soll. V.B. Russmann glaubt den Kredit davon abhängig zu machen, dass das Geld zur Ausgestaltung der Lichtleitung verwendet wird. V.B. Dedic spricht sich ebenfalls für die Einschaltung einer solchen Klausel aus. Der Referent G.R. Dr. Schneeweiss meint, es sei nicht angängig bei einem Darlehen zu fragen, was der Schuldner damit macht, es sei bloss zu prüfen, ob der Schuldner sicher sei. Schließlich wird dem Antrage beigefügt, dass das Geld hauptsächlich zur Durchführung der in den nächsten Jahren erforderlichen Erneuerung in Steyr Verwendung finden müsse. Der Ausschussantrag mit dem vorstehenden Zusatz wird sodann einstimmig angenommen. Punkt 4.) Heimatsangelegenheiten. a) Aufnahmen in den Heimatverband: Riener Johann Grabner Johann

Meinhart Vinzenz Kellermann Marie Linninger Richard Vorderwinkler Franz Pöschko Georg Anselgruber Karl Vielhaber Engelbert Reitbauer Leopold Moser Josef Maresch Johann Kreuzberger Florian Ziebermayr Kilian Punzer Otto Bachinger Johann Derntl Alois Gärtner Franz Hunger Ludwig Lackner Moriz Reithoffer Rudolf Loibl Marie Gruber Ludwig Holzbauer Alois Krieger Franz Stadler Therese Studener Johann Liehs Rupert Drdla Johann Fürschuss Isidor Dobrauz Aloisia Pfingstmann Josef Dutzler Marie Dobersberger Karl Reinisch Robert Panholzer Felix

Weixelbaumer Franz Walenta Franz Frank Johann Stallinger Karl Heidl Franz Felnermair Johann Kainzberger Johann Kleesattl Leopold Gundendorfer Josef Oberhuber Josef Rosinger Heinrich Laimer Josefa Schellmann Anna b) Abweisungen. Diertinger Marie Helmreich Amalia Trausner Fritz Zimmermann Julie Lehrbaumer Marie Bauer Josef Limberger Johann Atteneder Kaspar Trebentschek Anna Morawetz Anton Mayer August Herbst Julie Wöntner Franz c) Definitive Aufnahmen. Ripper Rudolf Niebauer Heinrich Hehenberger Josef Mütter Edmund

Surkin Klementine Zinke Antonie Janku Franz Der Schriftführer: Der Vorsitzende: Die Protokollprüfer:

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