Gemeinderatsprotokoll vom 19. Oktober 1925

25.Sitzung. Protokoll über die 25. ordentliche Sitzung des Gemeinderates der autonomen Stadt Steyr am 19. Oktober 1925. Tagesordnung. 1.) Bericht des Bürgermeisters. Finanz- und Rechtsausschuss. Referent: V.B. Russmann. 2.) Rekurs gegeneinen Räumungsauftrag. 3.) Grundüberlassung. Referent: G.R.Tribrunner. 4.) Gehsteigherstellung Posthofstrasse. Referent: V.B. Russmann. Steuer-Vorlagen. 5.) Regelung der Gebühren für die Aufnahme in den Heimatverband. 6.) Regelung der Abgabe für das Halten von Hunden. 7.) Regelung der Abgabe für den Besitz von Pferden. 8.) Regelung der Gebühren für baupolizeiliche Amtshandlungen. 9.) Regelung der Speisen- und Getränkeabgabe. 10.) Regelung der Ankündigungsabgabe. 11.) Regelung der Konzessionsabgabe. 12.) Regelung der Abgabe von Kraftwagen und Motorrädern. 13.) Regelung der Mietzinsabgabe. Vertrauliche Sitzung. 14.) Kreditaufnahme bei der o.ö. Landeshypothekenanstalt.

Anwesende: Vorsitzender Bürgermeister Josef Wokral. Die Vizebürgermeister: Karl Dedie, Dr. Hubert Messenböck und Direktor Julius Russmann, die Gemeinderäte: Wolf Josef Kranjak Marie Baumgartner Johann Lebeda Alois Lind Eduard Lischka Hans Molterer Berta Fischer Karl Furrer Ulrich Dr. Mayer Anton Futterer Franz Radmoser Johann Saiber Alois Ruckerbauer Markus Scherak Franz Hafner Josef Urban Josef Schlossgangl Leopold Schneeweiss Rud. Dr. Januschka Emanuel Kisely Berta Ecker Alois Steinbrecher Leopold Klaffenböck Johann Witzany Hans Tribrunner Franz Wolfartsberger Johann. Kletzmayr Hermann Vom Magistrate: Magistratsdirektor Dr. Ferd. Häuslmayr. Als Schriftführer: Protokollführer Karl Kapinus. Der Bürgermeister begrüsst die erschienen Gemeinderäte, konstatiert die Beschlussfähigkeit und eröffnet um 6 Uhr 50 Minuten die Sitzung. Entschuldigt sind die Gemeinderäte Klement, Markgraf, Voglsam und Hiessmayr. Protokollprüfer sind G.R. Mayer und Frau Molterer. Punkt 1.)Bericht des Bürgermeisters entfällt. Finanz- u. Rechtsausschuss: Refenrent V.B. Russmann. Punkt 2.) Rekurs gegen einen Räumungsauftrag. Zl. 16082. Antrag: Der Gemeinderat beschliesse dem Rekurse des Johann

Chladek gegen die Entscheidung der Mag. Abt. II vom 13. August 1925, Zl. 12998/25 betreffend die Räumung des von ihm gemieteten Bestandobjektes in der Schlüsselhofgasse 43 wird Folge gegeben und der Räumungsauftrag aufgehoben, da die in der Entscheidung angenommene Gefahr für die körperliche Sicherheit der Wohnungsbenützer nicht mehr gegeben erscheint. Ohne Debatte angenommen. Grundüberlassung. Punkt 3.) Zl. 15469/25. Referent G.R. Tribrunner. Antrag: Auf das Ansuchen des Herrn Stigler vom 10. August 1925 sowie auf die in den Protokollen vom 25. und 26. September 1925 gestellten Bedingungen kann mit Rücksicht auf die hohen Kosten der beabsichtigten Strassenverbreiterung nicht eingegangen werden, da diese Kosten zum Gegenwert des von Herrn Stigler abzutretenden Grundstückes in keinem Verhältnisse stehen. Der Gemeinderat ermächtigt vielmehr das Mag. Präsidium hinsichtlich des zur Strassenverbreiterung notwendigen Grundstückes das Enteignungsverfahren einzuleiten, wenn es nicht möglich sein sollte, mit Herrn Stigler günstigere Bedingungen zu vereinbaren. Ohne Debatte angenommen. Punkt 4.) Gehsteigherstellung Posthofstrasse. Zl. 17981/25. Antrag: Dem Ansuchen der Wohnungsfürsorge I. Allgemeine gemeinnützige Bau- und Wohnungsgenossenschaft in Steyr um Übernahme der gesamten Kosten der Gehsteigherstellung bei den Siedlungshäusern in der Posthofstrasse wird keine Folge gegeben, jedoch verpflichtet sich der Gemeinderat, die zur Abgrenzung des Gehsteiges von der Strasse nötigen Randsteine aus Gemeindemitteln zu beschaffen und

versetzen zu lassen. Ohne Debatte angenommen. Punkt 5.) Regelung der Gebühren für die Aufnahme in den Heimatverband. Zl. 18666/25. Referent V.B. Russmann begründet die Vorlage mit der Änderung des Finanzverfassungsgesetzes und erörtert an der Hand der Vorlage die Änderungen gegenüber den geltenden Vorschriften. Er stellt namens des Finanz- und Rechtsausschusses folgenden Antrag: 1.) die Annahme des vorliegenden Gesetzentwurfes nach den Beschlüssen des Finanz- und Rechtsausschusses; 2.) das Magistratspräsidium wird ermächtigt, etwaige von der Bundesregierung, die materiellen Grundlagen des Gesetzes nicht berührende Forderungen im eigenen Wirkungskreis durchzuführen. V.B. Dr. Messenböck erklärt namens der Wahlvereinigung gegen die Vorlage nichts einzuwenden; er empfiehlt jedoch bei der Durchführung das System der Gemeinde St. Pölten anzuwenden, welches Abstufungen nach Zeitdauer beinhaltet. Der Refereht schliesst sich den Ausführungen an, meint jedoch, dass für Steyr andere Verhältnisse maßgebend seien. Hierauf wird der Antrag einstimmig angenommen. Punkt 6.) Regelung der Abgabe für das Halten von Hunden. Zl.18661/25. Referent V.B. Russmann begründet die Vorlage mit der Änderung des Finanzverfassungsgesetzes und erörtert an der Hand der Vorlage die Änderungen gegenüber den geltenden Vorschriften. Er stellt namens des Finanz- und Rechtsausschusses folgenden Antrag:

1.) die Annahme des vorliegenden Gesetzentwurfes nach den Beschlüssen des Finanz- und Rechtsausschusses; 2.) das Magistratspräsidium wird ermächtigt, etwaige, von der Bundesregierung, die materiellen Grundla¬ gen des Gesetzes nicht berührende Forderungen im eigenen Wirkungskreise durchzuführen. V.B. Dr. Messenböck erklärt namens der Wahl¬ vereinigung, die Vorlage sei schlicht und doch schwer zu vertreten. Im allgemeinen sind die Gebühren bis zur mittleren Grenze. Er zieht Vergleiche mit Deutschland und anderen österr. Städten, die alle höhere Gebühren einheben bis auf Wien, das deshalb um 125 % mehr Hunde besitzt. Die Wahlvereinigung glaubt die Verantwortung übernehmen zu können. Der Antrag wird sodann einstimmig angenommen. Punkt 7.) Regelung der Abgabe für den Besitz von Pfer- den. Zl. 18659/25. Referent V.B. Russmann begründet die Vorlage mit der Änderung des Finanzverfassungsgesetzes und erörtert an der Hand der Vorlage die Änderungen gegenüber den geltenden Vorschriften. Er stellt namens des Finanz- und Rechtsausschusses folgenden Antrag: 1.) die Annahme des vorliegenden Gesetzentwurfes nach den Beschlüssen des Finanz- und Rechtsausschusses; 2.) das Magistratspräsidium wird ermächtigt, etwaige von der Bundesregierung, die materiellen Grundlagen des Gesetzes nicht berührende Forderungen im eigenen Wirkungskreise durchzuführen. V.B. Dr. Messenböck erklärt namens der Wahlvereinigung für die Vorlage zu stimmen, obwohl diese eine Erhöhung bedeutet, die insbesondere vom Transport-

gewerbe schwer empfunden wird. Er ersucht auf die unbefugte Konkurrenz ein erhöhtes Augenmerk zu wenden. Der Antrag wird sodann einstimmig angenommen. Punkt 8.) Regelung der Gebühren für baupolizeiliche Amtshandlungen. Zl. 18665/25. Referent V.B. Russmann begründet die Vorlage mit der Änderung des Finanzverfassungsgesetzes und erörtert an der Hand der Vorlage die Änderungen gegenüber den geltenden Vorschriften. Er stellt namens des Finanz- und Rechtsausschusses folgenden Antrag: 1.) die Annahme des vorliegenden Gesetzentwurfes nach den Beschlüssen des Finanz-und Rechtsausschusses; 2.) das Magistratspräsidium wird ermächtigt, etwaige von der Bundesregierung, die materiellen Grundlagen des Gesetzes nicht berührende Forderungen im eigenen Wirkungskreis durchzuführen. V.B. Dr. Messenböck erklärt namens der Wahlvereinigung für die Vorlage zu stimmen. Die Gebühren im allgemeinen sind nur valorisiert und bewegen sich im erträglichen Rahmen. Der Antrag wird sodann einstimmig angenommen. Punkt 9.) Regelung der Speisen- und Getränkeabgabe. Zl. 18664/25. Referent V.B. Russmann begründet die Vorlage mit der Änderung des Finanz-Verfassungsgesetzes und erörtert an der Hand der Vorlage die Änderungen gegenüber den geltenden Vorschriften. Er stellt namens des Finanz- und Rechtsausschusses folgenden Antrag: 1.) die Annahme des vorliegenden Gesetzentwurfes nach den Beschlüssen des Finanz- und Rechtsausschusses.

2.) Das Magistrats-Präsidium wird ermächtigt, etwaige von der Bundesregierung, die materiellen Grundlagen des Gesetzes nicht berührende Forderungen im eigenen Wirkungskreis durchzuführen. Wird ohne Debatte einstimmig angenommen. Punkt 10.) Regelung der Ankündigungsabgabe. Zl. 18662/25. Referent V.B. Russmann begründet die Vorlage mit der Änderung des Finanzverfassungsgesetzes und erörtert an der Hand der Vorlage die Änderungen gegenüber den geltenden Vorschriften. Er stellt namens des Finanz- und Rechtsausschusses folgenden Antrag: 1.) die Annahme des vorliegenden Gesetzentwurfes nach den Beschlüssen des Finanz- und Rechtsausschusses; 2.) das Magistratspräsidium wird ermächtigt, etwaige von der Bundesregierung, die materiellen Grundlagen des Gesetzes nicht berührende Forderungen im eigenen Wirkungskreis durchzuführen. V.B. Dr. Messenböck erklärt namens der Wahlvereinigung: Diese Abgabe trifft besonders den Kleingewerbestand. Im Interesse der Kleingewerbetreibenden, die wir vertreten, habe ich der Majorität zu danken, dass sie die Schilderabgabe bei den kleinen Schildern belassen und bei den grösseren nur mässig erhöht habe. Die Regulierung der Schildersteuer bedeutet einen Schutz vor wandernder Schmutzkonkurrenz, was von der bodenständigen Bevölkerung lebhaft begrüsst wird. Sodann wird die Vorlage einstimmig angenommen. Punkt 11.) Regelung der Konzessionsabgabe. Zl. 18660/25. Referent V.B. Russmann begründet die Vorlage mit der Än-

derung des Finanzverfassungsgesetzes und erörtert an der Hand der Vorlage die Änderungen gegenüber den geltenden Vorschriften. Er stellt namens des Finanz- und Rechtsausschusses folgenden Antrag: 1.) die Annahme des vorliegenden Gesetzentwurfes nach den Beschlüssen des Finanz- und Rechtsausschusses; 2.) das Magistratspräsidium wird ermächtigt, etwaige von der Bundesregierung, die materiellen Grundlagen des Gesetzes nicht berührende Forderungen im eigenen Wirkungskreis durchzuführen. V.B. Dr. Messenböck erklärt namens der Wahlvereinigung: Es müsse anerkannt werden, dass die Vorlage im weitgehendsten Masse der schwierigen Lage der Handels- und Gewerbetreibenden Rechnungträgt. Durch die Vorlage verzichtet die Gemeinde auf eine Einnahme von ca. 70 Millionen Kronen zu Gunsten der Gewerbetreibenden. Sodann wird der Antrag einstimmig angenommen. Punkt 12.) Regelung der Abgabe von Kraftwagen und Motorräder. Zl. 18663/25. Referent V.B. Russmann begründet die Vorlage mit der Änderung des Finanzverfassungsgesetzes und erörtert an der Hand der Vorlage die Änderungen gegenüber den geltenden Vorschriften. Er stellt namens des Finanz- und Rechtsausschusses folgenden Antrag: 1.) die Annahme des vorliegenden Gesetzentwurfes nach den Beschlüssen des Finanz- und Rechtsausschusses; 2.) das Magistratspräsidium wird ermächtigt, etwaige von der Bundesregierung, die materiellen Grundlagen des Gesetzes nicht berührende Forderungen im eigenen Wirkungskreis durchzuführen. V.B. Dr. Messenböck erklärt namens der Wahlvereinigung, dass die Steuersätze wesentlich geringer sind als in anderen Städten und die Wahlvereinigung mit Rück-

sicht auf die von der Mehrheit zu Gunsten der Gewerbetreibenden vorgeschlagenen Änderungen für die Vorlage stimmen werde. Sodann wird der Antrag einstimmig angenommen. Punkt 13.) Regelung der Mietzinsabgabe. Zl. 18658/25. Referent V.B. Russmann begründet die Vorlage mit der Änderung des Finanzverfassungsgesetzes und erörtert an der Hand der Vorlage die Änderungen gegenüber den geltenden Vorschriften. Er stellt namens des Finanz- und Rechtsausschusses folgenden Antrag: 1.) die Annahme des vorliegenden Gesetzentwurfes nach den Beschlüssen des Finanz- und Rechtsausschusses; 2.) das Magistratspräsidium wird ermächtigt, etwaige von der Bundesregierung, die materiellen Grundlagen des Gesetzes nicht berührende Forderungen im eigenen Wirkungskreise durchzuführen. G.R. Futterer stellt namens der kommunistischen Fraktion folgenden Antrag: § 2, Absatz 3 der Vorlage ist zu streichen. Die Bemessungsgrundlage für die Abgabe hat nicht nach Grösse und Preis der Wohnung, sondern nach dem Einkommen des Wohnungsinhabers zu erfolgen. Wohnungsinhaber mit Einkommen unter S 200 pro Monat sind von der Abgabe befreit. Von diesem Einkommen an beginnt die progressive Staffelung der Abgabe. V.B. Dr. Messenböck erklärt namens der Wahlvereinigung, dass dieselbe nicht gegen die Vorlage stimmen werde, weil sie sonst die Milderung der Wohnungsnot gefährden würde. Mit Rücksicht auf die Versicherung der Mehrheit, dass die Abgabe ermässigt werden könne,

wenn es die Finanzen der Gemeinde erlauben würden, sei gegen die Vorlage nichts einzuwenden. Redner polemisiert gegen G.R. Futterer und verliest hierauf ein Schreiben des Hausbesitzervereines, aus welchem hervorgeht, dass durch die Vorlage nicht nur die Mieter, sondern auch die Hausbesitzer belastet werden. Er stellt hierauf folgenden Antrag, der jedoch nicht in das Gesetz aufgenommen werden solle: Das Magistratspräsidium wird ermächtigt, wegen der Entschädigung für Einhebung und Abfuhr sofort die notwendigen Verhandlungen mit der Leitung des Hausbesitzervereines von Steyr aufzunehmen. G.R. Scherak erklärt, dass die kommunistische Fraktion gegen den Antrag Dr. Messenböck stimmen werde. V.B. Russmann klärt auf, dass der § 2, Absatz 3 auf Grund der bestehenden Gesetze in die Vorlage aufgenommen werden musste. Wegen der Höhe der Entschädigung für die Einhebung der Abgabe werde das Magistratspräsidium mit dem Hausbesitzerverein in Verhandlung treten. Er empfiehlt, den Antrag Futterer aus formellen Gründen abzulehnen und empfiehlt auch den Antrag Dr. Messenböck abzulehnen. G.R. Futterer beantragt getrennte Abstimmung. G.R. Hafner polemisiert gegen G.R. Futterer, der es unterlassen habe, einen geschäftsordnungsmässigen Antrag einzubringen. Vorsitzender Bürgermeister Wokral erklärt den Antrag Futterer als den bestehenden Gesetzen widersprechend nicht zur Abstimmung zu bringen. Die Vorlage mit Ausnahme des § 4 wird sodann einstimmig angenommen. Die Annahme des § 4 erfolgt mit allen gegen die 2 kommunistischen Stimmen. Der Antrag Dr. Messenböck wird dem Magistratspräsi-

dium zur weiteren Amtshandlung zugeteilt. Punkt 14.) Kreditaufnahme bei der o.ö. Landeshypothekenanstalt gelangt nach kurzer Unterbrechung unter dem Vorsitze des V.B. Dedic in vertraulicher Sitzung zur Behandlung. In der nun darauffolgenden öffentlichen Sitzung wiederholt Bürgermeister Wokral sein bereits erstattetes Referat und legt den von den Parteien vereinbarten Antrag zur Beschlussfassung vor. V.B. Dr. Messenböck erklärt namens der Wahlvereinigung auf Grund der Vorberatung im Finanzausschuss und in dem vertraulichen Teile der heutigen Sitzung dem Antrag zuzustimmen. G.R. Futterer gibt namens der kommunistischen Partei die Erklärung ab, aus wirtschaftlichen Gründen für den Antrag zu stimmen, obgleich seine Partei im Finanzausschuss nicht vertreten sei. G.R. Ecker erklärt ebenfalls für den Antrag zu stimmen. Bürgermeister Wokral hebt die Verantwortung und die Tragweite des Beschlusses hervor und hofft die Verwendung des Darlehens zum Gedeihen der Gemeinde, zum Wohle unserer Nachkommen. Die Abstimmung ergibt die einstimmige Annahme. V.B. Dedic spricht allen an dem Zustandekommen beteiligten Kräften insbesondere Herrn Bürgermeister Wokral, Herrn V.B. Russmann und Magistratsdirektor Dr. Häuslmayr den besten Dank aus, was von Bravorufen begleitet ist. Damit schliesst V.B. Dedic um 9 Uhr 15 Min. die Sitzung. Die Vorsitzenden: Die Protokollprüfer: Der Schriftführer:

Protokoll ueber die vertrauliche Sitzung des Gemeinderates der Stadt Steyr am 19. Oktober 1925. Punkt 14.) Kreditaufnahme bei der o.ö. Landeshypothekenanstalt. Referent: Bürgermeister Wokral. Zl. 18172/25. Bürgermeister Wokral erklärt vorerst, dass es üblich sei, derlei Vorlagen in öffentlicher Sitzung zu behandeln, über Wunsch des Geldgebers sind die Bedingungen der Kreditgewährung vertraulich zu behandeln. Er berichtet nun über die Vorgeschichte dieses Kredites und über die Schwierigkeiten, die sich der Erlangung gegenüber stellten. Es schien so, dass wir überhaupt keinen Kredit mehr erhalten sollten, aber auch anderweitig liessen Kredite sich nicht beschaffen, da der gesamte Besitz bei der Hypothekenanstalt verpfändet sei. Dazu kam noch die Entlassung der Arbeiter in der Waffenfabrik, die neue Schwierigkeiten bereitete und bis nun einen Entgang an Einkünften von 400 Millionen Kronen darstellt. Überdies wird die Reparatur der Neutorbrücke als so dringend bezeichnet, dass Gefahr im Verzuge sei, daher eine ausserordentliche Ausgabe von etwa 1/2 Milliarde entstehen dürfte. Die Gemeinde sah sich also genötigt, die Kreditbeschaffung neuerlich in Angriff zu nehmen. V.B. Russmann ist heute morgens zur Landeshypothekenanstalt gefahren und hat dort doch noch einen Kredit von 150.000 Dollar zu denselben Bedingungen erhalten. Des weiteren wurde zugesagt, dass die Landeshypothekenanstalt im Jahre 1926 einen weiteren Kredit in der Höhe von 1 Million Schilling aus den laufenden Einnahmen bewilligen wird.

Dieser Kredit gelangt voll zur Auszahlung, stellt sich also trotz höherer Verzinsung (12 %) wesentlich günstiger dar, umsomehr als zu erwarten steht, dass der Zinsfuss neuerlich wieder herabgesetzt werden wird. Er ersucht folgenden Antrag im Gemeinderate einmütig anzunehmen: I. der o.ö. Landeshypothekenanstalt in Linz folgendes Kreditoffert bindend zu unterbreiten: 1.) ein Tilgungsdarlehen auf 20 Jahre im Nominalbetrage von 150.000 Golddollar U.S.A. aufzunehmen, für welches nachfolgende Bedingungen zu gelten haben: a) die jährliche Annuität beträgt 11 % der Darlehenssumme durch 20 Jahre, zahlbar in zwei gleichen Halbjahresraten, deren erste am 1. November 1925 fällig ist; die nächste ist am 1. Mai 1926 zu bezahlen; b) in der Annuität sind inbegriffen: Zinsen, Kapitalsabstattung, Regiebeitrag und alle Gebühren und Steuern; c) die Laufzeit beträgt 20 Jahre, so dass mit 1. Mai 1945 der gesamte Darlehensbetrag zurückgezahlt sein muss.; d) Der Kredit ist seitens der Landeshypothekenanstalt unkündbar, wenn die schuldscheinmässigen Bedingungen eingehalten, d.h. vor allem die Halbjahresraten pünktlich bezahlt werden. Die vorzeitige Rückzahlung der ganzen Schuld oder eines Teiles ist ab 1. Juni 1930 möglich. Erfolgt die Zahlung vor dem 1. Juni 1935, so ist die Schuld mit 102.5 % des Kapitalsrestes zurückzuzahlen. Vom 1.Juni 1935 bis 30.Mai 1936 mit 102.- % vom 1.Juni 1936 bis 30. Mai 1937 mit 101.5% vom 1.Juni 1937 bis 30.Mai 1938 mit 101.-% vom 1.Juni 1938 bis 30.Mai 1939 mit 100.5% ab 1.Juni 1939 mit 100% jeweils gegen halbjährige Kündigung und Einzahlung des Gesamtbetrages spätestens

40 Tage vor dem Kündigungstermin. Bei Verzug in der Zahlung der Halbjahresraten wird der Darlehensbetrag sofort fallig. Die Verzugszinsen betragen 12% im Jahr. e) Die Zuzahlung erfolgt mit 76.- ohne jeden weiteren Abzug für Zinsen und Spesen bis zum 1. November 1925. Das Darlehen ist in Golddollar U.S.A. aufzunehmen; alle Zahlungen für Kapital- und Halbjahresraten erfolgen in Golddollar U.S.A. oder in Schillingen zu dem von der Nationalbank hiefür üblichen Umrechnungskurse und Bankspesen; für die Darlehensauszahlung also zum Kurse von 706.90 netto. II. Die Gemeinde Steyr verpfändet der Landeshypothekenanstalt grundbücherlich ihren gesamten Realbesitz, ferner die Lohnabgabe und die Mietzinshellerauflage; diese ist jedoch nur mit jenem Betrage unmittelbar an die Landeshypothekenanstalt abzuführen, der durch die Lohnabgabe nicht gedeckt ist. Die aus der Lohnabgabe und Mietzinshellerauflage einfliessenden Gelder werden nach dem Zinsfuss der Landeshypothekenanstalt von dieser halbjährig verzinst. Das Pfandrecht an diesen beiden Steuern und Abgaben wird erst mit 1.Jänner 1926 aktuell. Die Gemeinde Steyr behält sich jedoch vor, bis zu diesem Zeitpunkte andere Sicherheiten für die Einhaltung des Zinsen- und Tilgungsdienstes bekanntzugeben, wogegen der Landeshypothekenanstalt die Entscheidung darüber bleibt, ob sie diese neuen Sicherheiten für ausreichend erachtet. Der Erlös des Darlehens wird für produktive Zwecke seitens der Gemeinde verwendet. III. Das Gemeinderatspräsidium wird ermächtigt, etwaige von der Landeshypothekenanstalt verlangte Änderungen, die die materielle Grundläge nicht wesentlich berühren, rechtsgiltig im eigenen Wirkungskreis durchzuführen und einen weiteren Kredit bis zu 1 Million Schilling bei dieser Anstalt für das Jahr

1926 womöglich sicherzustellen. G.R. Klaffenböck gibt die Erklärung ab, dass sich seine Partei der Wichtigkeit voll bewusst sei. Er sieht die Gemeinde als einen grossen Betrieb an und hält es für nötig, dass in wirtschaftlichen Fragen ohne Unterschied der Parteien zusammengehalten werden müsse. Daher wäre zu vermeiden gewesen, dass von Rednern und im Tagblatt die Existenz der Geschäftsleute bedroht werde, auch wir haben einen schweren Standpunkt bei unseren Wählern. Er betont, dass von Seite der Majorität volle Offenheit geherrscht habe, es sei so viel besser zu arbeiten und hofft, dass es auf die Dauer so bleiben möge. Die Wahlvereinigung wird für den Antrag stimmen. V.B. Dr. Messenböck bespricht die analoge Haltung der Opposition im Landtage und erklärt im Gemeinderate dieselbe Haltung einzunehmen. Er hebt die aussergewöhnliche Bemühung des V.B. Russmann hervor, die Anerkennung verdient. Er stellt sonach einen Zusatzantrag über die Verwendung des Kredites, den er aber später nach Formulierung eines einheitlichen Antrages zurückzieht. G.R. Hafner kommt auf die Äusserung des G.R. Klaffenböck zurück, indem er zu bedenken gibt, dass durch die ungerechtfertigte Aussperrung in der Waffenfabrik eine ungeheure Erregung in der Arbeiterschaft herrschte und wenn in solchen Tagen erregte Worte fallen, sei dies psychiologisch zu begreifen. Er fügt hinzu, dass er die Disziplin der Arbeiter bewundere und hofft über den frivolen Akt des Unternehmens sehr vernehmlich sprechen zu können. Die Fabriksleitung gehe einer völlig falschen Industriepolitik nach und versäumt damit die Ausnützung der herrschenden Automobilkonjunktur. Er erinnert an die in der letzten Sitzung gestellte Interpellation und meint, dass die Gemeinde nach ihrer faktischen Tätigkeit zu beurteilen

wäre wobei er an die grossen Gesetzesvorlagen, die heute behandelt wurden, erinnert. Vor der Konvertierung alter Schulden graue ihm, wenn dadurch die Schuld eine um 50 % höhere ist. Er sei daher froh, wenn nicht allzuviel konvertiert werde. Er erklärt schliesslich namens der Majorität voll Bereitwilligkeit über die Verwendung des Kredites im paritätischen Komitee zu beraten und dass nichts gemacht werde, was nicht das Komitee beschlossen habe. Bürgermeister Wokral ergänzt seinen Bericht, dass das Darlehen bis zur jeweiligen Abhebung mit 10 % durch die Landeshypothekenanstalt verzinst werden wird. Bezüglich der Verwendung des Kredites meint er, dass alle drückenden Schulden und offenen Rechnungen, für die hohe Zinsen zu bezahlen sind, abgestattet werden sollen, dass diese aber auch durch das Komitee bestimmt werden sollen, ebenso wie die Abhebungen aus dem Kredit. Jedenfalls schliesst er, ist die grösstmöglichste Sparsamkeit zu beachten. G.R. Schlossgangl wünscht auch die Bezahlung der offenen, nicht drückenden Schulden. V.B. Dr. Messenböck ist mit folgenden abgeänderten Zusatzantrag einverstanden: Der Gemeinderat beschliesse einen Golddollarkredit in der Höhe von 150.000 Dollar zu den von der o.ö. Landeshypothekenanstalt in Linz mitgeteilten Bedingungen aufzunehmen. Die aufgenommene Kreditsumme ist zu produktiven Zwecken, teils zur Abstattung hochverzinslicher Schulden zu verwenden. Über die Verwendung des Kredites erstattet das hiezu geschaffene paritätische Komitee dem Gemeinderat die geeigneten Vorschläge. Bei der Abstimmung über die Bedingungen der Aufnahme des Darlehens wird der vom Referenten gestellte Antrag einstimmig angenommen. Die Vorsitzenden: Die Protokollprüfer: Der Schriftführer:

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