10.Sitzung. Protokoll über die 10. ordentliche Sitzung des Gemeinderates der autonomen Stadt Steyr, am 28.April 1924. Tagesordnung. Präliminare für das Jahr 1924. Anwesende: Vorsitzender Bürgermeister Josef Wokral; die Vicebürgermeister: Karl Dedic, Dr. Hubert Messenböck und Dir. Julius Russmann, die Gemeinderäte: Aigner Franz Kranjak Marie Baumgartner Johann Lebeda Alois Bausenwein Johann Lind Eduard Molterer Berta Lischka Hans Fischer Karl Markgraf Josef Furrer Ulrich Dr. Mayer Anton Futterer Franz Radmoser Johann Gangl Josef jun. Saiber Alois Hafner Josef Scherak Franz Hiessmayr Franz Schlossgangl Leopold Urban Josef Schneeweiss Rud. Dr. Januschka Emanuel Ecker Alois Steinbrecher Leopold Kisely Berta Klaffenböek Johann Tribrunner Franz Wolfartsberger Johann Klement Karl Von Magistrate: Magistratsdirektor Dr. Ferd. Häuslmayr. Als Schriftführer: Protokollführer Karl Kapinus. Bürgermeister Wokral begrüsst die Erschienenen und eröffnet um 3/4 4 Uhr die Sitzung. Entsehuldigt die G.R. Kletzmayr und Witzany, die beim Nattonalrate in Wien sind. Protokollprüfer sind die G.R. Lischka und Markgraf. Bürgermeister Wokral berichtet, dass beabsichtigt war, die Frage der Belassung der Garnison im Rahmen des Präliminares zur Sprache zu bringen. Über Wunsch der Mi-
norität wird infolge eines Parteiübereinkommens die Garnisonsfrage erst bei der nächsten Gemeinderatssitzung behandelt werden und wurde daher dieser Punkt von der Tagesordnung abgesetzt. Über Vereinbarung wird von einer Generaldebatte über das Prälimindre abgesehen und über jedes Kapitel nach dem Berichte des Referenten die Debatte abgeführt. Der Gemeinderat ist über Befragen damit einverstanden, dass, wenn niemand das Wort wünscht, die einzelnen Kapitel als angenommen gelten. Der Voranschlag ist statutengemäss durch 14 Tage aufgelegen, eine Einwendung wurde nicht erhoben. Der Bürgermeister erteilt sonach zum einzigen Punkt der Tagesordnung: Präliminare für das Jahr 1924 dem Referenten V.B. Russmann das Wort. Derselbe berichtet: In einer überaus schweren Zeit geht der Gemeinderat der Stadt Steyr an die Beratung des heurigen Voranschlages. Steyr ist eine Stadt der Arbeitslosen geworden. Über die Auswirkung der Einstellung des Betriebes der Waffenfabrik werden wir noch ausführlicher berichten. Im folgenden will ich den Voranschlag für 1924 besprechen ohne Berücksichtigung der Schliessung der Waffenfabrik. Der Voranschlag für das Jahr 1924 steht unter dem Zeichen der wirtschaftlichen Depression. In Steyr waren bis zum 16. April 1924 (bevor die Schliessung der Waffenfabrik erfolgte 8 % der Bevölkerung arbeitslos, 7 % der Bevölkerung erhielt die Schuhe von der Gemeinde, 5 % der Bevölkerung stand in ständiger Armenunterstützung. Die Gemeinde hat keine Möglichkeit aus der hiesigen Bevölkerung, die überwiegend aus Arbeitern und Angestellten besteht, jene Steuern herauszupressen, die notwendig wären, um eine moderne Kommunalpolitik zu betreiben. Die heutige Gemeindeverwaltung hat aber - eine der vielen Unterlassungssünden der Vergangenheit - keine Unternehmungen, keine Betrie-
die etwa an die Stadtkassa Zuschüsse leisten könnten. Die Stadtgemeinde Steyr ist also lediglich auf die Steuererträgnisse angewiesen, die bei der eigenartigen Struktur der hiesigen Bevölkerung nicht sehr ergiebig sind. Trotzden hat aber die Gemeinde auf jenen Gebieten, die vor dem Zusammenbruch für eine Gemeinde unbekannt gewesen sind, das geleistet, was man ihren Kräften zumuten konnte. Die Gemeinde hat freilich ein System von Steuern ausgearbeitet, die sie bei der besitzenden Bevölkerung nicht beliebt gemacht hat. Erwähnt seien nuf die Steuern auf Luxus (Lustbarkeitsabgabe, Automobilsteuer, Pferdesteuer etc). Die Gemeinde Steyr hat vor allem auf dem Gebiete der öffentlichen Fürsorge das Menschenmöglichste getan, so sieht das heurige Präliminare einen Betrag von 3.2 Milliarden Kronen für düe öffentliche Fürsorge vor. Das Land Oberösterreich wirft für die öffentliche Fürsorge des gesamten Landes nur einen Betrag von 4.7 Milltarden Kronen aus. Aus dieser Vergleichsziffer geht mit aller Deutlichkeit hervor, dass sich die sozialdemokratisch geleitete Gemeinde Steyr ihrer öffentlüchen Pflichten vollauf bewusst ist, wenn sie auch hiefür schwere Opfer bringen muss. Wer glaubt, dass die Bewältigung der Aufgaben etwa leicht set, der befindet sich in einem gewaltigen Irrtum. Die Gemeinde hat mit Schwierigkeiten zu kämpfen, von denen sich der Aussenstehende keinen Begriff macht. Als größter Feind steht ihr gegenwärtig der Staat gegenüber - ein Unikum en einer demokratischen Republik - der unentwegt darnach trachtet, die Einnahmen der Gemeinde zu schmälern. Die Gemeinde bekommt vom Staate dafür, dass sie auf die Umlage zur Erwerbssteuer verzichtet hat, sogenannte Ertragsanteile. Nun hat die Gemeinde Steyr in diesem Jahre vom Bunde noch keine Ertragsanteile aus der Getränkesteuer, aus der Abzugseinkommensteuer, aus der Warenumsatzsteuer, und aus der Bankenumsatzsteuer erhalten. Die Gemeinde bekommt einfach den durch 12 dividierten Betrag des vergangenen dahres ohne Rücksicht auf die inzwischen erfolgten beträchtlichen Erhöhungen
der Steuereingänge des Bundes. So schuldet der Bund der Gemeinde viele hunderte Millionen Kronen und zwingt andererseits die Gemeinde Bankkredite aufzunehmen, die ihr 25 % kosten. Der Bund aber versteht es, seine Einnahmsquellen bei der Gemeinde rechtzeitig zu ergreifen, so zieht er alle Monate derzeit 33 Millionen Kronen für die Arbeitslosenunterstützung ab und schickt der Gemeinde ein Steuermandat nach dem andern unter Androhung von Geldstrafen für den Fall der nicht rechtzeitigen Einzahlung. Die Gemeinde hat aber nicht nur den Kampf gegen den Bund, sondern auch gegen das Land Oberösterreich zu führen. Der o.ö. Landtag einer der fleissigsten im ganzen Bundesgebiete - er kommt im Jahre drei-viermal zusammen - hat wiederholt Steuervorschläge der Gemeinde monatelang, ja sogar Jahre lang liegen lassen. Zu all diesen Schwierigkeiten kommen die Bestimmungen des sogenannten Wiederaufbaugesetzes, ein Gesetz, dessen verhängnisvollen Folgen sich erst zeigen werden. Dieses Gesetz verweist die Gemeinde zur Bedeckung ihres Abganges auf die Realsteuern, das ist in Steyr die Bodenwertabgabe und die Mitzinshellerauflage. Die Regierung hat mit dieser Bestimmung ein grosses politisches Geschäft gemacht. Diese Realsteuern sind nämlich, mit Ausnahme der Bodenwertabgabe, auf die Konsumenten überwälzbar. Es kommen also die industriellen Gemeinden, die vorwiegend sozialdemokratisch verwaltet werden, in die unangenehme Lage, Steuern auszuschreiben, die die Sozialdemokraten von jeher programmatisch bekämpft haben. Bei den Landgemeinden ist es ganz etwas anderes. Ein großer Teil der Landgemeinden schwimmt heute förmlich im Gelde. Die Landgemeinden, die keinerlei kulturelle Bedürfnisse haben, kein Geld für Schulen und für die öffentliche Fürsorge brauchen, erhalten aus den Bundesüberweisungen so viel, dass sie häufig nicht wissen, was sie mit dem Gelde anfangen sollen. So erklärt es sich auch, dass viele Landgemeinden diese Steuererträgnisse für Glockengeläute, für die Anschaffung eleganter Feuerwehruniformen verwenden, ja in Oberösterreich gibt es eine
Gemeinde, die sogar Dividenden ausbezahlt und eine Reihe von Landgemeinden, die keinerlei Umlagen zur Grund- und Hauszinssteuer einheben. In welchem Masse die Gemeinde heute durch die sogenannte Sanierungsmassnahme getroffen wird, möge aus einigen Vergleichsziffern der Vorkriegszeit mit der Gegenwart dargetan werden. Im Jahre 1914 betrugen die Einnahmen (valorisiert) 19.7 Mil¬ liarden die Ausgaben 19.8 Im Jahre 1924 betrugen die Einnahmen 12.5 dte Ausgaben 18.7 Daraus geht also hervor, dass die Ausgaben mit Rücksicht auf die ausserordentlichen Ersparungsmassnahmen so ziemlich gleich geblieben sind, während die Einnahmen um ca. 7 Milliarden Kronen zurückgegangen sind, das heisst, hätte die Gemeinde das alte Umlagenrecht, so würde sie den Abgang vollkommen bedecken, ja sie würde bei dem von ihr ausgearbeiteten Steuersystem heute mit einigen hundert Millionen Kronen Überschuss abrechnen. Die Umlagen zu den direkten Steuern betrugen im Jahre 1914 (valorisiert ) gegen 6 Milliarden Kronen während heute die Gemeinde an gesamten Abgabenertragsanteilen vom Bunde bloss. 1.6 Milliarden Kronen erhielt. Die Zinsheller haben im Jahre 1914 (valorisiert) ein Erträgnis von 1.1 Milliarde Kronen ergeben, während Sie im Präliminare für 1924 mit bloss 360 Millionen Kronen aufscheinen. Und nun zu den einzelnen Kapiteln des Voranschlages. Über Rubrik I Gemeindevermögen berichtet der Referent: Einem Erfordernis von. K 747,380.000 steht eine Bedeckung von K 5,263.000 gegenüber. Also eine äusserst passive Post, die sich hauptsächlich aus den Schuldenzinsen für Bundesdarlehen, Darlehen für Wohnzwecke zusammensetzt. Man erinnert sich noch an die Zeit der Inflation. Die Gemeinden konnten ihre Steuern nicht valorisieren, sie verfügten auch nicht über die Noten-
presse. Der Bund musste also eingreifen, um den Gemeinden die Lebensmöglichkeiten zu geben. Jetzt verlangt der Bund dieses Darlehen zurück, obwohl sie eigentlich nichts anderes waren, als ein Ersatz für eine Notenpresse. G.R. Markgraf beanstandet die Einstellung der Post Kreditoperationen, die seiner Ansicht nach nicht in das Präliminare hineingehört und ersucht beim nächsten Voranschlag diesem Wunsche Rechnung zu tragen. Die Rubrik I wird sodann angenommen. Zu Rubrik II (Gebäude und Grundbesitz) berichtet der Referent: Einem Erfordernis von K 669,782.000. - steht eine Bedeckung von K 308,371.000. - gegenüber. Die Gemeinde Steyr hat heute 103 Objekte. Die öffentlichen Gebäude wie Amtslokale und Schulen sind von vornherein passiv. Die Gebäudeverwaltung kostete im Jahre 1914 (valorisiert) etwas über 426 Millionen, im Jahre 1924 468 Millionen Kronen. Obwohl die Gemeinde seit dem Jahre 1914 ihren Häuserbesitz um 45 Objekte vermehrt hat, haben sich die Ausgaben nicht in dem gleichen Masse vergrössert. An Mietzins nahm die Gemeinde im Jahre 1914 (valorisiert) den Betrag von K 2,680.144.000 ein, im Jahre 1924 trotz des fast verdoppelten Gebäudebesitzes nimmt sie den Betrag von K 213.000.000 ein. Allerdings ist der Wert des Realbesitzes und damit auch die Kreditfähigkeit der Gemeinde wesentlich gestärkt worden; so betrug der Wert des Realbesitzes im Jahre 1914 (valorisiert) nicht ganz 5 Milliarden Kronen, während er jetzt weit über 20 Milliarden Kronen ausmacht. Gemeinderat Klaffenböck bespricht unter Bezugnahme auf die im Motivenbericht angewendeten Vergleichsziffern über Valorisierung der Mietzinse, das Opfer, das die Hausbesitzer durch den gesetzlich niedrig gehaltenen Zins erleiden und die Gemeinde als Hauptbesitzer eben solche Opfer bringen müsse. Diesem Umstande sei auch ein
Grossteil des Defizites der Gemeinde zuzuschreiben, die sich beim Hausbesitz eben so verblutet, wie die anderen Hausbesitzer. Das Schradergut sei nicht zu hoch gekauft worden, aber man soll nicht fortwährend Schulden machen. V.B. Russmann hält eine generelle Zinserhöhung für undurchführbar, man müsste denn auch das Einkommen der Arbeiter und Angestellten erhöhen (valorisieren) können. Bürgermeister Wokral betont, dass Bestrebungen im Zuge waren, den Kauf des Schradergutes durch die Gemeinde zu hintertreiben. Der Ankauf muss daher kein so schlechtes Geschäft gewesen sein. Die Rubrik II wird sodann angenommen. Zu Rubrik III Marktwesen referiert V.B. Russmann: Einem Erfordernis von K 24,030.000 steht eine Bedeckung von K 94,551.000 gegenüber, also eine Aktivpost, über die weiter nichts zu sagen ist. Ohne Debatte angenommen. Rubrik IV (Verwaltung). Der Referent berichtet: Einem Erfordernis von K 3,390,000.000 steht eine Bedeckung von K 357,500.000. - gegenüber. In dieser Post stecken die Ausgaben für das Personal, die Pensionen, die Ausgaben für die Krankenfürsorge der Angestellten, die Kanzleiauslagen für die Beheizung, Beleuchtung und Reinigung der Amtsräume, die Einkommensteuer für die Angestellten, die die Gemeinde aus eigenem zur Gänze trägt u.s.w., kurz die Auslagen für die sogenannte Hoheitsverwaltung der Gemeinde. Die Opposition meint, dass bei diesem Kapitel bedeutende Ersparungen erzielt werden könnten durch Abbau und Entlassung von Beamten und Angestellten. Vergleichen wir zunächst die Ziffern des Jahres 1914 mit denen der Gegenwart: Im Jahre 1914 hatte die Gemeinde für rund 50 Angestellte (ohne Sicherheitswache) an Gehältern (valorisiert) gezahlt K 2.606,172.336.
Im Jahre 1924 zahlt sie für etwas über 100 Angestellte (ohne Sicherheitswache) inklusive der Bundeszuschüsse von 16 2/3 % K 2.807,207.200 Die Gemeinde zahlt also für den mehr als verdoppelten Stand fast die gleichen Gehälter. Da geht zunächst hervor, dass die Lage der öffentlichen Angestellten eine äusserst ungünstige ist. Dabei muss aber festgestellt werden, dass die Gemeinde gegenüber dem Bunde ein Mehr leistet, indem Sie die Einkommensteuer zur Gänze trägt, die Pensionsbeiträge auf sich nimmt und ihren Pensionisten nach Vollendung der Dienstzeit die vollen Gehälter ausbezahlt. Aber wie erklärt sich die Verdoppelung der Angestellten? Seit dem Jahre 1914 kamen an neuen Ämtern zu den alten hinzu: Das Arbeitslosenamt, das Wohnungsamt, das Fürsorgeamt, die Kindergärtnerinnen, die Fürsorgerinnen, das Personal der Handelsschule und die Beamten der bei den Bürgerlichen so beliebten Steuerverwaltung. Wenn man das ungeheure Anwachsen der Agenden betrachtet, so kann man sicherlich nicht behaupten, dass auf diesem Gebiete etwa verschwenderisch vorgegangen wird. Wenn nan beispielsweise bedenkt, dass die Gemeinde 17 eigene Abgaben zu verwalten hat, ohne Berücksichtigung der zahllosen Gebühren und Taxen, so muss man wohl zugeben, dass die drei Beamten der Steuerverwaltung, die seit anfangs 1923 besteht, und die nicht ganz 2 % der Einnahmen kosteten, während sie anderseits durch die ständige Kontrolle die Steuern besser erfasst, sich mehr als bezahlt macht. Eine schwere Belastung stellt das Pensionsetat dar, das gerade in Steyr unverhältnismässig hoch erscheint. Während im Jahre 1914 19 Pensionisten waren, sind jetzt bei der Gemeinde Steyr 46 Pensionisten, was eine Erklärung darin findet, dass eine Reihe von Angestellten in der Kriegszeit nicht in Pension gehen konnten, die aber beim Inkrafttreten des Pensionsbegünstigungsgesetzes in der Nachkriegszeit sofort in den Ruhestand traten und dass die von den Sozialdemokraten im Jahre 1920 geschaffene neue
Dienstordnung weitere Abkürzungen der Dienstzeit brachte. Im Jahre 1914 gab die Gemeinde Steyr an Pensionen (valorisiert) K 467,000.000.- aus, im Jahre 1924 musste sie K 1.068.000.000.- ausgeben. Die sozialdemokratische Gemeinde versorgt eben ihre Pensionisten, soweit es ihr möglich ist in der entsprechenden Weise, während der Bund seine Aufgaben auf dem Gebiete des Angestelltenwesens sehr einfach macht: Abbau! V.B. Dr. Messenböck bespricht einen Fall der Einstellung eines Beamten, der angeblich gar nicht benötigt wurde, dann dass die Ersparungen, die man sich durch die Anschaffung des Millotypapparates erwartet habe, ihm nicht bemerkbar seien. G.R. Bausenwein behauptet, die beabsichtigte Errichtung der Kriminalabteilung sei nicht notwendig, wenigstens bis jetzt nicht, man müsse eher trachten abzubauen. Er bekritelt auch, dass die Gemeinde den Pensionisten 100% der Bezüge bezahlt, während der Bund nur 90 % gibt und meint, dass sichere 90 % besser seien als unsichere 100 %. Das Präliminare sei nicht rosig und so schön es schiene, die Beamten besser zu bezahlen, so müsse daran gedacht werden, dass die Gemeinde gegen 1000 Millionen an die kleinen Gewerbetreibenden schuldig sei. V.B. Russmann bemerkt im Schlussworte, dass der Millotyp-Apparat sich auf das Beste bewährt habe; dass die Gehälter bisher noch immer rechtzeitig bezahlt werden konnten. Die Krise, unter der die Gemeinde leide, ist von anderer Seite verschuldet, die Beamten dürfen man darunter nicht leiden lassen. Rubrik IV wird angenommen. Zu Rubrik V (Sicherheitswesen) berichtet der Referent: Einem Erfordernis von K 2.470,500000. - steht eine Bedeckung von K 38,700.000. - gegenüber. Dass der Sicherheitsdienst eine Passivpost darstellt, ist selbstverständlich. Auch hier war man mit einem
Rezepte bei der Hand und verlangte die Verstaatlichung der Sicherheitswache. Die Gemeinde kann aber die Sicherheitswache nicht verstaatlichen, weil der Bund derartige Anforderungen an die Gemeinde stellen würde, die an und für sich ein schlechtes Geschäft bedeuten, dessentwegen die Gemeinde sich nicht eines Teiles. der Autonomie begeben kann und darf. Die Gemeinde Steyr hatte im Jahre 1914 40 Wachleute, sie hat gegenwärtig etwas über 60 Wachebeamte, was seine Erklärung findet durch die Auflassung des ehemaligen Reservewachdienstes (18 Personen) durch die Dreiteilung des Dienstes und endlich durch die infolge der Vergrößerung des Stadtgebietes um mehr als 50 % bedingte Schaffung von zwei neuen Wachposten in Ennsdorf und Stein. Nur nebenbei sei bemerkt, dass die seinerzeitigen 18 Reservewachleute pro Jahr K 12.786 70 h erhalten haben. Nette bürgerliche Besoldungspolitik! Dass die Gemeinde ihre Pflichten bezüglich des Feuerlöschdienstes, der zum Sicherheitswesen gehört, erfüllt, möge aus folgenden Ziffern hervorgehen. Im Jahre 1914 gab die Stadtgemeinde für den Feuerlöschdienst (valorisiert) K 94,000.000.- aus, im Jahre 1924 verwendet sie hiefür. 200,000.000.- G.R. Bausenwein hat nicht die Absicht, die Herabsetzung der Gehälter zu beantragen. Vergleichweise mit der Stadt Klagenfurt, die ein ebenso ausgedehntes Gebiet besitzt wie Steyr, hat diese nur 1.4 Milliarden für Personalauslagen bei diesem Kapitel eingesetzt, in Steyr dagegen 2 Milliarden. Doch die Gehälter seien nicht schuld, sondern andere Umstände, vor allem die Haltung einer Polizeischule, wo seiner Information zufolge, auch Schreiben gelernt wird. Bei der Besetzung der Stellen seien Maturanten und andere Mittelschüler zurückgewiesen worden und an deren Stelle Leute in Vorschlag gebracht, deren Offerte ein Lächeln erweckte. Man hätte sich die Polizeischule, die etwa 8
Millionen kostet, ersparen können. Auf einen Zuruf, dass die Polizeischule nur 3 Millionen kostet, meint Redner, auch diese drei Millionen könnten erspart werden, obwohl er dieser Ziffer keinen Glauben beimessen könne. Er erklärt schliesslich für seine Gruppe, dass sie dieser Post V a) nicht die Zustimmung geben werde. V. B. Russmann erläutert, dass die Polizeischule nur einige Monate im Jahre währt, dass 2 Lehrer im Vorjahre vollkommen gratis vorgetragen haben, auch Dr. Schneeweiss einen rechtlichen Vortragskurs ohne Entgelt hielt. Bezüglich der Maturanten ist die Sache so, dass dieselben wohl bei dem geringen Gehalte und dem harten Dienst bald die Sache satt haben. Leute mit Matura stellen höhere Ansprüche, fühlen sich zurückgesetzt und nicht auf dem ihnen zukommenden Platz. Auch die Gegenseite hat sich bei der Besetzung der Sicherheitswachmannstellen für einen Mann eingesetzt, dessen Schriftprobe auch zum Lächeln reizen könnte. Es wird bei Rubrik V getrennte Abstimmung vorgenommen. Rubrik V a) wird angenommen. Rubrik V b) und c) wird angenommen. Zu Rubrik VI wird berichtete: Öffentliche Bauten. Einem Erfordernis von K 3,805.200.000. - steht eine Bedeckung von K 1,626.100.000. - gegenüber. Diese Auslagen setzen sich vor allem aus den Beträgen für die Strassenerhaltung, Strassenreinigung, Brückkenerhaltung, Kanalisierung, Kehrichtabfuhr u.s.w. zusammen. Wenn man bedenkt, dass heute ein Pflasterstein K 8.000 kostet, so kann man sich aus dieser Ziffer allein ein Bild von den ungeheuren Kosten auf diesem Gebiete machen. Aber auch hier lässt die Gemeinde nichts unversucht, um möglichst sparsam zu arbeiten, sie erwirkt, wo es nur möglich ist, die produktive Erwerbslosenfürsorge u.s.w. Freilich ist der ausgeworfene Betrag viel zu gering, um auch nur die notwendigsten Arbeiten durchzuführen. Man könnte diese Stadt Steyr
wahrhaftig die Stadt der Versäumnisse nennen. Eine Stadtverwaltung, die in der Vorkriegszeit so wenig kommunalpolitische Einsicht gehabt hat, wie die Stadt Steyr, dürfte kaum in unserem Staate zu finden sein. G.R. Schlossgangl beklagt, dass sehr viele Arbeiten in eigener Regie durchgeführt werden, statt die Arbeiten im Offertwege an Gewerbetreibende zu vergeben. Man belaste einerseits die Gewerbetreibenden mit Abgaben und übergehe sie bei der Vergebung von Arbeiten. Er erklärt, die Minorität werde gegen diese Post stimmen. G.R. Markgraf sagt, einzelne Teile des ausserordentlichen Bauaufwandes gehören ins ordentliche Präliminare, das seien laufende Ausgaben. Er stellt die Anfrage, ob es richtig sei, dass im Schlosse Engelsegg im I. Stock eine Wohnung geplant sei, während im Parterre drei Wohnungen errichtet werden. Weiters stellt er die Frage was die Gemeinde bei der Industriehalle noch zu leisten habe. V.B. Dr. Messenböck bespricht den Zustand der Neubrücke, das Liegenlassen von Brückenlärchenholz bis es vermorscht ist, das Verschmieren der öffentlichen Abortanlagen, das Bekleben der Brücken mit Zetteln, das Befahren der Gehwege mit Rädern, Handwagen, das Stehlen von Hausnummerntafeln von den Häusern und von Bäumen in den Anlagen, die Beschädigungen der Denkmäler u. a. Er appeliert an die Presse und nennt mit Beziehung auf eine Stelle im Motivenberichte, wo Steyr die Stadt der Versäumnisse genannt wird, Steyr auch die Stadt des Vandalismus sei. Schliesslich erwähnt er noch die Angelegenheit des Zentralbrunnens, durch welche Transaktion der Gemeinde ein Schaden von rund 21 Millionen Kronen erwachsen sei. G.R. Markgraf nimmt Bezug auf die Ausführung des Herrn Dr. Messenböck und schätzt den Schaden der Aktion Zentralbrunnen auf mindestens das 3-fache. V. B. Russmann widerlegt in Schlussworte die in der Debatte gebrachten Einwendungen. Mit den Ausschreibungen der Arbeiten
hat die Gemeinde nicht die besten Erfahrungen gemacht. Er führt als Beispiel das Gebäude des Bauamtes an, das vom Grund auf neu hergerichtet werden musste, ebenso ein Haus in der Indu¬ striestrasse, das heute dem Verfalle entgegengehe, trotzdem es erst im Jahre 1922 umgebaut wurde. Trotz dieser bösen Er¬ fahrungen aber werden auch ohne die Anregung des G.R. Schloss¬ gangl die Regiearbeiten verringert werden. V.B. Dr. Messenböck sei ja als Vertrauensmann der Gegenseite Referent im Bau- und Verwaltungsressort, er appeliere hier öffentlich an ihn, dass er dafür sorge, dass solche Vorfälle, wie sie beklagt wurden, nicht mehr vorkommen können. Bezüglich der Devastierungen, habe er schon im Vorjahre die Presse ersucht einzuwirken. Er fordert von der Öffentlichkeit, selbst den Schutz des Gemeindeeigentums in die Hand zu nehmen und die Vandalen zur Anzeige zu bringen. Hinsichtlich der Wohnungen im Schlosse Engelsegg wird Herr Baudirektor Minarzik Aufklärung geben können. Eine vertragliche Verpflichtung bezüglich der Industriehalle besteht für die Gemeinde nicht. Was für dieses Projekt noch aufgewendet wird, ist im Interesse der Gemeinde, die sich durch dieses Unternehmen grosse Einnahmen zu sichern in der Lage ist. Die Nutzbarmachung der Industriehalle durch die Majorität im Interesse der Gemeinde und der Bevölkerung sei eine Tat, deren Hochwertigkeit keine neidische Kritik zu verdunkeln vermag. Hinsichtlich des Zentralbrunnens sei es nicht festgestellt, ob nicht auch den Gegenkontrahent ein ebenso großes Verschulden treffe wie die städt. Bauverwaltung, doch will er darüber nicht weiter sprechen, um nicht unnötigen Reibungsstoff in die Beratung zu tragen. Bei der Abstimmung wird Rubrik VI angenommen. Über Rubrik VII (Gesundheitswesen) berichtet der Referent: Einem Erfordernis von K 191,000.000. - steht eine Bedeckung von K 211,000.000. - gegenüber. Die Aktivität der Post erklärt sich durch die Ein-
nahmen aus der Fleisch und Viehbeschau. Auch hier gilt im übrigen das unter VI Gesagte. G.R. Dr. Furrer fragt an, ob Gumpoldsberger schon den Kurs in Linz absolviert hat. V.B. Russmann erwidert, dass bisher noch kein Kurs in Linz stattfand, dass aber Veterinärinspektor Schopper ihn unterrichtet habe. Dann wird Rubrik VII angenommen. Zu Rubrik VIII wird berichtet: (Unterricht, Kunst, Wissenschaft, Kultus). Einem Erfordernis von. K 1.406,574.000. - steht eine Bedeckung von K 61,913.000. - gegenüber. Hier sind enthalten die Auslagen für das Personal, für die Gebäudeerhaltung, für die Gebäudebeheizung für die Beleuchtung, für Lehr-und Lernmittel, für die Handelsschule, für den Haushaltungsunterricht, für die Jugendfürsorge usw. Die Vergleichsziffern aus dem Jahre 1914 ergeben wohl am besten die „sozialdemoktatische" Auffassung über das Bildungswesen. Im Jahre 1914 betrugen die Kosten für die Unterrichtsanstalten (valorisiert) K 1.027,454.000 sie betragen im Jahre 1924. K 1.365,572.000. - Dabei ist zu bemerken, dass in den Schulkosten des Jahres 1914 ein Betrag von (valorisiert) K 480,096.000.- als Quartiergeld für die Lehrer aufscheint, der heute weggefallen ist, sodass die Schulauslagen des Jahres 1914 im Vergleiche zu denen von 1924 blos K 547,350.000. - ausmachen, also etwas mehr, als ein Drittel der heutigen Schulauslagen. Für Einrichtungskosten gab die Gemeinde im Jahre 1914 (valorisiert) 45 Millionen Kronen aus, im Jahre 1924 gibt sie 98 Millionen Kronen aus. Für Lehrmittel gab sie im Jahre 1914 (valorisiert) 50 Millionen Kronen aus, im Jahre 1924 betragen diese Kosten 240 Millionen Kronen. Im Vergleiche zu den Gesamtauslagen der Stadtkassa betrugen die Schulauslagen pro 1914 5 % (mit Be-
rücksichtigung des Quartiergeldes) sie betragen im Jahre 1924 8 %. G.R. Urban bespricht die Beteiligung der Schulkinder mit Lehrmitteln. V.B. Dr. Messenböck stellt die Anfrage, ob tatsächlich die Absicht besteht, alle Kinder mit Lehrmitteln unentgeltlich zu beteilen. Er wendet sich dagegen, dass bemittelte Familien gleichfalls beteilt werden. Er bespricht den Verbrauch an Heizmaterial in den Schulen, dass z.B. die Volksmehr schule in Steyrdorf davon brauche als die Realschule und glaubt, dass da viele Millionen erspart werden könnten. Er erwähnt auch den Holzbezug eines Lehrers, der dieses Holz bis nun nicht bezahlt haben soll. V.B. Russmann glaubt, dass sich bei den Lehrmitteln nicht viel ersparen lässt, insbesonders nicht bei der herrschenden Arbeitslosigkeit, nachdem die Hälfte der erwerbenden Einwohnerschaft heute auf der Strasse stehe und der übrige Teil stark in wirtschaftliche Mitleidenschaft gezogen ist. Wegen Ersparungen bei der Beheizung wurden bereits im Gemeinderatspräsidium entsprechende Abhilfemassnahmen in Aussicht genommen und liege es bei V.B. Dr. Messenböck, die Interessen der Gemeinde entsprechend wahrzunehmen. Rubrik VIII wird in getrennter Abstimmung angenommen. Rubrik IX (Militärangelegenheiten). Bericht des Referenten V.B.Russmann. Einem Erfordernis von. K. 33,500.000. - steht eine Bedeckung von K 3,718.000. - gegenüber. Da die Garnisonsfrage in einer der nächsten Sitzung besprochen wird, wird die Rubrik IX ohne Debatte angenommen. Rubrik X (Fürsorgewesen). V.B. Russmann erstattet folgenden Bericht: Einen Erfordernis von K 3.797,906.000. - steht eine Bedeckung von. K 32,500.000. - gegenüber
Hier sind die Vergleichsziffern mit dem Jahre 1914 besonders interessant. Im Jahre 1914 leistete die Stadtkasse Steyr zum Armenfonde (valorisiert) einen Zuschuss von etwa über 700 Millionen Kronen. Im Jahre 1924 muss sie einen Zuschuss von fast 2 1/2 Milliarden Kronen leisten, also fast das Vierfache. Hier gilt das, was wir einleitend gesagt haben: Steyr ist die Stadt der Arbeitslosen. Im Jahre 1914 standen in ständiger Armenversorgung 250 Personen, derzeit stehen mehr als 500 Personen in ständiger Armenunterstützung. Wenn sich also die Ausgaben für die Armenunterstützung auf der einen Seite ganz unverhältnismässig erhöht haben, so haben sich die Einnahmen auf diesem Gebiete in einem noch grösseren Missverhältnisse erniedrigt. So betrugen die Jahreseinnahmen des Armenfondes (ohne Zuschuss der Stadtkassa) im Jahre 1914 (valorisiert) über eine Milliarde, sie sind im Jahre 1924 auf etwas über 100 Millionen Kronen zurückgegangen. Die eigenen Einnahmen des Armenfondes betrugen also im Jahre 1914 ungefähr das 1 1/2 fache des Zuschusses aus der Stadtkasse, während sie im Jahre 1924 nur ein Zwanzigstel betragen. Erst vor kurzem hat der o.ö. Landtag beschlosssen, dass die Gemeinden, die früher für die Verpflegskosten in den Krankenhäusern 1/5 zu leisten hatten, nunmehr die Hälfte zu leisten haben, also wieder eine Mehrauslage, die der Stadtgemeinde ungefähr 400 Millionen Kronen kostet. Auf diesem Gebiete zeigen sich eigentlich am besten die sozialen Missverhältnisse in dieser Stadt. Die in der Waffenfabrik, dem Hauptunternehmen der Stadt, beschäftigten Arbeiter, sind in ihrem Alter erwerbslos und müssen von der Gemeinde erhalten werden. Wie die Waffenfabrik, die jetzt von den 3600 Arbeitern als heiliges Ostergeschenk die Entlassung gab, für ihre alten treuen Diener sorgt, darüber einige Zahlen.
In städt. Versorgung stehen Arbeiter, die an monatlicher Pension (!) 1700. -, 2600. -, 3600. - und 6.000. - österreichische Kronen beziehen. Ein Kommentar erscheint überflüssig. Die Gemeinde trachtet, soweit es eben ihre beschränkten Mittel erlauben, auch jene Organisationen zu unterstützen, die sich mit der Ertüchtigung unserer Jugend beschäftigten, so hat sie für diese Zwecke 100 Millionen Kronen ausgeworfen. Die bürgerliche Gemeinde des Jahres 1914 hat auch (valorisiert) Millionen Beträge an Subventionen gegeben, allerdings für andere Unternehmungen, so z.B. für den Trabrennverein, für den Faschingszug und eine Vereinsabgabe für das Landesschiessen. Bürgermeister Wokral hätte gewünscht, dass der Passus im Berichte über die Pensionisten der Waffenfabrik unterblieben wäre. V.B. Dr. Messenböck reagiert auf einen Ausspruch dass die Gemeinde schwere Opfer bringe und meint, dass dieses Opfer nicht die Sozialdemokraten im Gemeinderate bringen, sondern die wohlhabenden Leute, die die Mittel aufbringen. V.B. Russmann behauptet dagegen, dass es ohne dem Schaffen der werktätigen Bevölkerungsschichten kein Vermögun erworben werden können, insbesondere in Steyr, wo alles von den und durch die Arbeiter lebt, wenn aber der Arbeiter leidet, ist die ganze Bevölkerung in Mitleidenschaft gezogen. Es ist aber auch recht und billig, dass in einer Stadt, wo sich alles um die Arbeiterschaft dreht, im Falle der Notlage dieses Vermögen schaffenden Teiles der Bevölkerung zu den Notstandsmaßnahmen jene herangezogen werden, die durch die Arbeit der anderen sich Vermögen schaffen konnten. Bei der Abstimmung wird Rubrik X angenommen. Die Rubriken XI (Verschiedenes) und die Rubrik XII (Gemeindebesteuerung) werden ohne Debatte angenommen.
Die Punkte a), b), c), d), e), (Fonde) öffentliches Krankenhaus, Spitalsbaufond und Lokalrealschulfond werden ohne Debatte angenommen. Die Stiftungen werden nach einer Anfrage des G.R. Dr. Furrer, ferner die Post Stadtgut ohne weitere Debatte angenommen. Referent V.B. Russmann beantragt zur Bedeckung des Abganges: I. Der in der ordentlichen Gebahrung aufscheinende Abgang im Betrage von K 6.136,655.000. - findet seine Bedeckung: 1.) Durch Fortsetzung von Ersparungsmassnahmen aller Art. 2.) Durch Ausbau der Realsteuern im Sinne des Abschnittes c, Art. I, § 4, des Wiederaufbaugesetzes vom 27. November 1922, B.G.Bl. Nr. 843. 3.) Sollten die unter Punkt 1 und 2 vorgesehenen Massnahmen nicht hinreichen, um den Abgang zu decken, so ist der noch fehlende Abgang im Wege von Kreditoperationen bzhw. durch Erhöhung der Lohnabgabe zu decken. II. Der durch den ausserordentlichen Bauaufwand aufscheinende Abgang im Betrage von K 1.737,800.000. - findet seine Bedeckung durch Kreditoperationen Rubrik Ia, Seite 11. Vor der Beratung über die Bedeckung des Abganges per K 7.874,455.000. - wünscht G.R. Aigner Aufklärung über die Anfrage des G.R. Markgraf betreffend Adaptierungen im Schlosse Engelsegg, die bis jetzt noch ausstehe. Bauamts-Direktor Ing. Minarzik gibt bekannt, dass derzeit die Errichtung von Wohnungen noch gar nicht zur Disskussion gestellt wurde. Wird zur Kenntnis genommen. G. R. Bausenwein erklärt, für die Bedeckung jedoch gegen die Vorlage der Mietzinsheller zu stimmen. V.B. Russmann hebt hervor, dass die Vorlage der Mietzinshellerabgabe zwar gegen das Programm der Sozial-
demokraten verstosse, dass aber die Gemeinde durch das Wiederaufbaugesetz vom 27. November 1922 gezwungen ist, die Bedeckung des Abganges durch Realsteuern zu suchen und zwar von jener Regierung gezwungen, die sich aus denselben Parteien zusammensetzt, die in Steyr dagegen Opposition machen. Zum Antrage über die Bedeckung des Abganges wünscht V.B. Dr. Messenböck ad I/1 Näheres über die geplanten Ersparungsmassnahmen zu wissen: V.B. Russmann erwidert, die werden zeitgerecht vorgebracht werden. Punkt I/1 wird sodann angenommen. Zu Punkt I/2 erklärt G.R. Bausenwein zu wissen, dass die Gemeinde auf diese Bedeckung angewiesen sei und dass seine Partei nur gegen die Form der Abgabe sei. Punkt I/2 wird angenommen. Punkt I/3 ebenfalls ohne Debatte angenommen. Punkt II Kreditaufnahme für den ausserordentlichen Bauaufwand wird angenommen. Sodann wird das gesamte Erfordernis und die gesamte Bedeckung in getrennter Abstimmung angenommen. Bürgermeister Wokral erklärt hiemit die Erledigung des Präliminares und erteilt V.B. Russmann das Wort zur Vorlage des Antrages über die Novellierung der Mietzinshellerauflage. Dieser bringt den Motivenbericht und beantragt: I. Die Mietzinshellerauflage wird unter Berufung auf das Abgabenermächtigungsgesetz vom 13. Dezember 1923, L.G. u. Vdg.Bl. Nr. 5 ex 1924, § 1 lit. d bis auf weiteres wie folgt geregelt. Artikel I. Die Auflage beträgt bei einem Mietzinse bzw. Mietwerte bis zu 30.100 K jährlich das einfache von 30.101 - 45.150 K das zweifache von 45.151 - 60.200 das dreifache 60.201 - 90.300 das vierfache 90. 301 - 120.400 das fünffache
von 120.401 - 150.500 das sechsfache 150.501 - 301.000 das siebenfache 301.001 - 451.500 das achtfache 451.501 — 602.000 das neunfache 602.001 - 752.5000 das zehnfache 752.501 - 903.000 das elffache 903.001 und darüber das tausendfache des Grund- plus Instandhaltungszinses (Art. II). Artikel II. Für die Anwendung der Skala des Artikel I ist stets die Gesamtsumme der Grundmietzinse und Instandhaltungszinse (Gesetz vom 7. Dezember 1922, B.G.Bl. Nr. 872, § 2, Absatz 1 lit a) und b) des von jemanden in ein und demselben Gebäude, als welches auch mehrere unter einer Konskriptionsnummer bzw. Orientierungsnummer geführten Objekte gelten, entrichteten, wenn auch für verschiedene Räumlichkeiten bzw. Objekte getrennt einbekannten Mietzinses bzw. Mietwertes massgebend. Fällt ein Mietgegenstand nicht unter das Mietengesetz, so ist für die Berechnungsbasis (Grundmietzins und Instandhaltungszins) der Betrag massgebend, der für einen Mietgegenstand von gleicher Lage und Beschaffenheit am 1. August 1914 ortsüblich als Mietzins entrichtet wurde. Naturalwohnungen sind jede für sich in Anschlag zu bringen. Der Absatz 2) des § 4 des Gesetzes vom 25. November 1920, L.G. u. Vdg.Bl. Nr. 57 ex 1921 hat zur Gänze zu entfallen. Artikel III. Die Auflage ist durch den Hauseigentümer oder dessen gesetzlüchen Vertreter von den zahlungspflichtigen Mietparteien einzuheben und bis 15. Feber, 15.Mai, 15. August und 15. November an den Magistrat abzuführen. Artikel IV. Die Bestimmungen des Gesetzes vom 25. November 1920, L.G.Bl. Nr. 57 ex 1921, bleiben, soferne sie nicht
den obigen Vorschriften und den Bestimmungen des Abgabenermächtigungsgesetzes widersprechen, in Geltung. II. Dieser Beschluss tritt am 1.Mai 1924 in Wirksamkeit. G.R. Klaffenböck beantragt folgende Abänderung des Gesetzes: „Die erhobenen Mietzinse sind dort, wo Geschäfte und Wohnungen im gleichen Hause sind, nicht zusammenzurechnen. G.R. Markgraf unterstützt den Antrag des G.R. Klaffenböck und spricht sodann gegen die Bemessung der Steuer in der 12. Stufe mit dem Tausendfachen des Friedenszinses. Es sei ja richtig, dass die Gemeinde Massnahmen zur Bedekkung der Abgänge suchen muss, glaube aber, dass Einschränkungen der Ausgaben platzgreifen sollen, er findet auch den Ankauf der Schraderrealität überflüssig und prophezeit, dass noch andere Industrien zusperren werden. Zum Schlusse sagt er, dass die Waffenfabrik alles getan habe, um das Unglück der Sperrung hintanzuhalten, aber der Anlass wurde von aussen hereingetragen. Er würde empfehlen zu bedenken, ob das Übel sich nicht vermindern lasse, statt durch eine solche Vorlage zu verschärfen. Er wird gegen die Vorlage stimmen. G.R. Frau Berta Molterer spricht für den Antrag des G. R. Klaffenböck. G.R. Bausenwein hält die Vorlage für eine blosse Demonstration, weil er an dem Eingehen der präliminierten Beträge zweifelt. G.R. Saiber spricht gegen den Autrag Klaffenböck. Er gibt zu, dass die Bestimmung eine gewisse Härte habe, aber die Wohnung im Hause des Geschäftes habe für die betreffenden auch gewisse Vorteile und bringe Ersparnisse. Er bespricht die Notwendigkeit der Vorlage als eine ausserordentliche Massnahme in ausserordentlicher Zeit. G.R. Hafner bedauert, dass G.R. Markgraf weggehen musste. Er spricht gegen den Antrag Klaffenböck und meint gegenüber der Minorität: Es müssten die Herren uns andere Vorschläge zur Bedeckung des Abganges machen, wenn ihnen
diese Vorlage nicht gefällt. Der Majorität gefalle sie auch sicherlich nicht, doch die Bundesregierung und die Verhältnisse zwingen zur Einbringung. Wir sind bereit, die verschärften Massnahmen wieder aufzuheben, wenn die Waffenfabrik den Betrieb wieder in vollem Umfange aufnimmt. Er erinnert an den General, der gelegentlich der Beratung der Garnisonsverlegung behauptet habe, dass es leicht sei, aus den Gewerbetreibenden 2 Milliarden jährlich nur deswegen herauszuziehen, weil die Garnison angeblich 10 Milliarden hier verzehre. Wir wollen aber die Gewerbetreibenden schützen und er habe auch mit dem Landeshauptmann Hauser darüber gesprochen, dass die Mietzinshellervorlage zum Schutze dieses Standes in der vorliegenden Fassung beschlossen werden soll. Er spricht gegen das Bestreben die Bundesanstalten von den Abgaben zu befreien, daran sei nicht zu denken. Hinter der Waffenfabrik stehe die Bank, die einen Grossteil ihres Kapitales in Francspekulationen verloren habe und nun soll die Entlassung von Arbeitern dazu dienen, der Bank die Mittel zu schaffen, um durch Effektenankäufe den Verlust hereinzubringen. Einer der leitenden Fabriksdirektoren hat anlässlich der Schliessung der Waffenfabrik das Wort gebraucht: "Es gibt keine Empfindeleien mehr, auch wir können uns keiner Empfindelei mehr hingeben, wenn es sich um das Wohl und Wehe der Gemeinde und der Bevölkerung handelt." Die Bevölkerung wird jene verstehen, die für die Vorlage in der heutigen Fassung sind, aber jene nicht, die dagegen stimmen werden. Er werde wiederholt gefragt, ob noch Ruhe in Steyr sei. Wir sind bestrebt, die Ruhe herzuhalten. Doch man dürfe nicht übersehen, dass die Ereignisse der letzten Tage sehr grosse Anforderungen an die Überlegung und Disziplin der Arbeiter stellen. Die Bank möge bedenken, und die Waffenfabrik soll es sich ausrechnen, was ihr billiger kommt und er ist überzeugt, dass die Waffenfabrik bald wieder den Betrieb eröffnen wird.
Er beantragt getrennte Abstimmung über die Stufen 1 - 11 und über die Stufe 12, für letztere die namentliche Abstimmung. Der Antrag auf namentliche Abstimmung wird genehmigt, die Stufen 1 - 11 werden sodann angenommen. Die Stufe 12 in namentlicher Abstimmung einstimmig angenommen (Bravo Rufe!). G.R. Markgraf hat sich vor der Abstimmung entfernt. Es gelangt sodann der Abänderungsantrag Klaffenböck zur Abstimmung, der abgelehnt wird. Der Antrag des Referenten wird sohin angenommen. Artikel III und IV werden in getrennter Abstimmung und schliesslich die gesamte Vorlage angenommen. Damit erscheint, erklärt Bürgermeister Wokral, die¬ se Bedeckungsvorlage erledigt. Der Bürgermeister beleuchtet die finanzielle Lage der autonomen Gemeinde und deren Sorgen und Leiden, hervorgerufen durch die Härten des Abgabenteilungsgesetzes und dass alle Versuche zur Besserung dieser Verhältnisse erfolglos blieben. An der Hand von Ziffern erläutert der Bürgermeister die ungeheure Schädigung der Gemeinde Steyr und ersucht, das Präsidium zu ermächtigen, mit allen erdenkbaren Mitteln sich zu wehren und alles zu unternehmen, eine Besserung der Behandlung der autonomen Städte zu erzielen. Er spricht schliesslich noch den Dank an die Angestellten der Gemeinde aus, die es ermöglichten, den Haushalt unter schwierigen Verhältnissen aufrecht zu erhalten. Er dankt auch dem Gemeinderat für das lange Ausharren und schliesst um 7.20 h die Sitzung. Der Bürgermeister: Wokral. Der Schriftführer: Die Protokollprüfer: Johann Lischka Kapinus. Josef Markgraf.
Namentliche Abstimmung. Vorsitzender Bürgermeister Nokral.0. die Vicebürgermeister: Karl Dedie Ja Dr.H.Messenböck Ja Jultus Russmann la Die Gemeinderäte: Kranjakt Marie Ja Aigner Franz Ja Lebeda Alois Ja Baungartner Johann Ja Lind Eduard Ja Bausenwein Johann Ja Molterer Berta Ja Lischka lans Ja Fischer Karl Ja Markgraf Josef abwesend Mayer Anton Ja Dr. Furrer Ulrich Ja Radnoser Johann Ja Futterer Franz Ja Gangl Josef jun. Ja Ja Saiber Alois Ja llafner Josef Ja Scherak Franz Ja Hiessmayr Franz Ja Schlossgangl Leopold Ja Urban Josef Ja Schneeweiss Rud. Dr. Ja Januschka Emanuel Ja Ecker Alots Ja Steinbrecher Leopold Ja Kisely Berta Ja Tribrunner Franz Ja Kleffenböck Johann Ja Nitzany lans abuesend Klement Karl Ja Nolfartsberger Johann Ja Kletzmayr Hermann abwesend
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