II. Sitzung. Protokoll über die 2. ordentliche Sitzung des Gemeinderates der autonomen Stadt Steyr am 18.Juni 1923. Tagesordnung. für die 2. Gemeinderatssitzung am Montag, den 18.Juni 1923 um 6 Uhr abends. 1.) Mitteilungen des Bürgermeisters. 2.) Novellierung des Zinshellergesetzes Referent Bgm. Wokral 3.) Änderung der Geschäftsordnung des Gemeinderates Ref. G. R. Dr. Schneeweiss 4.) Rauchfangkehrerkonzession (Ministerialrekurs) 5.) Armenrekurs. Ref. G. R. Januschka 6.) Steuerrekurse. Ref. G.R. Saiber 7.) Beschlussfassung über den Anteil Ref. G. R. Dr. Humder Gemeinde an der Stromabgabe. mer. 8.) Ansuchen der Kinos um Ermässigung der Lustbarkeitsabgabe. Ref. G.R. Rendl. 9.) Erhöhung der Kanzleitaxen. Ref. G.R. Klaffenböck. 10.)Wahl von zwei Gemeinderäten in den Krankenfürsorgeausschuss der Gemeindeangestellten (auf Mandats- dauer) 11.) Wahl von vier Mitgliedern des Kuratoriums der städt. Handelsschule. 12.) Wahl der ständigen Ausschüsse. Anwesende: Vorsitzender Bmst. Josef Wokral; die V.B. Dr. Hubert Messenböck und Dir. Julius Russmann. Die Gemeinderäte: Aigner, Baumgartner, Bausenwein, Joh., Fischer Karl, Furrer Ulrich, Dr. Futterer Franz, Kranjak Marie, Lebeda Alois, Lind Eduard, Lischka Hans, Markgraf Josef, Mayr Ant., Gangl Josef jun., Hafner Josef, Hiessmayr Franz, Hummer Arnulf, Dr. Januschka Emanuel, Schöndorfer Anton, Klaffenböck Johann, Kletzmayr Hermann, Rendl Karl, Saiber Alois, Scherak Franz, Schlossgangl Leopold, Schneeweiss Rud. Dr.
Steinbrecher Leopold, Witzany Hans, Wolfartsberger Joh. Vom Magistrate: Mag. Dir. Dr. Ferdinand Häuslmayr Als Schriftführer: Protokollführer Karl Kapinus. Bürgermeister Wokral eröffnet die Sitzung um 1/2 7 Uhr, begrüsst die Erschienenen, konstatiert, die Beschlussfähigkeit und bringt zu Punkt 1 Mitteilungen des Bürgermeisters zur Kenntnis: a) dass der G.R. Prof. Brand und Vbg. Dedic um einen Urlaub angesucht haben, keine Einwendung, b) als Protokollprüfer werden auf Grund der alphabetischen Reihenfolge die G.R. Aigner und Baumgartner bestimmt. e) Entschuldigt von der heutigen Sitzung sind V.B. Dedic, die G.R. Prof. Brand, Kisely, Klement, Tribrunner. d) Nationalrat G.R. Kletzmayr, welcher der konstituierenden Sitzung nicht beigewohnt hat, leistet die Angelobung. e) G.R. Dr. Furrer hat den Titel „Hofrat" erhalten, wozu Bürgermeister Wokral namens der Gemeindevertretung bestens gratuliert. f) G.R. Steinbrecher als Referent des Stadtgutes ladet die Mitglieder des Gemeinderates zur Besichtigung des Stadtgutes für Sonntag, den 24. Juni l.J. ein. g) Der Disziplinarausschuss hat entsprechend dem Antrage des Herrn Untersuchungskommissärs den Beschl. gefasst, die Einstellung der über Ansuchen des Herrn Oberkommissärs Josef Seisberger gegen ihne selbst eingeleiteten Disziplinaruntersuchung zu beantragen. Die vom Herrn Untersuchungskommissär geführten Erhebungen haben ergeben, dass Herr Oberkommissür Josef Seisberger in der Angelegenheit Kletzmayr vollkommen obejktiv und einwandfrei vorgegangen ist, insbesondere auch der von der Polizei herausgegebene Amtsbericht im vollen Einklange mit den polizeilichen Erhebungen stand und dass demgemäss die in der
Steyrer Zeitung und im Linzer-Volksblatte erhobenen Vorwürfe vollkommen unbegründet erscheinen, weshalb der Antrag auf Einstellung der Disziplinaruntersuchung gerechtfertigt erscheint. h) Zl. 13874/23. Zum Dringlichkeitsantrag der G.R. Prof. Brand, Russmann und Dr. Peyrer vom 9. Feber 1923, Zl.3801/23, betreffend produktive Arbeitslosenfürsorge, Bahnbauten in Steyr wird die ablehnende Antwort des Bundesministeriums für soziale Verwaltung zur Kenntnis gebracht. i) Der Ausweis über die Einnahmen an Gebühren beim Frühjahrsmarkte mit einem Ergebnis von K 5,090.700.- wird zur Kenntnis genommen. k) Zl.15382/23 Interpellation der G.R. Kletzmayr u. Gen. über die Vorfälle am 30. Mai anlässlich des Zapfenstreiches des Bürgerkorps, wobei an den Herrn Bürgermeister folgende Anfragen gerichtet werden: 1.) Ist der Herr Bürgermeister gewillt, für behördlich genehmigte Veranstaltungen, behördlich genehmigter Vereine und Korporationen unbedingt den nötigen Schutz zu sichern? 2.) Ist der Herr Bürgermeister gewillt, in Hinkunft in ähnlichen Fällen nicht Parteiorganisation als Polizeitruppen zu verwenden, sondern die hiezu befugten Organe der Sicherheitspolizei, eventuell, wenn diese zu schwach sein sollten, die hiezu berufene Wehrmacht? 3.) Ist der Herr Bürgermeister gewillt, mit aller Entschiedenheit dahin zu wirken, dass in ähnlichen Fällen von Demonstrationen mit aller Energie nach den Schuldigen geforscht und diese der Bestrafung zugeführt, nicht aber Abgegriffene und Mißhandelte noch gänzlich ungerechtfertigter Weise in Haft gehalten werden? 4.) Ist der Herr Bürgermeister gewillt, in seiner Eigenschaft als oberster Chef der politischen Be-
hörde jene Objektivität zu wahren, die ihm in dieser Eigenschaft zukommt, nicht aber durch parteipolitische Stellungnahme die bei Demonstrationen herrschende, erregte Stimmung noch zu verschärfen? 5.) Ist der Herr Bürgermeister schliesslich gewillt, die nötigen Vorkehrungen zu treffen, um derartige skandalöse Vorfälle, die in Steyr nachgerade schon zu ständigen Erscheinungen geworden sind, den Ruf der Stadt auf das schwerste schädigen und die Meinung wachrufen müssen, dass die nicht sozialistische Bevölkerung von Steyr einfach vogelfrei ist, in Hinkunft zu vermeiden? Hiezu konstatiert Bürgermeister Wokral, dass die Genehmigung des Zapfenstreiches durch das Bürgerkorps allerdings erfolgte, aber nicht in Kenntnis, dass der Wehrbund daran teilnehmen wird. Bmst. Wokral hätte die Anfrage weniger verfänglich gewünscht, da dem Einschreiten der Sicherheitswache parteiische Gründe untergelegt werden. Die Sicherheitswache müsse er unter allen Umständen in Schutz nehmen und solche Anwürfe zurückweisen. Von mehrfachen blutigen Schlägereien und von beleidigenden Äusserungen bei den Ansprachen ist nichts bekannt. Dass erst die Bewilligung erteilt wurde und dann der Zapfenstreich als Provokation bezeichnet wurde, ist unrichtig und muss auch diese Bemerkung zurückgewiesen werden. Die Schutzhaft gegen einzelne Mitglieder des Wehrbundes war in der Meinung begründet, dass ein Wehrmann das Bajonett gezogen hätte, was sich jedoch durch die protokollarische Einvernahme als nicht zutreffend herausgestellt hat. Die Verhängung der Schutzhaft war aber im Interesse der Beteiligten, andernfalls wäre vielleicht eher ein Grund zur Klage gewesen. Das Einschreiten der Ordner war im Interesse der Aufrechterhaltung der Ruhe, weil über Vereinbarung der Partei es besser schien, dass jede Partei die eigenen Parteigenossen wegbringe, was durch ein Eingreifen der Wehrmacht keinesfalls leicht möglich gewesen würe. Die Frage, ob der Bürgermeister als Chef der politischen Behörde jene Objektivität zu wahren gewillt ist,
die ihm als obersten Chef der politischen Behörde zukommt, beantwortet Bürgermeister Wokral, dass er bisher immer alles getan habe, um vollkommen objektiv zu handeln. Es war zu befürchten gewesen, daß beim Fronleichnamszuge die Ruhe nicht aufrecht zu halten gewesen wäre, eine Verantwortung konnte und wollte er nicht übernehmen, daß es dabei zu Unruhen hätte kommen können und darum und nur aus diesem Grunde erfolgte das Verbot der Teilnahme des Bürgerkorps und der Wehrmacht. Er wird übrigens in der nächsten Sitzung das aufgenommene Protokoll dem Gemeinderate zur Kenntnis bringen. Zur Kenntnis. V.B. Russmann übernimmt den Vorsitz und Bürgermeister Wokral berichtet zu Punkt 2. Novellierung des Zinshellergesetzes. Zl. 2216/23. Die Gemeinde ist bemüßigt, die durch das Wiederaufbaugesetz vorgesehenen Steuern auszubauen, in den Sektionen ist das Gesetz über die Erhöhung der Mietzinsheller bereits vorberaten worden. Aus mehrfachen Gründen hat sich die Vorlage des Gesetzes an den Gemeinderat verzögert und in letzter Stunde wurde vom Hausbesitzerverein eine Eingabe an den Gemeinderat gerichtet, in der ausgeführt wird, daß eine Novellierung des Mietengesetzes unmittelbar bevorsteht. Heute hat sich die I. und II. Sektion neuerlich damit beschäftigt und beschlossen, vorläufig die Einhebung einer Vorauszahlung im 500 fachen Ausmaße des Friedensbetrages für das zweite Halbjahr 1923 mit dem Einzahlungstermin bis 15. Augist 1923 zu beantragen. Er ersucht um Annahme des Sektionsantrages. Angenommen. Bürgermeister Wokral übernimmt wieder den Vorsitz und erteilt zu Pkt. 3. Änderung der Geschäftsordnung des Gemeinderates Zl. 13710/23 dem Referenten Dr. Schneeweiss das Wort. Derselbe begründet ausführlich im Sinne des Amtsberichtes die Vorlage und bringt jene §§, die eine
wesentliche Änderung beinhalten zur Verlesung. Er er¬ sucht um Annahme des Antrages. G.R. Bausenwein erklärt, daß Bestimmungen aufgenommen wurden, die mit dem Gemeindestatut in Widerspruch stehen und stellt namens der Wahlvereinigung folgende Anträge: Die Beschlussfassung über die Geschäftsordnung ist von der Tagesordnung abzusetzen und erst nach Gesetzwerden eines neuen Gemeindestatutes in Verhandlung zu ziehen. Eventualantrag: Bei Ablehnung dieses Antrages sind aus der Geschäftsordnung alle Stellen zu streichen, welche mit dem geltenden Statut in Widerspruch stehen. Dr. Schneeweiss stellt den Gegenantrag auf Ablehnung des Vertagungsantrages. Der Antrag auf Vertagung wird abgelehnt. G.R. Bausenwein gibt bekannt, zu welchen §§ er Abänderungsanträge stellen wird u. zw. §§ 1, 5/3, 6/1, 2, 7/3, 8/6b 7 bis 10, 11/10, 16/1, 2, 17/5 und Anhang. Referent G.R. Dr. Schneeweiss bringt diese §§ jeweils zur Verlesung. Zu § 1 beantragt G.R. Bausenwein „und die sonstigen hiefür geltenden Gesetze" hat zu entfallen. Gegenantrag Dr. Schneeweiss auf Ablehnung. Abänderungsantrag wird abgelehnt. Zu § 5/3. G.R. Bausenbein beantragt, zwischen dem 1. und 2. Satze hat eingeschaltet zu werden: „von denen je einer der Majorität und einer der zweitstärksten Partei zu entnehmen ist. Jeder Fraktion ist eine Abschrift des Protokolles zuzustellen." G.R. Scherak wünscht ebenfalls eine Abschrift des Protokolles für jede Partei. Bgm. Wokral bemerkt dazu, daß ein diesbezüglicher Beschl. bereits vorliegt. G.R. Dr. Hummer betont, daß die Wahlvereinigung also nur
die Aufnahme einer Bestimmung wünscht, die bereits beschlossen ist und begründet auch den ersten Teil des Antrages Bausenwein. Referent G.R. Schneeweiss erklärt sich bereit, aufzunehmen, dass jede im Gemeinderat vertretene Fraktion eine Abschrift zu erhalten habe und beantragt, die Ablehnung des anderen Teiles des Antrages. Dieser erste Teil des Antrages wird sohin abgelehnt. Zu § 6/1, 2: G.R. Bausenwein beantragt, im Absatz 1 hat „durch das Gemeinderatspräsidium oder" zu entfallen. Im Absatz 2 hat „bezhw. durch allfällige Sonderbestimmungen" zu entfallen. Über Gegenantrag G.R. Dr. Schneeweiss, abgelehnt. Zu § 7/3: G.R. Bausenvein beantragt, die Zahl 6 ist durch „2" zu ersetzen. G.R. Schöndorfer beantragt Anfragen überhaupt an keine Zahl zu binden. G.R. Scherak beantragt gleichfalls, die Anfragen und Interpellationen von keiner Zahl abhängig zu machen, seine Partei müsste die Ablehnung hinaustragen. G.R. Dr. Hummer begründet die gestellten Anträge; Anfragen sollen frei wenn schon nicht, so nur an zwei Unterschriften gebunden sein. G.R. Futterer unterstützt den Antrag Scherak. G.R. Schöndorfer sagt: Reine Arbeit lässt sich nicht machen, wenn man auf andere Parteien angewiesen ist. Referent G.R. Schneeweiss beantragt die Ablehnung dieser Abänderungsanträge, da analoge Bestimmungen auch andere Körperschaften haben. Der Antrag Schöndorfer wird sodann abgelehnt, der Antrag Bausenwein desgleichen. Zu § 8/6-10: G.R. Bausenwein beantragt, im Absatz 6 lit b haben die Worte „die Wortentziehung" zu entfallen. Absatz 7, 8, 9 haben zu entfallen. In Absatz 10 ist nach dem Worte ,darüber' anzuschliessen: „auf Grund des Berichtes über die Untersu-
chung durch den Disziplinarausschuss entscheidet". Über Gegenantrag Dr. Schneeweiss abgelehnt. Zu § 11/10: G.R. Bausenwein beantragt: Absatz 10 hat zu lauten: „Die Redner dürfen nicht unterbrochen werden". Gegenantrag Dr. Schneeweiss auf Ablehnung. Abgelehnt. Zu § 16/1, 2: G.R. Bausenwein stellt den Antrag, Absatz 1 hat zu lauten „Man unterscheidet vier ständige Ausschüsse und zwar: I. oder Rechts-, II. oder Finanz-, III. oder Bau- und Verwaltungs-, IV. oder Schul- und Fürsorgeausschuss und eine vom Gemeinderate nach Bedarf festzusetzende Anzahl von besonderen Ausschüssen." Absatz 2 hat zu lauten "Die Obmänner der ständigen Ausschüsse werden dem Gemeinderatspräsidium entnommen und durch den Gemeinderat gewählt. Jeder Ausschuss wählt aus seiner Mitte den Obmannstellvertreter und die Berichterstatter unter Berücksichtigung der Parteienstärke. Die Obmänner und Stellvertreter der besonderen Ausschüsse werden aus deren Mitte gewählt. Referent G.R. Dr. Schneeweiss stellt den Antrag auf Ablehnung der Abänderungsanträge. Abgelehnt. Zu §. 17/5: G.R. Bausenwein stellt den Antrag, an den Absatz 5 hat angeschlossen zu werden: „jedoch unter der Verpflichtung der ehesten nachträglichen Berichterstattung an das Gemeinderats-Präsidium." Referent Dr. Schneeweiss beantragt die Ablehnung des Zusatzes. Abgelehnt. Zu Anhang: G. R. Bausenwein beantragt, im Anhang hat es an Stelle I., II., III., zu heissen: I. Rechtsausschuss, II. Finanzausschuss, III. Bau- und Verwaltungsausschuss, IV. Schul- und Fürsorgeausschuss. Die Mitgliederzahl ist mit 9 festzusetzen. Die Zuständigkeit
ist sinngemäss auf die vier Ausschüsse zu verteilen. An die besonderen Ausschüsse ist anzuschließen: „8. Der Disziplinarausschuss. Mitgliederzahl: 4." Über Antrag G.R. Dr. Schneeweiss. abgelehnt. Zur Geschäftsordnung für das Gemeinderatspräsidium beantragt G.R. Bausenwein deren Entfall. Wird abgelehnt. Sonach wird die Abstimmung über jene §§ eingeleitet, die von keiner Seite beanstandet wurden. Wird angenommen. Damit erscheint die ganze Geschäftsordnung erledigt und somit erklärt Bgm. Wokral - hat der Geschäftsreformausschuss seine Aufgabe erschöpft. Punkt 4. Rauchfangkehrerkonzession (Ministertalrekurs). Zl. 583/V.P. Referent G.R. Dr. Schneeweiss begründet die Notwendigkeit des Rekurses gegen den abweislichen Bescheid der Landesregierung und beantragt namens der I. und II. Sektion: Der Gemeinderat erteile der Rekursanmeldung des Herrn Bürgermeisters gegen die Entscheidung der o.ö.Landesregierung vom 11. Mai 1923, Zl. 6/81297/5, womit die mit dem Dekrete des Magistrates Steyr vom 19. März 1923, Zl. 4799, der Stadtgemeinde Steyr verliehene Konzession zum Betriebe des Rauchfangkehrergewerbes, beschränkt auf die der Gemeinde gehörigen Objekte, gemäss § 146, Absatz 4 G.O., als gesetzwidrig ausser Kraft gesetzt wurde, nachträglich die Zustimmung. Das Magistratspräsidium wird angewiesen, die Rekursausfertigung durchzuführen. V.B. Dr. Messenböck spricht sich dagegen aus, das Erstreben der Lizenz entspricht nicht dem Gesetze, nicht der Gewerbeordnung und nicht der Feuerpolizeiordnung, er bedauert das Herausreissen aus der Kehrbezirkseinteilung und das Vernichten eines Gewerbes. Auch die Gehilfenschaft sei dagegen und er ersucht, nicht für
den Rekurs zu stimmen. Weiters stellt er noch den Zusatzantrag, dass im Falle der Annahme das Abstimmungsresultat im Rekurse mit aufgenommen werde. G. R. Dr. Hummer prophezeit, dass die Entscheidung so sein wird, wie die der Landesregierung, die Gemeinde wird eine Abfuhr erhalten und er ratet daher aus Prestigegründen ab. Er bezweifelt auch die erwartete Ersparnis, der Tarif wird durch die Landesregierung festgestellt und den muss auch hernach die Gemeinde bezahlen oder jener Rauchfangkehrer müsste unter dem Tarife arbeiten. G.R. Steinbrecher bespricht Unzukömmlichkeiten in der Waffenfabrik und in den Wohnhäusern und nichts ist so verleidet, wie die Rauchfangkehrertarife. Die ganze Bevölkerung ist vier Leuten ausgeliefert. G.R. Scherak ist gleichfalls für die Weiterleitung des Rekurses, es würden noch andere ähnliche Bestrebungen zu unterstützen sein. Er bezweifel das Interesse der Wahlvereinigung für das Wohl der Rauchfangkehrergehilfen. G. R. Markgraf erklärt, dass sich die Waffenfabrik nicht gegen die Zulassung der Rauchfangkehrer gesträubt habe, sondern nur dagegen, dass sie auch zur Bearbeitung der fabrikstechnischen Anlagen herangezogen werden müssen, für welche besondere Kenntnisse erforderlich sind. Er glaube nicht, dass die Gemeinde Ersparungen machen wird, eher dass die Gemeinde daraufzahlen wird und verlangt bestimmte Ziffern über die bisherigen Kosten und über die zu erwartenden Ersparungen. Bgm. Wokral stellt fest, dass Steyr den höchsten Tarif aller Städte hat, dass der Gemeinde z.B. für das Krankenhaus derselbe Tarif in Anrechnung gebracht wurde, wie für Hotels etc. und es war nicht möglich einen Tarif zu erlangen, wie in Linz. Die Landesregierung habe sich mehr für das Interesse der vier Herren als für das Interesse der ganzen Bevölkerung eingesetzt. G.R. Rendl wendet sich gegen die hohen Kehrtarife. Oft, ohne dass überhaupt gekehrt wurde, wird der
Tarif angewendet und er widerlegt die Ausführungen des G.R. Dr. Hummer hinsichtlich der feuerpolizeilichen Vorschriften. G.R. Steinbrecher erklärt, er wisse, dass sich die Waffenfabrik auch aus finanziellen Gründen gewehrt habe, das Gesetz müsse durchbrochen werden und den Versuch muss man machen, es muss auch bei uns billiger gemacht werden können. Vbg. Russmann erinnert an eine Enquete der Hausbesitzer und Mieter, bei der die Hausbesitzer selbst gegen die Vorherrschaft der Rauchfangkehrer remonstrierten, dass es vier Rauchfangkehrern möglich ist, Hausbesitzer und Mieter zu terrorisieren und empfiehlt die Annahme des Sektionsantrages. G.R. Markgraf will wissen, welche Vorteile zu erwarten seien, ausschlaggebend sei, wieviel erspart wird. G.R. Dr. Schneeweiss beantwortet im Schlussworte diese Frage, dass etwa vier bis fünf Millionen erspart werden dürften und beantragt die Ablehnung des Antrages des V.B. Messenböck. Die Abstimmung ergab 11 Stimmen gegen den Rekurs, 18 Stimmen für den Rekurs. Bgm. Wokral erklärt, dass das Abstimmungsresultat im Rekurs bekanntgegeben werden wird. Punkt 5. Armenrekurs Zl. 13942. G. R. Januschka berichtet über einen Rekurs der Marie Sedlacek wegen eines Erziehungsbeitrages für das Kind Rosina Dunst und beantragt namens der I. und II. Sektion, die Abweisung des Rekurses. Angenommen. Punkt 6. Steuerrekurse. a) Zl. 14030/23. Franz Mayr, Ziegelei, Wolfernstrasse 10. b) Zl. 13400/23. Hermine Riegauf, Stadtplatz 26. c) Zl. 13218/23. Eduard Hönigschmied, Promenade 31. d) Zl. 12512/23. Karl Schartinger, Zwischenbrücken. e) Zl. 13401/23. St. Leopold Krankenverein, wegen Besteu-
erung der Firmenschilder. G.R. Saiber beantragt die Abweisung, da Befreiungsgründe nicht vorliegen und im Gesetze nicht begründet erscheinen. Angenommen. Punkt 7. Beschlussfassung über den Anteil der Gemeinde an der Stromabgabe. Zl. 12593/23. G.R. Dr. Hummer begründet und verliest den Antrag der I. und II. Sektion: Der Gemeinderat beschliesst gemäss § 9 Absatz 1 des Gesetzes vom 31. Oktober 1922, L.G. u. V.Bl. Nr. 151, an die o.ö. Landesregierung (Landesrat) um Zuweisung eines Anteiles an der Stromabgabe in der Hälfte der jeweiligen Landesabgabe heranzutreten, soferne die Voraussetzungen des Absatzes 3 der zitierten Gesetzesstelle zutreffen. Er ersucht um Annahme. Angenommen. Punkt 8. Ansuchen der Kinos um Ermässigung der Lustbarkeitsabgabe. Zl.12592/23. G.R. Rendl begründet und verliest den Sektionsantrag: Auf das Ansuchen der Kinobesitzer Steyrs um Herabsetzung der Lustbarkeitsabgabe kann dermalen nicht eingegangen werden. Er ersucht um Annahme. Angenommen. Punkt 9. Erhöhung der Kanzleitaxen. Zl. 14780/23. G.R. Klaffenböck beantragt namens der I. Sektion: Der Gemeinderat beschliesse, die bestehenden Kanzleitaxen auf das 20-fache zu erhöhen. Der Beschluss tritt am 1.Juli 1923 in Kraft. Angenommen. Punkt 10. Wahl von 2 Gemeinderäten in den Krankenfürsorgeausschuss der Gemeindeangestellten. (Auf Mandatsdauer.) Zl. 15383/23. Über Vorschlag des Bürgermeisters Wokral werden die bisherigen Funktionäte G.R. Tribrunner und G.R. Dr. Furrer wieder gewählt. Punkt 11. Wahl von 4 Mitgliedern des Kuratoriums der städt. Handelsschule. Zl. 15384/23. VB. Russmann schlägt vor die Herren Dedic und Dr. Schneeweiss. G.R. Dr. Hummer schlägt vor die Herren Prof.
Brand und Dr. Hummer. Beide Anträge angenommen. Punkt 12. Wahl der ständigen Ausschüsse: Zl. 15385/23. V. B. Russmann berichtet nach Parteienvereinbarung über folgende Vorschläge: Finanz- und Rechtsausschuss: G.R. Fischer, Hafner, Januschka, Russmann, Schneeweiss, Saiber, Tribrunner, Witzany, Dr. Hummer, Markgraf, Bausenwein, Klaffenböck. Bau- und Verwaltungsausschuss: G.R. Fischer, Gangl, Klement, Lischka, Lind, Mayr, Rendl, Steinbrecher, Aigner, Messenböck, Schlossgangl, Furrer. Fürsorgeausschuss: Baumgartner, Dedic, Lebeda, Kranjak, Kisely, Mayr, Lischka; Rendl, Wolfartsberger, Hiessmayr, Kletzmayr, Prof. Brand. G.R. Scherak beklagt die Nichtentsendung von Mitgliedern seiner Partei in die Ausschüsse und kommt zu dem Schlusse: Wenn wir nicht Rechte haben, können wir auch unseren Pflichten nicht nachkommen. Wenn die Aufnahme der Mitglieder der kommunistischen Partei in die Ausschüsse versagt werde, müssten sie diesen Umstand in der Öffentlichkeit breitschlagen und wäre ein Schritt zur proletarischen Revolution. G.R. Hafner erwidert darauf und meint, die Wahl von kommunistischen Vertretern könne noch immer erfolgen, dass sei aber nicht von ihrem künftigen Verhalten abhängig, schuld daran sei, weil sie sich selbst Zeit gelassen hätten. Bezugnehmend betont er, dass von dieser Frage die proletarische Revolution wohl nicht abhängen wird. G.R. Futterer polemisiert gegen G.R. Hafner, bespricht das Verhalten der Sowjet in Russland und schliesst sich den Ausführungen des G.R. Scherak an. Bei der Abstimmung wird sodann die vorgeschlagene Liste angenommen. Bgm. Wokral will noch den Rat geben, Wünsche hinsichtlich der Vertretungen in den Ausschüssen bei
den Klubobmännern vorzubringen und schliesst um 3/4 10 Uhr abends die Sitzung. Der Schriftführer: Die Protokollprüfer: Die Vorsitzenden: Kapinus. Baungartner. Wokral. Fr. Aigner Russmann.
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