Zl. 1/V.P. Der Bürgermeister begrüsst sodann den an Stelle des Vizebürgermeisters Mayrhofer einberufenen Gemeinderat Johann Pfaff und nimmt demselben das Gelöbnis ab. Bürgermeister Wokral verliest sodann folgende Kundgebung: Zl. 175/V.P. Seit unserer letzten Zusammenkunft im Gemeinderate hat sich ein Ereignis vollzogen, an welchem wir nicht achtlos vorübergehen können. Mitten im Frieden ist in dem Staate unseres Brudervolkes Deutschland unter dem Vorwande der Sicherstellung von Reparationen Frankreich mit Militär¬ macht einmarschiert und hält deutsches Gebiet besetzt. Dieses Vorgehen eines siegesübermütigen Militärismus ist aber auch darauf berechnet, die Einheit des deutschen Volkes zu stören und es mit den Machtmitteln des Krieges wirtschaftlich zu Grunde zu richten. Beim Zusammenbruch 1918 glaubten wir deutsch¬ österreicher den Anschluss an das deutsche Reich bald voll¬ ziehen zu können. Durch die Friedensdiktate von Saint Ger¬ mein und Versailles wurde uns das unmöglich gemacht, was uns jedoch nicht hindern kann mit aufrichtiger Bewunderung den heroischen Abwehrkampf des deutschen Brudervolkes gegen einen übermächtigen Gegner zu verfolgen und offen unsere Sympathie für das deutsche Volk auszusprechen. Wir sprechen unser tiefstes Bedauern darüber aus, dass die harte Prüfungs¬ zeit für das deutsche Volk noch immer nicht enden will. Möge das deutsche Volk jene Widerstandskraft und Ausdauer aufbringen, um diesen harten Schicksalsschlag in Einigkeit und Geschlossenheit zu ertragen. Der Gemeinderat ist mit mir wohl eines Sinnes, wenn wir die heutige Kundgebung an das auswärtige Amt nach Wien mit der Bitte leiten, es möge der Protest des Steyrer Gemeinderates der massgebenden Stelle im deutschen Reiche zur Kenntnis gebracht werden.
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