Gemeinderatsprotokolle vom 15. und 18. September 1922

veranlaßt gesehen, den Gemeinden einen Kredit zu ge¬ währen, der nach dem Schlüssel der Bevölkerungszahl unier den einzelnen Gemeinden aufgeteilt wurde. Der Bund har bereits seinerzeit 80 und nun neuerlich 100 Milliarden gewährt. Diese Kredite sind in fünf Jahren rückzahlbar und mit sieben Prozent zu verzinsen. Die Zinsen sind halbjährlich zu zahlen. Die Erhöhung der Indexziffer und die damit verbundene Steigerung des Personalaufwandes verursachen ganz kolossale Lasten von Ausgaben, denen gegenüber nur eine 50prozentige Tragung durch den Bund erfolgt. Für die übrigen 50 Prozent hat die Gemeinde selbst aufzukommen. Diese Ausgaben sind es aber nicht allein, die große Summen erfordern, sondern alles, was in Angriff ge¬ nommen worden ist. So zum Beispiel konnte keine einzige Lieferung fest abgeschlossen werden, weil ja die vereinbarten Preise am nächsten Tage schon nicht mehr in Geltung gewesen waren. So sieht sich die Gemeinde verursacht, Kredite aufzunehmen. Der billigste ist der des Bundes. Wir haben Gelegenheit, einen solchen zu bekommen, jedoch muß der Gemeinderat hiezu seine Ermächtigung erteilen. Für Steyr entfällt von dem 80 Milliardenkredit ein Betrag von 275 Millionen und von dem 100 Milliardenkredit ein solcher von 330 Millionen. Die Gemeinde hat bereits früher einen solchen Kredit und zwar von 100 Millionen in An¬ spruch genommen. Ich möchte bitten, der Gemeinderat beschließe, einen Kredit in der Höhe von 595 Millionen aufzunehmen. Von diesen 595 Millionen sind bereits 51 Millionen der Gemeinde überwiesen worden, für August sind 100 Millionen und in dieser Woche sind 250 Millionen eingelangt. Wir haben insgesamt noch die Möglichkeit, einen Kredit von 193•5 Millionen bis zu Ende dieses Jahres in Anspruch nehmen zu können. Ich glaube versichern zu können, daß wir sparsam sein werden und bis Ende des Jahres durchhalten können. Die Flüssigmachung des Kredites erfolgt über Weisung durch die Finanzlandesdirektion, welche den Beschluß des Gemeinderates verlangt. Ergänzend möchte ich noch mitteilen, daß wir zwar kassamäßig einen Abgang von rund 300 Millionen haben, der sich aber hauptsächlich aus den laufenden Geldern ergibt, nach wiederholten Erklärungen der Buchhaltung aber keine Gefahr vor¬ handen wäre. Herr Vizebürgermeister Nothhaft, der ständig die Gebarung überprüft, würde dies dem Gemeinderate sofort vorlegen, wenn eine Situation eintritt, die sagt, daß wir passiv sind. Vorläufig sind wir es nicht, aber wenn die Preissteigerung weiter so anhält, so müssen wir in der nächsten Zeit erklären daß wir nicht mehr weiter wirtschaften können. Herr GR. Prof. Brand: Sehr geehrler Ge¬ meinderat! Ursprünglich stand auf der Tagesordnung 200 Millionen, heute sagt der Herr Bürgermeister von 595 Millionen. Wir sehen aus der Darlegung die Notwendigkeit ein und machen daraus, daß es nicht auf der Tagesordnung steht, keinen Krieg. Wir sehen, daß die Gemeinde einen großen wirtschaftlichen Kampf führt. Wir werden dieser Kreditaufnahme zustimmen, weil der Kredit billig ist und weil er beim Bund aufgenommen wird und weil wir weiters die Not¬ wendigkeit erkennen, daß die Gemeinde Mitteln braucht, um ihre Aufgabe zu erfüllen. 18 Der Antrag wird einstimmig angenommen. Beschlußfassung, betreffend Erhöhang verschiedener Abgaben, beziehungsweise Einhebung nach Goldparität Herr Bürgermeister Wokral ist der Anschau¬ ung, daß letztere keine Erhöhung, sondern nur eine Aenderung der Berechnungsgrundlage bedeute und er¬ seilt dem Referenten Herrn GR Peyrer das Wort. Herr GR. Dr. Peyrer: a) Konzessionsabgabe Es handelt sich hier um die Einführung der Be¬ rechnung nach Goldkronen. Das Amt hat hiezu einen Entwurf ausgearbeitet und die Sektion stellt den An¬ trag auf Genehmigung und Vorlage an den Landes¬ rat. Der Entwurf lautet: 1922, womit das Gesetz Gesetz vom vom 5. Oktober 1921, L.=G.= und V.=Bl. Nr. 155, betreffend die Einhebung einer Gemeindeabgabe von bestimmten Erwerbsunternehmungen im Gemeinde¬ gebiete Steyr (Konzessionsabgabe) abgeändert wird. Der oberösterreichische Landtag hat beschlossen: Artikel I. Der § 2 des Gesetzes vom 5. Oktober 1921, L.=G.= und V.=Bl. Nr. 155, hat in Hinkunft zu lauten wie folgt: Höhe der Abgabe. Als Abgabe ist zu ent¬ richten: 1. Eine Jahresabgabe; 2. eine Abgabe ge¬ legentlich von Besitzveränderungen (Uebertragungs¬ abgabe): Zu 1.: Die Jahresabgabe beträgt Prozente: a) bei den Erwerbsteuerklassen (Gruppen) einge¬ reihten Unternehmungen der I. Erwerbsteuerklasse (Gruppe) 6 Goldkronen 0•25 b) bei den nach § 85 des Personalsteuergesetzes von 25. Oktober 1896, R.=G.=Bl. Nr. 220 begünstigten Erwerbs= und Wirtschaftsgenossenschaften 0•5 Gold¬ kronen; c) bei allen anderen, dem zweiten Hauptstücke des Personalsteuergesetzes unterliegenden Unternehmungen 6 Goldkronen. Im Falle des Nichtbetriebes ist die Abgabe in jedem Falle mit 0•5 Goldkronen zu bemessen. Unter Goldkrone wird die Zollgoldkrone mit dem Kurswerte des Fälligkeitstermines der Abgabe verstanden. Ist nur ein Zweig des Unternehmens, für dus die Erwerb¬ steuer einheitlich bemessen ist, abgabepflichtig, so kann, wenn dies durch das Verhältnis des Ertrages des abgabepflichtigen Zweiges der Unternehmung zum Er¬ rage des ganzen Unternehmens begründet erscheint, die Abgabe in Bruchteilen der vorstehenden Sätze be¬ messen werden. Werden mehrere abgabepflichtige Unternehmungen von derselben Person betrieben, ist die Abgabe, auch wenn für alle diese Unternehmungen die Erwerbsteuer einheitlich bemessen ist, für jede Unternehmung im vollen Ausmaße zu entrichten. Sind diese Uniernehmungen in einer ein¬ heitlichen Betriebsstätte vereinigt, so kann, wenn die Erwerbsteuer einheitlich bemessen ist, eine Ermäßigung der Abgabe bis zum Betrage der einfachen Jahres¬ abgabe (a bis c) Platz greifen. Zu 2. Die Uebertragungsabgabe ist unabhängig von der Jahresabgabe im Falle der Uebertragung eines abgabepflichtigen Unternehmens zu entrichten und be¬ trägt die dreifache Jahresabgabe. Bei Verpachtungen mit Ausschluß der Zwangs¬ verpachtung ist die halbe Uebertragungsabgabe zu ent¬ richten. Der Uebergang eines Unternehmens gemäß § 56, Absatz 4, 5 und 6 der Gewerbeordnung be¬ gründet keine Verpflichtung zur Entrichtung der Ueber¬ tragungsabgabe, desgleichen Uebertragungen zwischen Ehegatten und zwischen Verwandten ersten Grades. Artikel II. Dieses Gesetz tritt mit dem Tage der Kundmachung im Landesgesetz= und Verordnungs¬ blatte für Oberösterreich in Wirksamkeit. Zum vorstehenden Gesetzentwurf wird bemeikt: Die Goldkronenansätze sind berechnet nach dem durch¬ schnittlichen Stande der Goldparität im Monate De¬ zember 1921 und zwar nach der Relation einer Gold¬ krone — 1026 oder rund 1000 Kronen in Papiergeld. Angenommen. 2575 h) Gebührenäquivalentabgabe. Die Sektion schlägt Ihnen vor, den Zuschlag zum Gebührenäquivalent von 20 Prozent auf 50 Prozent zu erhöhen.

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