würde, den Altar nicht mehr an unserem schönen, althistorischen Rathause zu finden — nicht doch ernstlich die Frage ventiliert werden sollte, für die Anbetung und die kurze Rast des aller¬ heiligsten Altarssakramentes beim ersten Evangelium eine neue gastliche Wohnstätte zu suchen! Ich appelliere zum Schlusse nochmals an die geehrte Majorität, sich bei der Entscheidung über alle drei Punkte der Präliminarpost VIII nur von voller Orjektivität leiten zu lassen und eingedenk zu sein des Urteiles, welches Mit= und Nachwelt für diesen in der Geschichte Steyr denkwürdigen Tag sodann verzeichnen wird Herr Vorsitzender Vizebürgermeister Dedie berichtet, daß nach den vorgefundenen Akten allerdings die Gemeindevertretung von Steyr verpflichtet ist, für die Kosten der Erhaltung des Pfarrhofgebäudes aufzukommen. In dieser Frage sind jedoch Entscheidungen erfolgt, die sehr verschieden sind. Wegen des Schulgottesdienstes konnte bisher nichts gefunden werden und sollen in Hinkunft diese Ausgaben durch eine Kultusabgabe ge¬ deckt werden Die Herren kennen den Standpunkt der jetzigen Majorität; es ist der Standpunkt des Gesetzes, in welchem es heißt: Daß die allgemeine Gemeindeumlage nicht zu Kultus¬ zwecken verwendet werden dürfe. Aus diesem Grunde wurden diese Posten auch seinerzeit gestrichen. Wir lassen diesmal diese Posten hier bestehen, stellen aber in der Bedeckung die gleiche Summe ein Herr GR. Kletzmayr verweist darauf, daß unter Jugendfürsorge ein Betrag von 700000 Kronen ausgewiesen ist. Redner ersucht, daß aus dieser Summe auch für den Verein „Frohe Jugend“ ein Anteil gesichert werde, welcher über sechs¬ hundert Kinder zählt, daß auch diese Kinder in der Aktion „Kinder aufs Land“ bedacht werden und nicht etwa nur der Verein „Kinderfreunde“ Herr Vorsitzender Vizebürgermeister Dedic erklärt, daß in dieser Summe auch das Erfordernis für die Amerikanische Kinderhilfsaktion darstelle, welche nach der Auflösung durch die Gemeinde weiterzuführen ist. Herr GR. Steinbrecher erkennt die Ausführungen des Herrn Vizebürgermeisters Nothhaft als sachlich und meint, daß man es bei den Ansätzen im Voranschlage belassen solle; beide Parteien kennen ihren Standpunkt und wußte es Herr Vizebürgermeister Nothhaft gewiß, daß er uns durch seine Worte nicht überzeugen könne. Der Akt ist nun vorhanden. Die Zeiten sind sehr wechselvoll; Steyr war früher protestantisch, jetzt ist es katholisch, auch die Protestanten könnten andere Forderungen stellen; damals hat die protestantische Majorität die katholische Minorität berücksichtigt und nun soll es umgekehrt sein Ich bin kein Feind der katholischen Religion und achte jeden Priester, welcher seine Aufgabe erfüllt; ich achte auch die Grundsätze Christi, aber aus Gemeindemitteln darf für den katholischen Kult nicht beigetragen werden Die Katholiken würden sich wehren, für einen anderen Kultus etwas beizutragen. Wenn noch so lange debattiert werden wird, so wird sich daran nichts ändern. Wir haben gegen die Ausgabepost nichts, wenn auch eine Bedeckung hiefür vorhanden ist Herr GR. Witzany: Herr Vizebürgermeister Nothhaft hat klargelegt, wie die Patronatsrechte errichtet wurden und weist nach, daß im Akte sich ein Hofkanzleidekret vom Jahre 1784 bezüglich dieser Rechte vorfindet Auch auf das Gewohn¬ heusrecht führt er uns zurück, insbesondere aber auf das Ver¬ mächtnis unserer Vorfahren. Das mag sein; für uns, die wir in anderen Gesellschaftsansichten aufwachsen, kann dies nicht maßgebend sein. Zu dieser Zeit, wo diese Rechte entstanden sind, war die Macht so drückend, daß die Einzelnen sich nicht aussprechen konnten; man hat einfach verfügt. Der Staat war seit Jahrhunderten den klerikalen Einflüssen unterworfen, das Volk noch nicht so aufgeklärt und mußte sich, wie die Geschichte von Steyr nachweist, alles gefallen lassen. Da gab es zwischen den Konfessionen wechselvolle Kämpfe Die neue Bewegung zeigt uns verschiedene Formen von Gottsuchern, viele sind noch nicht klar. Es wäre nicht Sache der Minorität gewesen, die Akten zu suchen, dies ist richtig; es ist Sache des Verlangenden, den Rechtsgrund darzutun. Es besteht gewiß ein Recht, aber auch wir haben das Recht, eine Bedeckung zu suchen. Die Gemeinde hat nicht einer besonderen Konfession Reverenzen zu leisten; der Staat setzt sich nicht aus kirchlichen Vereinigungen zusammen. Die angeführten Rechte mögen begründet sein, aber die neuen Leute wollen damit nichts mehr gemeinsam haben Schon im Vorjahre wollten wir diese Post streichen. Es handelt sich weniger um die Ziffer als um die Grundsätze Vielleicht kann doch eine Einigung zustande kommen. Es wird wie bei anderen Sekten, eine Umlage einzuführen sein, deren Anhänger eben Opier bringen müssen. Dadurch kann sich jeder, der mit dem Katholi¬ zismus nicht mehr so innig verbunden ist, gegen die Abgabe wehren. Dies könnte aber doch zu einem Kulturkampf führen, denn wir in unserer Gemeinde vermeiden wollen. Die Bevölke¬ rung von Steyr steht zu Zweidrittel im freiheitlichen Lager und darum empfehle ich einen Ausgleich; entweder Aufhebung der Patronatsrechte oder Einsetzung einer Gegenpost Was den Schulgottesdienst oder die kirchlichen Feierlich¬ keiten betrifft, so muß eben derjenige, welcher die Feierlichkeit veranstaltet, die Kosten auf sich nehmen Es wird meinem sozialdemokrakischen Herzen gar keinen Kummer bereiten, wenn der Altar nicht mehr vor dem Rathause steht; die Wahl eines neuen Ortes steht Ihnen ja vollkommen frei. Aber eines muß verurteill werden, wenn die Republik ihren Feiertag hält, mussen die Kirchenangestellten an diesem Tage Mist führen und damit ihre offene Abneigung gegen diesen Feiertag zeigen Die Arbeiter haben daher erklärt, daß auch sie an den kirchlichen Feiern nicht mehr mittun und arbeiten werden Die Arbeiter haben mit der Kirche den Kontakt verloren. Bezüglich des Schulgottesdienstes müssen wir demselben ganz ablehnend gegen¬ überstehen, weil wir stets für die Trennung von Kirche und Staat eingetreten sind und der kirchliche Unterricht in die deirchen zu verlegen ist. Der Nationalrat hat ja auch die Diener der Kirche aus dem elenden Dasein emporgehoben und sollen die Angestellten der Kirche nunmehr doch den Idealismus auf¬ bringen, ihren Beruf umsonst auszuüben. In nächster Heir werden auch die Pfarrgemeinden zu konstituieren sein, dann wird aller Streit wegfallen und das Dasein aller zu einem gemütlicheren werden. Herr Vizebürgermeister Nothhaft erklärt sich mit einem güt¬ lichen Uebereinkommen wegen der Patronats- und Gewohnheits¬ rechte einverstanden. Im übrigen bemerkt Redner, daß von der Minorität auch verlangt werden könnte, daß am Rathause nut die weiß-rot weiße Fahne gehißt werden dürfe und die Bevölke¬ rung der Minorität doch auch zur roten Fahne Beiträge leisten müsse. Es fällt einem zwar nicht ein, hierüber des Näheren zu sprechen und wäre nur zu wünschen, daß ein gutes Einder¬ nehmen hergestellt bleibe. Herr Vorsitzender bemerkt, daß der Wille zur gütlichen Austragung vorhanden ist und diese auch erfolgen wird. Herr Vizebürgermeister Nothhaft begehrt, daß die Ver¬ staatlichung der Städtischen Handelsschule betrieben werden wolle, worauf der Herr Vorsitzende erwidert, daß dies bereits in die Wege geleitet sei. Zur Beschwerde des Herrn GR. Prof. Brand, daß wegen Mangels an Holz bezw. an zerkleinertem Holze vor kurzem der Betrieb in der Wehrgrabenschule, eingestellt werden mußte, de¬ richter der Vorsitzende, daß gegen den schuldtragenden Beamten und den Schulwart die Disziplinaruntersuchung eingeleitet werde und diese bereits zur verantwortenden Aeußerung aufgefordert wurden Zur Post „Theater" begehrt Herr GR. Prof. Brand, daß Herr Direktor Sergl zur Veranstaltung von Klassiker=Vor¬ stellungen verhalten werden solle Herr GR. Witzany erwidert, daß bezüglich der Verstaat¬ lichung der Städtischen Handelsschule sowohl von ihm als von Herrn Got. Kletzmayr die entsprechenden Schritte unternommen wurden; man bekomme im Ministerium jedoch nur schöne Worte. Nichts¬ bestoweniger sei es notwendig, die Verstaatlichung energisch zu betreiben. Im übrigen halte er die Fachschule für Eisen- und Stahlbearbeitung wichtiger als die Handelsschule. Was das Theater betrifft, so könne man es dem Theater=Direktor nicht berargen, daß er keine Klassikervorstellungen veranstalte, weil seiche stets leere Häuser aufweisen. In der Realschule sollte für den Besuch solcher Vorstellungen gewirkt werden. Eine kurze Wechselrede verursacht die Post „Kunst und Wissenschaft", nach welcher die Einsätze unverändert belassen werden. Bedeckung: Erfordernis: K 257.218 — Militärangelegenheiten .. K 2,686.674 — Bedeckung: Erfordernis: K 3,120.000-- Armenwesen ... . . K 6,264.700 — Bedeckung: Erfordernis: K 90,396.000 — Verschiedenes K 361 047•- Herr Dr. Peyrer berichtet zur Post „Lebensmittel" daß in der Bevölkerung verschiedentlich Klage über die ungleiche Beteilung mit Holz geführt werde, es wird daher verlangt, daß ein Verwendungsausweis vorgelegt werde. Herr Vorsitzender sagt die Vorlage dieses Ausweises zu. XII. Bedeckung: Erfordernis: K 30 000-— Gemeindebesteuerung. K 2,486.000 — Zusammenstellung: Gesamterfordernis K 472,438.994 — Bedeckung K259,638.828 — Bedeckung „2 9,638 823 — ergibt einen Ab¬ gang von .. K 212,800171•— Der Herr Referent trägt vor dem Bedeckungsantrag für den Abgang noch den Ausweis aus dem Präliminare pro 1922 der von der Stadtkasse s teyr dotierten und anderen Fonds vor; Bedeckung: Benennung: 6,024 000•— 1. Armeninstitut ... 6,024.000-— Dotation 5,380.000:— 2. Milder Versorgungs¬ 605.000•— ... 605 000 — fonds 584.700 —
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