Gemeinderatsprotokoll vom 30. Jänner 1922

die Stadtkassetagebuchabschlüsse verlesen werden, aber der Referent trägt keinerlei Verantwortung für die Finanzen der Stadt. Ihre Majorität hat ohnehin loyal erklärt, sie trage die volle Verantwortung für die finanzielle Gebarung der Stadt. In der Bevölkerung herrscht jedoch die Meinung, als ob wir durch den Vortrag des Herrn Referenten Vizebürgermeister Nothhaft die Finanzwirtschaft mit unseren Namen zu decken hätten. Um allen Mißverständnissen vorzubeugen, ersuchen wir daher, daß Sie für die Zukunft einen eigenen Finanzreferenten bestellen. Man findet in allen Städten, daß die Majorität die Verant¬ wortung zu übernehmen hat und auch ihren eigenen Referenten bestellt. Ich wünsche namens meiner Partei, daß für die Zukunft von Ihnen ein ständiger Referent für die finanziellen Fragen aufgestellt werde, geradeso wie ein Personalreferent aufgestellt wurde. Herr Vorsitzender stellt fest, daß seitens der Majorität tat sächlich die Erklärung vorliegt, daß sie die Verantwortung für das Budget übernehme, was selbstverständlich sei. Selbstver¬ ständlich sei auch, daß auch die Vertreter der anderen Parteien mitverantwortlich sind, die Hauptverantwortlichkeit trägt immer die Majorität Die Bestellung eines ständigen Finanzreferenten ist gewiß zu empfehlen und wird in einer der nächsten Gemeinde¬ ratssitzungen Gelegenheit sein, Entschlüsse zu fassen. Herr GR. Kletzmayr wünscht, daß die Druckaufträge der Gemeinde auch anderen Unternehmungen, welche Presse¬ erzeugnisse herstellen, zukommen, als hauptsächlich jenem, welches der Mehrheit der Gesinnung des Gemeinderates angehört. Herr GR. Schickl führt Beschwerde, daß durch unnütze Wohnungsanforderungen die für die Gemeinde teuere Dienst¬ zeit der Beamten vergeudet werde Herr GR. Witzany bemerkt, daß das was Herr GR. Pro¬ fessor Brand wegen der Personalauslagen sagte, einigermaßen richtig sein mag, es muß aber darauf hingewiesen werden, daß durch die große Zahl von Verordnungen der Ministerien, auch eine außerordentliche Vermehrung der Geschäfte erfolgt ist, welche eine Vermehrung des Personales zur Folge hat. Was die Pensionierungen betrifft, kann es ja möglich sein, daß Beamte länger dienen wollen und von diesem Vorhaben nicht abgehalten werden sollen, aber dies dürfte wohl zu Seltenheiten gehören. Was die Prozeßführungen anbelangt, werden die Ge¬ werbetreibenden von der Gemeinde leider dann auf ihre Pflicht zu erinnern sein, wenn sie hartnäckig sind. Die Klageführung des Stadtschulrates kann dahin aufgeklärt werden, daß die Ent¬ schlüsse in Preßsachen zur Vermeidung von Versäumnissen rasch erfolgen müssen und daher die Unmöglichkeit bestand, die Er¬ mächtigung zur Klageführung erst von einem verspäteten Be¬ Der Herr Referent geht nunmehr zu den einzelnen Ru¬ schluß des Stadtschulrates abhängig zu machen. Daß die erste briken des Voranschlages über. Instanz der Gemeinde recht gab, beweist an sich schon, daß der vom Vorsitzenden beschrittene weitere Weg richtig war. Ob eine Erfordernis: Ermächtigung hiezu vorlag, ist mir nicht bekannt, jedenfalls Bedeckung: Gemeindevermögen K 4,449.318•— war die Sache dringlich, um die Frist nicht zu versäumen. Auf K 726.714•— den Wunsch des Herrn Kletzmayr kann erwidert werden, daß die Druckaufträge nicht allein beim Steyrer Tagblatt, sondern Erfordernis: Bedeckung: in allen drei Druckereien Steyrs besorgt werden und daß Kund¬ Gebäude= und Grundbesitz K 27,219.867-- 14,442.202.— machungen der Gemeinde stets in beiden Lokalblättern im gleichen Ausmasse Aufnahme finden. Hier wird die Objektivität Erfordernis: sicherlich gewahrt. Was der Herr GR Schickl anführt, so ist dies eine rein persönliche Sache und ist es verwunderlich, daß Marktwesen und Gefälle Bedeckung: hier im Gemeinderate von Herrn Schickl rein persönliche Sachen und nutzbare Rechte . . K 25.500•— K 186•211:- zur Sprache gebracht werden. Was ihm widerfahren ist, mag ja Herr GR. Kletzmayr bemerkt, daß das Marktwesen schmerzhaft sein, ist aber nicht geeignet, hier Beschuldigungen direkte Einnahmen nicht liefert; es könnten aber sicherlich Wege vorzubringen. beschritten werden, wie z. B. in anderen Städten die Moderni¬ Herr GR. Schickl erwidert, daß seine Beschwerde nicht sierung der Jahrmärkte erfolgte. Vielleicht wäre es möglich, persönlicher Natur sei, weil die Anforderung des Wohnungsamtes eine Art Messe durchzuführen, wo für den Platz allein schon die Heimkehrervereinigung betraf Er könne hiefür Beweise er¬ große Einnahmen zu erwarten wären; daneben wäre Gewerbe bringen und sei es traurig, daß das Wohnungsamt soweit und der Industrie Gelegenheit gegeben, sich emporzubringen. ging, den armen Heimkehrern ihren Zufluchtsort anzufordern. Herr Referent GR. Tribrunner erwidert, daß schon Herr GR Frühwald verweist darauf, daß es dem im Vorjahre von der Majorität der Plan auftauchte, die Jahr¬ Herrn GR. Schickl frei gestanden wäre, gegen den Beschluß des märkte aufzulassen, weil ein Bedürfnis hiezu schon längst fehlt Wohnungsausschusses die Berufung zu ergreifen. Der Wohnungs¬ Eine Reihe von Gewerbetreibenden hat jedoch ein gewisses ausschuß ist gegen Vereine und verschiedene Hausherren sehr Interesse daran, z. B. Wirte, Fleischhauer, Bäcker usw., anderer¬ mißtrauisch geworden, weil diese alles mögliche herausstecken, seis sagen diejenigen Geschäftsleute, die abseits des Marktes um sich den gerechten Anforderungen zu entziehen bestehen, daß sie trotzdem zur Marktzeit auch bessere Geschäfte Herr Vorsitzender nimmt auf die Ausführungen des Herrn machen und hatte daher die Gemeinde doch wieder keine be¬ GR. Prof. Brand bezug und sagt, daß bezüglich der Neu¬ sondere Ursache, die bisherige Einnahmsquelle ganz aufzulassen. anstellung von Beamten die Verhältnisse eben stärker waren, Herr GR. Kletzmayr stellt richtig, daß er nicht für die weil der Gemeinde ein immer größerer Wirkungskreis zuge¬ Auflassung, sondern nur für eine Modernisierung des Jahr¬ wiesen werde; so waren es die Bestimmungen über das Lebens¬ marktes gesprochen habe. mittelzuschuß=Abbaugesetz, durch welches die Gemeinde genötigt Herr Vorsitzender stimmt den Anregungen des Herrn war, vier neue Kräfte einzustellen. Es ist durch diese Verhält¬ GR. Kletzmayr zu, nur sei der richtige Moment für die ge¬ nisse schwer, mit dem Beamtenabbau zu beginnen. Was die plante Umgestaltung des Jahrmarktes noch nicht gegeben. Pensionisten betrifft, so stehe ich auch auf dem Standpunkt, daß die Beamten länger im Amte verbleiben sollen, um Neu¬ anstellungen zu ersparen, welche der Gemeinde sehr wenig nützen. Erfordernis: Bedeckung: Manchesmal ist man aber gezwungen, mit Pensionierungen vor¬ Gemeindeverwaltung K 89,774.442•- K 2,675.600 zugehen, unter Umständen auch zu betreiben Daß das Reisen Herr GR. Prof. Brand: Aus diesem Kapitel ersehen Sie, Geld kostet, ist selbstverständlich; die gemachten Reisen waren daß die Personalauslagen unser Budget außerordentlich belasten meist in Finanzsachen notwendig und wurden auch nur Reisen und diese noch ganz gewaltig ansteigen. Die Gemeinde wird sich unternommen, die im Interesse der Gemeinde notwendig waren, bemühen müssen, kein neues Personal mehr aufzunehmen, wenn Bezüglich der Prozeßführung geht es nicht an, daß zu jeder es nicht unbedingt erforderlich ist; auch sollen Pensionierungen derselben erst der Gemeinderat die Genehmigung erteilen muß; nur dann erfolgen, wenn sie im Interesse des Dienstes gelegen im Gegenstande war der Herr Bürgermeister damals genötigt, sind. Eine große Post bilden auch die Reiseauslagen und muß sich zur Prozeßführung rasch zu entschließen, weil sonst die Frist gewünscht werden, daß die Reisen mit Rücksicht auf die neue hiezu versäumt worden wäre. Daß einzelne Gewerbetreibende Erhöhung des Bahntarifes eingeschränkt werden. Eine weitere die Gemeinde geklagt haben, muß erwidert werden, daß nicht Ausgabe bilden die „Vertreterausgaben", um die Rechtsfragen immer ein Grund hiezu vorlag und muß festgestellt werden, der Gemeinden beim Gerichte zu behandeln. Es wurde eine daß einz Ine Gewerbetreibende Beträge eingeklagt haben, welche Reihe von Prozessen geführt, von denen weder der Gemeinderat, schon längst bezahlt waren, so daß fast der Anschein eines Mut¬ noch die erste Sektion Kenntnis erlangt hat; auch dadurch willens vorliegt, um der Gemeinde Schwierigkeiten zu machen. werden unnütze Vertretungsauslagen der Gemeinde aufgehalst, Heute braucht selbstverständlich jeder Geld, weil auch die Gewerbe¬ daß man die der Gemeinde liefernden Gewerbetreibende nich treibenden mit der finanziellen Krise zu rechnen haben Früher rechtzeitig bezahlt. Wenn die Gemeinde einerseits für säumige war dies leichter und war es bei manchem Geschäftsmann Ge¬ pflogenheit Jahresrechnungen zu legen. Die Gemeinde bekommt Zahler hohe Strafen aussetzt, hat sie auch auf der anderen Seite die Pflicht, daß sie ihre Lieferanten pünktlich zahlt. Eine ihre Einnahmen aus den Steuerquellen erst im Laufe des andere Vertretungssache, welche neulich auch durch die Zeitungen Jahres und kann daher auch nicht immer so zahlen, wie sie es gegangen ist, ist eine Klage des Stadtschulrates gegen die wollte. Die Druckarbeiten der Gemeinde werden stets unter alle Reichspost wegen einer Berichtigung. In zweiter Instanz hat Druckereien aufgeteilt, wenn es auch natürlich ist, daß diejenige die Stadtgemeinde verloren und mußte die Kosten des Pro¬ Druckerei die Hauptaufträge erhält, welche der Gemeinderats. zesses bezahlen Es fehlte aber zur Klageführung die Legiti¬ mehrheit am nächsten steht. Das ist eine Gepflogenheit, die mation des Stadtschulrates, denn, wenn dieser ein Klagebegehren überall so herrscht. Bezüglich der Ausführungen des Herrn einreicht, muß der Vorsitzende vom Stadtschulrate hiezu ermäch¬ GR Schickl ist es besser, über diese Sache nicht zu sprechen, weil tigt werden Die Angelegenheit wurde aber im Stadtschulrate sie nur persönlicher Art ist, die nicht in den Rahmen der Präli¬ überhaupt nicht behandelt, daher ist es Pflicht der Minorität minarberatung gehört. ausdrücklich zu erklären, daß sie entschieden dagegen Stellung Herr GR. Dr. Peyrer berichtet, daß ihm die Prozesse nimmt, daß diese Vertreterausgaben auf Kosten der Gemeinde der Gemeinde wohl bekannt waren, nie davon aber eine Er¬ gehen, weil derjenige, welcher die Klage führte, keine wie immer wähnung tat, um nicht den Anschein zu erwecken, als ob er geariete Ermächtigung zur Klageführung besessen hat. seinen Berufskollegen Konkurrenz machen wolle Es müsse jedoch

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