Gemeinderatsprotokoll vom 23. September 1921

übernehmen und die Agenden des Arbeitslosenamtes mit den Agenden der Arbeitsvermittlung zu führen unter der Bedingung, daß das Bundesministerium für soziale Verwaltung fünfneuntel der gesamten Kosten des nunmehr vereinigten Arbeits¬ losen= und Arbeitsvermittlungsamtes trägt. Weiters sollen auch das Land Oberösterreich und die an den Bestand des Arbeits¬ losenamtes interessierten Gemeinden zu einer Beitragsleistung herangezogen werden. Da sich das Bundesministerium bereit erklärte, den Fünf¬ neuntel=Beitrag rückwirkend ab 1 Juli 1921 zu leisten, wenn ein sofortiger Beschluß des Gemeinderates zustande kommt, wird empfohlen, dem Gegenstand in der Gemeinderatssitzung die dringliche Behandlung zuzuerkennen. Die erste Sektion stellt daher auf diese begründeten Dar¬ legungen folgenden Dringlichkeitsantrag: „Der Gemeinderat beschließe, sich bereit zu erklären, die im Arbeitslosenamte Steyr durch die Industrielle Bezirkskom¬ mission in Linz bestellten Angestellten in den Dienst zu über¬ nehmen und die Agenden des Arbeitslosenamtes mit den Agenden der Arbeitsvermittlung zu führen, unter der Bedin¬ gung, daß das Bundesministerium für soziale Verwaltung fünfneuntel der gesamten Kosten des nunmehr vereinigten Arbeitslosen und Arbeitsvermittlungsamtes trägt. Weiters sollen auch das Land Oberösterreich und die an dem Bestande des Arbeitslosenamtes in Steyr interessierten Gemeinden zu einer Beitragsleistung herangezogen werden." Der Dringlichkeitsantrag, wird vom Gemeinderate ein¬ stimmig angenommen. Hierauf tritt der Gemeinderat in die Tagesordnung ein. Die Punkte 1, 2, 3 und 4 sind vertraulich und werden am Schlusse der Sitzung behandelt. 5. Abschluß eines Vertrages mit der Firma Josef Huber & Co in Steyr, betreffend Ueberlassung eines Gebäudes zur Umgestaltung auf Arbeiterwohnungen. Referent Herr GR. Dr Peyrer erklärt in kurzen Zügen den Inhalt des mit der Firma Josef Huber, & Co. abzu¬ schließenden Bestandvertrages. Punktationen für einen Bestand=Vertrag abgeschlossen zwischen der Stadtgemeinde Steyr als Bestand¬ geberin einerseits und der Firma Josef Huber & Co, Maschinen¬ fabrik in Steyr, als Bestandnehmerin andererseits. . Die Stadtgemeinde Steyr als Eigentümerin der zum Kom plexe der ehemaligen Artilleriekaserne in Steyr gehörigen Ge¬ bäude und Gründe gibt und die Firma Josef Huber & Co., Maschinenfabrik in Steyr, nimmt das zu dem bezeichneten Komplexe gehörige Gebäude, als Wagenremise bisher bekannt, samt den dazu gehörigen, in der Natur bereits ausgesteckten Grund in Bestand Dieser Vertrag wird mit Rechtswirksamkeit vom 1. Sep¬ tember 1921 auf die Dauer von 45 Jahren abgeschlossen. Die Bestandnehmerin verpflichtet sich, das Bestandobjekt auf ihre Kosten für ihre Angestellten und Arbeiter bestimmte Wohnungen umzubauen; dieser Umbau hat sich auf den Raum innerhalb der bestehenden Umfassungswände und auf eine Ge¬ schoßhöhe zu beschränken; die Pläne für die zu errichtenden Wohnungen werden im Einvernehmen mit der Stadtgemeinde Steyr ausgefertigt und haben die Wohnungen mit der ent¬ sprechenden Anzahl von Klosetten ausgestattet zu werden Winterfenster sind in allen Wohnräumen auzubringen, wie überhaupt die Wohnungen sowie der ganze Umbau den An¬ forderungen der Bauordnung für die Stadt Steyr zu ent¬ sprechen haben; hiezu gehört auch die der Firma obliegende Errichtung von Holzlagen und Dachbodenabteilungen. Die Kosten des Umbaues, insoweit sie durch die Herstellung des Gebäudes mit einem Geschosse erforderlich sind, gehen zur Gänze zu Lasten der Firma Josef Huber & Co.; das Erd¬ geschoß ist derart anszuführen, daß der Aufbau eines Stock¬ werkes jederzeit möglich ist. Die Bestandnehmerin trifft keine Verpflichtung zum Auf¬ hau eines Stockwerkes, doch ist sie hiezu ohne materielle In¬ anspruchnahme der Gemeinde während der Vertragsdauer jeder¬ zeit berechtigt, falls dies nicht nach Punkt 5 und 6 schon ge¬ schehen ist; ein solcher Aufbau fällt unter die Bestimmungen des Bestandvertrages. Die Stadtgemeinde Steyr ist berechtigt, innerhalb des Zeit¬ raumes von fünf Jahren nach Vertragsabschluß auf das be¬ stehende Objekt ein Stockwerk aufzubauen Die Kosten hiefür gehen zu Lasten der Stadtgemeinde Steyr, doch verpflichtet sich die Firma Josef Huber & Co. in diesem Fall, das für diesen Aufbau aufgewendete Kapital zu verzinsen und innerhalb der noch restlichen Vertragsdauer zu amortisieren bezw. die durch die Verzinsung und Amortisation innerhalb der Vertragsdauer eines für diesen Zweck aufzunehmenden Kapitales entstehenden Auslagen zu den in der über diese Darlehensaufnahme errichtete Schuldurkunde festgesetzten Terminen der Stadtgemeinde Steyr zu vergüten. Zur Sicherstellung dieser Verpflichtung wird die Firma Josef Huber & Co. eine Kautionshypothek im Betrage von fünf Millionen Kronen bestellen In diesem Fall erstreckt sich der Bestandvertrag auf die noch restliche Vertragsdauer auch auf das ausgeführte Stock¬ werk und steht demgemäß der Firma Josef Huber & Co das allgemeine Benützungsrecht auf die dadurch gewonnenen Räum¬ lichkeiten mit der Einschränkung des Punktes 11 zu Ein Aufbau durch die Stadtgemeinde Steyr nach fünf Jahren ab Vertragsabschluß bezw. die dadurch gewonnenen Gebäudebestandteile fallen nicht unter die Bestimmungen dieses Vertrages und hat die Firma Josef Huber & Co. im letzteren Fall der Stadtgemeinde Steyr keinen Ersatz zu leisten. Die Stadtgemeinde Steyr ist berechtigt, eine andere physische und juristische Person zum Aufbau eines Stockwerkes nach Ablauf von zwei Vertragsjahren jederzeit zu berechtigen, ohne daß jedoch die Firma Josef Huber & Co. in diesem Fall eine Verpflichtung zur Tragung bezw. zum Ersatze von Verzinsung und Amortisation treffen würde, dieser Aufbau würde auch nicht unter die Bestimmungen dieses Vertrages fallen. Für den Fall, als der Aufbau eines Stockwerkes durch die Stadtgemeinde Steyr nach Punkt 5 beabsichtigt ist oder eine andere Person nach Punkt 6 dazu berechtigt werden soll, steht der Firma Josef Huber & Co das innerhalb einer Frist von vier Wochen nach ihr zugekommener Verständigung aus¬ übende Optionsrecht zu, diesen Aufbau auf ihre Kosten selbst durchzuführen; in diesem Fall ist der Aufbau innerhalb der Bauperiode sofort in Angriff zu nehmen und in einem Zuge zu beenden. In diesem Fall erstrecken sich die Bestimmungen dieses Vertrages auch auf den Aufbau bezw. die dadurch ent¬ standenen Räumlichkeiten. Für den Fall eines Aufbaues eines Stockwerkes nach Punkt 5 oder 6 verzichtet die Firma Josef Huber & Co. auf jedwede Entschädigung für eine ihr durch den fachgemäßen Aufbau in der Ausnützung des Bestandobjektes entstehende Behinderung. Während der Vertragsdauer ist dieser Vertrag seitens der Stadtgemeinde Steyr unkündbar, wogegen die Firma Jose Huber & Co nach Beendigung des Umbaues jederzeit berechtigt ist, den Bestandvertrag, jedoch nur hinsichtlich des ganzen Bestandobjektes zu den ortsüblichen Terminen halbjährig zu kündigen. Ein solches Kündigungsrecht steht der Stadtgemeinde Steyr dann zu, wenn die Firma Josef Huber & Co. die in diesem Vertrage übernommenen Verpflichtungen in einem wichtigen Punkte nicht erfüllt, insbesondere wenn sie mit der Zahlung des Zinses durch mehr als ein halbes Jahr im Rück¬ stande bleibt. Bei einer Kündigung gemäß dieses Vertragspunktes bleibt die Verpflichtung der Firma Josef Huber & Co. zur Verzinsung und Amortisation des für einen Stockwerksaufbau aufge¬ wendeten Kapitales bezw. Rückersatze der Ausgaben hiefür nach Punkt 5 bis zur Abzahlung dieser Summe aufrecht. Der Bestandzins wird mit jährlich 35 000 Kronen, schreibe Fünfunddreißigtausend Kronen, vereinbart und ist derselbe vierteljährlich im Vorhinein zu den ortsüblichen Zinsterminen an die Stadtkassa Steyr zu entrichten. Dieser Zins bleibt auch dann unverändert, wenn der Aufbau eines Stockwerkes ohne materielle Inanspruchnahme der Stadtgemeinde Steyr erfolgt. Im Falle einer Währungsänderung ändert sich dieser Bestandzins gemäß dem gesetzlich bestimmten Umwechslungs¬ verhältnis. Die Firma Josef Huber & Co. ist ausschließlich berechtigt, die unter diesen Bestandvertrag fallenden Wohnungen an Be¬ dienstete und Arbeiter ihres Unternehmens sowie an deren Familien in Afterbestand zu geben Die Firma Josef Huber & Co. überläßt jedoch der Stadtgemeinde Steyr von jedem unter die Bestimmungen dieses Vertrages fallenden Geschosse des Bestandobjektes je 3 Wohnungen im Gesamtflächenausmaße von 1 a, 130 m2 zur freien Vermietung durch diese, eine Ver¬ minderung des Bestandzinses tritt dadurch jedoch nicht ein. Während der Bestanddauer hat die Firma Josef Huber & Eo. das Bestandobjekt in gutem und vollkommen benützbarem, dem Alter entsprechendem Zustande zu erhalten. Diese Ver¬ pflichtung erstreckt sich jedoch nicht auf jene Räumlichkeiten und Wohnungen, über die der Firma Josef Huber & Co kein Verfügungsrecht zusteht; gemeinsame Kosten werden nach dem Verhältnisse der jeder Vertragspartei zur Verfügung stehenden Wohnungen geteilt.

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