Gemeinderatsprotokoll vom 27. Juli 1921

§ 3. 1. Der Zuschlag ist unter sinngemäßer Anwendung der für das Gebührenäquivalent bestehenden Vorschriften gleichzeitig mit dem Gebührenäquivalente von denjenigen Behörden zu bemessen und einzuheben, denen die Bemessung und Einh=bung des Ge¬ bührenäquivalentes zusteht. 2. Hinsichtlich der Zahlungspflicht, der Zahlungsfristen, der Verzugszinsen, der persönlichen und sachlichen Haftung, der zwangsweisen Einbringung, der Rechtsmittel, der Rückvergütung und der Verjährung haben die für das Gebührenäquivalent geltenden Bestimmungen sinngemäße Anwendung zu finden. 3. Die näheren Bestimmungen über die Bemessung und Einhebung des Zuschlages sowie über die Abfuhr der eingehobe¬ nen Zuschläge werden durch Verordnung getroffen § 4. Dieses Gesetz tritt, rückwirkend auf den seit dem 1. Jänner 1921 verflossenen Zeitraum, am Tage der Kundmachung in Kraft Angenommen. p) 5prozentige Abgabe von der entgeltlichen Ueberlassung von Licht= und Kraftstrom. Referent Herr GR. Saiber: Die erste Sektion beantragt, der Gemeinderat beschließe die Einhebung einer 5prozentigen Abgabe. Die Entrichtung erfolgt durch das Elektrizitätswerk in der Weise, daß dieses den Betrag den Abnehmern in Rechnung zu stellen und die monatliche Abfuhr bis längstens zehnten an jedem des Verrechnungsmonates folgenden Monates an das städtische Kassaamt abzuführen hat. Angenommen. Herr Bürgermeister Wokral: Sehr geehrter Gemeinde¬ rat! Mithin haben wir eine Reihe von Beschlüssen gefaßt, die, wie ich hoffe, für die Gemeindefinanzen von wesentlicher Bedeu¬ tung sein werden Ich glaube, daß wohl alle das Bedürfnis haben, daß möglichst bald Ordnung in den Gemeindehaushalt gebracht werde. Dadurch, daß diese Abgaben gemeinsam beraten wurden, die verschiedenen Parteien durch Anträge daran teilge¬ nommen haben, sowie auch durch die Abstimmung ist zum Aus¬ druck gebracht worden, daß keine der Parteien dies als Politikum betrachtet hat, sondern vielmehr lediglich von dem Gesichts¬ punkte, wie können wir die Mittel beschaffen, die die Gemeinde braucht. Ich verhehle mir durchaus nicht, zu erwähnen, daß wir auch mit diesen Abgaben das Auslangen nicht finden können, wenn nicht bald ein Gesetz geschaffen wird, daß aus Bund und Land der Gemeinde Mitteln zugeführt werden. Den Gemeinden selbst ist dies nicht möglich, weil ihr Machtbereich auch be¬ schränkt ist. Ich glaube, wir haben damit einen bedeutenden Schritt nach Vorwärts getan, der sich voraussichtlich im nächsten Jahre äußern wird. 4. Verlegung der Sperrstunde in Gast= und Kaffeehäusern. Referent Herr GR. Tribrunner: Seitens der Gast¬ gewerbeschaft in Steyr wurde wiederholt um Hinausschiebung der polizeilichen Speerstunde ersucht und wurde hiebei ins¬ besonders darauf hingewiesen, daß es Gast= und Kaffeehaus¬ besitzern oft mit bestem Willen nicht möglich sei, daß das Lokal zur bisher festgesetzten Sperrstunde geräumt wid, da die Gäste trotz aller Aufforderung und Ersuchen einfach im Gastlokal sitzen bleiben. Die erste Sektion des G meinderates hat sich in ihrer Sitzung am 21. Juli 1921 mit dem Gegenstande ein¬ gehend beschäftigt und ist zu nachstehendem Beschlusse kommen: Als Sperrstunde habe auch weiterhin wie bisher für Gasthäuser 11 Uhr und für Kaffeehäuser 1 Uhr zu gelten. wird jedoch bei den Gasthäusern ein Offenhalten bis 1 Uhr nachts unter der Voraussetzung geduldet, daß von jedem Gast, der nach 11 Uhr nachts im Gastlokale verbleibt oder dorthin kommt, eine dem Armenfonde der Stadtgemeinde Steyr zu¬ fallende Abgabe von 20 Kronen entrichtet wird Die Einhebung dieser Abgabe hätte durch den Gastwirt bezw dessen Personale mittels von einem Block abzutrennenden, mit fortlaufenden Zahlen versehenen Scheinen zu erfgolgen. Zur Sicherheit und Erleichterung der Kontrolle, daß tatsächlich jeder Gast diese Ab gabe entrichtet, wäre der Gastwirt bezw. dessen Personale an dem Ertrage der Abgabe prozentuell zu beteiligen etwa fünf oder zehn Prozent) und wäre diesfalls zwischen Magistrats¬ präsidium und Gastwirtegenossenschaft ein Uebereinkommen zu tresfen In Kasfeehäusern wäre in der Zeit von 11 -1 Uhr eine derartige Abgabe nicht einzuheben, weil in den Kaffeehäusern ja ohnedies ab 11 Uhr abends die zehnprozentige Speisen= und Getränkeabgabe im Sinne des oberösterreichischen Landesgesetzes vom 10. März 1921, L=G.=Bl Nr 56, zu leisten ist. Ein Ofienhalten von Gast= und Kaffeehänsern über 1 Uhr nachts hatte jedoch unbedingt die polizeiliche Bestrafung des Gastwirts¬ bezw Kaffeehausbesitzers zur Folge. Die erste Sektion schlägt dem Gemeinderate vor, die Ein hebung dieser von den Gästen zu leistenden Abgabe von zwanzig Kronen im Einne der vorstehenden Ausführungen zu beschließen. Herr GM. Frühwald frägt, ob diese Bestimmungen auch auf die Weinstuben Anwendung finden und weist auf das Trriben der aus diesen Weinstuben kommenden Betrunkenen und nuchtlichen Ruhestorungen hin. Herr Schickl weist ebenfalls auf die nächtlichen Runenörungen hin. Herr GR. Steinbrecher spricht sich dafür aus, daß diese Ruhestörer ganz energisch bestraft werden sollen und stellt den Antrag, nach 1 Uhr diese Gebühr auf 50 Kronen zu er¬ höhen. Herr NR. Witzany ist außerdem auch noch für eine Be¬ strafung des Wirtes, falls um 1 Uhr nicht geschlossen ist. Herr NR Kletzmayr schließt sich dem Antrage des Herrn GR. Steinbrecher an Herr GR. Bachmayr schließt sich ebenfalls diesem An¬ trage an, beantragt jedoch noch, daß eine prozentuelle Beteili¬ gung des Gastwirtes bezw des Personales nicht stattfinden soll. Herr Bürgermeister Wokral empfiehlt, daß gegen diese Ruhestörer mit Arreststrafe vorgegangen werden solle und gibt bekannt, daß die Polizei den Auftrag erhalten hat, in solchen Fällen energisch einzuschreiten; weiters gibt der Vorsitzende be¬ kannt, daß sich oft einzelne Personen renitent gegen die Polizei benehmen und es vorkommen kann, daß die Wache von der Waffe Gebrauch machen müßte. Es würde sich hier empfehlen, die Wache mit Gummiknüttel auszurüsten und wird auch für die Anschaffung Sörge getroffen werden. Es wäre auch zu er¬ wägen, ob nicht in besonderen Fällen mit der Schließung des Lokales vorgegangen werden solle Herr GR Tribrunner: Ich möchte beantragen, daß unter allen Umständen nach 1 Uhr die Lokale geschlossen sind Mit einer weiteren Einhebung von 50 Kronen nach dieser Zeit wird der Zweck der Sperre nicht erreicht, vielmehr die nächt¬ liche Ruhestörung nur gesteigert werden. Ich halte an dem An¬ trage der ersten Sektion fest. Hinsichtlich der prozentuellen Ver¬ gütung an den Wirt bezw. Perso al ist die Sektion der An¬ schauung, daß dadurch diese an der Einhebung interessiert werden Herr GR. Steinbrecher: Ich fasse meinen Antrag dahin auf, daß für den Fall, daß nach 1 Uhr im Lokale noch Gäste angetroffen werden, jeder Gast 50 Kronen entrichten muß und außerdem der Wirt gestraft werde. Es gelangt nun der Antrag des Herrn GR. Bachmayr zur Abstimmung. Abgelehnt Weiters der Sektionsantrag angenommen Der Antrag des Herrn GR. Steinbrecher anze¬ nommen. En Antrag des Herrn GR. Dr Peyrer auf Wieder¬ eröffnung der Debatte wird abgelehnt. 5. Festsetzung der Totenbeschaugebühren. Referent Herr GR. Tribrunner: Es liegt ein An¬ suchen der Leichenbeschauer Dr Klunzinger und Dr Klessin um Er¬ höhung der Beschaugebühren vor Die erste Sektion stellt den Antrag, der Gemeinderat be¬ schließe eine Erhöhung auf 20 Kronen für die dritte Klasse, 40 Kronen für die zweite Klasse, 60 Kronen für die erste Klasse und 10 Kronen fur Armenleichen. Für Stein und Hausleithen erhöht sich diese Gebühr noch um 50 Prozent mit Ausnahme der Armenleichen. Wirkung ab 1 August. ..„„ Angenommen 6. Ansuchen um Verkauf von städtischem Grund. Referent Herr GR. Reisinger: Hiezu liegt ein An¬ suchen des Vereines „Arbeiterheim“ und ein Bericht des Stadt¬ bauamtes vor. Die erste Sektion stellt den Antrag, der Ge¬ meinderat beschließe den Verkauf der sogenannten Hager=Realität an den Verein „Arbeiterheim" zu dem noch näher zu bestimmenden Preis im ungefähren Ausmaß von einer Million Kronen. Dem Gemeinderat bleibt es jedoch vorbehalten, wenn der Verein „Arbeiterheim“ in absehbarer Zeit den Baugrund seiner Bestim¬ mung gemäß Erbauung eines Arbeiterheimes nicht erfüllt, den Grund wieder zu gleichen Werten mit den investierten Kosten rückzukaufen. Herr GR Dr. Furrer stellt den Antrag auf Vertagung in die dritte Sektion, weil im Antrage nichts von der Errich tung des in den Besitz des Vereines übergehenden Feuerwehr¬ depots an einer anderen Stelle durch den Verein enthalten ist. Abgelehnt. Herr NR. Witzany gibt bekannt, daß sich der Verein verpflichtet, das Depot an einer anderen Stelle zu errichten, jedoch darf der Preis dadurch nicht überschritten werden. Herr Burgermeister Wokral erklärt, daß die Realität mit diesem Betrage bewertet ist, es käme nur ein Abzug hin¬ sichtlich der Straßen in Betracht. Der Sektionsantrag wird angenommen.“ 7 Beschlußfassung betreffend Wiederverpachtung des Stadt theaters, wird gleichzeitig mit Punkt 18, Instandjepung, des Stadttheaterinventars, verhandelt. Referent Herr GR Tribrunner: Aus einem mit Herrn Theaterdirektor Sergl am 11. Juni 1921 beim Magistrate aufgenommenen Prokokoll geht hervor, daß das Theaterinventar zum größten Teile in einem derartigen Zustande ist, daß seine weitere Verwendung ausgeschlossen und damit der Theater¬ betrieb überhaupt vollkommen in Frage gestellt erscheint. Eine am 27 Juni stattgefundene kommissionelle Besichtigung ergab folgendes Ergebnis: Bei der heute stattgesundenen kommissio¬ nellen Besichtigung des Iuventars des Stadttheaters, bei welcher seitens der Bausektion die Herren G:. Aigner und Krottenau, seitens des Stadtbanamtes Iug Berndt und Gebäudeverwalter Alte an¬

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