Gemeinderatsprotokoll vom 15. April 1921

finden kann. In Hinkunft muß die Frau Oberin aufgeklärt werden, daß sie rechtzeitig anzusuchen habe. Herr GR. Professor Brand bemerkt, daß die Frau Oberin infolge der Verschiedenartigkeit der zu verpflegenden Personen auch verschiedene Beiträge bekommt, womit sie das Auslangen zu finden hat. Ueber die Verwendung dieser ihr zugewendeten Be¬ träge kann sie nicht verpflichtet werden, Rechnung zu legen. Jedenfalls ist es aber richtig, daß sie mit den heutigen Verpflegsgebühren bei der herrschenden Teuerung das Auslangen nicht mehr zu finden ver¬ mag. Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch darauf hinweisen, daß vielfach über die Kost im Kranken¬ hause gesprochen wird. Ich habe mich wiederholt er¬ kundigt und mir sagen lassen, daß die Kost nicht schlecht ist, daß es aber auch bei den geringen Ge¬ bühren nicht möglich sei, größere Quantum an Kost herzustellen. Es kommen in das Krankenhaus Per¬ sonen, die bessere Verpflegung gewohnt sind; diesen Personen ist selbstverständlich die Kost im Kranken¬ hause nicht genügend und auch nicht entsprechend ge¬ kocht. Die Aerzte im Krankenhause sagen, daß gegen die Zubereitung der Speisen im Krankenhause nichts einzuwenden ist und diese ganz gut genießbar und schmackhaft gekocht sind. Ich möchte feststellen, daß die Frau Oberin und das Küchenpersonal bisher alles Mögliche getan hat, um die Patienten zu¬ friedenzustellen. Anderseits möchte ich hier wohl sagen, daß die Schwestern gewiß schon sehr viele und große Opfer gebracht haben und noch bringen, sie da¬ für aber nicht vogelfrei erklärt werden sollen. Die Schwestern sind eine Sippschaft genannt worden, mit denen man aus Reinlichkeitsgründen abfahren soll. Die Schwestern sind Ordenspersonen, deren Aufgabe die Pflege der Kranken ist, und es muß gesagt wer¬ den, daß die Schwestern ihren Dienst aufopfernd ver¬ sehen; sie haben keinen Achtstundentag und müssen außer der Krankenpflege auch andere Arbeiten ver¬ richten. Ich möchte schon bitten, daß man von Seite der Presse auch das Wirken der Schwestern im Krankenhause öffentlich nicht derartig herabsetzt, die den Schwestern weh tun muß. Im übrigen kann ich erklären, daß die Aerzte mit den Schwestern ganz zufrieden sind. Man muß überall Gerechtigkeit walten lassen. Die Schwestern sind gewiß nicht alle Engel, aber es muß im großen und ganzen gesagt werden, daß im allgemeinen die Schwestern, die im Dienste des Krankenhauses stehen, das Möglichste leisten, was sie physisch leisten können, um ihrer Ordensregel nachzukommen. Herr GR. Steinbrecher erinnert daran, daß sich Herr GR. Professor Brand mit seinem Kollegen (R. Schickl im Widerspruche befinde, als dieser ge¬ rade vorhin es gerügt hat, daß Ueberschreitungen vorkommen. Die Vorlage von Rechnungen ist keine unberechtigte Forderung, weil die Mittel von der Ge¬ meinde zur Verfügung gestellt werden und die Ge¬ meinde der Oeffentlichkeit gegenüber für die Ver¬ wendung dieser Mittel verantwortlich ist. Es kann gewiß auch niemand sagen, daß der Gemeinderat seither nicht entgegenkommend gewesen wäre, aber von dem Begehren der Rechnunglegung Abstand zu nehmen, wäre zuviel getan. Ich ersuche daher darauf zu beharren, daß die Rechnungen vorgelegt werden. Herr GR. Professor Brand erklärt, daß ein Mißverständnis vorliegt. Die Frau Oberin bekommt für die Verpflegung der Kranken einfach einen be¬ stimmten Betrag; wenn sie damit nicht auskommt, geht es auf ihre Kosten, darüber einen rechnungs¬ mäßigen Nachweis zu verlangen, geht nicht an, denn über die Wirtschaftsführung mit dem Verpflegsgelde wird sie keine Rechenschaft geben müssen. Die ihr zugewiesenen Verpflegsgelder verwaltet sie selbst für ihre eigene Person. Das Bauamt wirtschaftet wirk¬ lich mit Gemeindegelder; die Frau Oberin hat ihre Verpflegskosten zugewiesen, mit denen sie wirt¬ schaften muß. Herr Bürgermeister Wokral bemerkt, wenn die Sache so steht, wohl dafür zu sein, auf das Begehren der Frau Oberin kurz einzugehen und ihr die Er¬ höhung zu bewilligen. Wenn aber der Gemeinderat für die Deckung der Abgänge aufkommen soll, so muß gesagt werden, daß es richtig ist, wenn hiefür Belege verlangt werden. Haben die Schwestern etwas erspart, so ist dies ihre Kunst. In Hinkunft muß um die Einrechnung des Abganges in die Rege¬ lung der Verpflegsgebühren zu ermöglichen, ver¬ langt werden, daß die Frau Oberin rechtzeitig an¬ sucht. Herr GR. Tribrunner sagt, daß es niemand be¬ zweifeln wird, daß es der Frau Oberin schwer fallen wird, auch mit den begehrten 25 K das Auslangen zu finden. Es wäre besser, auf die Rechnungslegung zu verzichten, weil zu befürchten steht, daß sich die Sache verzögert und die Kranken darunter leiden könnten, weshalb der Vorschlag auf Erhöhung der Verpflegsgebühren auf 25 K angenommen werden. solle. Herr Vizebürgermeister Mayrhofer bemerkt, daß das Krankenhaus mit verbilligten Lebens¬ mitteln bei allen Gelegenheiten beteilt werde. Was die Zeitungsnotiz anbelangt, muß gesagt werden, daß die Schwestern über den Rahmen hinausgehen, als sie bekennen, welchen Haß sie den „Roten ent¬ gegenbringen. Wenn sie geachtet und geschätzt werden wollen, so sollen sie solche Aeußerungen unterlassen. Jeder Mensch hat seine freie Meinung. Herr Vizebürgermeister Nothhaft erklärt, daß ihn die heutige Debatte überrasche, weil es doch ein¬ gesehen werden müsse, daß die Frau Oberin mit dem bisherigen Betrage kein Auskommen finden könne. Herr GR. Professor Brand gibt seiner Verwun¬ derung Ausdruck, daß diese Angelegenheit überhaupt in der vierten Sektion zur Behandlung kam, wäh¬ rend doch die zweite Sektion maßgebend wäre. Schließlich müssen für eine Aeußerung einer einzigen Schwester nicht alle Schwestern verantwortlich ge¬ macht werden; aber daß man gleich die ganze Gesell¬ schaft eine Sippe nennt, gehört sich sicherlich auch nicht. Herr GR. Klement erwidert, daß der Sektions¬ antrag ja die Bewilligung der Erhöhung auf 25 K ausspricht. Wenn aber Herr GR. Professor Brand vie Angelegenheit aufrollt, so ist es notwendig, dar¬ über zu sprechen. Wir geben zu, daß die Schwestern große Mühe aufwenden müssen (Zwischenruf: „Ohne Entlohnung!"), aber dafür sind sie ja da. Wir be¬ kommen tagtäglich Beschwerden, und solle wirklich mehr Toleranz geübt werden. Es werden aber auch Dinge gemacht, die schon vom hygienischen Stand¬ punkte aus unhaltbar sind. In den Weihbrunnkessel, welcher herumgereicht wird, greifen verschiedene Hände hinein, selbst Syphiliskranke; es ist klar, daß dies eine Ansteckungsgefahr bedeutet. Das muß un¬ bedingt abgeschafft werden. Leisten aber die Kranken nicht Folge, so werden die Kranken angemurrt und ist es dann begreiflich, daß die Kranken sich erregen. Herr GR. Professor Brand berichtigt tatsächlich, daß Syphiliskranke gar nicht im allgemeinen Tratt untergebracht werden dürfen. Herr Vizebürgermeister Mayrhofer möchte den Sektionsantrag so modifizieren, daß nach Feststel¬ lung des neuen Verpflegsbeitrages Nachträge nicht mehr bewilligt werden. Der Gemeinderat beschließt sohin vom Sek¬ tionsantrage nach Nachsatz „wenn die Oberin des Krankenhauses vorher die Belege über die Ein¬ nahmen und Ausgaben im Amte zur Ueberprüfung abgibt" nicht anzunehmen und die Modifikation nach dem Vorschlage des Herrn Vizebürgermeisters Mayrhofer anzunehmen.

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