Gemeinderatsprotokoll vom 15. April 1921

Es wird demnach folgender Antrag gestellt: Der Gemeinderat beschließe, einen staatlichen Kredit von 5 Millionen Kronen zur Bestreitung des dringendsten Bedarfes aufzunehmen. Der Be¬ trag von 5 Millionen Kronen ist mit 5½ Prozent zu verzinsen. Die Zinsenzahlung erfolgt in halb¬ jährigen, im nachhinein fälligen Raten und die Ge¬ samtschuld ist nach 5 Jahren auf einmal zur Gänze zu tilgen. Bei Nichteinhaltung einer Zinsenrate sind 5 Prozent Verzugszinsen zu entrichten. Der Bürgermeister wird beauftragt, sogleich alles Notwendige zu veranlassen. Weiters wird beantragt: „Der Gemeinderat wolle beschließen: 1. Zur Deckung a) der Ueberschreitung bei den Wohnhausbauten auf der Ennsleiten, der Straßenherstellung auf der Ennsleiten; b) der Ueberschreitung und Ausgestaltung beim Stadtgut in Dornach; c) der Schaffung eines Betriebskapitales für das öffentliche Krankenhaus; d) des präliminarmäßigen Abganges und des durch die weiters zu erwartende und bereits einge¬ tretene Erhöhung der Gehalte und Löhne sich erge¬ benden weiteren unbedeckten Abganges; e) zur Abstoßung einiger Bankkredite, um da¬ durch Passivzinsen zu ersparen, ist ein Kredit von insgesamt 65 Millionen aufzu¬ nehmen, in welchen der bereits mit Sitzung vom 28. Februar 1921 beschlossene Kredit von 15 Milli¬ onen einzurechnen ist. Der Bürgermeister wird ermächtigt, im Ein¬ vernehmen mit dem Gemeinderatspräsidium sogleick alle Schritte zur Genehmigung des Beschlusses durch den Landtag und der Sicherstellung und Begebung des Kredites bei der oberösterreichischen Landes¬ hypothekenanstalt oder einem anderen Finanzinsti¬ tut zu unternehmen. 2. Der Bürgermeister wird weiter ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Präsidium alle Vorbe¬ reitungen zu treffen, um dem Gemeinderate ehestens die Anträge zur Aufnahme eines großen Kredites für Investitionen und Konvertierung früherer Dar¬ lehen usw. durch Ausgabe von Kommunalpfand¬ briefen vorzulegen“ Hiezu bemerkt der Herr Referent, daß ihm vom Bundesminister die Ausgabe von Pfandbriefen besonders empfohlen wurde. Eine solche Ausgabe erfordert jedoch eine Reihe von Vorarbeiten, welche einige Monate dauern. Es erübrigt daher, sich heute auf die gestellten Anträge zu stützen und ersucht der Herr Referent, dieselben anzunehmen. Herr GR. Schickl klagt, daß bei den beantragten Investitionen der Gemeinde nicht ausgesprochen sei, daß die Gewerbetreibenden Steyrs in erster Linie zu berücksichtigen seien, insbesonders sei es zu rügen daß vom Leiter des Bauamtes zuviel Selbständig¬ keit entfaltet werde und die dritte Sektion in vielen Dingen nicht gefragt und nicht verständigt werde. So werden in Eigenregie viele Arbeiten gemacht, die im Ausschreibungswege viel billiger zu bekom¬ men wären. Die Gewerbetreibenden haben sich bis¬ her alle Mühe gegeben und wurden, wenn einmal Ausschreibungen erfolgten, trotzdem sie billiger offerierten, nicht berücksichtigt und ihnen Fremde vorgezogen. So werden auch im Bauamt durch den Leiter eigenmächtig Rechnungen unterfertigt, von denen das Präsidium vielleicht gar nichts weiß. Es muß verlangt werden, daß die bisher in Eigenregie durchgeführten Arbeiten den Gewerbetreibenden übergeben werden. Im Rathause wird schon seit fast einem Jahr gearbeitet und werden wieder große Ueberschreitungen zu erwarten sein, von denen die Sektion erst erfahren wird, wenn sie bereits vor¬ liegen. Es wäre sehr zu wünschen, wenn etwas spar¬ jamer umgegangen würde. Herr GR. Dr. Peyrer=Angermann führt aus, daß die Minorität den Antragen weder zu noch dagegenstimmen werde, so wie sie es seinerzeit beim Präliminare gemacht habe. Wir kennen vollständig die derzeitigen kolossalen Schwierigkeiten und ver¬ kennen es nicht, daß eine Reihe von Posten unver¬ meidliche Erhöhungen erfahren mußten und noch müssen, denen niemand entgehen kann. Wir wollen deshalb nicht dagegen stimmen, um der Gemeinde keine Schwierigkeiten zu bereiten. Festgestellt sei, daß die Minorität meiner Partei nicht gegen die Anträge stimmen werde, sondern sich nur der Ab¬ stimmung enthalte. Herr Referent Bürgermeister Wokral erwi¬ dert, daß Ueberschreitungen bei allen Bauführungen vorkommen und diese schon im Frieden unvermeid¬ lich waren. Heute sind Ueberschreitungen selbstver¬ ständlich noch unvermeidlicher, weil man mit festen Preisen wie im Frieden nicht rechnen kann und jedes Offert auf „freibleibend“ lautet. Es wäre daher nicht denkbar, daß die hiesigen Gewerbetreibenden andere Preise bieten könnten, weil auch sie keine festen Preise ansetzen können. Was die von Herrn GR. Schickl besprochene eigenmächtige Unterfertigung der Rechnungen be¬ trifft, so ist dies etwas unklar, als die Auszahlung einer Rechnung nur dann möglich ist, wenn dieselbe von einem der amtierenden Bürgermeister gefertigt erscheint; eine Ausnahme hievon bildet die Lebens¬ mittelbeschaffung; hiebei können sich aber keine Ueberschreitungen ergeben. Wenn Herr GR. Dr. Peyrer sagt, daß sich die Minorität der Abstimmung enthalten werde, so glaube ich dies gerne, daß dies nicht aus dem Grunde geschieht, um etwa ein politisches Manöver aufzu¬ führen, sondern darum, weil sie glaubt, zu wenig Einfluß auf die Beschlußfassung zu haben; leider kann ich dies nicht ändern. Auf Grund der Wahlen in den Nationalrat ist damals die Parteienzusam¬ mensetzung erfolgt, jedenfalls kann es aber als ein gutes Zeichen gelten, daß auch sie es nicht verkennt, daß die Gemeinderatsmehrheit von dem besten Wil¬ len beseelt ist und nicht leichtfertig handelt. Durch die Annahme der Anträge wird es möglich sein, auf eine lange Zeit zu verhindern, daß sich der Ge¬ meinderat mit der Beschlußfassung über die Beschaf¬ fung von Geldmittel alle Monat befassen muß. Bemerkt muß noch werden, daß dadurch, als die Stadtgemeinde bisher die Genehmigung der nach¬ gesuchten Erhöhung des Approvisionierungskredites auf 30 Millionen Kronen nicht erhalten hat und aus der laufenden Kassegebarung Vorauszahlungen leisten muß, eine Hauptschwierigkeit liegt, daß sich die Geldmittel der Stadtkasse erschöpfen. Herr GR. Schickl berichtigt dahin, daß er sagte, die Rechnungen, welche vom Präsidium unterfertigt werden, kommen nie zur Kenntnis der Sektion. Herr Vorsitzender erklärt, daß diese Berichtigung zur Kenntnis genommen werde. Der Herr Vorsitzende stellt fest, daß die Redner liste erschöpft ist und nunmehr zur Abstimmung ge¬ schritten werde. 1. Der Antrag betreffend die Aufnahme des Staat-kredites von fünf Millionen Kronen wird nach der Formulierung des Antrages angenommen. 2. Der Antrag auf Beschaffung eines Kredites von 65 Millionen nach der vom Referenten in 1 a, b, c, d, e und 2 vorgenommenen Formulierung wird vom Gemeinderate angenommen. 3. Der Antrag auf Ermächtigung des Bürger¬ meistere im Einvernehmen mit dem Präsidin die Aufnahme eines großen Kommunaldarlehens mir¬ tels Pfandbriefen einzuleiten, wird vom Gemeinde rate ebenfalls angenommen. Herr Bürgermeister Wokral übernimmt den Vorsitz und stellt fest, daß bei der Abstimmung 28

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