Gemeinderatsprotokoll vom 15. April 1921

Der Herr Vorsitzende Vizebürgermeister Johann Mayrhofer, welcher den Vorsitz über¬ nahm, begrüßt die erschienenen Frauen und Herren Gemeinderäte, stellt die Beschlußfähigkeit des Ge¬ meinderates fest und erklärt die Sitzung um ¾5 Uhr für eröffnet. Entschuldigt abwesend sind: GR. Chalupka Anton, Fischer Karl, Grömmer Anna, Kletzmayr Hermann, Kratochwill Franz, Lebeda Alois, Vogl Adalbert. Zu Protokollprüfern werden die Herren GR. Hitzlhammer und Klement gewählt. Im Einlaufe befindet sich ein Antrag des GR. Dr. Furrer, welcher lautet: „Steyr, am 15. April 1921. In Erledigung des Erlasses der Landes¬ regierung für Oberösterreich, Zl.. 372/8,. vom 22. Jänner 1921, bewillige der Gemeinderat der Stadt Steyr die Mittel zur Errichtung einer Tuberkulosenberatungsstelle in Steyr unter Heran¬ ziehung aller in dieser Frage interessierten Kreise. Der Vorsitzende weist diesen Antrag der geschäftsordnungsmäßigen Behandlung zu, und be¬ merkt, daß die Angelegenheit bereits in Angriff genommen sei. Hierauf bringt der Herr Vorsitzende die Ein¬ ladung des Stadtpfarramtes zur Teilnahme des 25jährigen Jubiläums des Stadtpfarrers Monsig¬ nore Dechant Johann Strobl zur Kenntnis. Der Gemeinderat tritt sodann in die Tages¬ ordnung ein. Die Punkte 1 und 2 werden der vertraulichen Verhandlung am Schlusse des öffentlichen Teiles vorbehalten. Punkt 3. Wahlen in den Sparkasseausschuß. Referent Herr GR. Tribrunner. Von der Sparkasse ist ein Schreiben eingelangt, welches zur Wahl in den Sparkasseausschuß einladet und mitteilt, daß die Konstituierung am 5. Mai 1921 stattzufinden habe. Die Sektion hat sich mit der Angelegenheit ein¬ gehend beschäftigt und stellt den Antrag, die Wahlen in den Sparkasseausschuß nach dem Schlüssel des Parteienverhältnisses 7:2:1 vorzunehmen. Der Gemeinderat stimmt diesem Schlüssel ein¬ hellig zu. Der Herr Referent gibt nunmehr die ein¬ gelangten Wahlvorschläge wie folgt bekannt: Von der sozialdemokratischen Partei: Bürger¬ meister Josef Wokral und die Vizebürgermeister Mayrhofer und Dedic, sowie die GR. Fischer, Rei¬ singer, Tribrunner und Witzany; Von der christlichsozialen Partei: GR. Prof. Brand und Schriftleiter Felix Kern; Von der deutschnationalen Partei: GR. Dr. Peyrer=Angermann. Diese Wahlvorschläge werden vom Gemeinderat einhellig angenommen. Punkt 4. Neuwahl der Mitglieder des Miet¬ amtes. Vom Amte liegt ein Bericht vor, welcher gemäß § 13 der M.=V. vom 26. Oktober 1918, R.=G.=Bl. Nr. 381, über den Schutz der Mieter die vorgeschrie¬ bene Neuwahl infolge Ablaufes der Funktionen der bisherigen Mitglieder begehrt. Die Sektion beantragt: Der Gemeinderat beschließe folgende Herren zu Mitgliedern des Mietamtes für die Stadt Steyr zu bestellen: Vorsitzender: M. Oberkommissär Alfred Edel¬ mayr Vorsitzender=Stellvertreter: Dr. Rudolf Schnee¬ weiß, Rechtsanwalt in Steyr; Mitglieder: Aus dem Stande der Hauseigen¬ tümer: Franz Edlmayr, Kupferschmied, Sier¬ ningerstraße 21; Rupert Gärber, Färbereibesitzer, Färbergasse 2; Johann Klaffenböck, Kaufmann, Stadtplatz 5. Aus dem Stande der Mieter: Josef Manzenreiter, Obmann des Bezirksarbeiterrates; Ludwig Reisinger, Gemeinderat und Franz Tri¬ brunner, Landtagsabgeordneter und Gemeinderat. Der Sektionsantrag wird vom Gemeinderat einhellig angenommen. Punkt 5. Stellungnahme zur Erhöhung des Rauchfangkehrertarifes. Der Herr Vorsitzende Vizebürgermeister Mayr¬ hofer berichtet, daß der schriftliche Bericht über die Donnerstagversammlung in Linz noch nicht einge¬ langt ist und daher dieser Punkt noch nicht spruch¬ reif sei, weshalb er für heute von der Tagesordnung abgesetzt werden müsse. Wird zur Kenntnis genommen. Der Herr Vorsitzende teilt sodann mit, daß von der ersten und zweiten Sektion ein Dringlichkeits¬ antrag betreffend Genehmigung eines Uebereinkom¬ mens zwischen der Oesterreichischen Waffenfabrik und der Stadtgemeinde wegen der Häuser auf der hohen Ennsleite vorliegt. Herr GR. Dr. Peyrer begründet die Dringlich¬ keit des Antrages damit, daß durch eine Verzöge¬ rung der Annahme des Antrages der finanzielle Erfolg für die Gemeinde gefährdet werden könnte und von der raschen Erledigung auch die Subventio¬ nierung des Staates und des Landes abhängig ist. Der Gemeinderat stimmt der dringlichen Be¬ handlung des Antrages zu. Zum Antrage selbst führt der Herr Referent aus: Gegen die Errichtung eines Baurechtsvertrages haben sich mehrfache Bedenken erhoben und hat die Waffenfabrik erklärt, daß sie auf die beantragte Form eines solchen nicht eingehen könne. Die Waffenfabrik hat schließlich an die Gemeinde eine Zuschrift gerichtet, in welcher sie vorschlägt, einen Baurechtsvertrag in der Form aufzustellen, daß ein solcher dem Mieterschutzgesetze nicht unterliegt und die Waffenfabrik über die Wohnungen in den Enns¬ leitenhäusern freie Hand habe, oder die Gemeinde möge die Wohnungen selbst behalten und sie würde der Gemeinde pro Wohnung und Jahr einen Miet¬ beitrag von 1300 K beisteuern; die Arbeiter hätten in diesem Falle ihre Mietzinse direkt an die Ge¬ meinde einzuzahlen, weil die Gemeinde Hausherrin mit allen Rechten und Pflichten eines solchen ver¬ bleiben würde. Es wurden nun neuerlich Verhand¬ lungen geführt, welche zum Ziele hatten, daß die Waffenfabrik höhere Zuschüsse beisteuere. Es wurde vorerst unverbindlich die Geneigtheit von der Waf¬ fenfabrik ausgesprochen, einen weiteren Zuschuß pro Wohnung und Jahr von 700 K zu geben; es muß jedoch ersucht werden, in der Oeffentlichkeit vorläufig nichts von dieser noch unbestimmten Vereinbarung verlauten zu lassen, um kein falsches Bild zu geben. Auch im Staatsamte für soziale Verwaltung wurden eingehende Verhandlungen geführt und besteht Aus¬ sicht, daß die Gemeinde auf der Grundlage der zweiten Verhandlungen günstiger abschneidet. Die Oesterreichische Waffenfabrik hat unterm 10. März 1921 eine Zuschrift anher gerichtet, worin sie folgendes ausspricht: „Im Gemeinderatsbe¬ schlusse ist zu den mit uns vereinbarten Bestim¬ mungen die Bestimmung hinzugetreten, daß das Bestandobjekt den Bestimmungen des Mieterschutzes unterliegen soll In dieser Fassung bedeutet die oberwähnte Be¬ stimmung eine Selbstverständlichkeit, gegen deren Aufnahme wir an und für sich keine Einwendung erhoben hätten. Wir gelangen jedoch durch den Be¬ richt der „Steyrer Zeitung vom 6. d. M. in Kennt¬ nis der Auslegung, welche einzelne Gemeinderats¬ mitglieder mit großer Insistenz dieser Bestimmung zu geben wünschen; und da wir nicht gesonnen sind, bei jeden einzelnen Fall der Vergebung einer Woh¬ nung Diskussionen über unser gutes Recht gewär¬

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