Gemeinderatsprotokoll vom 15. April 1921

V. Sitzung. Rats=Protokoll über die ordentliche Sitzung des Gemeinderates der autonomen Stadt Steyr, am 15. April 1921 um 4 Uhr nachm. Tages=Ordnung. Mitteilungen: Erste Sektion. (Sektionssitzung am Mitt¬ woch, den 13: April, um 5 Uhr nachmittags.) 1. (Vertraulich.) Personalangelegenheiten. 2. (Vertraulich.) Ansuchen um Aufnahme in den Gemeindeverband 3. Wahlen in den Sparkasseausschuß. 4. Neuwahl der Mitglieder des Mietamtes. 5. Stellungnahme zur Erhöhung des Rauch¬ fangkehrertarifes. Zweite Sektion. (Sektionssitzungam Freitag, den 15. April 1921, um halb 6 Uhr nach¬ mittags. 6. Stadtkassetagebuchabschluß pro März 1921. 7. Beschluß über die Aufnahme eines Dar¬ lehens zur Deckung von Nachtragsforderungen und Ordnung der Gemeindefinanzen: 8. Unterstützungsansuchen. Dritte Sektion. (Sektionssitzung am Donnerstag, den 14. April 1921, um 5 Uhr nach¬ mittags.) 9. Beschlußfassung über die Zulässigkeit der Errichtung von Industrieunternehmungen im Cottage=Viertel. Vierte Sektion. (Sektionssitzung am Montag, den 11. April 1921, um 5 Uhr nach¬ mittags.) Verleihung von zwei Johann Haratz¬ müllerbürgerpfründen. 11. Verleihung der Jahresinteressen aus der Kaiser Franz Josef und Elisabeth=Stiftung. 12. Verleihung einer Ferdinand Gründler¬ stiftungspfründe. 13. Verleihung der Jahresinteressen aus der Ludwig Werndlstiftung. 14. Verleihung der Jahresinteressen aus den Landerlschen Stiftungen. 15. Verleihung von zwei Prämien aus der Franz und Katharina Amtmannschen Dienstboten¬ stiftung. 16. Genehmigung der Inbetriebsetzungder Tagesheimstätte für tuberkulos gefährdete Kinder im Werndlpark. 17. Ansuchen der Frau Oberin im Kranken¬ haus um Erhöhung der Verpflegsgebühren. 18. Antrag des hierstädtischen Armenrates auf Erhöhung der Armenunterstützung. Anwesende: Vorsitzender: Herr Bürgermeister Josef Wokral. Die Herren Vizebürgermeister Johann Mayr¬ hofer, Franz Nothhaft und Karl Dedic. Die Herren Gemeinderäte: Frühwald Anton Aigner Franz Furrer Ulrich, Doktor Bachmayr Heinrich Hitzlhammer Rudolf Brand W., Prof. Peyrer=Angermann, Di Klement Karl Baumgartner Johann Kiseln Berta Eisterlehner Josef Krottenau Fritz Neuhold Michael Schwandtner Anton Steinbrecher Leopold Reisinger Ludwig Rudda Alfred Tribrunner Franz Zachhuber Marie Ruckerbauer Markus Saiber Alois Witzany Hans Schickl Friedrich Zeilinger Gangolf. Schörkhuber Michael Vom Magistrate: Herr Magistratsdirektor Dr. Habl Franz. Als Schriftführer: Protokollführer Ridler Karl.

Der Herr Vorsitzende Vizebürgermeister Johann Mayrhofer, welcher den Vorsitz über¬ nahm, begrüßt die erschienenen Frauen und Herren Gemeinderäte, stellt die Beschlußfähigkeit des Ge¬ meinderates fest und erklärt die Sitzung um ¾5 Uhr für eröffnet. Entschuldigt abwesend sind: GR. Chalupka Anton, Fischer Karl, Grömmer Anna, Kletzmayr Hermann, Kratochwill Franz, Lebeda Alois, Vogl Adalbert. Zu Protokollprüfern werden die Herren GR. Hitzlhammer und Klement gewählt. Im Einlaufe befindet sich ein Antrag des GR. Dr. Furrer, welcher lautet: „Steyr, am 15. April 1921. In Erledigung des Erlasses der Landes¬ regierung für Oberösterreich, Zl.. 372/8,. vom 22. Jänner 1921, bewillige der Gemeinderat der Stadt Steyr die Mittel zur Errichtung einer Tuberkulosenberatungsstelle in Steyr unter Heran¬ ziehung aller in dieser Frage interessierten Kreise. Der Vorsitzende weist diesen Antrag der geschäftsordnungsmäßigen Behandlung zu, und be¬ merkt, daß die Angelegenheit bereits in Angriff genommen sei. Hierauf bringt der Herr Vorsitzende die Ein¬ ladung des Stadtpfarramtes zur Teilnahme des 25jährigen Jubiläums des Stadtpfarrers Monsig¬ nore Dechant Johann Strobl zur Kenntnis. Der Gemeinderat tritt sodann in die Tages¬ ordnung ein. Die Punkte 1 und 2 werden der vertraulichen Verhandlung am Schlusse des öffentlichen Teiles vorbehalten. Punkt 3. Wahlen in den Sparkasseausschuß. Referent Herr GR. Tribrunner. Von der Sparkasse ist ein Schreiben eingelangt, welches zur Wahl in den Sparkasseausschuß einladet und mitteilt, daß die Konstituierung am 5. Mai 1921 stattzufinden habe. Die Sektion hat sich mit der Angelegenheit ein¬ gehend beschäftigt und stellt den Antrag, die Wahlen in den Sparkasseausschuß nach dem Schlüssel des Parteienverhältnisses 7:2:1 vorzunehmen. Der Gemeinderat stimmt diesem Schlüssel ein¬ hellig zu. Der Herr Referent gibt nunmehr die ein¬ gelangten Wahlvorschläge wie folgt bekannt: Von der sozialdemokratischen Partei: Bürger¬ meister Josef Wokral und die Vizebürgermeister Mayrhofer und Dedic, sowie die GR. Fischer, Rei¬ singer, Tribrunner und Witzany; Von der christlichsozialen Partei: GR. Prof. Brand und Schriftleiter Felix Kern; Von der deutschnationalen Partei: GR. Dr. Peyrer=Angermann. Diese Wahlvorschläge werden vom Gemeinderat einhellig angenommen. Punkt 4. Neuwahl der Mitglieder des Miet¬ amtes. Vom Amte liegt ein Bericht vor, welcher gemäß § 13 der M.=V. vom 26. Oktober 1918, R.=G.=Bl. Nr. 381, über den Schutz der Mieter die vorgeschrie¬ bene Neuwahl infolge Ablaufes der Funktionen der bisherigen Mitglieder begehrt. Die Sektion beantragt: Der Gemeinderat beschließe folgende Herren zu Mitgliedern des Mietamtes für die Stadt Steyr zu bestellen: Vorsitzender: M. Oberkommissär Alfred Edel¬ mayr Vorsitzender=Stellvertreter: Dr. Rudolf Schnee¬ weiß, Rechtsanwalt in Steyr; Mitglieder: Aus dem Stande der Hauseigen¬ tümer: Franz Edlmayr, Kupferschmied, Sier¬ ningerstraße 21; Rupert Gärber, Färbereibesitzer, Färbergasse 2; Johann Klaffenböck, Kaufmann, Stadtplatz 5. Aus dem Stande der Mieter: Josef Manzenreiter, Obmann des Bezirksarbeiterrates; Ludwig Reisinger, Gemeinderat und Franz Tri¬ brunner, Landtagsabgeordneter und Gemeinderat. Der Sektionsantrag wird vom Gemeinderat einhellig angenommen. Punkt 5. Stellungnahme zur Erhöhung des Rauchfangkehrertarifes. Der Herr Vorsitzende Vizebürgermeister Mayr¬ hofer berichtet, daß der schriftliche Bericht über die Donnerstagversammlung in Linz noch nicht einge¬ langt ist und daher dieser Punkt noch nicht spruch¬ reif sei, weshalb er für heute von der Tagesordnung abgesetzt werden müsse. Wird zur Kenntnis genommen. Der Herr Vorsitzende teilt sodann mit, daß von der ersten und zweiten Sektion ein Dringlichkeits¬ antrag betreffend Genehmigung eines Uebereinkom¬ mens zwischen der Oesterreichischen Waffenfabrik und der Stadtgemeinde wegen der Häuser auf der hohen Ennsleite vorliegt. Herr GR. Dr. Peyrer begründet die Dringlich¬ keit des Antrages damit, daß durch eine Verzöge¬ rung der Annahme des Antrages der finanzielle Erfolg für die Gemeinde gefährdet werden könnte und von der raschen Erledigung auch die Subventio¬ nierung des Staates und des Landes abhängig ist. Der Gemeinderat stimmt der dringlichen Be¬ handlung des Antrages zu. Zum Antrage selbst führt der Herr Referent aus: Gegen die Errichtung eines Baurechtsvertrages haben sich mehrfache Bedenken erhoben und hat die Waffenfabrik erklärt, daß sie auf die beantragte Form eines solchen nicht eingehen könne. Die Waffenfabrik hat schließlich an die Gemeinde eine Zuschrift gerichtet, in welcher sie vorschlägt, einen Baurechtsvertrag in der Form aufzustellen, daß ein solcher dem Mieterschutzgesetze nicht unterliegt und die Waffenfabrik über die Wohnungen in den Enns¬ leitenhäusern freie Hand habe, oder die Gemeinde möge die Wohnungen selbst behalten und sie würde der Gemeinde pro Wohnung und Jahr einen Miet¬ beitrag von 1300 K beisteuern; die Arbeiter hätten in diesem Falle ihre Mietzinse direkt an die Ge¬ meinde einzuzahlen, weil die Gemeinde Hausherrin mit allen Rechten und Pflichten eines solchen ver¬ bleiben würde. Es wurden nun neuerlich Verhand¬ lungen geführt, welche zum Ziele hatten, daß die Waffenfabrik höhere Zuschüsse beisteuere. Es wurde vorerst unverbindlich die Geneigtheit von der Waf¬ fenfabrik ausgesprochen, einen weiteren Zuschuß pro Wohnung und Jahr von 700 K zu geben; es muß jedoch ersucht werden, in der Oeffentlichkeit vorläufig nichts von dieser noch unbestimmten Vereinbarung verlauten zu lassen, um kein falsches Bild zu geben. Auch im Staatsamte für soziale Verwaltung wurden eingehende Verhandlungen geführt und besteht Aus¬ sicht, daß die Gemeinde auf der Grundlage der zweiten Verhandlungen günstiger abschneidet. Die Oesterreichische Waffenfabrik hat unterm 10. März 1921 eine Zuschrift anher gerichtet, worin sie folgendes ausspricht: „Im Gemeinderatsbe¬ schlusse ist zu den mit uns vereinbarten Bestim¬ mungen die Bestimmung hinzugetreten, daß das Bestandobjekt den Bestimmungen des Mieterschutzes unterliegen soll In dieser Fassung bedeutet die oberwähnte Be¬ stimmung eine Selbstverständlichkeit, gegen deren Aufnahme wir an und für sich keine Einwendung erhoben hätten. Wir gelangen jedoch durch den Be¬ richt der „Steyrer Zeitung vom 6. d. M. in Kennt¬ nis der Auslegung, welche einzelne Gemeinderats¬ mitglieder mit großer Insistenz dieser Bestimmung zu geben wünschen; und da wir nicht gesonnen sind, bei jeden einzelnen Fall der Vergebung einer Woh¬ nung Diskussionen über unser gutes Recht gewär¬

tigen zu müssen, stellen wir ihnen zwei Alterna¬ tiven: Entweder es bleibt bei den mit Ihren Herren Funktionären getroffenen Verabredungen, der Ver¬ trag tritt in der bei der letzten Zusammentretung vereinbarten Fassung in Kraft, die gegenständlichen Häuser sind sohin als Werkswohnungen qualifiziert, und dadurch unser Recht außer Diskussion gestellt, daß wir einen nicht unseren Arbeiterstande ange¬ hörigen Mieter kündigen können, wenn wir die Häuser für Zwecke der Unterbringung unserer Ar¬ beiter benötigen; oder aber wir verzichten auf den Abschluß des Vertrages in der vereinbarten Form, bieten Ihnen hingegen einen Mietbeitrag für jede von einem Ar¬ beiter unseres Betriebes innegehabte Wohnung, welcher Mietbeitrag sich auf Grundlage des Betrages von 334.000 K pro anno auf rund 1300 K pro Wohnung und Jahr stellen würde. Der Arbeiter hätte in diesem Falle seinen Zins direkt an die Ge¬ meinde zu entrichten. In diesem Falle würde dann die Stadtgemeinde Hausherrin mit allen Rechten und Pflichten bleiben. Die Sektion empfiehlt der zweiten Alternative zuzustimmen und beantragt: Der Gemeinderat stimmt der zweiten Alter¬ native zu, die von der Oesterreichischen Waffen¬ fabrik mit Schreiben vom 10. März l. J. gestellt wurde, nämlich, daß an Stelle eines 54jährigen Baurechts= oder Bestandvertrages der Zuschuß der Waffenfabrik in den verlorenen Bauaufwand für die Häuser auf der hohen Ennsleite in der Art er¬ folgt, daß: 1. Die Waffenfabrik sich verpflichtet, der Stadt¬ gemeinde einen Mietbeitrag von jährlich 1300 K, zahlbar vierteljährig im Vorhinein, für jede Woh¬ nung zu leisten hat, die an einem in einem Betriebe der Oesterreichischen Waffenfabriks=Gesellschaft be¬ schäftigten Arbeiter oder Angestellten vermietet ist; 2. Daß die Waffenfabrik darüber hinaus sich weiter verpflichtet, der Stadtgemeinde Steyr einen Beitrag zu den Verwaltungs= und Erhaltungskosten von jährlich 700 K, zahlbar vierteljährlich im Vor¬ hinein, für jede Wohnung zu leisten, für die sie den zuerst genannten Mietbeitrag von K1300.— bezahlt so daß sich der erstgenannte Beitrag auf K 2000.— pro Jahr und Wohnung erhöht. Hiezu bemerkt der Herr Referent, daß sich bereits ein Interessent gefunden hätte, welcher der Stadtgemeinde einen Mietbeitrag vonjährlich K 2500.— pro Wohnung angeboten hat; die Ge¬ meinde habe natürlich vollkommen freie Hand und wäre es Sache der Waffenfabrik, mit der Stadt¬ gemeinde abzukommen, daß die Wohnungen für die Waffenfabriksarbeiter oder Angestellten vermietet werden können. Herr Vizebürgermeister Nothhaft fügt den Worten des Herrn Referenten an, daß zu den 2000 K auch noch die Mjetzinse der Waffenfabriks¬ arbeiter zuzuzählen kommen, so daß der Mietzins¬ ertrag pro Wohnung und Jahr mit 2500 bis 9600 K einzuschätzen ist. Damit ist der der Ge¬ meinde von anderer Seite angebotene Betrag erreicht und kann noch erhöht werden, weil durch die späteren Verhältnisse die Mietzinse überhaupt auf eine neue Basis gestellt werden müssen. Auf einer Antrag die Häuser auf der Ennsleite zu verkaufen könne man heute nicht eingehen, weil diese nach den zu erwartenden Verhältnisse einen ziemlich hohen Wert erreichen werden und es der Gemeinde immer unbenommen bleibt, einen günstigen Verkaufsah. schluß zu erreichen. Da von den Mitgliedern des Gemeinderates das Wort zum Antrage nicht gewünscht wird, schreitet der Herr Vorsitzende zur Abstimmung. Der Antrag des Referenten wird vom Ge¬ meinderate angenommen. Zweite Sektion. Punkt 6. Stadtkassetagebuchabschluß pro März 1921. Herr GR. Referent Vizebürgermeister Noth¬ haft trägt den Abschluß vor, welcher sodann vom Gemeinderate zur Kenntnis genommen wird. Punkt 7. Beschlußfassung über die Aufnahme eines Darlehens zur Deckung von Nachtragsforde¬ rungen und Ordnung der Gemeindefinanzen. Referent Herr Bürgermeister Josef Wokral. Vor kurzem hat sich der Gemeinderat damit beschäftigt, um einen Kredit von 15 Millionen Kronen aufzunehmen und zwar zur Deckung der laufenden Abgänge für das Jahr 1921. Der Be¬ schluß des Gemeinderates vom 28. Februar konnte bisher vom Landtage nicht genehmigt werden, weil die letzte Session des Landtages unterbrochen werden mußte. Um die Erledigung rascher zu erlangen, versuchte die Gemeinde vorläufig beim Landesrate die Bewilligung zur Aufnahme dieses Darlehens zu erhalten; trotz der erteilten Genehmigung konnte die Flüssigmachung der Anleihe bisher nicht erfol¬ gen. Wir haben neuerdings nachgewiesen, daß wir auch mit diesen 15 Millionen Kronen das Aus¬ langen nicht finden, denn bevor diese eintreffen, sind sie schon wieder verbraucht, weil sich durch die Bau¬ führungen eine Reihe von Ueberschreitungen er¬ geben haben, und andererseits eine Reihe von Be¬ schlüssen des Gemeinderates auf Festsetzung einer Bierauflage von 20 K per Hektoliter und von 80 K per Hektoliter für gebrannte geistige Getränke, fer¬ ner die 10prozentige Abgabe von Speisen und Ge¬ tränken in Vergnügungslokalen usw. noch nicht genehmigt bezw. noch nicht wirksam gemacht werden konnten. Dies bedeutet einen großen Ausfall an Einnahmen, während die Ausgaben enorm gestiegen sind, so daß sich naturgemäß ein bedeutender Ab¬ gang ergeben muß, der heute selbst dann nicht mehr wettgemacht könnte, wenn die vorgenannten Ab¬ gaben schon wirksam wären. Auch bezüglich der Zinsheller konnte noch keine Wirksamkeit dieser Ab¬ gabe erzielt werden; wo diese Angelegenheit dermalen steckt, konnte man nicht erfahren. Von Seite des Kassenamtes wurde ein Bericht vorgelegt, welcher das Präsidium eingehend beschäf¬ tigte, um einen Weg zu finden, der der Gemeinde verwaltung die Möglichkeit gibt, diese ständigen Schwierigkeiten endgiltig zu beheben, weil der ge¬ genwärtige Zustand unhaltbar ist. Auch von der Stadtbuchhaltung wurde ein Be¬ richt vorgelegt. Durch diese Anträge könnte es der Gemeinde wohl gelingen, zu verhindern, daß wir alle Monat vor den Gemeinderat wegen Beschaffung von Mit¬ teln treten müssen; dabei würden die hohen Zinsen¬ lasten abgestoßen und durch Konvertierung der Schulden ein geringer Zinsendienst Ersparungen bringen. Angesichts der in den beiden Berichten ausge¬ drückten Situation bin ich beim Bundesministerium für Finanzen vorstellig geworden, um unter Hin¬ weis auf die außerordentlich gesteigerten Personal¬ auslagen einen Staatszuschuß zu erwirken. Die¬ stieß jedoch auf Schwierigkeiten, als ein Schlüssel gefunden werden müßte, um andere größere, nicht autonome Städte, welche fast dieselben Personal¬ auslagen zu leisten haben, nicht unberücksichtigt zu lassen. Auf die Darlegungen der tristen Verhältnisse Steyr hat sich der Bundesminister jedoch bereit er¬ klärt, einen Staatskredit von 5 Millionen Kronen zu bewilligen. Diese Summe ist mit 5½ Prozent zu verzinsen. Die Zinsenzahlung hat halbjährig nach¬ hinein zu erfolgen. Die Gesamtschuld ist nach fünf Jahren auf einmal zur Gänze zu tilgen.

Es wird demnach folgender Antrag gestellt: Der Gemeinderat beschließe, einen staatlichen Kredit von 5 Millionen Kronen zur Bestreitung des dringendsten Bedarfes aufzunehmen. Der Be¬ trag von 5 Millionen Kronen ist mit 5½ Prozent zu verzinsen. Die Zinsenzahlung erfolgt in halb¬ jährigen, im nachhinein fälligen Raten und die Ge¬ samtschuld ist nach 5 Jahren auf einmal zur Gänze zu tilgen. Bei Nichteinhaltung einer Zinsenrate sind 5 Prozent Verzugszinsen zu entrichten. Der Bürgermeister wird beauftragt, sogleich alles Notwendige zu veranlassen. Weiters wird beantragt: „Der Gemeinderat wolle beschließen: 1. Zur Deckung a) der Ueberschreitung bei den Wohnhausbauten auf der Ennsleiten, der Straßenherstellung auf der Ennsleiten; b) der Ueberschreitung und Ausgestaltung beim Stadtgut in Dornach; c) der Schaffung eines Betriebskapitales für das öffentliche Krankenhaus; d) des präliminarmäßigen Abganges und des durch die weiters zu erwartende und bereits einge¬ tretene Erhöhung der Gehalte und Löhne sich erge¬ benden weiteren unbedeckten Abganges; e) zur Abstoßung einiger Bankkredite, um da¬ durch Passivzinsen zu ersparen, ist ein Kredit von insgesamt 65 Millionen aufzu¬ nehmen, in welchen der bereits mit Sitzung vom 28. Februar 1921 beschlossene Kredit von 15 Milli¬ onen einzurechnen ist. Der Bürgermeister wird ermächtigt, im Ein¬ vernehmen mit dem Gemeinderatspräsidium sogleick alle Schritte zur Genehmigung des Beschlusses durch den Landtag und der Sicherstellung und Begebung des Kredites bei der oberösterreichischen Landes¬ hypothekenanstalt oder einem anderen Finanzinsti¬ tut zu unternehmen. 2. Der Bürgermeister wird weiter ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Präsidium alle Vorbe¬ reitungen zu treffen, um dem Gemeinderate ehestens die Anträge zur Aufnahme eines großen Kredites für Investitionen und Konvertierung früherer Dar¬ lehen usw. durch Ausgabe von Kommunalpfand¬ briefen vorzulegen“ Hiezu bemerkt der Herr Referent, daß ihm vom Bundesminister die Ausgabe von Pfandbriefen besonders empfohlen wurde. Eine solche Ausgabe erfordert jedoch eine Reihe von Vorarbeiten, welche einige Monate dauern. Es erübrigt daher, sich heute auf die gestellten Anträge zu stützen und ersucht der Herr Referent, dieselben anzunehmen. Herr GR. Schickl klagt, daß bei den beantragten Investitionen der Gemeinde nicht ausgesprochen sei, daß die Gewerbetreibenden Steyrs in erster Linie zu berücksichtigen seien, insbesonders sei es zu rügen daß vom Leiter des Bauamtes zuviel Selbständig¬ keit entfaltet werde und die dritte Sektion in vielen Dingen nicht gefragt und nicht verständigt werde. So werden in Eigenregie viele Arbeiten gemacht, die im Ausschreibungswege viel billiger zu bekom¬ men wären. Die Gewerbetreibenden haben sich bis¬ her alle Mühe gegeben und wurden, wenn einmal Ausschreibungen erfolgten, trotzdem sie billiger offerierten, nicht berücksichtigt und ihnen Fremde vorgezogen. So werden auch im Bauamt durch den Leiter eigenmächtig Rechnungen unterfertigt, von denen das Präsidium vielleicht gar nichts weiß. Es muß verlangt werden, daß die bisher in Eigenregie durchgeführten Arbeiten den Gewerbetreibenden übergeben werden. Im Rathause wird schon seit fast einem Jahr gearbeitet und werden wieder große Ueberschreitungen zu erwarten sein, von denen die Sektion erst erfahren wird, wenn sie bereits vor¬ liegen. Es wäre sehr zu wünschen, wenn etwas spar¬ jamer umgegangen würde. Herr GR. Dr. Peyrer=Angermann führt aus, daß die Minorität den Antragen weder zu noch dagegenstimmen werde, so wie sie es seinerzeit beim Präliminare gemacht habe. Wir kennen vollständig die derzeitigen kolossalen Schwierigkeiten und ver¬ kennen es nicht, daß eine Reihe von Posten unver¬ meidliche Erhöhungen erfahren mußten und noch müssen, denen niemand entgehen kann. Wir wollen deshalb nicht dagegen stimmen, um der Gemeinde keine Schwierigkeiten zu bereiten. Festgestellt sei, daß die Minorität meiner Partei nicht gegen die Anträge stimmen werde, sondern sich nur der Ab¬ stimmung enthalte. Herr Referent Bürgermeister Wokral erwi¬ dert, daß Ueberschreitungen bei allen Bauführungen vorkommen und diese schon im Frieden unvermeid¬ lich waren. Heute sind Ueberschreitungen selbstver¬ ständlich noch unvermeidlicher, weil man mit festen Preisen wie im Frieden nicht rechnen kann und jedes Offert auf „freibleibend“ lautet. Es wäre daher nicht denkbar, daß die hiesigen Gewerbetreibenden andere Preise bieten könnten, weil auch sie keine festen Preise ansetzen können. Was die von Herrn GR. Schickl besprochene eigenmächtige Unterfertigung der Rechnungen be¬ trifft, so ist dies etwas unklar, als die Auszahlung einer Rechnung nur dann möglich ist, wenn dieselbe von einem der amtierenden Bürgermeister gefertigt erscheint; eine Ausnahme hievon bildet die Lebens¬ mittelbeschaffung; hiebei können sich aber keine Ueberschreitungen ergeben. Wenn Herr GR. Dr. Peyrer sagt, daß sich die Minorität der Abstimmung enthalten werde, so glaube ich dies gerne, daß dies nicht aus dem Grunde geschieht, um etwa ein politisches Manöver aufzu¬ führen, sondern darum, weil sie glaubt, zu wenig Einfluß auf die Beschlußfassung zu haben; leider kann ich dies nicht ändern. Auf Grund der Wahlen in den Nationalrat ist damals die Parteienzusam¬ mensetzung erfolgt, jedenfalls kann es aber als ein gutes Zeichen gelten, daß auch sie es nicht verkennt, daß die Gemeinderatsmehrheit von dem besten Wil¬ len beseelt ist und nicht leichtfertig handelt. Durch die Annahme der Anträge wird es möglich sein, auf eine lange Zeit zu verhindern, daß sich der Ge¬ meinderat mit der Beschlußfassung über die Beschaf¬ fung von Geldmittel alle Monat befassen muß. Bemerkt muß noch werden, daß dadurch, als die Stadtgemeinde bisher die Genehmigung der nach¬ gesuchten Erhöhung des Approvisionierungskredites auf 30 Millionen Kronen nicht erhalten hat und aus der laufenden Kassegebarung Vorauszahlungen leisten muß, eine Hauptschwierigkeit liegt, daß sich die Geldmittel der Stadtkasse erschöpfen. Herr GR. Schickl berichtigt dahin, daß er sagte, die Rechnungen, welche vom Präsidium unterfertigt werden, kommen nie zur Kenntnis der Sektion. Herr Vorsitzender erklärt, daß diese Berichtigung zur Kenntnis genommen werde. Der Herr Vorsitzende stellt fest, daß die Redner liste erschöpft ist und nunmehr zur Abstimmung ge¬ schritten werde. 1. Der Antrag betreffend die Aufnahme des Staat-kredites von fünf Millionen Kronen wird nach der Formulierung des Antrages angenommen. 2. Der Antrag auf Beschaffung eines Kredites von 65 Millionen nach der vom Referenten in 1 a, b, c, d, e und 2 vorgenommenen Formulierung wird vom Gemeinderate angenommen. 3. Der Antrag auf Ermächtigung des Bürger¬ meistere im Einvernehmen mit dem Präsidin die Aufnahme eines großen Kommunaldarlehens mir¬ tels Pfandbriefen einzuleiten, wird vom Gemeinde rate ebenfalls angenommen. Herr Bürgermeister Wokral übernimmt den Vorsitz und stellt fest, daß bei der Abstimmung 28

Mitglieder des Gemeinderates anwesend waren und die Beschlüsse mit Stimmenmehrheit erfolgten. Punkt 8. Unterstützungsansuchen. Referent Herr Vizebürgermeister Nothhaft. Es liegen vier kleinere Ansuchen vor, welche die Sektion erledigt hat; es handelt sich für dieselben um die nachträgliche Genehmigung der Sektions¬ beschlüsse. rreicher“ in Wien Dem „Vereine der Oberöster irde wie im Vorjahre eine Spende von 20 K be¬ willigt; dem Idiotenhéim in Hartheim wurde eine Unterstützung von 200 K bewilligt; dem Kaninchenzüchterverein zu seiner Aus¬ stellung eine Spende von 50 K. Das Ansuchen der Kriegsinvaliden=Erwerbs¬ genossenschaft ist eine besondere Sache. Die Stadt¬ gemeinde hat seinerzeit vier Anteile dieser Erwerbs¬ genossenschaft übernommen und würde es sich em¬ pfehlen, der Genossenschaft diese vier Anteile unent¬ geltlich zu überlassen und auf eine Erhöhung der Anteilscheine nicht einzugehen. Herr GR. Steinbrecher beantragt, dem Ka¬ ninchenzüchterverein eine Ehrenspende, um die es dem Verein eigentlich zu tun ist, im Betrage bis zu 200 K zu bewilligen. Dieser Antrag wird angenommen und auch die übrigen Unterstützungen an die einzelnen Körper¬ schaften, wie sie durch die Sektion erfolgten, geneh¬ migt. Dritte Sektion. Punkt 9. Beschlußfassung über die Zulässigkeit der Errichtung von Industrieunternehmungen im Cottage=Viertel. Herr Vorsitzender Bürgermeister Wokral berichtet, daß dieser Punkt durch ein Mißverständnis auf die Tagesordnung gelangt sei und. daher als gänzlich unspruchreif von der Tagesordnung abzu¬ setzen ist. Wird zur Kenntnis genommen. Vierte Sektion. Punkt 10. Verleihung von zwei Haratzmüller¬ bürgerpfründen. Referent Herr GR. Klement. Die Sektion beantragt: Der Gemeinderat be¬ schließe, den Bittstellern Marie Massak und Antonia Danzmayr unter Belassung der ihnen bisher bewil¬ ligten Pfründen dem Gemeinderate die zwei Haratz¬ müllerbürgerpfründen zu verleihen. Angenommen. Franz Josef und Elisabeth=Stiftung. Referent Herr GR. Klement. Die Sektion beantragt: Der Gemeinderat beschließe, Georg Sarauer den Interessenanteil im Betrage von 61 K aus obiger Stiftung zu verleihen. Der zweite Interessen¬ anteil, um den kein Bewerber eingeschritten ist, ist dem Stiftungskapitale zuzuschlagen. Angenommen. Punkt 11. Verleihung der Jahresinteressen aus der Kaiser Franz Josef und Elisabeth=Stiftung Punki 12. Verleihung der Ferdinand Gründ¬ lerstiftungspfründe. Die Sektion beantragt: Der Gemeinderat beschließe, dem einzigen Be werber Ferdinand Gründlstraßer die Stiftungs¬ pfründe zu verleihen. / Angenommen. Punkt 13. Verleihung der Jahresinteressen aus der Leopold Werndlstiftung. Sektionsantrag: Der Gemeinderat beschließe, der Josefine Hofer den Interessenanteil per 107 K zu verleihen. Die restlichen Interessenanteile sind dem Stiftungskapitale zuzuschlagen. Angenommen. Punkt 14. Verleihung der Jahresinteressen aus der Landerlschen Stiftung. Die Sektion beantragt: Ein Interessenbetrag per 250 K wolle der Rosina Damhofer verliehen und die noch restlich verbleibenden drei Interessenanteile dem Stiftungs¬ kapitale zugeschlagen werden, da die früheren Be¬ zugsberechtigten mittlerweile gestorben sind. Die Interessenbeiträge per 732 K wollen wie folgt verteilt werden: Franz Schmirl, Johann Schlanhof, Florian Baumberger und Josef Poxleitner je 146 K, letz¬ terem unter der Bedingung, daß er den Nachweis erbringt, daß sein Haus derart verschuldet ist, daß er trotzdem als arm anzusehen ist; die restlichen Interessenanteile werden dem Stiftungskapitale zu¬ gewiesen; das Ansuchen der Josefa Mandlmayr wird abgewiesen. Angenommen. Punkt 15. Verleihung von zwei Prämien aus der Franz und Katharina Amtmannschen Dienst¬ botenstiftung. Sektionsantrag: Nachdem Bewerber nicht vor¬ handen sind, wolle der Gemeinderat beschließen, diese Prämien dem Stiftungskapitale zuzuschlagen. Angenommen. Punkt 16. Genehmigung der Inbetriebsetzung der. Tagesheimstätte für tuberkulos gefährdete Kinder im Werndlparke. Das Jugendamt beantragt, die Tagesheim¬ stätte wiederum zu eröffnen. Die Sektion hat sich mit dem Antrage eingehender befaßt und stellt den folgenden Antrag: Der Gemeinderat beschließe, die Tagesheim¬ stätte für tuberkulos gefährdete Kinder am 2. Mai 1921 zu eröffnen und den von den Eltern als Ent¬ gelt zu bezahlenden Betrag mit täglich 10 K festzu¬ setzen, wobei über Ansuchen in berücksichtigungs¬ würdigen Fällen dieser Betragherabgemindert oder gänzlich erlassen werden kann. Der Gemeinde¬ rat gebe ferner die Ermächtigung zur Aufnahme noch einiger für diesen Zweck benötigten Kräfte durch das städtische Jugendamt. Angenommen. Punkt 17. Ansuchen der Frau Oberin im Krankenhaus um Erhöhung der Verpflegsgebühren. Referent Herr GR. Klement. Von der Frau Oberin ist folgendes Schreiben eingelangt: Infolge der stets wachsenden Teuerung der Nahrungsmittel, ist es mir nicht mehr möglich, mit der bisherigen Verpflegsgebühr das Auskommen zu finden, weshalb ich genötigt bin, um eine entspre¬ chende Erhöhung zu bitten und zwar für die zweite Klasse von 30 K auf 10 K und für die dritte Klasse von 18 K auf 25 K. Schwester Regina, Oberin. Die Sektion hat sich mit diesem Ansuchen ein¬ gehend beschäftigt und stellt folgenden Antrag: Der Gemeinderat wolle das Gemeinderats Präsidium ermächtigen, instehendes Ansuchen vom 1. April 1921 an zu bewilligen, wenn die Oberin des Krankenhauses vorher die Belege über die Ein¬ nahmen und Ausgaben im Amte zur Ueberprüsung abgibt. Herr Vorsitzender Bürgermeister Wokral be¬ zeichnet es als unangenehm, daß das Ansuchen so spät einlangte, weil nunmehr die Verpflegskosten regelmäßig alle Vierteljahre nach Maßgabe des Be¬ darfes abgeändert werden können und somit für das zweite Vierteljahr eine Ausgleichung des Erforder nisses mit den Verpflegsgebühren nicht mehr statt

finden kann. In Hinkunft muß die Frau Oberin aufgeklärt werden, daß sie rechtzeitig anzusuchen habe. Herr GR. Professor Brand bemerkt, daß die Frau Oberin infolge der Verschiedenartigkeit der zu verpflegenden Personen auch verschiedene Beiträge bekommt, womit sie das Auslangen zu finden hat. Ueber die Verwendung dieser ihr zugewendeten Be¬ träge kann sie nicht verpflichtet werden, Rechnung zu legen. Jedenfalls ist es aber richtig, daß sie mit den heutigen Verpflegsgebühren bei der herrschenden Teuerung das Auslangen nicht mehr zu finden ver¬ mag. Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch darauf hinweisen, daß vielfach über die Kost im Kranken¬ hause gesprochen wird. Ich habe mich wiederholt er¬ kundigt und mir sagen lassen, daß die Kost nicht schlecht ist, daß es aber auch bei den geringen Ge¬ bühren nicht möglich sei, größere Quantum an Kost herzustellen. Es kommen in das Krankenhaus Per¬ sonen, die bessere Verpflegung gewohnt sind; diesen Personen ist selbstverständlich die Kost im Kranken¬ hause nicht genügend und auch nicht entsprechend ge¬ kocht. Die Aerzte im Krankenhause sagen, daß gegen die Zubereitung der Speisen im Krankenhause nichts einzuwenden ist und diese ganz gut genießbar und schmackhaft gekocht sind. Ich möchte feststellen, daß die Frau Oberin und das Küchenpersonal bisher alles Mögliche getan hat, um die Patienten zu¬ friedenzustellen. Anderseits möchte ich hier wohl sagen, daß die Schwestern gewiß schon sehr viele und große Opfer gebracht haben und noch bringen, sie da¬ für aber nicht vogelfrei erklärt werden sollen. Die Schwestern sind eine Sippschaft genannt worden, mit denen man aus Reinlichkeitsgründen abfahren soll. Die Schwestern sind Ordenspersonen, deren Aufgabe die Pflege der Kranken ist, und es muß gesagt wer¬ den, daß die Schwestern ihren Dienst aufopfernd ver¬ sehen; sie haben keinen Achtstundentag und müssen außer der Krankenpflege auch andere Arbeiten ver¬ richten. Ich möchte schon bitten, daß man von Seite der Presse auch das Wirken der Schwestern im Krankenhause öffentlich nicht derartig herabsetzt, die den Schwestern weh tun muß. Im übrigen kann ich erklären, daß die Aerzte mit den Schwestern ganz zufrieden sind. Man muß überall Gerechtigkeit walten lassen. Die Schwestern sind gewiß nicht alle Engel, aber es muß im großen und ganzen gesagt werden, daß im allgemeinen die Schwestern, die im Dienste des Krankenhauses stehen, das Möglichste leisten, was sie physisch leisten können, um ihrer Ordensregel nachzukommen. Herr GR. Steinbrecher erinnert daran, daß sich Herr GR. Professor Brand mit seinem Kollegen (R. Schickl im Widerspruche befinde, als dieser ge¬ rade vorhin es gerügt hat, daß Ueberschreitungen vorkommen. Die Vorlage von Rechnungen ist keine unberechtigte Forderung, weil die Mittel von der Ge¬ meinde zur Verfügung gestellt werden und die Ge¬ meinde der Oeffentlichkeit gegenüber für die Ver¬ wendung dieser Mittel verantwortlich ist. Es kann gewiß auch niemand sagen, daß der Gemeinderat seither nicht entgegenkommend gewesen wäre, aber von dem Begehren der Rechnunglegung Abstand zu nehmen, wäre zuviel getan. Ich ersuche daher darauf zu beharren, daß die Rechnungen vorgelegt werden. Herr GR. Professor Brand erklärt, daß ein Mißverständnis vorliegt. Die Frau Oberin bekommt für die Verpflegung der Kranken einfach einen be¬ stimmten Betrag; wenn sie damit nicht auskommt, geht es auf ihre Kosten, darüber einen rechnungs¬ mäßigen Nachweis zu verlangen, geht nicht an, denn über die Wirtschaftsführung mit dem Verpflegsgelde wird sie keine Rechenschaft geben müssen. Die ihr zugewiesenen Verpflegsgelder verwaltet sie selbst für ihre eigene Person. Das Bauamt wirtschaftet wirk¬ lich mit Gemeindegelder; die Frau Oberin hat ihre Verpflegskosten zugewiesen, mit denen sie wirt¬ schaften muß. Herr Bürgermeister Wokral bemerkt, wenn die Sache so steht, wohl dafür zu sein, auf das Begehren der Frau Oberin kurz einzugehen und ihr die Er¬ höhung zu bewilligen. Wenn aber der Gemeinderat für die Deckung der Abgänge aufkommen soll, so muß gesagt werden, daß es richtig ist, wenn hiefür Belege verlangt werden. Haben die Schwestern etwas erspart, so ist dies ihre Kunst. In Hinkunft muß um die Einrechnung des Abganges in die Rege¬ lung der Verpflegsgebühren zu ermöglichen, ver¬ langt werden, daß die Frau Oberin rechtzeitig an¬ sucht. Herr GR. Tribrunner sagt, daß es niemand be¬ zweifeln wird, daß es der Frau Oberin schwer fallen wird, auch mit den begehrten 25 K das Auslangen zu finden. Es wäre besser, auf die Rechnungslegung zu verzichten, weil zu befürchten steht, daß sich die Sache verzögert und die Kranken darunter leiden könnten, weshalb der Vorschlag auf Erhöhung der Verpflegsgebühren auf 25 K angenommen werden. solle. Herr Vizebürgermeister Mayrhofer bemerkt, daß das Krankenhaus mit verbilligten Lebens¬ mitteln bei allen Gelegenheiten beteilt werde. Was die Zeitungsnotiz anbelangt, muß gesagt werden, daß die Schwestern über den Rahmen hinausgehen, als sie bekennen, welchen Haß sie den „Roten ent¬ gegenbringen. Wenn sie geachtet und geschätzt werden wollen, so sollen sie solche Aeußerungen unterlassen. Jeder Mensch hat seine freie Meinung. Herr Vizebürgermeister Nothhaft erklärt, daß ihn die heutige Debatte überrasche, weil es doch ein¬ gesehen werden müsse, daß die Frau Oberin mit dem bisherigen Betrage kein Auskommen finden könne. Herr GR. Professor Brand gibt seiner Verwun¬ derung Ausdruck, daß diese Angelegenheit überhaupt in der vierten Sektion zur Behandlung kam, wäh¬ rend doch die zweite Sektion maßgebend wäre. Schließlich müssen für eine Aeußerung einer einzigen Schwester nicht alle Schwestern verantwortlich ge¬ macht werden; aber daß man gleich die ganze Gesell¬ schaft eine Sippe nennt, gehört sich sicherlich auch nicht. Herr GR. Klement erwidert, daß der Sektions¬ antrag ja die Bewilligung der Erhöhung auf 25 K ausspricht. Wenn aber Herr GR. Professor Brand vie Angelegenheit aufrollt, so ist es notwendig, dar¬ über zu sprechen. Wir geben zu, daß die Schwestern große Mühe aufwenden müssen (Zwischenruf: „Ohne Entlohnung!"), aber dafür sind sie ja da. Wir be¬ kommen tagtäglich Beschwerden, und solle wirklich mehr Toleranz geübt werden. Es werden aber auch Dinge gemacht, die schon vom hygienischen Stand¬ punkte aus unhaltbar sind. In den Weihbrunnkessel, welcher herumgereicht wird, greifen verschiedene Hände hinein, selbst Syphiliskranke; es ist klar, daß dies eine Ansteckungsgefahr bedeutet. Das muß un¬ bedingt abgeschafft werden. Leisten aber die Kranken nicht Folge, so werden die Kranken angemurrt und ist es dann begreiflich, daß die Kranken sich erregen. Herr GR. Professor Brand berichtigt tatsächlich, daß Syphiliskranke gar nicht im allgemeinen Tratt untergebracht werden dürfen. Herr Vizebürgermeister Mayrhofer möchte den Sektionsantrag so modifizieren, daß nach Feststel¬ lung des neuen Verpflegsbeitrages Nachträge nicht mehr bewilligt werden. Der Gemeinderat beschließt sohin vom Sek¬ tionsantrage nach Nachsatz „wenn die Oberin des Krankenhauses vorher die Belege über die Ein¬ nahmen und Ausgaben im Amte zur Ueberprüfung abgibt" nicht anzunehmen und die Modifikation nach dem Vorschlage des Herrn Vizebürgermeisters Mayrhofer anzunehmen.

Die Frau Oberin ist aufzufordern, stets recht¬ zeitig um Regelung der Verpflegskosten anzusuchen, um diese bei der vierteljährigen Erhöhung der Ver¬ pflegsgebühren berücksichtigen zu können. Punkt 18. Antrag des hierstädtischen Armen¬ rates auf Erhöhung der Armenunterstützung. Referent Herr GR. Klement. Sektionsantrag: Der Gemeinderat wolle be¬ schließen, das Armengeld für die in den Unterstands¬ häusern befindlichen Unterstandler von monatlich 10 auf monatlich 50 K, und für die im Versorgungs¬ heim befindlichen Pfleglinge von monatlich 10 auf monatlich 25 K ab 1. April l. J. im Vorhinein zu erhöhen. Angenommen. Der Herr Vorsitzende berichtet, daß der Ge¬ meinderat noch über das Begehren der Rauchfang¬ kehrer auf 1700 prozentige Erhöhung der Kehr¬ tarife zu beschließen hätte. Dieser Beschluß kann jedoch nicht gefaßt werden, weil vor einigen Minuten erst der Bericht über die Versammlung in Linz einlangte, und dieser erst in der Sektion behandelt werden muß. Die Beschlu߬ fassung wird daher für die nächste Sitzung vertagt. Hierauf wird die öffentliche Sitzung um 7 Uhr 5 Minuten geschlossen. Die Vorsitzenden: Josef Wokral. Hans Mayrhofer., Die Beglaubiger: Der Schriftführer: Hitzelhammer Rudolf. C. Ridler. Klement Karl.

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