Herr Bürgermeister Wokral erwidert zu den Worten der Herrn GR. Witzany, daß die Straßenerhaltung, die Wasser¬ leistung und Kanalisation alleinige Sache der Gemeinde sei; wenn irgend ein Privater baut, so ist nach dem Gesetze die Gemeinde verpflichtet, für die Errichtung eines Straßenzuges und der Instandhaltung der öffentlichen Anlage aufzukommen. Auch die Waffenfabrik trifft daher die Erhaltung der Straßen usw. nicht. Von dem Mietzinsertrage, den die Gemeinde von der Waffenfabrik zu erhalten hat, kann sich dieselbe jenen Betrag abziehen, den sie aus der Instandhaltung der Wohnobjekte zu leisten hatte Die Objekte sind jetzt fertiggestellt und wird für die e sten Jahre kaum eine Reparatur notwendig sein. Ein Teil der Häuser ist jedoch während des Krieges gebaut worden, wozu Ersatzstoffe verwendet werden mußten, die die Lebensdauer dieser Objekte wesentlich verkürzen. Bei diesen werden die Instand¬ hatungskosten bedeutend mehr betragen und nach kürzerer Zeit über das Maß des Zinsenerträgnisses hinausgehen. Zur Beant¬ wortung der Anfrage des Herrn GR Schickl bringt Herr Bürgermeister Wokral die wesentlichsten Punkte aus dem Gesetz¬ entwurf zur Verlesung und bemerkt hiezu, daß nach den ge¬ machten Erfahrungen die Lohnsumme ungefähr 40) Prozent der Gestehungskosten ausmacht, so daß es sich um ein halbes Prozent für die beantragte Abgabe für den Gewerbetreibenden handelt. Diese Belastung ist nicht so weitgehend, daß der Gewerbetreibende seine Erzeugnisse nicht mehr an den Mann bringen könnte. Uebrigens beschäftigen die meisten Gewerbetriebe fast keine oder nur wenige Gehilfen und meistens Lehrlinge. Durch die kolossale Ausnützung von Lehrlingen wird aber eine Konkurrenz geschaffen die durchaus nicht einwandfrei ist. Bezüglich des Begehrens auf Abstufung der Erwerbsteuer müßte die heutige fertige Sache wieder vollends umgestoßen und die Erfolge aus den Verhand¬ lungen mit der Waffenfabrik aufgehoben werden Die Waffen¬ fabrik hat auch erklärt, daß sie, wenn eine Aenderung in der jetzigen Vereinbarung eintreten würde, sie sich genötigt sehen würde, ihre Zustimmung zu den anderen Punkten des geänderten Vertrages zurückzuziehen; die Gemeinde müßte allenfalls dann ver suchen, im Prozeßwege sich ihren Willen zu erstreiten. Ein Prozeß ist eine Sache, deren Dauer und Ausgang man nie kennt und welcher uns dabei enorme Kosten verursachen würde Herr GR. Dr. Furrer hat auf die Tuberkulosenfürsorge hinge¬ wiesen und werden auch hiefür Mittel vorzusorgen sein. Die gegenwärtigen Typhusfälle ermahnen weiters daran, die Wasser¬ leitung nunmehr raschestens durchzuführen; die Erkrankungen sind nicht weiter vorgeschritten und kann gesagt werden, daß im Februar keine Neuerkrankungen erfolgt sind. Es ist unbedingt notwendig, daß Mittel geschaffen werden, die die Gemeinde befähigen, allen diesen Aufgaben gerecht zu werden. Herr GR Steinbrecher begrüßte es, daß endlich ein¬ mal eine gewisse Klärung geschaffen wurde und sei es auch an¬ zuerkennen, daß sich das Präsidium hiebei Verdienste erworben hat, denn es haben die Verhandlungen von Haus aus ziemlich trostlos ausgesehen, weil es die Gemeinde mit gewiegten Geschäfts¬ leuten und Juristen zu tun hatte Anderseits ist der Stand¬ punkt der bewohn rschaft auf der Ennsleite begreiflich, wenn sie sich gegen die Uebergabe der Häuser auf den Ennsleiten an die Waffenfabrik wehrt. Es ist gewiß ein deprimierendes Bewußt¬ sein, wenn eine Partei weiß, wenn es die Arbeit in der Waffen¬ fabrik verliert, auch damit um seine Wohnung kommt; es wird dadurch wieder der wirtschaftlich Schwächere belastet. Die Waffen fabrik wird für den Autobau Spezialisten aufnehmen, welche mit ihrer Anstellung eine Wohnung begehren und auf der Enns¬ leite untergebrachte Parteien verdrängen werden. Ich fühle mich verpflichtet, meine Bedenken hier öffentlich auszusprechen und bitte, nicht gleichgültig über die Interessen der Bewohnerschaft auf der Ennsleite hinwegzugehen. Wenn man die ganze Sache über die Objekte auf der Ennsleite leidenschaftslos betrachtet, so muß ich sagen, daß die Waffenfabrik hiebei das bessere Geschäft gemacht hat, denn der Ausbau der Fabrik ersordert Straßen und Brücken, deren Schaffung und Erhaltung der Gemeinde allein zuzufallen hat Die Bewohnerschaft verlangt eine Sicher¬ heit durch Aufnahme einer Bedingung in den Bestandvertrag, daß den derzeitigen Parteien auf der Enneleite aus dem Titel der Bestandnahme der Häuser durch die Waffenfabrik nicht gekündigt werden darf; anderseits befindet sich die Gemeinde selbst in einer Zwangslage Wir sind aber trotzdem als öff ut¬ liche Funktionäre dafür verantwortlich, daß den Parteien auf der Ennsleite Sicherheit geboten werde. Es ist keine Kleinigkeit, von den Parteien bestürmt zu werden und bedauere ich nur, daß heute die Sitzung so schwach besucht ist und daß sich nicht alles klar darüber zu sein scheint, daß die Verantwortung eine gemeinsame ist. Herr GR. Aigner schließt sich den Ausführungen des Vorredners an und sagt, genau dasselbe Verhältnis stehl zwischen der Waffenfabrik und den Gewerbetreiben bezüglich der Umlagenerhöhung Durch die Verdienstverhältnisse in der Waffen¬ sabrik laufen uns unsere Arbeiter überhaupt alle davon. Wir haben vor 2. Jahren schon mit der Waffenfabrik ein Ueber¬ einkommen geschlossen, daß dieselbe jene Arbeiter der Gewerbe¬ treibenden nicht aufnehmen dürf: die selbst aus der Arbeit der Gewerbetreibeuden g treten sind Diese Vereinbarung ist leider wieder zu Wasser geworden und nimmt hierauf gar keine Rücksicht mehr, wodurch wir geschädigt werden Ich kann mich nicht recht einverstanden erklären, daß keine Abstufung in der Erwerb¬ steuer platzgreifen solle Die Waffenfabrik richtet unsere Straßen und Brücken zugrunde und beim Zahlen zieht sie sich zurück und hat Herr GR. Steinbrecher ganz recht, wenn er sagt, die Waffenfabrik hat wieder das bessere Geschäft gemacht. Herr Vizebürgermeister Mayrhofer bemerkt, daß durch die Verhandlungsergebnisse mit der Waffenfabrik zumindestens der schwierigste Teil des alten Vertrages endlich beseitigt ist und wenn noch die Fürsorgeabgabe beschlossen wird, so kann die Gemeinde auch endlich die schon vor langer Zeit von der seiner¬ zeitigen Statthalterei aufgetragenen sanitären Maßnahmen durchführen Unsympatisch b rührt aber die Ueberantwortung der Häuser auf der Ennsleite auf 54 Jahre an die Waffen¬ fabrik. Die Gemeinde hat dazu jährlich K 250.000 beizutragen, was innerhalb der 54 Jahre eine Summe von rund zwölf Millionen Kronen ausmacht, mit welcher Summe ein ganz ge¬ waltiges Kapital verzinst werden könnte. Tatsache ist, daß die Parteien in den Objekten auf der Ennslette der Waffenfabrik ausgeliesert sind, und ist es logisch, wenn eine Partei aus der Waffenfabrik austritt, auch derselben die Wohnung gekündigt werden wird. Die Gemeinde bleibt wohl Besitzerin der Häuser, unser Einfluß auf die Häuser selbst ist gleich Null. Wenn ich alle übrigen Anträge auf das Wärmste befürworte, so kann ich mich mit der Vermietung der Häuser an die Waffenfabrik auf 54 Jahre nicht einverstanden erklären. Herr GR. Witzany befürchtet, daß der Betriebsrat der Waffenfabrik dem Standpunkte derselben zustimme, daß die Waffenfabrik über die Wohnungen verfügen könne, wie sie wolle Wir werden dadurch in eine scheußliche Situation gebracht werden; das Wohnungsamt wird von allen Seiten überflutt und wenn den Anforderungen nach Wohnungen nicht nachge¬ kommen werden kann, wird sich der Unmut wieder über die Gemeinde entladen. Die Gemeinde muß einen hohen Betrag jährlich leisten, wovon sie gar nichts hat, weil sie durch einen Bestandvertrag 54 Jahre lang alle Rechte aus der Hand gibt Die Gemeinde könnte ganz ruhig auch eine zweiprozentige Für¬ sorgeabgabe beschließen und brauchte uns eine Drohung der der Waffenfabrik gar nicht zu rühren, weil wir einfach sagen, wir lassen die ganze Ennsleite überhaupt stehen. Es wird schließlich mit der Waffenfabrik wieder ein Vertrag abgeschlossen, mit welchem wir uns in eine neue Gefahr begeben, die die größten Bedenken hervorruft. Herr GR. Frühwald verweist darauf, mit welch großen Schwierigkeiten der "usbau der Häuser auf der Ennsleite vor sich ging; unter dem Drucke, der auf das Wohnungsamt lastete, mußte sich die Gemeinde wohl oder übel entschließen, die Bauten zu vollenden. Es werden auch schon seitens der Parteien auf der Ennsleite Vorwürfe laut, weil in dieser Frage die Gemeinde zu nachgiebig war und die Waffenfabrik schließlich gezwungen gewesen wäre, die Häuser zu den für die Gemeinde günstigen Bedingungen zu übernehmen. Dos Wohnungsamt ist außerstande, Parteien, welche in der Fabrik nicht beschäftigt sind, anderswo unterzubrigen. Die Bemessung eines höheren Zinses an die Parteien würde vorteilhafter gewesen sein, als die Häuser auf der Ennsleite samt den Parteien von der Waffenfabrik abhängig zu machen Herr Vorsitzender erteilt Herrn Bürgermeister Wokral das Schlußwort. Herr Bürgermeister Wokral führt aus, daß ein Teil der Mitglieder des Gemeinderates die Situation verkenne; sicher ist, wenn der Vertrag vom Jahre 1913 nicht bestanden hätte, wir wesentlich besser daran wären, und zwar aus dem Grunde, weil uns die Kredite nicht so leicht verweigert worden wären. Zur Aufklärung bin ich genötigt, etwas zurückzugreifen. Als die alte Monarchie zusammenbrach, hat sich die Militärbauleitung einfach entfernt, die Objekte find verwaist gestanden und bestand die Gefahr, daß die Objekte mehr abgetragen als aufgebaut werden. Tatsache ist, daß auch für die Waffenfabrik eine Stellung¬ nahme schwer war, weil die Verhältnisse gänzlich ungeklärt waren niemand wußte, was eigentlich werden solle. In dieser Situation mußte die Gemeinde eingreifen und trachten, daß sie den Waffenfabriksgrund erhalte, damit die Objekte ausgebaut werden können. Damals hoffte man mit 4½ Millionen Kronen das Auslangen zu finden; dabei hatte sich die Arbeiterschaft dafür eingesetzt, daß trotz der enormen Baukosten die Wohnunge¬ zinse nicht höher sein dürfen, als wie sie üblich sind und hat weiters verlangt, daß die Gemeinde aus eigenen Kräften die Bauten vollendet. Wir wandten uns an den Skaat und an das Land und hat das Staatsamt für soziale Verwaltung erkannt, daß diese Häuser in erster Linie für die Arbeiter der Waffen¬ fabrik zu bestimmen sind, unter der Voraussetzung, daß die Waffenfabrik auch einen Beitrag hiezu leistet Es kam dann mit Waffenfabrik die Vereinbarung zustande, daß diese; zu jeder Wohnung, die von einem Fabriksarbeiter bewohnt werde, einen monatlichen Zuschuß von 12 Kronen leistet. Mittlerweile sind jedoch durch die fortschreitende Teuerung die Baukosten bedeutend gestiegen und konnte trotz diesem Zuschuß der Wassenfabrik nicht daran gedacht werden, die Mietzinse entsprechend dem Bau¬ erfordernis zu erhöhen, um eine Deckung finden zu können. Wir waren in einer Situation, in welcher sich die Waffenfabrik bereit erklärte, allenfalls die Objekte käuflich zu übernehmen. Ich erinnere daran, daß die allgemeine Stimmung die war die Objekte an die Waffenfabrik nicht zu verkaufen, sondern sie lieber selbst auszubauen; auch bei den Verhendlungen in Linz stand die Sache noch so. Als wir dann bei der General¬ Direktion in Wien vorsprachen, um die näheren Modalitäten festzujetzen, hat es sich herausgestellt, daß die Waffenfabrik bereit wäre, die Objekte unter der Voraussetzung zu übernehmen, wenn Staat und Land zu dem verlorenen Bauaufwand einen Teil
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