Gemeinderatsprotokoll vom 28. Februar 1921

III. Sitzung. 5. Beschlußfassung über die Abänderung des zwischen der Rats=Protokoll über die ordentliche Sitzung des Gemeinderates der auton. Stadt Steyr am 28. Februar 192] um 3 Uhr nachmittags. Tages=Ordnung: Mitteilungen. Erste Sektion. (Sektionssitzung am Freitag, den 25. Februar, um 6 Uhr nachmittags) 1. (Vertraulich) Personalangelegenheiten. 2. Beschlußfassung wegen Einführung einer Fürsorgeabgabe. 3. Abschluß eines Vertrages mit der Waffenfabriksgesellschaft hinsichtlich Verpachtung der Häuser auf der Ennsleite. 4. Abänderung des Gemeinderatsbeschlusses vom 29 Dezem¬ ber 1920, betreffend Einhebung von Gemeindeumlagen. Deckung des Abganges pro 1921. 5. Beschlußfassung über die Abänderung des zwischen der Stadtgemeinde Steyr und der Oesterreichischen Waffenfabriks¬ gesellschaft abgeschlossenen Vertrages vom 13. April 1913 Zweite Sektion. (Sektionssitzung am Freitag, den 25. Februar, um 6 Uhr nachmittags.) 6. Rechnungsabschluß der Stadtkassa und aller übrigen unter städtischer Verwaltung stehenden Fonds und Anstalten pro 1918. 7. Aufnahme eines Darlehens per 15,000.000 K zur Deckung des Abganges pro 1921. Anwesende: Vorsitzender: Herr Bürgermeister Josef Wokral. Die Herren Vizebürgermeister Karl Dedic Johann Mayrhofer und Franz Nothhaft. Die Herren und Frauen Gemeinderäte: Lebeda Alois Aigner Franz Neuhold Michael Brand W, Prof. Rudda Alfred Baumgartner Johann Ruckerbauer Markus Eisterlehner Josef Saiber Alois Fischer Karl Schickl Friedrich Frühwald Anton Schörkhuber Michael Furrer Ulrich, Dr. Schwandtner Anton Grömmer Anna Steinbrecher Leopold Hitzlhammer Rudolf Tribrunner Franz Klement Karl Vogl Adalbert Kratochwill Franz Witzany Hans Krottenau Fritz Zeilinger Gangolf Kisely Berta Vom Magistrate: Herr Magistratsdirektor Dr. Franz Habl. Protokollführer: Herr Oberoffizial Karl Ridler. Der Herr Vorsitzende Vizebürgermeister Karl Dedie be¬ grüßt die erschienenen Frauen und Herren Gemeinderäte, stellt die Beschlußfähigkeit des Gemeinderates fest und erklärt die Sitzung um 3 Uhr 25 Minuten für eröffnet. Entschuldigt abwesend sind die Herren GR. Chalupka Bachmayr, Kletzmayr, Dr Peyrer, Reisinger und Frau Zachhuber. Die Herren GR. Steinbrecher und Vogl werden später in der Sitzung erscheinen, da sie gegenwärtig bei der Sitzung der Preisprüfungsstelle Steyr sich befinden. Zu Protokollprüfern werden die Herren GR. Fischer und Frühwald gewählt. Vor Eingehung in die Tagesordnung bringt der Vor¬ sitzende eine Anfrage des Herrn GR. Aigner betreffend die ver hängten Strafen über Meldegebrechen zur Kenntnis. Dieser Antrag wird der ersten Sektion überwiesen. Weiters teilt der Herr Vorsitzende mit, daß am 12. und 13 März in Wien ein außerordentlicher Städtetag stattfindet. Von Seite des Gemeinderatspräsidiums bezw. der ersten Sektion wird Herr Bürgermeister Wokral entsendet. Wird mit Befriedigung zur Kenntnis genommen. Weiters teilt der Herr Vorsitzende mit, daß von der Leitung der Amerikanischen Kinderhilfsaktion ein Schreiben ein¬ gelangt ist; dieses Schreiben läßt der Herr Vorsitzende unter den Herren Gemeinderäten zirkulieren. Sodann tritt der Gemeinderat in die Beratung der Tages¬ ordnung ein 1. „Personalangelegenheiten“ wird am Schluße des öffent¬ lichen Teiles der vertraulichen Sitzung vorbehalten 2. „Beschlußfaßung wegen Einführung einer Fürsorge¬ abgabe Herr Vorsitzender Vizebürgermeister Dedic ersucht Herrn Bürgermeister Wokral das Referat hiezu zu erstatten. Herr Bürgermeister Wokral: Sehr geehrter Gemeinderat! „Auf der Tagesordnung finden Sie eine Reihe von Punk¬ ten, welche fast alle innig miteinander zusammenhängen und ei daher notwendig sein wird, im Referate über den Punkt 1 auch auf andere Punkte überzugreifen. Herr Vorsitzender empfiehlt im Reserate des Herrn Bürger meisters alle fünf Punkte zusammenzuziehen und sodann am Schlusse der Beratungen über jeden einzelnen Punkt die Ab¬ stimmung einzuleiten Der Gemeinderat erklärt sich mit der gleichzeitigen Behand¬ lung der Punkte zwei bis fünf der Tagesordnung einverstanden Herr Bürgermeister Wokral: Schon im Jahre 1918 und 1919 haben sich besondere Schwierigkeiten in Bezug au die Höhe von Umlagen, weil die Gemeinde durch den Vertrag mit der Waffenfabrik vom 1. Mai 1913 gebunden war, ergeben, so daß der Gemeinderat in seiner Sitzung über den Voranschlag für das Jahr 1921 sich entschließen mußte, für das Jahr 1921 eine Umlage auf die direkten Staatssteuern mit 500 Prozent festzusetzen. In derselben Sitzung wurde auch beschlossen, bezüg¬ lich einer Abänderung des Umlagenprozentes nochmals mit der Waffenfabrik in Fühlung zu treten, damit für die Hauszins steuer ein geringerer Prozentsatz bei Erhöhung der Umlage au die allgemeine Erwerbsteuer ermöglicht werde. Diese beschlossenen Verhandlungen wurden gepflogen und haben auch ein bestimmtes Ergebnis gezeitigt. Aber auch schon früher standen wir fort¬ während mit der Waffenfabrik in Verbindung, um über die Aenderung des Vertrages bezw. Aufhebung desselben zu ver¬ handeln. Anlaß hiezu bot die schwierige finanzielle Lage der Gemeinde, welche es ihr fast unmöglich machte, Kredite aufzu¬ nehmen, um die Bauten auf der Ennsleite fertigzustellen, ins¬ besondere dadurch als sich die Landeshypothekenanstalt auf den Standpunkt stellte, daß sie nur dann weitere Kredite gewähren könne, wenn der Vertrag mit der Waffenfabrik vom 1 Mai 1913, der die Gemeinde ganz kollossal bindet, aufgehoben werde. Die Landeshypothekenanstalt verlangt also die Beseitigung dieser Vertragsbestimmungen und macht die Bewilligung weiterer

Kredite davon abhängig. Die Verhandlungen mit der Waffen¬ fabrik haben sich äußerst schwierig und langwierig gestaltet, da die Waffenfabrik unter keinen Umständen von diesem Vertrag abgehen wollte und ausführte, daß das Bestehen dieses Vertrages für sie eine unbedingte Notwendigkeit sei, als mit einer Tradition gebrochen wurde, in welcher jeweils ein Vertreter des Direkto¬ riums im Gemeinderate vertreten war. Die Waffenfabrik hat sich zur Aufgabe gemacht, sich um die Politik nicht zu kümmern, müsse aber ihr Augenmerk darauf richten, daß sie als größte Steuerträgerin sich einen Schutz dahin sichert, daß nicht auf sie der allergrößte Teil der Steuerlast abgewälzt werde und die übrigen Steuerträger auf Kosten der Waffenfabrik verschont würden. Der unveränderte Weiterbestand des Vertrages vom 1. Mai 1913 bilde daher für sie einen notwendigen Schutz, Die Verhandlungen wurden jedoch unentwegt fortgesetzt und haben folgendes Ergebnis gezeitigt: Die Waffenfabrik hat zugestimmt, daß von der Forderung im Punkt b) Einspruchsrecht über die Aufnahme eines Darlehens der Gemeinde über 100 000 K Abstand genommen und dasselbe aufgehoben werde Sie wollte zwar vorerst von einem gänzlichen Verzicht nichts wissen, sondern wäre bereit gewesen, den Betrag, welcher ihr ein Einspruchsrecht sichern soll, höher zu stellen, vielleicht auf den Betrag von 10,000.000 K; es sei ihr nur darum zu tun, daß das Einspruchsrecht im Sinne des Vertrages gewahrt bleibe. Die Verhandlungen haben jedoch dazu geführt, daß dieser Vertragspunkt beseitigt wurde Auch bezüglich der Feststellung der Umlagentangente hat die Waffenfabrik nachgegeben und sich bereit erklärt, daß die Umlagentangente nach den gesetzlichen Bestimmungen zur Vor¬ schreibung gelange und 75 Prozent nunmehr die Grundlage hiezu bilden sollen Durch diesen Umstand werden die Einnahmen der Gemeinde, auch wenn die Umlage der Gemeinde nicht erhöht würde, wesent¬ lich gesteigert. Bezüglich dem Ansinnen der Gemeinde, daß die Waffenfabrik einverstanden sei, daß die Umlage auf Mietzinse niedriger bemessen werden solle, als mit 500 Prozent, hat die Waffenfabrik den Gegenantrag gestellt und erklärt, daß sie damit einverstanden sei, wenn auch bezüglich der Erwerbsteuer eine Verminderung der Umlagenprozente erfolge. Sie schlug vor, es für die Erwerbsteuer mit 250 Prozent festzusetzen und hat sich im Verhandlungsweg bereit erklärt, daß sie fur den der Gemeinde zukommenden Ausfall aufkomme Hier muß ich betonen, daß sich dies nur auf das Jahr 1921 bezieht, und damit durchaus keine Bindung gegenüber dem Gemeinderate, wie sie früher durch den Vertrag bestanden hat, vorhanden ist Die Waffenfabrik hat sich somit verpflichtet, den Ausfall, der sich durch die Minderung von 500 Prozent auf 250 Prozent für die Gemeinde ergibt, wettzu¬ machen und garantiert der Gemeinde eine Steuersumme von mindestens 3,000 000 K. Sollte die Umlage bei 250 Prozent weniger als 3,000.000 K ausmachen, so leistet die Waffenfabrik dennoch diese 3,100.000 K, macht die Umlage mehr als 3,000.000 bei 250 Prozent aus, muß sie den auch über die 3,000 000 fallenden Mehrbetrag leisten, bezw. nachzahlen. Mit dieser Sache bängt auch die mit den Häusern auf der Ennsleite zusammen. Wie die Herren wissen, hat sich die Waffenfabrik seinerzeit, als wir nach Uebereinkommen mit dem Staatsamte für soziale Verwaltung, der Landesregierung und der Waffen¬ fabrik diese Bauten auf der Ennsleten übernahmen, erklärt, daß sie für jede Wohnung, welche von einem Waffenfabriks¬ arbeiter oder =Angestellten bewohnt wird, pro Monat einen Zu¬ schuß von 12 K leiste und wurde aber verlangt, daß zur Ent¬ lastung der Gemeinde die Waffenfabiik ein Drittel des verlorenen Bauaufwandes zu übernehmen habe Diese Vereinbarung wäre vielleicht auch tatsächlich zustande gekommen, wenn das Ministerium für Finanzen nicht erklärt hätte, daß der Staat nur so viel zu dem verlorenen Bauaufwande leistet, als auch tatsächlich die Gemeinde leistet und daher die Gemeinde als Vierter zur Tragung des verlorenen Bauaufwandes herangezogen wurde, und zwar verteilt sich der verlorene Bauauswand auf den Be¬ trieb, auf Gemeinde, Land und Staat. Aus diesem neu geschaffe¬ nen Verhältnisse hat sich ergeben, daß zwischen der Stadtgemeinde Steyr und der Waffenfabrik ein Vertrag abgeschlossen werden soll. Die Wassentobrik verlangte einen sogenannten Baurechts¬ vertrag, in welchen sich die Waffenfabrik verpflichtet, durch eine Reihe von Jahren und zwar - ursprünglich 40 Jahre jährliche Beiträge zu leisten und die Kosten der Instandhaltung der Gebäude zu übernehmen. Ueber Intervention des Staats¬ amtes für soziale Verwaltung hat sich jedoch nunmehr die Waffenfabrik bereit erklärt, die Beitragsleistung auf 54 Jahre auszudehnen Es ist nun ein Entwurf eines Vertrages zustande gekommen, in dem sich die Waffenfabrik bereit erklärt, d'e bestehenden Objekte pachtweise zu übernehmen und jährlich rund 334 (M K zur Verzinsung und Amortisierung des Anlage¬ kapitales zu leisten und daß sie auch weiterhin alle Umlagen und Steuern, die allenfalls für diese Objekte zu entrichten sind, auf sich zu nehmen hat und daß sie während der ganzen 54 Jahre die Instandhaltung der Objekte und der Wohnungen trägt. In die Instandhaltung ist auch das Pumpenaggregat der Wasser¬ leitung mit inbegriffen. Nun hat sich im Laufe der Verhand¬ lungen ergeben, daß die Wassenfabrik auch verlangt, daß sie nach dem Gesetze über Baurechtsverträge die lastenfreie Ueber¬ gabe in ihren Bestand erlange und daß der Baurechtsvertrag als Hypothekarpost auf den ersten Satz grundbucherlich sicher gestellt werde. Die Landeshypothekenanstalt, welche uns das Geld vorgestreckt hat, erklart jedoch, einerseits mit Rücksicht auf ihr Statut. anderseits mit Rücksicht darauf, daß diese Objekte voll¬ belastet sind, unter keinen Umständen einwilligen zu können, daß ihre Forderung an zweiter Stelle grundbücherlich einge¬ tragen werde. Um diese Schwierigkeiten zu überwinden, wurde vereinbart, daß von einem Baurechtsvertrag abgesehen und ein Bestandvertrag mit der Waffenfabrik abgeschlossen werde, und haben sich die Vertreter der Landeshypothekenanstalt Dr. Graßl und Oberkurator Bruckschlögl auch damit einverstanden erklärt, desgleichen waren die Vertreter der Waffenfabrik einverstanden. wenn ihnen bei dem Bestandvertrage möglichst viele Sicherheit geboten werde und die Rechte eines Baurechtsvertrages jenen des zu errichtenden Bestandvertrages zu ihren Gunsten ange¬ glichen werde. Dabei hat die Waffenfabrik angeführt, daß es nnerhalb der Bestandvertragsdauer von 54 Jahren nicht un¬ möglich wäre, daß es einem Gemeinderate einfallen könnte, den Besitz der Gemeinde auf der Ennsleite oder einen Teil zur Ver¬ steigerung zu bringen. In einem solchen Falle würde für den Besitznachfolger keinerlei Verpflichtung bestehen, wie dies bei einem Uebernehmer nach einem Baurechtsvertrage der Fall wäre. Für die Gemeinde selbst, müsse ebenfalls eine gewisse Sicherung bestehen, als es der Fall sein könnte, daß die Waffenfabrik die Fahrradabteilung oder die Waffenerzeugung von der Auto¬ abteilung besitzrechtlich trennt; nach einem Baurechtsvertrag müßte die Verpflichtung des Vorbesitzers auf den Besitznachfolger übergeleitet werden, dies kann jedoch auch in einem Bestand¬ vertrag festgelegt werden, so daß auch durch einen solchen beider¬ seits eine Sicherung geschaffen ist, weil auch in dem Falle, als ein späterer Gemeinderat einen Teil der Häuser versteigern würde, die Pflichten des heutigen Vertragsteiles, d i. die Ge¬ meinde von dem Besitznachfolger übernommen werden müssen. Im weiteren haben wir der Waffenfabrik bezüglich der Umlagen¬ prozente klar bewiesen, daß der bisherige Standpunkt der Waffen¬ fabrik unhaltbar und derselbe selbst für die Waffenfabrik als unvernünftig zu bezeichnen ist; denn wenn die Mietzinsauflage mit 50 Prozent festgelegt würde, müßte auch der Mietzins fur die übrigen in der Stadt wohnenden Arbeiter bedeutend gesteigert werden, was zur Folge hätte, daß bei der nächsten Lohnregu¬ lierung die Waffenfabrik erhöhte Löhne bezahlen müßte. Diese Sache wäre um so schwieriger, als die Waffenfabrik ohne Rück¬ sicht darauf, wo der Arbeiter wohnt, in eine allgemeine Lohn¬ regulierung einstimmen müßte. Anderseits ist die Grundsteuer im allgeme nen so nieder in Vorschreibung, daß diese eine be¬ deutende Erhöhung des Umlagenprozentes leicht vertragen kann Es wurde nun auf die drei Steuerkategorien, der Hauszins¬ steuer, der Erwerbsteuer und der Grundsteuer eine Abstufung vereinbart, wir konnten jedoch nicht übereinkommen, daß für die Wassenfabrik eine Differenzierung nach einer ixbeliebigen Steuer¬ gattung erfolge Die Waffenfabrik erklärt jedoch nichts anderes zu wollen, als daß sie nicht höher besteuert werden darf, wie alle anderen Steuerträger. Es wurde auch festgelegt, daß ein Unterschied zwischen der allgemeinen und der besonderen Erwerbsteuer für die Waffenfabrik auch der Landeshypothekenanstalt mitteilen, weil sie ja eine der besten Stützen zur Aufhebung des Vertrages mit der Waffenfabrik war; ihre Vertreter haben in der Ver¬ handlung erklärt, daß sie mit unserem Vorschlage der Abstufung der Steuergattungen einverstanden sei, gegen eine entsprechende Fassung des Uebereinkommens im vorgedachtem Sinne nichts einzuwenden habe, und der Gemeinde sodann weitere Kredite eröffnen werde. Dabei spielte unser Vorschlag auf Einführung einer Für¬ sorgeabgabe eine bedeutsame Rolle. Diese Fürsorgeabgabe solle sich auf folgendes erstrecken: Jeder der im Stadtgebiete Steyr zum Zwecke des Erwerbes oder des Gewerbetriebes sich fremder (nicht Familienangehörige) Arbeitskräfte bedient, sei verpflichtet. von jeder Lohn= oder Gehaltskrone 1 Prozent an die Gemeinde abzuliefern Durch diese Abgabe wird die Waffenfabrik als größter Unternehmer selbstverständlich auch am meisten belastet und versuchten die Herren der Waffenfabrik womöglich glatt darauszukommen Wenn nun dieser Antrag auf Einhebung einer Fürsorgeabgabe dem löblichen Gemeinderate vorgelegt werden soll, so ist es auch notwendig, über das Ergebnis einer solchen Abgabe des Näheren zu sprechen Laut einer Statistik, seit deren Aufstellung sich eher eine Vermehrung des Angestelltenstandes ergeben hat, sind in Steyr etwas über 8000 Arbeiter und An¬ gestellte, für welche diese Abgabe zu leisten wäre Nach Mitteilungen zahlt die Waffenfabrik wöchentlich rund 9,000.000 K an Löhnen aus; dazu kommen die Gehälter der Beamten mit monatlich 3,000 000 K, so daß die Fürsorge¬ abgabe mit 1 Prozent von der Lohn= oder Gehaltskrone aus diesen Angestelltenlohn allein bis 5,500 000 K ausmachen würde. Dazu kommen noch die übrigen, in anderen Unternehmungen befindlichen Angestellten, so daß ein Jahresertrag aus der Fur¬ sorgeabgabe von rund 7,000 000 K zu erwarten steyt, eine Abgabe, die sicherlich geeignet ist, die finanziellen Verhältnisse der Stadt wesentlich zu bessern, weil es möglich ist, mit diesem Abgabe¬ ertrag ein Kapital von 150,000 000 K zu verzinsen und zu amortisieren Der Herr Referent bringt sodann das Verhandlungs¬ Protokoll vom 25 Februar zur Verlesung. Hiezu muß folgendes angeführt werden: Die Wasienfabrik hat gegen die Einfuhrung der Fürsorge¬ abgabe Einwendungen erhoben und behauptet, daß dieselbe gegen den Vertrag vom 1 Mai 1913 verstößt, zumindestens aber eine Umgehung desselben bedeute und sie daher einen Beschluß auf Einführung dieser Abgabe nicht anerkenne Wir erklärten, daß diese Abgabe mit dem Vertrage gar nichts zu tun habe, weil sich

der Vertrag auf Umlagen auf die direkten Steuern bezieht und die Gemeinde in keiner Weise gebunden ist, andere Abgaben, wie solche die Fürsorgeabgabe darstellt, einzuführen Die Waffen¬ fabrik machte uns auf unsere Vorhalte, von dieser Fursorge¬ abgabe nicht abgehen zu können, den Vorschlag, die Fürsorge¬ abgabe dann abzubauen, wenn die Erwerbsteuer eine gewisse Höhe erreicht habe Auf diesen Vorschlag konnten wir selbstver¬ ständlich nicht eingehen, worauf die Waffenfabrik verlangte, daß wir wenigstens eine Erklärung dahin abgeben, daß die Gemeinde nicht die Absicht hat, die größten Lasten auf die Waffenfabrik allein zu legen und diese der Waffenfabrik aufzuerlegenden Lasten möglichst in dem bisherigen Rahmen belassen werden, Wir haben uns jedoch bereit erklärt, loyal zu erklären, daß bei allfälliger Einführung neuer Arten von Abgaben die Waffen¬ fabrik keine wesentliche höhere Belastung erfahren solle, als es dem gegenwärtigen Verhältnisse der Steuerleistung zwischen der Waffenfabrik und den übrigen Steuerträgern erfolgt Wenn es nun im Protokolle heißt, daß durch die Ein¬ führung der Fürforgeabgabe keine wesentliche Mehrleistung er folgen soll, so ist dies wohl eine Erklärung, wozu betont werden muß, daß die Einführung der Abgabe absolut nicht von einer Zustimmung oder Ablehnung der Waffenfabrik abhängig ist; in dieser Hinsicht hat der Gemeinderat vollkommen freie Hand. Hierauf verliest der Herr Referent den Entwurf über das Gesetz zur Einführung der Fürsorgeabgabe und stellt den Antrag: „Der Gemeinderat beschließe die Einführung einer Fürsorge¬ abgabe im Sinne des Gesetzentwurfes. Weiters beantragt der Herr Referent: „Der Gemeinderat beschließe, daß zwischen der Waffenfabrik und der Stadtgeweinde ein Bestandvertrag über die Wohrgebäude auf der hohen Enns¬ leite abgeschlessen werde und zwar auf der Grundlage, daß sich die Waffenfabrik verpflichtet, durch 54 Jahre hindurch jährlich 334.000 K an die Gemeinde zu leisten, daß sie für die Wohn¬ gebaude auf der hohen Ennsleite die gesamten Steuern und Umlagen trägt und auch für die Dauer von 54 Jahren die gesamte Instandhaltung der Wohngebäude übernimmt, ferner, daß die Waffenfabrik sich verpflichtet, das gesamte Erträgnis aus de " Bestandvertrage nach Abzug der Steuern, Umlagen und Instandhaltungskosten an die Gemeinde abzuführen. Hiezu muß bemerkt werden, daß die Objekte auf der Enns¬ leiten durch eine ganze Reihe von Jahren steuerfrei sind In den späteren Jahren werden die Kosten der Instandhaltung allerdings höher sein als das Mietzinserträgnis. Nicht unerwähnt muß bleiben, daß von einzelnen Bewohnern auf der Ennsleite das Verlangen gestellt wurde, der Gemeinde¬ rat möge in den Vertrag mit der Waffenfabrik eine Be¬ stimmung aufnehmen, wemit sich die Waffenfabrik verpflichtet, den in den Wohnhäusern auf der Ennsleite wohnenden, in der Waffenfabrik nicht beschäftigten Parteien oder solchen Parteien, die aus der Waffenfabrik austreten oder entlassen werden, nicht zu kündigen. Dieses Begehren ist seitens der Waffenfabrik auf den heftigsten Widerstand gestoßen; wir hatten empfohlen, daß sich die betroffenen Parteien an den Betriebsrat der Waffenfabrik wenden mögen, der gesetzlich berechtigt ist, das Wohnungsfürsorgewesen zu überwachen und das Einspruchsrecht in dieser Hinsicht besitzt Für den Gemeinderat ist es leider nicht möglich zu erwirken, daß eine solche Bestimmung in den Ver¬ trag mit der Waffenfabrik aufgenommen werde. Ich komme nun zu dem Punkte „Abänderung des Gemeinde¬ ratsbeschlusses vom 29 Dezember 1920 und beantrage: Der Gemeinderat beschließe: Der in der Präliminarsitzung vom 29. Dezember 1920 gefaßte Beschluß die Umlagen auf die direkten Steuern mit 500 Prozent festzusetzen, wird aufgehoben und an dessen Stelle treten nachfolgende Umlagesätze: Umlage auf die Hauszinssteuer 200 Prozent „ „ Renten= und Erwerbsteuer Grundsteuer Das Gemeinderats=Präsidium wird beauftragt, raschestens beim Landtag um die Bewilligung dieser Umlagen einzuschreiten. Anknüpfend daran beantraae ich, daß der Gemeinderat diese Umlagen unter der Voraussetzung beschließt, daß die Waffenfabrik sich verpflichtet, für die Gemeinde aus der Erwerb¬ steuerumlage ihres Unternehmens mindestens 3,000 000 K für das Jahr 1921 zu leisten. Hiezu muß bemerkt werden, daß diese Umlagenprozentsätze nur für das Jahr 1921 gelten. Sollte sich aus der Erwerb¬ steuervorschreibung für die Waffenfabrik eine höhere Summe ergeben, so hat die Waffenfabrik den erhöhten Betrag nachzu¬ zahlen. Die 3,000.000 K sind an den sonstigen Umlagenterminen an die Stadtkasse abzuführen Zum vierten Punkte würde ich beantragen: Daß der Gemeinderat zustimme, daß der am 1 Mai 1913 mit der Waffenfabrik geschlossene Vertrag in der Weise, daß der 8 3. Punkt a), wie er im Uebereinkommen festgelegt erscheint, abge¬ ändert werde; zu b), daß das Einspruchsrecht der Waffenfabrik über Darlehensaufnahmen der Gemeinde aufgehoben werde und die Abänderung e) daß die Waffenfabrik keine Einwendung er¬ hebe, daß die Aufteilung der Erwerbsteuer künftighin gemäß dem Steuergesetze erfolgt, so daß das vor dem Vertrage vom 1. Mai 1913 bestandene Verhäl nis wieder hergestellt werde. Wenn der Gemeinderat diesen Abänderungen zustimmt, so ist von diesem § 3 des Vertrages eigentlich nichts mehr übrig, als daß die Waffenfabrik bezüglich der allgemeinen und besonderen Erwerbsteuer keine Differenzierung zu befürchten hat und der Gemeinderat von der drückendsten Fessel des Vertrages vom 1. Mai 1913 befreit ist. Ich möchte Sie bitten, daß Sie sich bei der Beratung über die Anträge vor Augen halten mögen, in welch schwieriger Lage die Gemeinde die ganze Zeit hindurch gestanden ist und daß das Gesamtergebnis vielleicht kein solches ist, daß wir uns sagen können, wir hätten besondere Ursache, Feste zu feiern. Die Vereinbarungen sind eben auch unter einem Zwange der Not geboren worden und tragen infolgedessen auch diesen Stempel an sich. Nichtsdestoweniger können sich auf der neuen Grundlage die Verhältnisse für die Stadt ruhiger und klarer gestalten, da der Gemeinderat die Möglichkeit besitzt, durch seine nunmehr in dieser Richtung geschaffene freiere Tätigkeit Beschlüsse zu fassen, die klare Verhältnisse ermöglichen, damit wir der Zukunft ruhiger entgegenblicken können. Ich bitte um die An¬ nahme der Anträge Herr Vizebürgermeister Nothhaft führt aus: Ich möchte daran erinnern, daß ich in der Sitzung am 29. Dezember 1920 den Antrag stellte, in letzter Stunde nochmals an die Waffen¬ fabrik heranzutreten, um im gütlichen Uebereinkommen einen Ausweg aus der schwierigen Situation, in die wir durch die gerechtfert gte Stellungnahme der Landeshypothekenanstalt geraten sind, zu finden. Ich fühle mich verpflichtet, auch heute das Wort zu ergreifen. Die heutige Tagung des Gemeinderates dürfte in den Annalen unserer Geschichte jedenfalls zu einer der denk¬ würdigsten sein und streicht in dieser Stunde endlich wieder ein kühlerer Luftzug durch den Saal, in welchem die Atmosphäre schon eine schwüle geworden war. Ist das Resultat unserer Verhandlungen auch gerade nicht das Ideal, so bringt es doch für die Stadt wesentliche Erleichterungen. Die Erfolge lassen sich in vier Punkten gliedern und zwar: 1. In der Wiedergewinnung der Bewegungsfreiheit des Gemeinderat-s, die durch die früheren Bestimmungen des Vertrages äußerst beschränkt war, 2. Erzielung eines günstigen Bestandvertrages mit der Waffenfabrik bezüglich der Wohnobjekte auf der Ennsleite, 3 Günstigerstellung der Umlagenperzente und 4 die Einführung der Fürsorgeabgabe, die uns in die Lage versetzen wird, einen Teil des Defizites abstoßen zu können und in Hinkunft mit ruhigeren Ziffern arbeiten zu können Daß diese Ergebnisse gezeitigt wurden, kann gewiß meinem in der Präliminarsitzung gestellten Antrag zuge¬ schrieben werden. Die Verhandlungen gestalteten sich außer¬ ordentlich schwierig, weil einerseits sich auch die Waffenfabrik als Industriefaktor in Steyr durchringen und anderseits die Gemeinde auch ein Einvernehmen mit demselben zustreben muß. Wir können mit einer gewissen Befriedigung auf das Ergebnis blicken und kann ich Ihnen empfehlen, daß Sie die gestellten Anträge annehmen. Herr GR. Prof Brand frägt, wie die Festsetzung des Zweckes der Fürsorgeabgabe erfolgt Herr Vorsitzender Vizebürgermeister Dedic erklärt, daß dies heute noch schwer zu sagen ist; insbesondere aber sei es klar, daß die Fürsorgeabgabe jenen Zwecke dienen soll, die aus¬ gesprochenen Fürsorgeabsichten gewidmet sind, als das Kranken¬ haus, das Jugendamt, Armenwesen, Wohnungsfürsorge, dann der der Fürsorge für die sanitären Maßnahmen usw. Es dürfte aber nicht gut sein, schon vorher festzulegen, für welche Zwecke die Abgabe verwendet bezw. bestimmt werden soll. Herr GR Witzany frägt Herrn Bürgermeister Wokral, wie im Vertrage die Bestimmung lautet, nach welcher der Ge¬ meinde der Mietzinsertrag zur Verfügung zu stellen ist und dabei die Waffenfabrik für die Instandhaltung sorgt. Die teuerste Instandhaltung bedeutet die Instandhaltung der Straßenzüge dann der Schaffung der Wasserleitung und Kanalisation, ferner des elektrischen Lichtes; in welcher Weise wurden diese Lasten im Vertrage berücksichtigt? Wenn die Gemeinde die Kosten der angeführten Einrich¬ tungen zu tragen hat, dann leistet sie mindestens jährlich vier¬ mal so viel als die Waffenfabrik, so daß wir she wenig von der ganzen Geschichte eigentlich haben. Herr GR. Schickl sagt, daß er sich über die Fürsorge¬ abgabe nicht klar sei und wäre es besser gewesen, wenn alle Gemeinderäte vorerst Gelegenheit gehabt hätten, den Entwurf durchzustudieren. Man wisse nicht, welche Betriebe für die Ab¬ gabe in Betracht kommen Wie soll zum Beispiel ein Gewerbe¬ treibender diese Abgabe von den Löhnen in Abzug bringen. Der Angestellte zahlt dem Gewerbetreibenden diese Abgabe sicher nicht. Dies trifft heute schon beim Krankengeld zu Weiters ist eine 250prozentige Umlage auf die Erwerbsteuer viel zu hoch und bitte ich eine Abstufung zu machen. Das Gewerbe ist heute in Steyr nicht mehr so glänzend, wie es einmal bestellt war und werden die Gewerbetreibenden bei den heutigen Material¬ preisen nicht mehr langer existieren können Herr GR. Kletzmayr bemerkt hiezu, daß aus dem Berichte des Herrn Bürgermeisters schon zu entnehmen war, daß dieses eine Prozent vom Arbeitgeber zu entrichten ist Ich bin sonst kein Freund von Steuererhöhungen; hier kommt aber speziell der Arbeitgeber in Betracht und bin der Meinung, daß man, nachdem es sich um Fürsorgezwecke handelt, dieser Abgabe auch zustimmen kann. Der Arbeitgeber wird diese Abgabe schon einkalkulieren und damit eine Deckung sinden Ich teile die Be¬ denken des Herrn GR. Schickl nicht und glaube, daß wir die Fürsorgeabgabe nur mit Freude begrüßen können. Herr GR Dr. Furrer verweist auf seinen Antrag in der Sitzung vom 18. Februar, betreffend die Tuberkulosenfürsorge und eisucht auch diese bei der Abgabe in Berücksichtigung zu ziehen, damit die Gemeinde endlich einmal grundsätzlich über diese Frage hinauskomme.

Herr Bürgermeister Wokral erwidert zu den Worten der Herrn GR. Witzany, daß die Straßenerhaltung, die Wasser¬ leistung und Kanalisation alleinige Sache der Gemeinde sei; wenn irgend ein Privater baut, so ist nach dem Gesetze die Gemeinde verpflichtet, für die Errichtung eines Straßenzuges und der Instandhaltung der öffentlichen Anlage aufzukommen. Auch die Waffenfabrik trifft daher die Erhaltung der Straßen usw. nicht. Von dem Mietzinsertrage, den die Gemeinde von der Waffenfabrik zu erhalten hat, kann sich dieselbe jenen Betrag abziehen, den sie aus der Instandhaltung der Wohnobjekte zu leisten hatte Die Objekte sind jetzt fertiggestellt und wird für die e sten Jahre kaum eine Reparatur notwendig sein. Ein Teil der Häuser ist jedoch während des Krieges gebaut worden, wozu Ersatzstoffe verwendet werden mußten, die die Lebensdauer dieser Objekte wesentlich verkürzen. Bei diesen werden die Instand¬ hatungskosten bedeutend mehr betragen und nach kürzerer Zeit über das Maß des Zinsenerträgnisses hinausgehen. Zur Beant¬ wortung der Anfrage des Herrn GR Schickl bringt Herr Bürgermeister Wokral die wesentlichsten Punkte aus dem Gesetz¬ entwurf zur Verlesung und bemerkt hiezu, daß nach den ge¬ machten Erfahrungen die Lohnsumme ungefähr 40) Prozent der Gestehungskosten ausmacht, so daß es sich um ein halbes Prozent für die beantragte Abgabe für den Gewerbetreibenden handelt. Diese Belastung ist nicht so weitgehend, daß der Gewerbetreibende seine Erzeugnisse nicht mehr an den Mann bringen könnte. Uebrigens beschäftigen die meisten Gewerbetriebe fast keine oder nur wenige Gehilfen und meistens Lehrlinge. Durch die kolossale Ausnützung von Lehrlingen wird aber eine Konkurrenz geschaffen die durchaus nicht einwandfrei ist. Bezüglich des Begehrens auf Abstufung der Erwerbsteuer müßte die heutige fertige Sache wieder vollends umgestoßen und die Erfolge aus den Verhand¬ lungen mit der Waffenfabrik aufgehoben werden Die Waffen¬ fabrik hat auch erklärt, daß sie, wenn eine Aenderung in der jetzigen Vereinbarung eintreten würde, sie sich genötigt sehen würde, ihre Zustimmung zu den anderen Punkten des geänderten Vertrages zurückzuziehen; die Gemeinde müßte allenfalls dann ver suchen, im Prozeßwege sich ihren Willen zu erstreiten. Ein Prozeß ist eine Sache, deren Dauer und Ausgang man nie kennt und welcher uns dabei enorme Kosten verursachen würde Herr GR. Dr. Furrer hat auf die Tuberkulosenfürsorge hinge¬ wiesen und werden auch hiefür Mittel vorzusorgen sein. Die gegenwärtigen Typhusfälle ermahnen weiters daran, die Wasser¬ leitung nunmehr raschestens durchzuführen; die Erkrankungen sind nicht weiter vorgeschritten und kann gesagt werden, daß im Februar keine Neuerkrankungen erfolgt sind. Es ist unbedingt notwendig, daß Mittel geschaffen werden, die die Gemeinde befähigen, allen diesen Aufgaben gerecht zu werden. Herr GR Steinbrecher begrüßte es, daß endlich ein¬ mal eine gewisse Klärung geschaffen wurde und sei es auch an¬ zuerkennen, daß sich das Präsidium hiebei Verdienste erworben hat, denn es haben die Verhandlungen von Haus aus ziemlich trostlos ausgesehen, weil es die Gemeinde mit gewiegten Geschäfts¬ leuten und Juristen zu tun hatte Anderseits ist der Stand¬ punkt der bewohn rschaft auf der Ennsleite begreiflich, wenn sie sich gegen die Uebergabe der Häuser auf den Ennsleiten an die Waffenfabrik wehrt. Es ist gewiß ein deprimierendes Bewußt¬ sein, wenn eine Partei weiß, wenn es die Arbeit in der Waffen¬ fabrik verliert, auch damit um seine Wohnung kommt; es wird dadurch wieder der wirtschaftlich Schwächere belastet. Die Waffen fabrik wird für den Autobau Spezialisten aufnehmen, welche mit ihrer Anstellung eine Wohnung begehren und auf der Enns¬ leite untergebrachte Parteien verdrängen werden. Ich fühle mich verpflichtet, meine Bedenken hier öffentlich auszusprechen und bitte, nicht gleichgültig über die Interessen der Bewohnerschaft auf der Ennsleite hinwegzugehen. Wenn man die ganze Sache über die Objekte auf der Ennsleite leidenschaftslos betrachtet, so muß ich sagen, daß die Waffenfabrik hiebei das bessere Geschäft gemacht hat, denn der Ausbau der Fabrik ersordert Straßen und Brücken, deren Schaffung und Erhaltung der Gemeinde allein zuzufallen hat Die Bewohnerschaft verlangt eine Sicher¬ heit durch Aufnahme einer Bedingung in den Bestandvertrag, daß den derzeitigen Parteien auf der Enneleite aus dem Titel der Bestandnahme der Häuser durch die Waffenfabrik nicht gekündigt werden darf; anderseits befindet sich die Gemeinde selbst in einer Zwangslage Wir sind aber trotzdem als öff ut¬ liche Funktionäre dafür verantwortlich, daß den Parteien auf der Ennsleite Sicherheit geboten werde. Es ist keine Kleinigkeit, von den Parteien bestürmt zu werden und bedauere ich nur, daß heute die Sitzung so schwach besucht ist und daß sich nicht alles klar darüber zu sein scheint, daß die Verantwortung eine gemeinsame ist. Herr GR. Aigner schließt sich den Ausführungen des Vorredners an und sagt, genau dasselbe Verhältnis stehl zwischen der Waffenfabrik und den Gewerbetreiben bezüglich der Umlagenerhöhung Durch die Verdienstverhältnisse in der Waffen¬ sabrik laufen uns unsere Arbeiter überhaupt alle davon. Wir haben vor 2. Jahren schon mit der Waffenfabrik ein Ueber¬ einkommen geschlossen, daß dieselbe jene Arbeiter der Gewerbe¬ treibenden nicht aufnehmen dürf: die selbst aus der Arbeit der Gewerbetreibeuden g treten sind Diese Vereinbarung ist leider wieder zu Wasser geworden und nimmt hierauf gar keine Rücksicht mehr, wodurch wir geschädigt werden Ich kann mich nicht recht einverstanden erklären, daß keine Abstufung in der Erwerb¬ steuer platzgreifen solle Die Waffenfabrik richtet unsere Straßen und Brücken zugrunde und beim Zahlen zieht sie sich zurück und hat Herr GR. Steinbrecher ganz recht, wenn er sagt, die Waffenfabrik hat wieder das bessere Geschäft gemacht. Herr Vizebürgermeister Mayrhofer bemerkt, daß durch die Verhandlungsergebnisse mit der Waffenfabrik zumindestens der schwierigste Teil des alten Vertrages endlich beseitigt ist und wenn noch die Fürsorgeabgabe beschlossen wird, so kann die Gemeinde auch endlich die schon vor langer Zeit von der seiner¬ zeitigen Statthalterei aufgetragenen sanitären Maßnahmen durchführen Unsympatisch b rührt aber die Ueberantwortung der Häuser auf der Ennsleite auf 54 Jahre an die Waffen¬ fabrik. Die Gemeinde hat dazu jährlich K 250.000 beizutragen, was innerhalb der 54 Jahre eine Summe von rund zwölf Millionen Kronen ausmacht, mit welcher Summe ein ganz ge¬ waltiges Kapital verzinst werden könnte. Tatsache ist, daß die Parteien in den Objekten auf der Ennslette der Waffenfabrik ausgeliesert sind, und ist es logisch, wenn eine Partei aus der Waffenfabrik austritt, auch derselben die Wohnung gekündigt werden wird. Die Gemeinde bleibt wohl Besitzerin der Häuser, unser Einfluß auf die Häuser selbst ist gleich Null. Wenn ich alle übrigen Anträge auf das Wärmste befürworte, so kann ich mich mit der Vermietung der Häuser an die Waffenfabrik auf 54 Jahre nicht einverstanden erklären. Herr GR. Witzany befürchtet, daß der Betriebsrat der Waffenfabrik dem Standpunkte derselben zustimme, daß die Waffenfabrik über die Wohnungen verfügen könne, wie sie wolle Wir werden dadurch in eine scheußliche Situation gebracht werden; das Wohnungsamt wird von allen Seiten überflutt und wenn den Anforderungen nach Wohnungen nicht nachge¬ kommen werden kann, wird sich der Unmut wieder über die Gemeinde entladen. Die Gemeinde muß einen hohen Betrag jährlich leisten, wovon sie gar nichts hat, weil sie durch einen Bestandvertrag 54 Jahre lang alle Rechte aus der Hand gibt Die Gemeinde könnte ganz ruhig auch eine zweiprozentige Für¬ sorgeabgabe beschließen und brauchte uns eine Drohung der der Waffenfabrik gar nicht zu rühren, weil wir einfach sagen, wir lassen die ganze Ennsleite überhaupt stehen. Es wird schließlich mit der Waffenfabrik wieder ein Vertrag abgeschlossen, mit welchem wir uns in eine neue Gefahr begeben, die die größten Bedenken hervorruft. Herr GR. Frühwald verweist darauf, mit welch großen Schwierigkeiten der "usbau der Häuser auf der Ennsleite vor sich ging; unter dem Drucke, der auf das Wohnungsamt lastete, mußte sich die Gemeinde wohl oder übel entschließen, die Bauten zu vollenden. Es werden auch schon seitens der Parteien auf der Ennsleite Vorwürfe laut, weil in dieser Frage die Gemeinde zu nachgiebig war und die Waffenfabrik schließlich gezwungen gewesen wäre, die Häuser zu den für die Gemeinde günstigen Bedingungen zu übernehmen. Dos Wohnungsamt ist außerstande, Parteien, welche in der Fabrik nicht beschäftigt sind, anderswo unterzubrigen. Die Bemessung eines höheren Zinses an die Parteien würde vorteilhafter gewesen sein, als die Häuser auf der Ennsleite samt den Parteien von der Waffenfabrik abhängig zu machen Herr Vorsitzender erteilt Herrn Bürgermeister Wokral das Schlußwort. Herr Bürgermeister Wokral führt aus, daß ein Teil der Mitglieder des Gemeinderates die Situation verkenne; sicher ist, wenn der Vertrag vom Jahre 1913 nicht bestanden hätte, wir wesentlich besser daran wären, und zwar aus dem Grunde, weil uns die Kredite nicht so leicht verweigert worden wären. Zur Aufklärung bin ich genötigt, etwas zurückzugreifen. Als die alte Monarchie zusammenbrach, hat sich die Militärbauleitung einfach entfernt, die Objekte find verwaist gestanden und bestand die Gefahr, daß die Objekte mehr abgetragen als aufgebaut werden. Tatsache ist, daß auch für die Waffenfabrik eine Stellung¬ nahme schwer war, weil die Verhältnisse gänzlich ungeklärt waren niemand wußte, was eigentlich werden solle. In dieser Situation mußte die Gemeinde eingreifen und trachten, daß sie den Waffenfabriksgrund erhalte, damit die Objekte ausgebaut werden können. Damals hoffte man mit 4½ Millionen Kronen das Auslangen zu finden; dabei hatte sich die Arbeiterschaft dafür eingesetzt, daß trotz der enormen Baukosten die Wohnunge¬ zinse nicht höher sein dürfen, als wie sie üblich sind und hat weiters verlangt, daß die Gemeinde aus eigenen Kräften die Bauten vollendet. Wir wandten uns an den Skaat und an das Land und hat das Staatsamt für soziale Verwaltung erkannt, daß diese Häuser in erster Linie für die Arbeiter der Waffen¬ fabrik zu bestimmen sind, unter der Voraussetzung, daß die Waffenfabrik auch einen Beitrag hiezu leistet Es kam dann mit Waffenfabrik die Vereinbarung zustande, daß diese; zu jeder Wohnung, die von einem Fabriksarbeiter bewohnt werde, einen monatlichen Zuschuß von 12 Kronen leistet. Mittlerweile sind jedoch durch die fortschreitende Teuerung die Baukosten bedeutend gestiegen und konnte trotz diesem Zuschuß der Wassenfabrik nicht daran gedacht werden, die Mietzinse entsprechend dem Bau¬ erfordernis zu erhöhen, um eine Deckung finden zu können. Wir waren in einer Situation, in welcher sich die Waffenfabrik bereit erklärte, allenfalls die Objekte käuflich zu übernehmen. Ich erinnere daran, daß die allgemeine Stimmung die war die Objekte an die Waffenfabrik nicht zu verkaufen, sondern sie lieber selbst auszubauen; auch bei den Verhendlungen in Linz stand die Sache noch so. Als wir dann bei der General¬ Direktion in Wien vorsprachen, um die näheren Modalitäten festzujetzen, hat es sich herausgestellt, daß die Waffenfabrik bereit wäre, die Objekte unter der Voraussetzung zu übernehmen, wenn Staat und Land zu dem verlorenen Bauaufwand einen Teil

leistet. Staat und Land hat erklärt, nur dann einen Teil bei¬ zuschießen, wenn die Objekte im Eigentume der Gemeinde ver¬ bleiben. Unter diesen Umständen hatten wir damals ein Inter¬ esse daran, einen Baurechtsvertrag mit der Waffenfabrik abzu¬ schließen. Wenn die Bausumme mit 21 Millionen angenommen wird, so hätte die Waffenfabrik 6½ Millionen Kronen zu leisten, die übrigen 14½ Millionen Kronen würden auf den Staat, das Land und die Gemeinde fallen. Die Waffenfabrik erklärte dann, unter diesen Umständen kein Interesse an den Bauten zu haben. Es wurde nun der Waffenfabrik bedeutet, daß die Waffenfabrik aus den Häusern den meisten Vorteil ziehe, weil diese für die Arbeiter bestimmt werden können. Damit war allerdings eine Zwangslage für die Gemeinde geschaffen, der sie sich aber nicht entwinden konnte, weil die damaligen Verhältnisse infolge des UUmsturzes und der Stellung der Gemeinde zur Waffenfabril viel stärker waren. Es darf aber nicht verhehlt werden, daß das Gedeihen der Stadt auch vielfach von dem Gedeihen der Waffen¬ fabrik abhängt, und müssen wir daher auch auf die Entwicklung dieser Großindustrie Rücksichten nehmen. Die Fabrik braucht eine Reihe neuer Spezialarbeiter für die Autoerzeugung und ist es klar, daß die Waffenfabrik diese nicht bekommt, wenn sie ihnen nicht entsprechende Unterkunft sichert. Wenn hiedurch andere Arbeiter betroffen werden, ist dies gewiß sehr bedauerlich. Wir sind aber bei bestem Willen nicht imstande, dies zu ändern und nützt es uns gar nichts, wenn wir uns gegen bestehende unab¬ änderliche Tatsachen sträuben, das sind Verhältnisse, die uns aus dem Vertrage vom Jahre 1913 anhängen und uns ins Hinter¬ treffen bringen; wäre dieser Vertrag nicht gewesen, hätten wir ganz anders sprechen können, so aber ist es mit dem Revolver an der Brust besser, lieber das kleinere Uebel zu wählen und eine Vereinbarung zustande zu bringen, durch welche wir wenigstens zum überwiegenden Teil aus der Fessel kommen. Es wird keine Abgabe erfunden werden können, bei welcher die Waffenfabrik nicht den größten Teil auf sich zu nehmen haben wird. Schließlich haben auch die Gewerbetreibenden die Konjunktur ebensogut ausgenützt und gar keinen Anlaß zur besonderen Klage und wenn angeführt wird, daß ihnen die Arbeiter weg¬ laufen, so wird sich dies in der Zukunft bessern, weil das Ver¬ hältnis zwischen Prof-ssionisten und Hilfsarbeiter sich anders gestalten wird. Es werden auf zwei Professionisten ungefähr zwei bis drei Hilfsarbeiter kommen. Uebrigens wird ein Ab¬ schließen eines Uebereinkommens, wie es Herr GR. Aigner an¬ geführt hat, der Unterhandlung zwischen Waffenfabrik und Ge¬ werbetreibenden selbst vorzubehalten sein. Es wird auch die Waffenfabrik in Hinkunft ein Interesse daran haben, nur für das Fach qualifizierte urbeiter zu bekommen, so daß sich die Aufnahme von Arbeitern anders gestalten wird Im übrigen muß betont werden, daß die Waffenfabrik selbst es einsieht, daß die Wohnungsverhältnisse in Steyr einer Besserung bedürfen und sie schon in verhältnismäßig kurzer Zeit ein großzügiges Bauprogramm in Angriff nehmen wird, um dadurch der Wohnungsnot abzuhelfen. Es liegt im Wesen aller Verhandlungen, daß nahezu kein Teil befriedigt ist, weil jeder etwas zugibt oder nachgibt Es besteht eben noch kein Gesetz, daß der Waffenfabrik das Häuser¬ hauen diktiert. Unser Standpunkt wird daher gewiß der richtige sein und wird der Gemeinderat für das Jahr 922 in die Lage kommen, die Situation in reiferer Form zu überblicken und seine Beschlüsse darnach zu richten Nicht unerwähnt kann bleiben, daß im Landesrat erklärt wurde, daß allerdings die Möglichkeit vorhanden wäre, daß der Landtag ohne Rücksicht auf den Ver¬ trag mit der Waffenfabrik sich entschließen könnte, die Umlage im verschiedenen Ausmaße festzusetzen, wobei aber nicht ver¬ mieden würde, daß die Vertragsteile Schadenersatzansprüche stellen könnten; mit einem solchen Beschluß des Landtages wäre uns nicht geholfen, weil ein Prozeß entstünde und wir allen¬ falls das Mehr zurückzahlen müßten. Wenn wir uns sagen, daß der frühere Vertrag vom Jahre 1913 fast auf eine Null gesunken und wir ferners die Fürsorgeabgabe erhalten, kann die Gemeinde gegenwärtig immerhin mit dem Erfolg zufrieden sein Ich möchte dabei aus dem Voranschlage des Jahres 1921 auf den unbedeckten Abgang von 11 Millionen verweisen, welcher heute schon weit überholt ist, weil wahrscheinlich schon nächstens eine Regelung der Gehalte eintreten wird, die ihre Rückwirkung auf den 1. Jänner 1921 hat. Es ist daher unerläßlich, daß neue Einnahmen geschaffen werden, die uns über die heutigen finanziellen Schwierigkeiten hinweghelfen. In den Verhältnissen, in welchen wir dermalen stecken, konnten wir keine anderen Anträge stellen und bitte ich um Annahme derselben Im Gemeinderate werden Stimmen laut, welche die Fort¬ setzung der Debatte wünschen. Der Vorsitzende leitet geschäftsordnungsmäßig über den Wunsch mehrerer Herren Gemeinderäte auf Fortsetzung der Dehatte die Abstimmung ein. Der Gemeinderat willigt mit Stimmenmehrheit in die Fortsetzung der Debatte. Herr GR. Witzany beantragt: Einführung einer ein¬ prozentigen Fersorgeabgabe auf die Dauer eines Jahres, ohne Rücksicht auf die vereinbarten Bedingungen oder Vertrags¬ bindung gegenüber der Waffenfabrik und daß auch mit anderen Unternehmungen kein Vertrag in dieser Sache abgeschlossen wird Im weiteren soll es in dem Antrage des Referenten noch heißen „von allen Lohnbezügen samt allen Zulagen" Zu Punkt 3: Der Gemeinderat stimmt unter der Bedingung zu, wenn in dem Vertrage die Klausel aufgenommen wird, daß die Wohnungen der in Betracht kommenden Häufer, gleich allen anderen dem Mieterschutzgesetze unterworfen sind. Weiters verpflichtet sich die Oesterreichische Waffenfabriks¬ gesellschaft die jeweiligen Mietzinseinnahmen aus den gegen¬ ständlichen Häusern nach Abzug der Steuern und der von der Oesterreichischen Waffenfabriksgesellschaft auszuweisenden Er¬ haltungskosten der Stadtgemeinde zu überlassen. Nachdem die Waffenfabrik zu einem Viertel Besitzerin der Häuser ist, dürfte die Anwendung des Mieterschutzgesetzes für alle Parteien strittig sein. Herr GR. Frühwald glaubt, daß in Bälde mindestens zehn Parteien gekündigt werden wird und diese Gefahr muß die Gemeinde vermeiden. Herr Bürgermeister Wokral bemerkt, daß es selbstver¬ ständlich ist, daß auf alle Wohnungen der Ennsleite das Mieterschutzgesetz Anwendung zu finden habe. Es liegt dies¬ bezüglich ein Präsedenzfall beim Hause der Waffenfabrik in der Bahnhofstraße vor, in welchem ebenfalls das Mieterschutzgesetz Anwendung fand. Es ist daher nicht einzusehen, daß diese Be¬ stimmung in den Vertrag aufgenommen werde, welche ohnehin gesetzlicher Natur ist. Es könnten dadurch bei den Leuten Hoffnungen erweckt werden, die nicht erfüllbar sind, weil trotz dieser vertraglichen Vereinbarung die Möglichkeit durch die Ver¬ schiedenartigkeit der gerichtlichen Auslegungen des Gesetzes nicht aus der Welt zu schaffen ist, daß eine Kündigung erfolgen kann. Ich würde deshalb bitten, diesen Antrag zurückzuziehen, weil ich mir von demselben gar keinen Effekt verspreche. Meiner Ueberzeugung nach ist die Waffenfabrik sicher nicht berechtigt, sich über das Mieterschutzgesetz hinwegzusetzen. Schließlich hatten wir das Empfinden, daß unsere in dem Vertrage aufgestellten Bedingungen unseren moralischen Verpflichtungen gegenüber der Waffenfabrik entspricht Hinsichtlich der Fürsorgeabgabe besteht —und dies sei betont — mit der Waffenfabrik keinerlei Vertrag, sondern wir haben, erklärt, wir beabsichtigen eine Fürsorgeabgabe von ein Prozent und wenn sich die Verhältnisse ändern, werden wir unter Um¬ ständen diese Fürsorgeabgabe erhöhen. Der Landtag muß natür¬ lich diese Abgabe erst genehmigen. Es ist aber nicht angezeigt, vom Landtage nur die Genehmigung für ein Jahr zu verlangen. Das leidige Verhältnis zwischen der Waffenfabrik muß endlich einmal aus de Welt geschafft werden das Verhältnis muß auf eine Basis gebracht werden, um in der Zukunft das Auslangen mitsammen zu finden und wir ohne Groll uns gegenseitig be¬ gegnen können; ich möchte daher Herrn GR Witzany ersuchen, von seinem Antrag Umgang zu nehmen Herr Vorsitzende glaubt Herrn GR. Witzann recht zu ver¬ stehen, wenn er fürchtet, daß die Festsetzung der Fürsorgeabgabe auf drei Jahre das Recht nehme, innerhalb dieser drei Jahre die Fürsorgeabgabe zu erhöhen. Diese Befürchtung wäre aber nicht zutreffend, da der Gemeinde von der Waffenfabrik nie das Recht abgesprochen werden kann, die Abgabepflicht zu erhöhen. Herr Bürgermeister Wokral betont, daß es in der Regel Gepflogenheit sei solche Abgaben auf mehrere Jahre zu be¬ stimmen, damit ist noch nicht gesagt, daß wir für die anderen Jahre nicht zwei Prozent einheben und den Landtag ersuchen, die Erhöhung zu bewilligen. Warum wir auf die Zeitdauer von drei Jahren gekommen sind, hat seinen Grund darin, weil man nicht weiß, wie sich die Verhältnisse gestalten werden. Wenn im vergangenen Jahre die Waffenfabrik auf das Autogeschäft darauf gezahlt hat, so wird sie deshalb nicht gleich mit einer Unter¬ bilanz abschließen, weil 1•, Geschäftsjahre beisammen sind und weil in diese Zeit der Abverkauf der Restbestände gefallen ist. Wenn man sich anderseits vor Augen hält, daß die Erzeugung von Autos äußerst schlimm war, können wir auch nicht wissen, wie sich diese im allgemeinen noch stellen wird; Tatsache ist, daß Verhandlungen mit verschiedenen Staaten über Autoliefe¬ rung wirkungslos geworden sind, weil diese Staaten Einfuhr¬ zölle beschlossen haben, z. B. Frankreich 45 Prozent, und ist es wirklich schwer zu sagen, ob entsprechende Partien abgesetzt werden können. Der Markt ist infolgedessen nicht klar zu über¬ sehen und muß gewartet werden, bis sich der Markt konsolidiert hat, weßhalb für diese Zeit nur ein Prozent der Fürsorgeabgabe zur Einhebung gelangen soll Meiner Ueberzeugung nach besteht kein Hindernis, das nächste Jahr andere Beschlüsse zu fassen Die Waffenfabrik hat nur eine loyale Erklärung gewünscht, dahin gehend, daß nicht in Zukunft eine Abgabe eingehoben wird, welche nur die Waffenfabrik trifft. Herr GR. Schickl beantragt, nachdem die Gewerbetreiben¬ den bei der Fürsorgeabgabe mitzahlen müssen, daß seitens der Waffenfabrik die Gewerbetreibenden bei den Arbeiten berück¬ sichtigt werden, und daß ihnen in keiner Beziehung ein Schaden bei Neuaufnahme von Arbeitern zugefügt werde Herr GR. Steinbrecher hofft, daß mit der Bereinigung dieser Fragen ein freundschaftsiches Verhältnis zwischen Stadt¬ gemeinde und Waffenfabrik hergestellt werde; Redner sagt, dafür zu sein, daß die Waffenfabrik nicht zusehr belastet werde, um die Existenz ihrer Arbeiter nicht zu gefährden. Die Finanzlage der Waffenfabrik ist noch nicht geklärt, sondern sehr belastet: in funf Jahren, wenn die Waffenfabrik auf sicherem Boden steht, wird sie uns stets wieder mit der Sperrung des Betriebes drohen; ich will nur wünschen, daß dieses freundschaftliche Ver¬ hältnis tatsächlich eintritt. Herr GR Tribrunner erklärt die Angelegenheit für so wichtig, daß es nicht überflüssig erscheint, so lange Debatten darüber zu führen. Die Herren, welche damals im Jahre 1913 im Gemeinderate saßen, haben auch erkannt, daß man ohneweiters dem Vertrage zustimmen kann, nach einigen Jahren kommt nun der Vorwurf, daß die damalige Zustimmung unvorsichtig war. Wenn

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