Gemeinderatsprotokoll vom 18. Februar 1921

Nr. 96) eingebracht, und auch diese Bauführung durchgeführt. Bei der Kollaudierung hat sich heraus¬ gestellt, daß die Bauführung den behördlichen Bau¬ vorschriften nicht entspricht und Edtbauer statt der Binderwerkstätte ein paar Räume geschaffen hat, welche teils zu Werkstättenzwecken, größtenteils aber zu Wohnzwecken verwendet werden. Von der Schaf¬ fung von Wohnräumen war jedoch im Baugesuck keine Rede und wurde auch im Laufe der Baufüh¬ rung selbst von der Bauänderung keine An¬ zeige erstattet. Edtbauer wurde daher beauf¬ tragt, diese unbefugte Bauführung zusistie ren; hiezu ist zu bemerken, daß Edtbauer diese Bauführungen selbständig machte, ohne hiezu Pläne von Baumeistern zu besitzen. Beim Verkaufe des Hauses Nr. 96 an Frau Taitl hat, wie es scheint, Edtbauer der Käuferin von den bestehenden Ver¬ hältnissen keine Mitteilung gemacht. Durch die Be¬ sitzveränderung hat nun die Baubehörde diese Bau¬ sache wieder aufgegriffen und die Besitznachfolgerin Frau Taitl verständigt, daß der Bewohnungskon¬ sens für die vorgedachten Räume nicht erteilt werden könne. Gegen diese Entscheidung hat nun Frau Taitl den Rekurs ergriffen. Der Amtsbericht besteht aus baupolizeilichen und sanitären Gründen auf der Abweisung des Rekurses und schließt sich auch die Sektion dem Antrage des Amtes an, es sei dem Re¬ kurse keine Folge zu geben. Der Sektionsantrag wird vom Gemeinderate einhellig angenommen. Punkt III. Erhöhung der elektrischen Strom¬ preise. Herr GR. Tribrunner. In letzter Stunde wurde der ersten Sektion das Begehren der Elektrizitätswerke Steyr vorgelegt, womit dieselben um die neuerliche Erhöhung der elektrischen Strompreise vorstellig werden. In der Eingabe wird darauf verwiesen, daß in letzter Zeit die Gebalte und Löhne wieder bedeutend gestiegen sind; ebenso haben die Preise der Materialien eine bedeutende Erhöhung erfahren, so daß es dem Werke nicht mehr möglich erscheint, mit dem bisherigen Strompreise das Auslangen finden zu können. Sie weisen mit weitläufigen Tabellen nach, wie sich die Strombezugspreise für die Werke selbst stellen und begehren auf Grund der tabellarischen Darstellungen eine durchgehende Erhöhung von 2 K 20 h per KW. mit der Rückwirkung auf den 1. Februar 1921. Diese Erhöhung wäre für alle Stromgattungen gleich. Außerdem sucht die Elektrizitätsgesellschaft an, daß für die Miete der neu aufzustellenden Zähler eine dreifache Gebühr eingehoben werden dürfe. Die vorgelegten Tabellen könnten auf deren Richtigkeit nur ein Fachmann prüfen, aber die erste und dritte Sektion ist zur Ueberzeugung ge¬ langt, daß es nach heutigen Verhältnissen unmöglich sei, einer neuerlichen der Strompreise zustimmen zu können. Es wurde darauf hingewiesen, daß in der letzten Zeit die Stromzufuhr sehr viel zu wünschen übrig ließ und die Pauschalabnehmer trotzdem den vollen Strombezug bezahlen mußten; es könnte da her eine neuerliche Erhöhung des Strompreises nicht verantwortet werden. Selbst wenn Strom geliefert wird, kommt derselbe in einem so geringen Quantum zur Lieferung, daß unsere heutige elef¬ trische Beleuchtung zu einem Kerzenlicht herunter, sinkt; die Sektion ist daber nicht in der Lage, dem Begehren der Elektrizitätswerke zuzustimmen. Herr Vizebürgermeister Mayrhofer berich¬ tet, daß es der Sektion nur ganz kurze Zeit gegönnt war, das Begehren auf Strompreiserhöhung zu prüfen. Die Elektrizitätswerke berufen sich darauf, daß sie infolge der steten Störungen und Strom bezugsunterbrechungen von Stern und Hafferl ge¬ zwungen sind, die kalorische Kraft der Waffenfabrik in Anspruch zu nehmen, wodurch sich eine wesentl Erhöhung ihrer Stromkosten ergibt, was allerdings einleuchtend ist. Sie verweisen auch darauf, daß sie auch in Zukunft gezwungen sein werden, wenn Stern und Hafferl nicht über genügenden Strom verfügt, wiederum auf die Dampfkraft zurückgreifen zu müssen. Wir müssen aber einmal ein Exempel statuieren und befinden uns dabei in einer Zwickmühle, weil wir durch die Verweigerung der Strompreis¬ erhöhung einen Unschuldigen treffen. Seit vier Jahren haben wir Stromunterbrechungen und trotz¬ dem müssen unsere Pauschalabnehmer den vollen Strompreis bezahlen. Zur Sache wurde schon im o.=ö. Landtag Stellung genommen und hat sich bei der Verhandlung herausgestellt, daß Stern u. Haf¬ ferl für die 58 Kilom. lange Strecke keinen einzigen Leitungsaufseher hat, so daß niemand da ist, der die Ursachen der Störungen im Leitungsnetz aufdecken und melden kann. Die Schuld trifft also die Firma Stern und Hafferl, die große Industrien versorgt und vielfach auch an Kleingewerbetreibende elek¬ trische Kraft entäußert und dieses Unternehmen tut einfach gar nichts, um seine Zuleitungen in Stand zu setzen. Die Firma Stern und Hafferl muß durch einen starken Druck gezwungen werden, Steyr ein¬ wandfrei mit Licht zu versorgen. Früher hatte man wenigstens Gas zur Ersatzbeleuchtung. Eine beson¬ dere Kalamität außert sich bei Stromstörungen im Krankenhause; es vergeht fast keine Woche, in wel¬ cher eine Operation vorgenommen wird und stellen Sie sich vor: der Patient liegt mit offenem Leib auf dem Operationstisch und während der Opera¬ tion verlöscht das elektrische Licht; dieser Kranke muß elend zugrunde geben. Frägt man sich telepho¬ nisch über die Störung an, so bekommt man zumeist keine oder keine genügende Antwort; hier muß mit allem Nachdruck Remedur geschaffen werden. Einer Firma wie Stern und Hafferl, der das Wohl der Bevölkerung so wenig am Herzen liegt, muß der Standpunkt klar gemacht werden. Herr GR. Dr. Furrer verweist darauf, daß es geheißen habe, es werde die Strecke Stern und Hafferl durch eine Kommission begangen; tatsächlich soll auch mit der Kommissionierung, zu der Ober¬ baurat Minarzik von der Stadtgemeinde abgeord¬ net war, begonnen worden sein; momentan scheint aber die Kommissionierung wieder eingestellt wor¬ den zu sein und könne man gar nichts mehr von einer Fortsetzung hören. Man weiß auch nicht, über wessen Auftrag die Kommissionierung wieder ein¬ gestellt wurde. Es wäre daher angezeigt, dieser An¬ gelegenheit nachzugehen, damit man die Bevölke¬ rung aufklären kann. (Herr Bürgermeister Wokral ist während der Verhandlung in der Sitzung er¬ schienen.) Herr Bürgermeister Wokral bemerkt, das Be¬ streben, mehr Strom herbeizuführen, ist unter allen Umständen zu unterstreichen, nur wurde heute ein Weg hiezu beschritten, der nicht zum Ziele füh¬ ren kann. Die Elektrizitätsgesellschaft verlangt eine Erhöhung der Strompreise und begründet ihr Begehren mit ausführlichen Belegen. Es wurde von Herrn Vizebürgermeister Mayrhofer ausge führt, daß die Ursachen der Stromunterbrechungen dei der Firma Stern und Hafferl liegen; soweit ich die Verhältnisse kenne, werden Sie durch die Verwei¬ gerung der Strompreiserhöhung die Firma Stern und Hafferl nicht treffen. Die Firma Stern und Hafferl hat sich nämlich bereits gesichert und hat ihren an die Elektrizitätswerke Steyr abzugebenden Strom um beiläufig 100 Prozent im Preise erhöht; das Begehren der Elektrizitätswerke ist also eine notwendige Folge hievon. Mit der Verweigerung der Strompreiserhöhung treffen wir nicht die wirma Stern und Hafferl, sondern die Elektrizi¬

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