6 Zweck nicht erfüllt, da es sich darum handelt, jedes Kind genau zu untersuchen, um durch Eintragung der Befunde in die Ge¬ undheitsscheine auch für spätere Untersuchungen eine gewichtige Grundlage zu schaffen. Die Gesundheitsscheine, die in einzelnen Mädchenschulen vorhanden waren, sind nicht für alle Schulen hinreichend. Da eine Einheitlichkeit nötig ist, hat der Gefertigte nach Rücksprache mit Herrn Direktor Lebeda ein Einheits¬ formular für die Gesundheitsscheine ausgearbeitet. Da eine allgemeine Untersuchung aller Kinder von vorn herein ausgeschlossen war, wurden nur die kränklichen und chwächlichen Kinder untersucht. Zu diesem Zwecke war die Mit¬ hilfe des Lehrkörpers von größter Wichtigkeit Die Kinder, die den Lehrpersonen als kränklich und schwächlich bekannt waren, wurden dem Schularz'e in den Sprechstunden vorgestellt und soweit dies mit den derzeit beschränkten Hilfsmitteln möglich war, genau untersucht. Anfangs besuchte der Gefertigte die ver¬ schiedenen Schulen, mit 7. Juni wurden nach einem den Schulen bekanntgegebenen Stundenplan regelmäßige Sprechstunden ab gehalten. Durch häufigen Besuch in den einzelnen Klassen war es dem Gefertigten möglich, selbst Kinder, die ihm auffällig rschienen, zur Untersuchung heranzuziehen. Die schulärztlich Tätigkeit bestand in der Untersuchung der Kinder während der Sprechstunden, Untersuchung der für die verschiedenen Aktionen in Betracht kommenden Kinder, Besuch der Klassen während des Unterrichtes, Besichtigung der Schulräumlichkeiten in Bezug au hre hygienischen Verhältnisse Während der regelmäßigen Sprech¬ tunden wurden 708 Kinder untersucht, 335 Knaben, 373 Mädchen. Von diesen wurden die überwachungsbedürftigen be=verdächtigen 2c) Kinder öfters untersucht, sodaß in Wirk lichkeit die Zahl der vorgenommenen Untersuchungen weit größen st. Am Schlusse des Schuljahreswurden alle aus der Schule austretenden Kinder, und zwar 80 Knaben, 53 Mäd¬ chen, zum Zwecke der Berufsberatung genau untersucht und die Besunde in den aufliegenden Berufsberatungsbogen genau eingetragen. Bei mehreren Schülern und Schülerinnen sah sich Gefertigter veranlaßt, ihnen von dem gewählten Beruf abzu¬ raten, weil sie auch späterhin für den Beruf nicht geeignet er¬ schienen. Selbstverständlich darf der Arzt nur in dringenden Fällen Einsprache gegen den gewählten Beruf erheben, dann war wenn eine schwere Gesundheitsschädigung beim Ergreifen dieses Berufes zu erwarten ist oder wenn irgend ein Fehler (Kurzsichtigkeit, körperliche Gebrechen, Schweißhände 2c) vorliegt, er die Hoffnungen, die das Kind in diesen Beruf setzt, nich erfüllen läßt Regelmäßig besuchte der Gefertigte in den Sprechstunder eine Klasse, wohnte dem Unterrichte bei und untersuchte dann die vorgestellten Kinder. Erschien ein untersuchtes Kind eine ärztlichen Behandlung bedürftig, so wurden die Eltern durch chriftliche Mitteilung des Schularztes davon verständigt, ebenso wurden die Eltern verständigt, wenn es sich um besonders un reine oder mit Ungeziefer behaftete Kinder handelte. Insgesamt wurden vom Gefertigten 66 schriftliche Mitteilungen an die Eltern gesandt Fast in allen Fällen waren die Mit¬ teilungen von Erfolg begleitet. Die Kinder mußten jedesmal die Bestätigung von der erfolgten ärztlichen Behandlung bei¬ bringen Eine Hauptaufgabe des Schularztes war es, die Kinder zu untersuchen, die für die Schweiz, Tagesheimstätte im Werndl¬ park oder Ferienkolonien in Betracht kamen. In den schul¬ ärztlichen Protokollbüchern erhielten die für eine der Aktionen in Betracht kommenden Kinder die Randbezeichnung S, W oder F, sodaß, sobald eine Aktion aktuell wurde, die Kinder schnell ausgesucht werden konnten. Da die Untersuchung der Kinder keine allgemeine sein konnte, kamen für die verschiedenen Aktionen auptsächlich die in den Sprechstunden vorgestellten Kinder in etracht. Dadurch war schon die Gewähr geboten, daß nur Be¬ dürftige dieser Wohltaten teilhaftig wurden. Die engere Aus¬ wahl unter den Kindern blieb immer dem Jugendamte vor bahalten. Für die Schweiz kamen nur unterernährte, blutarme aber sonst organ gesunde Kinder in Betracht. Für die Tages¬ eimstätte im Werndlpark kamen die tuberkulos gefährdeter kinder in Frage. Offene Tuberkulose war ausgeschlossen. Die Tagesheimstätte im Werndlpark ist ein gewaltiges, imponierendes Werk der Jugendfürsorge in Steyr, 60 Kindern wird daselbst alles gewährt, was im Stande ist, ihnen die Gesundheit wieder zu geben Die Verpflegung ist vorzüglich, sehr reichlich und ab¬ wechslungsreich. Der ständige Aufenthalt im Freien bei schönem Wetter, die Sonnenbäder, dies alles bewirkt, daß sich die meisten Kinder schon sehr erholt haben und die Gewichtszunahmen bis zu vier Kilogramm betragen. Zwei Kinder mußten während des Aufenthaltes im Werndlpark in das Spital abgegeben werden, eines wegen Bauchfelltuberkulose, eines wegen beginnender offener uberkulose. Durch mindest dreimaligen Besuch in der Woche überzeugte sich Gefertigter von dem Gesundheitszustand der Kinder der Tagesheimstätte Für die Ferienkolonien kamen unterernährte und kränkliche Kinder in Betracht. Da es sich dabei um Aufenthalt in nahe gelegenen Orten handelt, können auch Kinder mit leichtem Lungenspitzenkatarrh mitgeschickt werden. Nachstehend folgt der Bericht über die schulärztliche Tätig¬ eit: Da es sich allein um Untersuchung der kränklichen Kinder handelte, kann es nur ein Tätigkeitsbericht, nicht aber ein für eine Stalistik brauchbarer Bericht sein Die gesundheitlichen Verhältnisse unter der Schuljugend Steyts sind im allgemeinen schlechte Die Bestimmung des Ernährungszustandes wurde diesmal nicht durch den Arzt vorgenommen. Durch das Gelidusiverfahren wurde für alle Kinder auf rechnerischem Wege der Ernährungs¬ grad festgelegt. Leider hat dieses Verfahren seine Nachteile, da nicht j des Kind, das eine entsprechende Gelidusizahl aufweist, uch gesund sein muß. Dadurch sind manche Kinder aus der lusspeisung ausgeschlossen, die es sehr notwendig hätten. Auch ür die Ferienkolonien durften nur Kinder mit entsprechender Gelidusizahl ausgesucht werden. Tuberkulose: Neben der Unterernährung bedroht. ie Tuberkulose in erschrecklichem Maße ie Kinder. Der Gefertigte kann derzeit nur ungefähr die Zahl der tuberkulosen Kinder angeben. Geschlossene Tuberkulose st bei 100 Kindern (51 Knaben, 49 Mädchen) festzustellen. Offene Tuberkulose mit Fieber und Husten wurde in einem Falle vorgesunden. Die anderen sicher vorkom menden Fälle vor offener Tuberkulose unter der Schuljugend entzogen sich der Beobachtung, weil sie schon im Laufe des Schuljahres durch irztliche Zeugnisse vom Unterrichte befreit wurden. Die lungen¬ krank befundenen Kinder sind fast durchwegs schlecht genährt. und schlecht aussehend. Die Diagnose einer verborgenen Tuber¬ kulose ist bei Kindern mit weitaus größeren Schwierigkeiten als ei Erwachsenen verbunden. Die einfache physikalische Unter¬ uchung (Klopfen und Abhorchen) ist im allgemeinen unzu¬ eichend. Die Röntgendurchleuchtung wäre dazu nötig, da auf diesem Wege auch die für das Kindesalter wichtige Bronchial¬ □ drüsentuberkulose fest„estellt werden kann Die Pirquetsche Tuberkulinreaktion, ein wichtiges diagnostisches Hilfsmittel bei uberkuloseverdacht der Kinder wird im nächsten Schuljahr mit Zustimmung der Eltern in verdächtigen Fällen angewendet verden Skrophulose: Skrophulöse Erkrankungen, die eben¬ falls auf einen vorhandenen oder vorhanden gewesenen tuber¬ kulösen Herd hindeuten, kamen zahlreich vor und zwar 66 Drüsenschwellungen (28 K, 34 M), worunter nur solche ge¬ zählt wurden, die Haselnußgröße erreich en. Kleinere Drüser aben keine Bedeutung. Drei Drüsen zeigten eine offene Fistel (2 K., 1 M.), weiter wurden gefunden 12 skrophulöse Augen¬ rkrankungen (2 K., 10 M), fünf Fälle mit Hornhautnarben nach rophulöser Augenentzündung (1 K., 4 M), drei Knochentuber¬ ulose (1 K., 2 M.), eine Nebenhodentuberkulose mit Fistel (1 K.), ine Bauchfelltuberkulose (1 K. Andere Lungenerkrankungen: Bei den untersuchten Kindern befanden sich fünf mit Bronchit's (3 K., M), zwei mit Kehlkopf= und Luftröhrenkatarrh (1 K., 1 M.) Hautkrankheiten: 24 unbehandelte Skabies 14 K., 10 M.) wurden in ärztliche Behandlung gewiesen. Kopf¬ äuse und Nisse kamen zahlreich, besonders bei Mädchen in Be¬ bachtung. In besonders krassen Fällen von Verlausung und Inreinlichkeit wurden die Eltern vom Schularzte schriftlich ver¬ tändigt und bei jängeren Mädchen in einzelnen Fällen auf das gänzliche Abschneiden der Haare gedrungen. Nervenkrankheiten: Drei Fälle von Enuresis nocturna (nächtliches Bettnässen) wurden gefunden (2 K., 1 M.), wei Fälle mit Verdacht auf epileptische Anfälle (2 K.), zwei Fälle mit Schwachsinn wurden für die Aufnahme in die Hilfsschule estimmt (2 K.) Ohrenkrankheiten: Die Bestimmung der Hör¬ chärfe wird bei der allgemeinen Untersuchung der Kinder im ächsten Schuljahre vorgenommen werden. Von Erkrankungen es Ohres kamen drei Fälle von eitrigem Ausfluß aus dem Ohr nfolge chronischer Mittelohrenentzündung zur Beobachtung (2 K., 1 M.) Augenkrankheiten: Auf Fehler im Sehver¬ mögen, die nicht durch eine krankhafte Veränderung des Auges hervorgerufen wurde, wurde dermalen keine Rücksicht genommen. Dies bleibt ebenfalls den Untersuchungen im nächsten Schuljahr vorbehalten. Bei den vorgefundenen Augenerkrankungen handelte s sich in allen Fallen um skrophulöse Erkrankungen. Der Hilfsschule widmete der Schularzt eine besondere Aufmerksamkeit. Die Hilfsschule soll Kindern, deren geistige Ver¬ inlagung gering ist, die also in der Normalschule nicht mitkommen önnen, soviel Bildung beibringen, daß sie imstande sind, später inen Beruf zu ergreifen und die Stelle möglichst gut auszu¬ üllen. Die Hilfsschule steht in der Mitte zwischen Normal= und Idiotenschule, d. h. es sollen idiotische Kinder darin keine Auf¬ ahme finden. In der Hilfsschule in Steyr befinden sich aber auch idiotische Kinder. Sie sind völlig bildungsunfähig und ge¬ hören in eine geeignete Anstalt. Dieser streuge Stand¬ unkt wäre unbedingt aufrecht zu erhalten, ollte nicht die Hilfsschule in Mißkredit kom¬ men. Die idiotischen Kinder üben auf die anderen einen schlechten Einfluß aus. Die meisten Eltern weigern sich, ihre Kinder in ie Hilfsschule zu schicken, in der idiotische Kinder vorhanden nd. Gefertigter hat selbst in mehreren Fällen, wo es sich um Unterbringung von Kindern in die Hilfsschule handelte, mit den Eltern gesprochen und von allen die Anwort erhalten: „In ine Idiotenschule gib ich mein Kind nicht.“ In einer Konferenz anläßlich einer Ueberprüfung der für die Hilfsschule aufzuneh¬ nenden Kinder hat der Gefertigte seine Ansichten dargelegt und auch Zustimmung gefunden. Ein neues Stalut für die Hilfs¬ schule in Steyr wurde durch Herrn Oberlehrer Bartl dem Stadt schulrat vorgelegt. Zwei Hauptpunkte in diesem Statut lauten: Idiotische Kinder, Kinder mit schweren epileptischen Anfällen ind vom Besuch der Hilfsschule ausgeschlossen, andererseits sollen
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