Gemeinderatsprotokoll vom 4. November 1920

XV. Sitzung. Rats=Protokoll über die ordentliche Sitzung des Gemeinderates der anton. Stadt Steyr am 4. November 1920 um 5 Uhr nachmittags. Tages=Ordnung: Mitteilungen. Erste Sektion: (Sektionssitzung am Mittwoch, den 3. November 1920 um 2 Uhr nachmittags.) 1. (Vertraulich.) Personalangelegenheiten. 2. Vertraulich.) Versicherung der hierstädtischen Angestellten für den Krankheitsfall. 3. (Vertraulich.) Aufnahme in den Heimatsverband. 4. Ersatzwahl in den Sparkasseausschuß. 5. Wahl der Vertrauensmänner in die Gemeindekommission für die Anlegung der Geschwornenliste.“ 6. Wahlen in die Personaleinkommensteuer=Schätzungsstelle (Ortskommission). 7. Bestellung des Ausschusses der Ziehkinderschaftsstelle Steyr= Stadt. 8. Beschlußfassung über Vertragsänderung mit der Waffen¬ fabrik und Abschluß einer Vereinbarung, betreffend die Häuser auf der Ennsleite. Zweite Sektion: (Sektionssitzung am Dienstag, den 2. November 19.0 um halb 6 Uhr abends) 9. Stadtkassetagebuchabschluß pro September 1920. 10. Neufestsetzung von Mahngebühren. 11. Aufnahme eines Darlehens von 15,000.000 Kronen zur Deckung des Gebahrungsabganges 1919/20. 12. Bericht über das Ergebnis des Herbstjahrmarktes 1920 und Stellungnahme hiezu. 13. Beschlußfassung, betreffend die Ausgabe von Notgeld¬ 14. Ansuchen der hiesigen Theaterdirektion um Subven¬ tionserhöhung 15. Unterstützungsansuchen. Dritte Sektion (Sektionssitzung am Mittwoch, den 3. November um 4 Uhr nachmittags.) 16. Verpachtung von städtischen Grund. 17. Straßenbenennung auf der hohen Ennsleite. 18. Elekrische Beleuchtung des Stadtgebietes. 19. Gummibereifung des städtischen Lastautos. 20. Regulierung des Wasserzinses. 21. Instandsetzung des Uferschutzdammes beim Gesangwehr. 22. Regulierung der Preise für die Müllabfuhr. 23. Anschaffung von Feuerlöschapparaten für das Stadt theater. 24. Genehmigung des Nachtragsoffertes der Firma Gröger. Vierte Sektion: (Sektionssitzung am Donnerstag, den 4. November um halb 5 Uhr nachmittags.) 25 Grundkauf und =Verkauf zu Straßenregulierungen. 26. Tätigkeitsbericht des städtischen Schul= und Jugend¬ arztes 27. Nachträgliche Erhöhung der Verpflegsfürsorgegebühren im Städtischen Versorgungshause. 28 Verleihung von Zäzilia Schiefermayrschen Stipendien. 29 Ansuchen von Handarbeitslehrerinnen um Gewährung eines Quartiergeldbeitrages. Anwesende: Vorsitzender: Herr Bürgermeister Josef Wokral. Die Herren Vizebürgermeister Johann Mayrhofer und Karl Dedic. Die Frauen und Herren Gemeinderäte: Michael Neuhold Franz Aigner Dr. Peyrer Angermann Heinrich Bachmayr Ludwig Reisinger Prof. W. Brand Alfred Rudda Anton Chalupka Markus Ruckerbauer Josef Eisterlehner Alois Saiber Karl Fischer Friedrich Schickl Anton Frühwald Michael Schörkhuber Dr. Ulrich Furrer Anton Schwandtner Anna Grömmer Leopold Steinbrecher Rudolf Hitzlhammer Karl Klement Franz Tribrunner Marie Zachhuber Hermann Kletzmayr Adalbert Vogl Franz Kratochwill Hans Witzany Berta Kisely Gangolf Zeilinger. Fritz Krottenau Alois Lebeda Vom Magistrate: Magistratsdirektor Herr Dr. Franz Habl. Protokollführer: Herr Oberoffizial Karl Ridler. Der Vorsitzende Herr Bürgermeister Josef Wokral be¬ grüßt die erschienenen Frauen und Herren Gemeinderäte, stellt die Beschlußfähigkeir des Gemeinderates fest und erklärt um 5 Uhr 10 Min. die Sitzung für eröffnet. Entschuldigt abwesend sind: Herr Vizebürgermeister Franz Nothhaft, welcher dienstlich in Linz weilt und Herr GR. Baum¬ gartner, welcher erkrankt ist. Zu Protokollprüfern werden die Herren GR. Schörkhuber und Steinbrecher gewählt. Vor Eingehung in die Tagesordnung teilt Herr Vorsitzender mit, daß zufolge des Auftrages des Gemeinderates vom 22. Sep¬ tember l. J. das Stadtgutkomitee die Milchviehaktion aus dem Innviertel hinsichtlich deren Verrechnung überprüft hat und das Ergebnis der Ueberprüfung zur allgemeinen Einsicht aufliegt. Von dem Stadtgutkomitee wurde eine Einwendung gegen die Verrechnung nicht erhoben. Wird zur Kenntnis genommen. Sodann bringt der Schriftführer über Auftrag des Herrn Vorsitzenden das Dankschreiben des Ortsfürsorgeausschusses der Amerikanischen Hilfsaktion, sowie das Dankschreiben des Steno¬ graphen=Vereines zur Verlesung. Wird zur Kenntnis genommen. Der Gemeinderat tritt sodann in die Verhandlung der Tagesordnung ein. Die Punkte 1, 2, und 3 der Tagesordnung sind vertraulich und werden nach Schluß des öffentlichen Teiles der Beschlu߬ fassung unterzogen. Erste Sektion. 4. Ersatzwahl in den Sparkasseausschuß. Referent Herr GR. Reisinger. Durch das Ausscheiden des Herrn Altbürgermeisters Gschaider aus dem Sparkasseausschuß bietet sich die Gelegenheit, eine Ersatz¬ wahl vorzunehmen. Die Sektion hat über diese Ersatzwahl be¬ raten und stellt den Antrag, in den Sparkasseausschuß Herrn Bürgermeister Wokral zu enisenden. Angenommen. 5. Wahl der Vertrauensmänner in die Gemeinde¬ kommission für die Anlegung der Geschworenenliste. Referent Herr GR. Reisinger. 26# Vom Magistrate liegt eine Zuschrift vor, wonach auf Grund der Vollzugsanweisung des Staatsamtes für Inneres und Unter¬ richt vom 28. August 1920, St.=G.=Bl. Nr. 406, zur Bildung der Geschwornen= und Schöffenlisten die Gemeindekommission, bestehend aus sechs Vertrauenspersonen zu bilden ist Die Sektion ist in ihren Beratungen zu dem Schlusse ge¬ kommen, daß die Wahl aus dem Gemeinderate nach dem Schlüssel

2 der Anzahl der Parteienvertreter mit 3:2:1 festzusetzen wäre und nach Annahme dieses Schlüssels die Wahlvorschläge von den Parteien erstattet werden sollen. Der Gemeinderat stimmt diesem Schlüssel zu Referent schlägt für die Sozialdemokratische Partei vor Herrn GR. Karl Klement, Frau Christine Dedic und Herrn Dr. Schneeweiß herr GR. Prof. Brand schlägt von der Christlichsozialen Partei vor: Herrn Adolf Fuchs, Geschäftsleiter der „Steyrer Zeitung" und Berta Molterer, Viktualienhändlerin in der Aichet gasse err GR Aigner schlägt für die Deutschnationale Partei Herrn GR. Heinrich Bachmayr vor. Der Gemeinderat erklärt sich mit den Vorschlägen einver¬ standen und die Wahl als vollzogen. 6. Wahlen in die Personaleinkommenstener-Schätzungskommission (Ortskommission). Referent Herr GR. Reisinger Die Sektion ist auch hier bei Beratung der Wahl zu dem Entschlusse gekommen, denselben Schlüssel 3:2:1 anzuwenden und sodann von den Parteien die Wahlvorschläge erstatten zu assen. Der genannte Schlüssel wird vom Gemeinderate ange nommen Referent schlägt für die Sozialdemokratische Partei folgende Herren vor: GR. Alois Saiber, GR. Frühwald, VB. Dedic, Julius Rußmann, K. Manzenreiter und Josef Schreiner, Gastwirt. Herr GR Prof. Brand schlägt folgende Herren vor: Christian Wagner, GR. Friedrich Schickl und als Ersatzmänner Josef Voglsam, Schuhmacher und Wolfgang Heinzl, Gemischt¬ warenhändler. Herr GR. Aigner schlägt folgende Herren vor: Georg Eglmayr, Konditor und Hans Schwarz, Bäckermeister. Der Gemeinderat nimmt die Vorschläge zur Kenntnis und erklärt die Wahl als vollzogen. . Bestellung des Ausschusses der Ziehkinderschafts¬ stelle Steyr-Stadt. Referent Herr GR. Reisinger Für diese Wahl liegt ein Wahlvorschlag bereits wie folgt vor: Vorsitzender: Jugendamtsleiter Herr Karl Michtner. Mitglieder: Jugendfürsorgearzt Herr Dr. Franz Pimiskern, Christini Dedic, Bezirksschulinspektor Herr Mitterberger, Frau Vorstadtpfarrer Herr Alois Schließleder Ersatzmänner: Stadtarzt Herr Dr. Richard Klunzinger Katechet Anton Kranzl, Frau Rosa Liebscher. Der Gemeinderat stimmt dem Wahlvorschlag zu und er¬ lärt die Wahl als vollzogen 8. Beschlußfassung über Vertragsänderung mit der Waffenfabrik und Abschluß einer Vereinbarung, be¬ treffend die Häuser auf der Ennsleiten. Herr Vorsitzender Bürgermeister Wokral berichtet, daß in der Angelegenheit mit der Waffenfabrik Verhandlungen ge¬ pflogen wurden und das Protokoll über die Vereinbarungen erst heute, mittags, eingelangt ist Infolgedessen war es für die Sektion unmöglich, die Beratungen hierüber zu pflegen. Nachdem diese Sache von großer Tragweite ist, kann sie nicht kurzerhand vorgelegt werden; es bleibt daher nichts übrig, als den Punk heute von der Tagesordnung abzusetzen und diese Angelegenheit n der nächsten, eventuell in einer außerordentlichen Gemeinde¬ ratssitzung in Verhandlung zu ziehen. Der achte Punkt wird von der Tagesordnung abgesetzt. Zweite Sektion. Stadtkassetagebuchabschluß pro September 1920. 9. Referent Herr GR. Ruckerbauer der Abschluß ist allen Gemeinderäten in Abschrift zuge kommen. Unter Hinweis auf die außerordentlich hohen Ausgabs¬ iffern und nach deren Erklärung ersucht der Referent, den Ab¬ chluß zur Kenntnis zu nehmen: Angenommen. 10. Neufestsetzung von Mahngebühren. Referent Herr GR Ruckerbauer Es liegt uns ein Amtsbericht vor, welcher lautet: Das Amt stellt den Antrag, die laut Gemeinderatsbeschluß vom 13. März l. J. festgesetzten Mahngebühren von zwei Kronen neu zu bestimmen mit 3 — ir die erste Mahnung, K K 6•— ür die zweite Mahnung K 10•— ür die dritte Mahnung Diese Erhöhung ist mit Rücksicht auf die stets steigenden Kosten der Drucksorten, Zustellung usw. notwendig geworden. Der Sektionsantrag lautet: Der Gemeinderat beschließe die Festsetzung der Mahngebühren im obigen Ausmaße mit Wirksamkeit vom Tage der Kündigung derselben. Angenommen 11. Aufnahme eines Darlehens von 15,000.000 K ur Deckung des Gebahrungsabganges 1919/20. Referent Herr GR. Witzany. Seit der letzten Präliminarberatung haben sich die Aus¬ gabenverhältnisse so verändert, daß es höchste Zeit ist, sich um die Bedeckung der ausgewiesenen Abgänge durch Aufnahme eines Darlehens umzusehen. Wenn Sie den September=Ausweis be¬ rachten, so können in einzelnen Posten geradezu schwindeler regende Höhen der Ausgabeposten gefunden werden. Die Gemeinde¬ verwaltung und die öffentlichen Arbeiten fallen hier besonders auf. Aus der Uebersicht sind die Gebahrungsabgänge zu ent¬ nehmen. Weiters gibt die Erläuterung Aufschluß über die Höhe es Bedeckungserfordernisses Wenn auch die Finanzlage der Stadt für den ersten An¬ blick trostlos erscheint und sich die Einnahmen nicht besserten, so iegt dies darin, daß der Gemeinderat durch seine Beschlüsse über neue Abgaben für Einnahmen zwar gesorgt hatte, diese Beschlüsse jedoch noch nicht die Genehmigung der Staats=, bzw. Landesregierung gefunden haben. Wir sind aber in der ange¬ nehmen Lage, daß wir für die aufgewendeten Ausgaben besonders insichtlich des Etates für öffentliche Arbeiten geschaffene Werte besitzen und die Gemeinde heute im lastenfreien Besitze einer ganzen Reihe von Häusern und Realitäten auf der Ennsleite ist, so daß der Besitz eigentlich viel höhere Werte hat als die Gemeinde passiv erscheint Für heute gibt es kein anderes Mittel als die Aufnahme eines Darlehens von 15,000.000 K und be¬ antragt auch die Sektion, der Gemeinderat beschließe die Auf¬ nahme eines Darlehens von 15,000 000 K zur Deckung de Gebahrungsabgänge 1919/20 und zur Schaffung eines Kasse ebahrungsfonds für das Jahr 1921 bei der oberösterreichischen Landes=Hypothekenanstalt Linz Auf die Frage des Herrn Vorsitzenden, ob das Wort ge¬ wünscht werde, meldet sich niemand. Der Herr Vorsitzende stellt die Anwesenheit von mehr als zwei Drittel der Gemeinderäte und somit die Beschlußfähigkeit fest Die eingeleitete Abstimmung ergibt die einstimmige An¬ ahme des Sektionsantrages. 12. Bericht über das Ergebnis des Herbstjahrmarktes 920 und Stellungnahme hiezu Referent Herr GR. Witzant 2 72 Der vorliegende Ausweis über den letzten Herbstjahrmarkt rgibt einen Mindererfolg von 181·60 K, so daß die Frage herantritt, ob die Gemeinde noch ein weiteres Interesse darar hat, den Markt überhaupt weiter bestehen zu lassen Der Amts¬ bericht gibt über den Erfolg folgende Auskunft: Den Einnahmen an Platzgeld von K 1054 02 stehen Ausgaben für zwei Inserate in der „Steyrer Zeitung K 936.— zwei Inserate im „Steyrer Tagblatt 1890 — „ 954•— gegenüber, so daß sich ein Abgang von K 835.90 „ „„„ 9000 rgibt. ab Frühjahrsmarkt 1920, Eine Erhöhung der Platzgebühren, nicht zu umgehen sein wird Die Sektion ist zur Anschauung gekommen, daß wir die uralte Einrichtung der Jahrmärkte, an welche viele Gewerbe¬ treibende einen Nutzen haben, nicht auflassen sollen, da auch die Landbevölkerung an den Märkten interessiert ist und die Märkte den Zuzug vom Lande fördern Es soll vielmehr der Markt durch Zuziehung der Industrie und Landwirtschaft mit Ausstel ungen verbunden werden, wodurch die Märkte an Bedeutung vielfach gewinnen würden. Es wird aber dann auch nicht zu umgehen sein, daß die Gebühren erhöht werden, was umso eichter geschehen kann, als die Einnahmen der einzelnen Hütten¬ esitzer gewiß sehr gute zu nennen sind Die Sektion stellt daher folgenden Antrag: Der Gemeindera beschließe, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen und das Präsi¬ dium zu beauftragen, Vorsorge zu treffen, daß die Marktgebühren entsprechend zu erhöhen sind und den Markt entsprechend usstatte Der Herr Vorsitzende bemerkt, daß seinerzeit der Beschluß gefaßt wurde, daß allenfalls eine Mustermesse abzuhalten wärc ind den Markt überhaupt aufzulassen. Belont muß werden, daß s mit dem im Ausweise abgegebenen Mindererfolg nicht ab¬ jetan ist, als durch Reinigung des Platzes noch immer bedeutende Nachkosten erwachsen, welche in Berücksichtigung zu ziehen sind. err GR. Prof. Brand: Der Herr Bürgermeister hat das Wort „Mustermesse“ ausgesprochen. Ich stehe auf den Stand¬ punkt, man sollte es hier in Steyr wirklich probieren, eine der¬ artige Mustermesse zu schaffen, wie sie bereits in vielen anderen Ländern nach dem Muster der Leipziger Messe bestehen. Im heurigen Jahre wurde auch in Reichenberg eine solche Muster¬ nesse abgehalten, die sich geradezu segenvoll für Industrie und Landwirtschaft bewährt hat. Die Messe ist die bequemste, billigste und zweckmäßigste Form, den Erzeuger und Händler niteinander in Verbindung zu bringen und sie soll zur Re räsentation des heimischen Fleißes werden, wie seinerzeit die Ausstellungen. Die Messe soll eine wirtschaftliche und gesell¬ schaftliche Sache sein, die uns nach den Bedürfnissen unserer zeit die nötigen Artikel zum Leben bringt; sie soll Industrie und Gewerbe fördern, was für den Aufbau unseres Staates inbedingt notwendig ist Besonders aber für unsere Industrie¬ stadt Steyr soll diese Messe ein Machtfaktor werden zu ihren Veiterentwicklung. Eine solche Messe müßte auch eine Abteilung ür landwirtschaftliche Produkte, Maschinen usw. haben. Der Aufbau unseres Staates wird sich erst dann vollziehen können, venn einerseits für die Entwicklung von Industrie und Gewerbe andererseits aber auch für die Hebung der Produktion Sorge getragen wird. Die Landwirtschaft hat im Kriege vielfach das nicht mehr

produzieren können, was sie hätte produzieren können und sollen, inerseits weil viele Bauern eingerückt und ein Mangel an Arbeitskräften war und vielfach Greise und Kinder die land wirtschaftlichen Arbeiten verrichteten. Es sind allerdings viele Bauern wieder heimgekehrt und auch in den Bauernhäusern is viel Papiergeld aufgespeichert (Rufe: Sehr richtig!), aber anderer seits ist es immer noch vielfach notwendig, daß die Schäden, die die Bauernanwesen während des Krieges erlitten haben, aus gebessert und Maschinen und Geräte angeschafft werden Es müßte also auf einer Mustermesse auch eine Abteilung zu finden sein, in welcher Ersatzteile, Rohstoffe usw. in den Handel ge racht werden. Will heute ein Bauer sein Anwesen ausstatten oder einen etwaigen Aufbau vollführen, so ist ihm dies nicht möglich, einerseits wegen der großen Teuerung, andererseits weil er die nötigen Ersatzteile nicht bekommen kann. Es müßte Sorge jetragen werden, eine Einführung zu treffen, wie sie bereits Amerika und England vor dem Kriege hatte, daß z. B. Normal¬ enster im Großen erzeugt werden, die in großen Geschäfts¬ häusern zu kaufen wären, ebenso Maschinen, die der Landwirt¬ chaft in gediegener Art zu entsprechenden Einheitspreisen zum Verfügung stünden. Ebenso müßte in einer chemischen Abteilung das Düngerverfahren vorgeführt, Arzneien beigestellt werden, die für eine außerordentliche Betriebsführung notwendig sind. Auf der ge¬ nannten Reichenberger=Messe ist in dieser Beziehung vieles und großes geleistet worden. Auch wir in Oesterreich müssen von Kleinem anfangen, um nach und nach Großes zu schaffen. Die erren Kollegen im Landtage werden sich erinnern können, daß ch bereits einen Antrag auf Errichtung von Mustermessen in Oesterreich eingebracht habe. Bisher hat man sich aber leider nicht entschließen können, die Sache recht in Fluß zu bringen was im Interesse der Hebung der Produktion sehr bedauerlick st. Wenn Steyr nun eine Mustermesse einrichten will, so muß s selbstverständlich auch von Kleinem anfangen, dazu gehört aber meine Herren ein gemeinsames Zusammenarbeiten; jetzt sind die Tage der Wahlen, die die Leidenschaften aufgeregt haben vorüber, jetzt gehen wir gemeinsam an den Wiederaufbau unseres Staates und Landes, zu welchem wir uns die Hände reichen wollen. Es wäre eine erfreuliche Tatsache, wenn sich ein komitee gründen würde, welches sich zur Aufgabe macht, eine olche Mustermesse in Steyr in Szene zu setzen. Damit würde den Interessen unserer schönen Heimatstadt Steyr, dem Lande Oberösterreich und auch dem Staate Oesterreich genützt werden Herr GR. Witzany pflichtet Herrn GR. Prof. Brand bei, und betont, daß es auch Wunsch seiner Partei und der Sektion sei, Industrie und Gewerbe auszugestalten; das Hemmnis an der Sache sind die stets damit verbundenen enormen Aus¬ lagen. Die Industriehalle ist leider so unglücklich gebaut, daß damit nichts anzufangen ist; hätte man dieses Gebäude so er¬ baut, wie die Linzer Turnhalle, würde es verschiedenen Zwecken gut dienen können. Wir sind uns sicher, daß sich an der Messi geschäftstüchtige Leute beteiligen werden und besonders der Herbst nach der Obsternte geeignet wäre, einen Erfolg für eine Messe u bringen. Es wolle daher vorläufig dem Sektionsantrage zu¬ estimmt werden, der ja schon vorsieht, wie der Markt in Zu¬ kunft auszugestalten wäre. Der Sektionsantrag wird hierauf vom Gemeinderate ein angenommen hellig 13. Beschlußfassung über Ausgabe von Notgeld. Referent Herr GR. Schwandtner Vom Amte liegt uns folgender Bericht vor Nachdem die erste Ausgabe des Steyrer Notgeldes vom Jahre 1919 zu 10, 20 und 50 Heller verbraucht war und die Giltigkeitsdauer mit 30. Juni l. J. abgelaufen ist, hat der Magistrat Steyr die Ausgabe einer neuen, zweiten Auflage Steyrer Notgeldes mit der Giltigkeitsdauer bis 31. März 192. angeordnet. aufgelegt, bzw. ausge Von der ersten Ausgabe wurde geben: K 80.800•— Betrag 108 000 Stück à 10 h K 100.000•— à 20 f 503.000 * K 87.600•— * „ à 50 R 175.200 Gesamtbetrag K 269 000•— In Stelle der ausgegebenen Notgeldscheine der ersten Aus¬ gabe wurde nachstehende Auflage für die zweite Ausgabe bestellt: 400·000 Stück à 10 h Betrag K 40 000•— à 20 k K 80.000- 100 000 „ # K 200.000•— „ à 50 k 400.000 Gesamtbetrag K 320000•— Die Sektion hat sich eingehend mit diesem Amtsberichte beschäftigt und stellt den Antrag: Der Gemeinderat beschließe die Ausgabe neuer Notgeldscheine zu 10, 20 und 50 Heller mit der Giltigkeitsdauer bis 31. März 1921 und den Umtausch des Notgeldes der ersten Ausgabe (vom Jahre 1919) in das neuaus¬ gegebene Notgeld bis zum 31. Dezember 1920. Angenommen. 980 14. Ansuchen der hiesigen Theaterdirektion um ubventiongerhöhung. 261 Referent Herr GR. Schwandtner Vom Herrn Theaterdirektor Sergl liegt uns folgende Zu¬ schrift vor: 3 Es wird der hochlöblichen Stadtgemeinde aus Zeitungs¬ achrichten zur Genüge bekannt sein, daß infolge der ungeheuren wirtschaftlichen und finanziellen Anforderungen viele Theater leitungen gezwungen sind, die Betriebe zu sperren. Auch wir gestatten uns ergebenst darauf hinzuweisen, daß die kommerzielle Lage des hiesigen Stadttheaters eine geradezu unhaltbare ist, insofern nicht seitens der löblichen Stadtgemeinde eine ausreichende Unterstützung bewilligt wird. — Bei genauester Berechnung überwiegen die Ausgaben wie aus nachstehender Aufstellung ersichtlich ist — die Einnahme um ein Beträchtliches, so daß ein Defizit des Theaters im vor hinein klar gestellt erscheint. Unter diesen zwingenden Umständen bleibt uns kein anderer Ausweg, als an die hochlöbliche Stadtgemeinde zu appellieren, aß sie — den außerordentlichen Verhältnissen Rechnung tra¬ end —- eine namhafte Erhöhung der Subvention bewillige und der vielleicht dahin einen Beschluß fasse, dem Theater ein der die andere Spesenpost, welche das Etat derselbe stark belastet, abzunehmen. Wir konnten in den vorhergehenden Saisonen keine Reich¬ ümer sammeln (obwohl dies verschiedentlichst behauptet wurde, bin ich doch jederzeit bereit, den Gegenbeweis anzutreten) sind aber auch heuer nicht in der Lage, tausend von Kronen zuzu¬ etzen, was sich laut beigeschlossener Kalkulation ergibt. Wir hoffen, daß sich die hochlöbliche Stadtgemeinde den oben angeführten Gründen nicht verschließen wird, zumal unserer¬ eits gewiß bisher bewiesen wurde, daß alles getan wird, das heater auf ein höheres Niveau zu bringen, was auch weiterhin unser Bestreben sein wird, und zugleich auf günstige Erledigung des Gesuches und zeichnen Aufstellung Gagen=Eta 32.000•— K Lechnisches Personal 13.500•— * zettel und Masseten 2.000 — 77 „ * Licht 1.000 — 100•— Feuerwehr, Polizei (rund) * „ Lampen und Requisiten 000•— 1 1.000 — Kkanzleispesen (Telephon und Porti) 2c. 1 Pensionsversicherung 1.500 — * * Agenten=Provision 700•— „ „ K 54.100— Zusammen Von jeder Einnahme (Brutto), abzüglich 30 Prozent, und war: 20 Prozent Lustbarkeitssteuer, Tantiemen (Verleger) zehn Prozent. Im Höchstfalle dürfte ein ausverkauftes Haus 3500 K inbringen; bei günstigstem Geschäftsgang, der bisher nur im Nonat Jänner verzeichnet werden konnte, kann man folgendes annehmen: Wöchentlich drei Häuser ausverkauft à 3500 K monatlich 12.000•— K wöchentlich drei halbvolle Häuser 21.000 — 63.000 — Zusammen 7 bzüglich 30 Prozent 18.900•— K 44.100— Somit steht einer Einnahmsmöglichkeit von 44.100 K mit Abzug der 30 Prozent) einem Gesamt=Etat von 54.700 K gegenüber. Hiezu kommen noch Vorspesen von rund 5000 K, die durch Reisen und Eintreffen der Mitglieder verrechnet erscheinen. Der Sektionsantrag lautet: Der Gemeinderat bewillige der Erhöhung der monatlichen Subvention von 400 K auf 000 K für acht Monate der Spielzeit 1920/21 err Vorsitzender bemerkt, daß Herr Sergl seit dem Vor¬ jahre regelmäßig an Subvention 2400 K erhält und keine Sub¬ ventionserhöhung eintreten sollte, sondern vielmehr ein außer ordentlicher Beitrag, so daß die Gemeinde nicht für alle Zeit an die Subvention gebunden ist. err GR. Prof. Brand bemerkt, wenn Herr Sergl vom Gemeinderate etwas wünscht, so solle auch er dem Gemeinderate entgegenkommen und die begehrten volkstümlichen Vorstellunger auch durchführen, was für unsere Jugend sehr wünschenswert wäre. herr Vizebürgermeister Dedic stimmt Herrn GR. Prof Brand vollkommen zu und erinnert, daß schon im vorigen Jahre gesprochen wurde, daß die Theaterdirektion verpflichtet sei, sechs Schülervorstellungen in der Saison zu geben Man hat also den Direktor vorderhand noch in der Hand, denn wenn der Ge¬ neinderat zustimmen sollte, die Subvention von 2400 K au, 8000 K zu erhöhen, so müssen wir verlangen, daß di Direktion auch ihre übernommenen Verpflichtungen einhält Die Direktion möge daher verhalten werden, allmonatlich eine Schülervorstellung zu geben und es sei ihm die Subvention nicht früher auszube¬ zahlen. Ich stelle daher den Zusatzantrag, daß diese erhöhte Sub¬ ention ratenweise nach jeder veranstalteten Schülervorstellung iusbezahlt werde. Herr GR. Krottenau erklärt die Direktion recht¬ ersigen zu müssen; unser Theater genieße wirklich die kleinste Subvention von allen Stadttheatern Oberösterreichs (Rufe: „Es ist aber auch das kleinste Theater“!) und muß bestätigt werden daß die Direktion mit den bereits veranstalteten Schülervor¬ tellungen und Klassikerabenden traurige Erfahrungen machen mußte. Die Folge der aufgezwungenen Notwendigkeit der Ver¬ anstaltung dieser Art an Vorstellungen ist das Begehren nach erhöhtr Subvention Herr GR. Witzany berichtet, daß die erste Schülervor¬ stellung sehr gut besucht war und wenn die Veranstaltungen

1 *8 4 genügend vorbereitet sind, sich auch alle anderen eines guten Besuches erfreuen werden. Ein Hindernis für diese Veranstal¬ tungen soll auch sein, daß die Schauspieler einen freien Nach¬ nittag verlieren. Herr Vizebürgermeister Mayrhofer erklärt, gewiß für den Theaterdirektor keine Lanze brechen zu wollen, wie man edoch von jedem Haushalte weiß, so sind auch die Anforderungen an den Direktor für Personalauslagen ganz bedeutend höhere geworden. Tatsache ist, daß die Bezahlung der Schauspieler nicht auf der Höhe steht. Der Gemeinderat werde heute Gelegenheil haben, eine weitere Ausgabepost für Feuerschutzzwecke zu beraten und zu beschließen Unser Theater ist bedauerlicherweise sehn klein und wird die Stadtgemeinde um dieses im Sinne der sicherheits= und feuerpolizeilichen Vorschriften auszugestalten, noch gewaltige Summen aufwenden müssen. Wenn wir vom Theater irektor etwas verlangen, so müssen wir ihm die Durchführung uch ermöglichen Herr GR. Reisinger verlangt, daß die Preise ver öffentlicht werden. Seit dem heurigen Herbste finde man auf den Theaterzetteln keine Prese mehr vermerkt und es soll vorge¬ kommen sein, daß an der Abendkasse unterschiedliche Preise be¬ zehrt wurden. Der Sektionsantrag wird sohin nach Schluß der Wechsel¬ rede vom Gemeinderate einhellig angenommen In zweiter Abstimmung wird auch der Zusatzantrag des Herrn Vizebürgermeisters Dedic, daß die Auszahlung der er höhten Subvention von der Veranstaltung der Schülervorstellungen abhängig gemacht wird, angenommen. 15. Unterstützungsansuchen. Referent Herr GR. Saiber Ansuchen des Musikvereines um Subvention. Sektions¬ intrag: Der Gemeinderat beschließe, pro 1920 wird eine Sub vention von 300 K gewährt. Angenommen. Ansuchen des Vereines „Deutsche Mensa-Academica“ um Subvention. Sektionsantrag: Der Gemeinderat beschließe, pro eine Subvention von 60 K zu gewähren 920 Angenommen Die Ansuchen der Kreditanstalt der Deutschen, Zweigan¬ stalt Prachatitz um Beteiligung an den Bankgeschäften, sowie des vorbereitenden Ausschusses der „Heimkehrer=Aktion“ um Unter¬ stützung, werden abgelehnt. Dritte Sektion 16. Verpachtung von städtischen Grund. Referent Herr Vizebürgermeister Mayrhofer Beim Hause Sierningerstraße Nr. 140 befindet sich ein öffentlicher Grund, an welchen der Hausbesitzer Münich einen Zaun aufführte und einige Zwergbäume setzte. Es handelt sich um eine Fläche von 22°6 m. Der genannte Besitzer sucht an, nan möge ihm dieses Straßengrundstück verpachten und bietet einen Anerkennungszins von 50 K per Jahr, jederzeit halbjährig kündbar Das Stadtbauamt beantragt, Herrn Franz Münich vom 1. April 1920 angefangen, den Teil der G. P. 1360/1 (öffent¬ liches Gut) im Ausmaße von 226 m2 bei gegenseitiger halb¬ ähriger Kündigung zu den Zinsterminen und gegen einen jähr¬ lichen Pachtschilling von 50 K und unter der Bedingung auf unbestimmte Zeit zu verpachten, daß der Pächter das Grund¬ stück und die Umzäunung stets im anständigen Zustande erhält. Die Sektion beantragt: Der Gemeinderat stimme dem Untre ige des Bauamtes zu. 3 11170 ngenommen. Straßenbenennung auf der hohen Ennsleite. 17. Referent Herr Vizebürgermeister Mayrhofer Durch den Ausbau der Ennsleite ergibt sich die Notwen¬ digkeit, Straßenbenennungen vorzunehmen und die Kosten der Straßennamentafeln und der Nummertafeln zu genehmigen. Die Tafeln würden durch die Firma Bittner in Wien, u. zw. die Straßennamentafeln in der Größe von 71:42 zum Preise von 115 K und die Nummertafel zum Preise von 30 K per Stück liefern. Gesamtaufwand 15000 K. Herr GR. Steinbrecher erwähnt, daß die Schule auf der Ennsleite noch keine Aufschrift trage. (Herr GR. Frühwald erscheint in der Sitzung). derr Referent erwidert, daß die Bezeichnung der Schule demnächst erfolgen werde. Die Sektion stelle zur Straßenbenennung den Antrag, die zur Benennung vorgeschlagenen Straßenzüge mit den Namen Moser= Fadinger=, Michael Vogl=, Schuhmeier= und Kautsch¬ straße“ zu belegen und die Kosten der Bezeichnung zu genehmigen. Angenommen 18. Glektrische Beleuchtung des Stadtgebietes. Reserent Herr Vizebürgermeister Mayrhofer. Am 20. März l. J. wurde beschlossen, die Beleuchtung des Stadtgebietes durchzuführen, bzw. in Angriff zu nehmen; die Begehungen wurden vorgenommen und Kostenvoranschläge ein¬ geholt. Die provisorische Straßenbeleuchtung ist kläglich zu nennen, meist haben wir es in den Gassen finster und auf eine nstandsetzung der Gasbeleuchtung ist nicht zu rechnen, schon eßhalb nicht, weil uns diese Beleuchtung monatlich 8000 bis 000 K kosten würde. Die in Steyr abgenommenen Kupfer¬ leitungen wurden zwar nach Linz geschafft, aber das Kupfer st sorgfältig aufbewahrt und ist für Steyr reserviert und wird umgewalzt. Gegenwärtig stehen die Kupferpreise sehr nieder und soll die Elektro=Baugesellschaft die Preise noch ermäßigen, so daß vir nur das Umwalzen und die Abmontierung zu zahlen haben Der Kostenvoranschlag belauft sich auf 1,200000 K. Um das ostspilige Provisorium endlich wegzubringen, wird nichts an¬ deres übrig bleiben, als dem folgenden Sektionsantrage zuzu¬ stimmen Der Gemeinderat genehmige das vorliegende Offert der lektro=Gesellschaft mit dem Vorbehalte des günstigen Ergebnisses der Verhandlungen wegen Ermäßigung des Kupferpreises der Sektionsantrag wird vom Gemeinderate einhellig ingenommen. 9. Gummibereifung der städtischen Lastautos. Referent Herr GR. Chalupka. Vom Stadtbauamte liegt, folgender Bericht über die Kosten er Gummibereifung vor: Vier Automassivreifen 1050X140 à 14.330 K K 57.320•— 800•— Abpressen der alten Reifen à 100 K „ 800 — 6 Aufpressen der acht neuen Reifen à 100 K K 58.920— Die Rechnung ist spätestens bei Uebernahme der Ware zu bezahlen der Sektionsantrag lautet: Die Bereifung erscheint un¬ erläßlich und wird dem Gemeinderate der Antrag auf Annahme des Berichtes unterbreitet Angenommen. 20. Regulierung des Wasserzinses. 10 Referent Herr GR. Vogl. Der letzte Tarif über die Wasserzinse stammt aus dem Jahre 1913 und ist natürlich nicht mehr zeitgerecht. Die Kosten der Reparaturen kosten vielmehr als der Eingang für die Wasser¬ zinse beträgt. Es wird vom Stadtbauamte nachstehende Erhöhung der Wasserzinse beantragt: Gebühren=Tari für die Abgabe von Wasser aus der städtischen Wasserleitung 1. Für Wohn= und Amtsgebände, Geschäfts= und Gewerbe¬ betriebe Für den durch Wassermessr kon rollierten Mindestverbrauch bis 50 m2 pro Jahr 150 K. Von 50 ms aufwärts wird der Verbrauch nach Wassermesser zum Einheitspreise von 3 K pro kubikmeter verrechnet. Für Gärten, welche nur einen Teil des Jahres Wasser beziehen wird die minimale Wassergebühr mit 75 K entsprechend 5 m3 jährlichen Verbrauches, berechnet. Für den provisorischen Wasserbezug auf Bauplätzen wird der Kubikmeter mit 3 K 50 k berechnet, wobei jedoch die Leih¬ gebühr des Wassermessers inbegriffen ist. Die Ablesung der Messer, Verrechnung und Wahlung des verbrauchten Wassers erfolgt vierteljährlich im Nachhinein, u. zw. anfangs Jänner, April, Juli und Oktober jeden Jahres. Die Wassermesser werden gegen eine Leih= und Erhaltungs¬ gebühr, welche für Wassermesser 60.— K von 10 bis 13 mm Lichtweite jährlich „ 75•— 4 „ 20 90•— 21 „ " 25 n „ 05•— u. von über 25 „ beträgt, von Stadtgemeinde=Vorstehung geliefert und instand gehalten. Diese Gebühr wird zu Beginn eines jeden Jahres ein¬ ehoben. Die Kosten der Einschaltung des Wassermessers trägt der Wasserabnehmer Nach kurzer Wechselrede bringt der Herr Referent den Antrag der Sektion zur Kenntnis: Der Gemeinderat genehmige den Antrag des Stadtbauamtes. Angenommen. 21. Instandsetzung des Uferschutzdammes beim Gsangwehr. Referent Herr GR. Schickl Vom Stadtbauamte liegt ein Bericht vor, wonach durch ie Aenderung des Gerinnes des Mitterwassers anläßlich des letzten Hochwassers wurde die Sohle gegen den Steindamm ge¬ drängt und derart vertieft, daß die Fundamente beim Holzwehr iber den Wasserspiegel liegen. Der Füllschotter des Dammes vurde ausgekolkt, so daß das im Zementmörtel angelegte Stein¬ pflaster des Dammes hohl liegt An einigen Stellen, hauptsächlich aber beim Anschluß des Steindammes an das Holzwehr, besteht die Gefahr, daß die Frühjahrshochwässer den Damm einreißen. Es ist daher dringend geboten, daß die Herstellungsarbeiten sofort begonnen werden, amit die Betonarbeiten nicht in der kalten Jahreszeit durch eführt werden müssen Die Wiederherstellungsarbeiten dürften einen Kostenauf¬ wand von 100 000 K beanspruchen.

Die Sektion beantragt: Der Gemeinderat genehmige der Antrag des Stadtbauamtes. Hiezu bemerkt der Herr Referent, daß die Stadtgemeinde aus der staatlichen Hilfe für Hochwasserschäden einen Anspruch und für die Hochwasserschäden einen Anspruch auf erhebt 150.000 K stellen werde. Der Sektionsantrag wird einhellig angenommen. 22. Regulierung der Preise für die Müllabfuhr. Referent Herr Vizebürgermeister Mayrhofer. Ueber das finanzielle Ergebnis der Müllabfuhr liegt seitens des Stadtbauamtes eine Rentabilitäts=Berechnung vor, welche zeigt, daß die bisherigen Gebühren etwas zu niedrig gegenüber dem tatsächlichen Aufwand angesetzt waren. Die Be¬ völkerung kann nicht verlangen, daß die Gemeinde aus der Müllabfuhr, die dem allgemeinen Wohle und der Gesundheits¬ förderung dient, Defizite erwachsen. der Amtsbericht begehrt folgende Erhöhungen: die ermäßigte Gebühr von 2800 K auf 270 K per Kübel und Jahr 2. die erhöhte Gebühr von 36 K auf 340 K per Kübel und Jahr Das Verhältnis 7:9 der ermäßigten zur erhöhten Gebühr wurde bei den neuen Preisen beibehalten Die Sektion stellt den Antrag: Der Gemeinderat beschließe die Genehmigung der erhöhten Gebühren. Herr GR. Schickl betont, daß sich für manche Haus¬ besitzer Schwierigkeiten ergeben werden und viele Kübel abmelden werden, die sie nicht benötigen Herr GR. Vogl berichtet, daß Herr Baurat in der Sektionssitzung erklärt habe, daß die Parteien wohl nach Quartal¬ schluß berechtigt seien, nicht benötigte Kübel abzumelden, nach der Anschauung des Herrn GR. Schickl würden selbstverständlich die Besitzer die Abmeldung sofort vornehmen. Die Müllabfuhr muß aber ohne Ausnahme nach dem Gesetze vorgenommen werden, damit die Vorschriften nicht durchbrochen werden Herr GR. Aigner verweist, daß die Geschädigten die leinen Hausbesitzer ohne Parteien sind, die diese Last nich gleichmäßig auf die Parteien abwälzen können. Es sollte doch ein Schlüssel gesunden werden, um diese Ungerechtigkeit zu be¬ seitigen, ohne das Gesetz zu durchlochen Herr Referent bemerkt im Schlußwort, daß ein solcher Schlüssel unmöglich zu finden sei, weil sich die Preise für die Verwendung der Kübel und Benützung der gesetzlichen Müll¬ abfuhr nicht abstufen lasse. Es könnte nur ein motorischer Be¬ rieb der Müllabfuhr, wie ja überhaupt das ganze Verkehrs wesen auf motorischen Betrieb zu stellen sein wird, eine Ver¬ billigung der Kosten bringen. Für heute gibt es nichts anderes als dem Antrage zuzustimmen. Herr Vorsitzender Bürgermeister Wokral bemerkt, daß der Gemeinderat vorläufig dem Sektionsantrag zustimmen könne, aber innerhalb des Quartals über eine Ausgleichung zwischen den Besitzern ohne Parteien und den größeren Häusern studieren könne; es werde sich während dieser Zeit schon ein Ausweg finden lassen. Der Sektionsantrag wird vom Gemeinderate angenommen. 23. Auschaffung von Feuerlöschapparaten für das tadttheater. 143 Referent Herr GR. Krottenau. Vom Stadtbanamte liegt ein eingehender Bericht vor Es ist selbstverständlich, daß sich der Gemeinderat zur Erhöhung der Feuersicherheit dem Begehren nicht verschließen kann. Bisher verliefen die Vorstellungen glücklicherweise ohne Anstand, es könnte jedoch bei Nichtbeachtung der beantragten Sicherungen leicht vorkommen, daß ein Unglück geschieht und welche Verantwortung sich die Gemeinde dann aufhalsen würde, läßt sich nicht übersehen. Nachdem es für die Gemeinde jedoch derzeit unmöglich ist, das Theatergebäude und seine Einrichtung so instand zu setzen, daß jede Feuergefährlichkeit ausgeschlossen wäre, so kann sie derzeit nur auf die Einrichtung zurückgreifen velche die Möglichkeit der Löschung eines Brandes und damit die Feuergefährlichkeit auf das geringste Maß eindämmt und dies ist die Beistellung von sechs Minimaxapparaten, von denen zwi ohnehin vorhanden sind, so daß vier nachzuschaffen und mit Füllung zu versehen wären Herr Vizebürgermeister Mayrhofer bespricht das Er¬ gebnis der letzten Theaterkommissionierung und befürwortet mit Rücksicht auf die heutigen Verhältnisse den Antrag der Sektion Herr GR. Witzany macht aufmerksam, daß die Gefahr dadurch wesentlich erhöht werde, als das Stehparterre stets über¬ füllt ist und bei einem Brandunglück niemand aus dem Hause könnte. Es muß strenge auf die Einhaltung der Vorschriften gedrungen werden Herr Vorsitzender erinnert daran, daß im rückwärtigen Teile des Theaters ein Ausgang neu geschaffen wurde, welcher wesentlich zur Sicherheit beiträgt. Der Umstand, daß Besitzer des Theaters und Aufsichtsperson über das Theater ein und dieselbe Person ist, bildet eine Schwierigkeit, über die aber schließlich hinweggekommen werden muß. Herr GR. Schickl konstatiert, daß derzeit ein Theater meister nicht besteht und daß der frühere Theatermeister in der Waffenfabrik beschäftigt sei und nur Gefälligkeitshalber im Theater öfters anwesend ist. Die Bestellung eines ständigen Theatermeisters ist aber unerläßlich, weil derselbe stets Ordnung halten kann und auch alle Einrichtungen und Inventarsgegen¬ ände weiß, sie richtig einzuteilen vermag, kurz, überhaupt den ganzen Betrieb des Theaters kennt. Weiters gehört links vom Haupteingang eine große elektrische Lampe, die alle Ausgänge gut beleuchtet, denn erfahrungsgemäß strömen die Leute bei Gefahren dem Lichte zu. Im Innern des Theaters sind Licht¬ punkte gewissermaßen als Wegweiser zu Ausgängen gut sichtbar zu machen Jede Türe im Theater ist gut sichtbar als Ausgang er¬ enntlich zu machen. Die angeregte große Lampe vor dem Ein¬ ang wird einen Schein nach innen werfen und dieser Schein ann zum rettenden Wegweiser zu den Ausgängen werden Herr GR. Prof. Brand sagt, daß man gewiß alles tun nüsse, um eine Katastroph: zu vermeiden; seine Partei sei da¬ für, daß diese beantragten Minimax angeschafft werden, aber es soll Gewähr vorhanden sein, daß diese Apparate auch bedient werden. Wenn fünf bis sechs Apparate angeschafft werden, so nüssen auch ebensoviele Feuerwehrmänner anwesend sein, um diese Apparate sofort bedienen zu können. Der Herr Vorsitzende leitet sodann über den Sektions¬ antrag die Abstimmung ein, welcher vom Gemeinderat einhellig ingenommen und beschlossen wird, die gegebenen Anregungen insichtlich der Außenbeleuchtung, des Theatermeisters, der besseren Beleuchtung der Notausgänge und der Bedienung der Minimax zur Durchführung, aufgetragen 24. Genehmigung des Nachtragsoffertes der Firma Kröger. Referent Herr Vizebürgermeister Mayrhofer. Die Firma Kröger hat auf Grund der Besprechung mit dem Gemeinderats=Präsidium ein geändertes Nachtragsoffert orgelegt. Das erste Operat (Altes Stadtgebiet) ist im Maß tabe 1:1250 bis Ende Oktober 1920, das gesamte (erste und zweite) Operat in beiden vereinbarten Maßstäben 1:1250 und : 2500 fix und fertig bis Ende Februar 1921 abzuliefern. Bei Nichteinhaltung des letzteren Termines habe ich ein Pönale von 15.000 K zu zahlen, welche Summe von der Schlußzahlung in Abzug zu bringen ist Die Stadtgemeinde hingegen übernimmt nachstehende Zahlungsverpflichtungen: Der Gesamtpreis der Arbeit beträgt 148.000 K; bis ängstens Ende Oktober d. J. sind 50.000 K zu Handen der Bank für Oberösterreich und Salzburg in Steyr zu erlegen das sind mit den schon überwiesenen 36.000 K zusammen 6000 K. Die Restsumme von 62.000 K ist innerhalb 14 Tagen ach Ablieferung des gesamten Operates fällig, bei Nichteinhal¬ tung des Termines vom 28. Februar 1921 sind hievon 15.000 K in Abzug zu bringen Alle durch vorstehende Abänderungsvorschläge nicht be¬ rührten Vereinbarungen des ursprünglichen Offertes vom 30. Juli 1919 bleiben unverändert aufrecht Das Gemeinderats=Präsidium hat dieses abgeänderte Offert angenommen mit dem Vorbehalte der Genehmigung durch den Gemeinderat. Nach kurzer Erläuterung der Beratungen im Gemeindrats¬ räsidium durch den Herrn Vorsitzenden stimmt der Gemeinderat dem abgeänderten Nachtragsofferte der Firma Kröger zu 25. Grundkauf und -Verkauf zu Straßenregulierungen. Referent Herr GR. Zeilinger. Zur Herstellung der Grundbuchsordnung wird vom Bau¬ mte erstens die Abtretung eines Teiles der B. P. Nr. 377 im lusmaße von 13 m2 seitens des Julius Lampelmayr an die Stadtgemeinde zwecks Regulierung der Schlüsselhofgasse beim Hause Nr. 47 gemäß dem Akte BA Nr. 2266 von 1920, zweitens die Abtretung eines Teiles der G. P. 111/1 im Ausmaße von 35 m2 seitens der Oesterreichischen Waffenfabriks=Gefellschaft an ie Stadtgemeinde zwecks Regulierung des Bahnhofweges gemaß dem Akte BA Z. 1540 von 1920 beantragt Die Sektion stellt den Antrag, der Gemeinderat stimme der Uebernahme der Grundstücke für Straßenregulierungszwecke ins öffentliche Gut zu. Angenommen. Vierte Sektion. 26. Tätigkeitsbericht des städtischen Schul- und Jugendarztes. 168# Referent Herr GR. Steinbrecher. Herr Dr. Pimiskern hat einen ausgezeichneten Bericht er tattet, wie überhaupt die Tätigkeit des Herrn Dr. Pimiskern eine außerordentlich eifrige, gewissenhafte und in jeder Richtung hin zufriedenstellende ist Der Gemeinderat beschließt, den Bericht dem Protokolle einverleiben zu lassen und den Zeitungen zur Verfügung zu tellen. Gefertigter beehrt sich, nachstehend einen kurzen Bericht iber seine Tätigkeit als Schul= und Jugendfürgearzt der Stadt Steyr zu geben: Wegen des herannahenden Endes des Schuljahres war (8 nicht möglich, den Dienstesvorschriften entsprechend, alle Kinder zu untersuchen. Eine flüchtige Untersuchung hätte den 5

6 Zweck nicht erfüllt, da es sich darum handelt, jedes Kind genau zu untersuchen, um durch Eintragung der Befunde in die Ge¬ undheitsscheine auch für spätere Untersuchungen eine gewichtige Grundlage zu schaffen. Die Gesundheitsscheine, die in einzelnen Mädchenschulen vorhanden waren, sind nicht für alle Schulen hinreichend. Da eine Einheitlichkeit nötig ist, hat der Gefertigte nach Rücksprache mit Herrn Direktor Lebeda ein Einheits¬ formular für die Gesundheitsscheine ausgearbeitet. Da eine allgemeine Untersuchung aller Kinder von vorn herein ausgeschlossen war, wurden nur die kränklichen und chwächlichen Kinder untersucht. Zu diesem Zwecke war die Mit¬ hilfe des Lehrkörpers von größter Wichtigkeit Die Kinder, die den Lehrpersonen als kränklich und schwächlich bekannt waren, wurden dem Schularz'e in den Sprechstunden vorgestellt und soweit dies mit den derzeit beschränkten Hilfsmitteln möglich war, genau untersucht. Anfangs besuchte der Gefertigte die ver¬ schiedenen Schulen, mit 7. Juni wurden nach einem den Schulen bekanntgegebenen Stundenplan regelmäßige Sprechstunden ab gehalten. Durch häufigen Besuch in den einzelnen Klassen war es dem Gefertigten möglich, selbst Kinder, die ihm auffällig rschienen, zur Untersuchung heranzuziehen. Die schulärztlich Tätigkeit bestand in der Untersuchung der Kinder während der Sprechstunden, Untersuchung der für die verschiedenen Aktionen in Betracht kommenden Kinder, Besuch der Klassen während des Unterrichtes, Besichtigung der Schulräumlichkeiten in Bezug au hre hygienischen Verhältnisse Während der regelmäßigen Sprech¬ tunden wurden 708 Kinder untersucht, 335 Knaben, 373 Mädchen. Von diesen wurden die überwachungsbedürftigen be=verdächtigen 2c) Kinder öfters untersucht, sodaß in Wirk lichkeit die Zahl der vorgenommenen Untersuchungen weit größen st. Am Schlusse des Schuljahreswurden alle aus der Schule austretenden Kinder, und zwar 80 Knaben, 53 Mäd¬ chen, zum Zwecke der Berufsberatung genau untersucht und die Besunde in den aufliegenden Berufsberatungsbogen genau eingetragen. Bei mehreren Schülern und Schülerinnen sah sich Gefertigter veranlaßt, ihnen von dem gewählten Beruf abzu¬ raten, weil sie auch späterhin für den Beruf nicht geeignet er¬ schienen. Selbstverständlich darf der Arzt nur in dringenden Fällen Einsprache gegen den gewählten Beruf erheben, dann war wenn eine schwere Gesundheitsschädigung beim Ergreifen dieses Berufes zu erwarten ist oder wenn irgend ein Fehler (Kurzsichtigkeit, körperliche Gebrechen, Schweißhände 2c) vorliegt, er die Hoffnungen, die das Kind in diesen Beruf setzt, nich erfüllen läßt Regelmäßig besuchte der Gefertigte in den Sprechstunder eine Klasse, wohnte dem Unterrichte bei und untersuchte dann die vorgestellten Kinder. Erschien ein untersuchtes Kind eine ärztlichen Behandlung bedürftig, so wurden die Eltern durch chriftliche Mitteilung des Schularztes davon verständigt, ebenso wurden die Eltern verständigt, wenn es sich um besonders un reine oder mit Ungeziefer behaftete Kinder handelte. Insgesamt wurden vom Gefertigten 66 schriftliche Mitteilungen an die Eltern gesandt Fast in allen Fällen waren die Mit¬ teilungen von Erfolg begleitet. Die Kinder mußten jedesmal die Bestätigung von der erfolgten ärztlichen Behandlung bei¬ bringen Eine Hauptaufgabe des Schularztes war es, die Kinder zu untersuchen, die für die Schweiz, Tagesheimstätte im Werndl¬ park oder Ferienkolonien in Betracht kamen. In den schul¬ ärztlichen Protokollbüchern erhielten die für eine der Aktionen in Betracht kommenden Kinder die Randbezeichnung S, W oder F, sodaß, sobald eine Aktion aktuell wurde, die Kinder schnell ausgesucht werden konnten. Da die Untersuchung der Kinder keine allgemeine sein konnte, kamen für die verschiedenen Aktionen auptsächlich die in den Sprechstunden vorgestellten Kinder in etracht. Dadurch war schon die Gewähr geboten, daß nur Be¬ dürftige dieser Wohltaten teilhaftig wurden. Die engere Aus¬ wahl unter den Kindern blieb immer dem Jugendamte vor bahalten. Für die Schweiz kamen nur unterernährte, blutarme aber sonst organ gesunde Kinder in Betracht. Für die Tages¬ eimstätte im Werndlpark kamen die tuberkulos gefährdeter kinder in Frage. Offene Tuberkulose war ausgeschlossen. Die Tagesheimstätte im Werndlpark ist ein gewaltiges, imponierendes Werk der Jugendfürsorge in Steyr, 60 Kindern wird daselbst alles gewährt, was im Stande ist, ihnen die Gesundheit wieder zu geben Die Verpflegung ist vorzüglich, sehr reichlich und ab¬ wechslungsreich. Der ständige Aufenthalt im Freien bei schönem Wetter, die Sonnenbäder, dies alles bewirkt, daß sich die meisten Kinder schon sehr erholt haben und die Gewichtszunahmen bis zu vier Kilogramm betragen. Zwei Kinder mußten während des Aufenthaltes im Werndlpark in das Spital abgegeben werden, eines wegen Bauchfelltuberkulose, eines wegen beginnender offener uberkulose. Durch mindest dreimaligen Besuch in der Woche überzeugte sich Gefertigter von dem Gesundheitszustand der Kinder der Tagesheimstätte Für die Ferienkolonien kamen unterernährte und kränkliche Kinder in Betracht. Da es sich dabei um Aufenthalt in nahe gelegenen Orten handelt, können auch Kinder mit leichtem Lungenspitzenkatarrh mitgeschickt werden. Nachstehend folgt der Bericht über die schulärztliche Tätig¬ eit: Da es sich allein um Untersuchung der kränklichen Kinder handelte, kann es nur ein Tätigkeitsbericht, nicht aber ein für eine Stalistik brauchbarer Bericht sein Die gesundheitlichen Verhältnisse unter der Schuljugend Steyts sind im allgemeinen schlechte Die Bestimmung des Ernährungszustandes wurde diesmal nicht durch den Arzt vorgenommen. Durch das Gelidusiverfahren wurde für alle Kinder auf rechnerischem Wege der Ernährungs¬ grad festgelegt. Leider hat dieses Verfahren seine Nachteile, da nicht j des Kind, das eine entsprechende Gelidusizahl aufweist, uch gesund sein muß. Dadurch sind manche Kinder aus der lusspeisung ausgeschlossen, die es sehr notwendig hätten. Auch ür die Ferienkolonien durften nur Kinder mit entsprechender Gelidusizahl ausgesucht werden. Tuberkulose: Neben der Unterernährung bedroht. ie Tuberkulose in erschrecklichem Maße ie Kinder. Der Gefertigte kann derzeit nur ungefähr die Zahl der tuberkulosen Kinder angeben. Geschlossene Tuberkulose st bei 100 Kindern (51 Knaben, 49 Mädchen) festzustellen. Offene Tuberkulose mit Fieber und Husten wurde in einem Falle vorgesunden. Die anderen sicher vorkom menden Fälle vor offener Tuberkulose unter der Schuljugend entzogen sich der Beobachtung, weil sie schon im Laufe des Schuljahres durch irztliche Zeugnisse vom Unterrichte befreit wurden. Die lungen¬ krank befundenen Kinder sind fast durchwegs schlecht genährt. und schlecht aussehend. Die Diagnose einer verborgenen Tuber¬ kulose ist bei Kindern mit weitaus größeren Schwierigkeiten als ei Erwachsenen verbunden. Die einfache physikalische Unter¬ uchung (Klopfen und Abhorchen) ist im allgemeinen unzu¬ eichend. Die Röntgendurchleuchtung wäre dazu nötig, da auf diesem Wege auch die für das Kindesalter wichtige Bronchial¬ □ drüsentuberkulose fest„estellt werden kann Die Pirquetsche Tuberkulinreaktion, ein wichtiges diagnostisches Hilfsmittel bei uberkuloseverdacht der Kinder wird im nächsten Schuljahr mit Zustimmung der Eltern in verdächtigen Fällen angewendet verden Skrophulose: Skrophulöse Erkrankungen, die eben¬ falls auf einen vorhandenen oder vorhanden gewesenen tuber¬ kulösen Herd hindeuten, kamen zahlreich vor und zwar 66 Drüsenschwellungen (28 K, 34 M), worunter nur solche ge¬ zählt wurden, die Haselnußgröße erreich en. Kleinere Drüser aben keine Bedeutung. Drei Drüsen zeigten eine offene Fistel (2 K., 1 M.), weiter wurden gefunden 12 skrophulöse Augen¬ rkrankungen (2 K., 10 M), fünf Fälle mit Hornhautnarben nach rophulöser Augenentzündung (1 K., 4 M), drei Knochentuber¬ ulose (1 K., 2 M.), eine Nebenhodentuberkulose mit Fistel (1 K.), ine Bauchfelltuberkulose (1 K. Andere Lungenerkrankungen: Bei den untersuchten Kindern befanden sich fünf mit Bronchit's (3 K., M), zwei mit Kehlkopf= und Luftröhrenkatarrh (1 K., 1 M.) Hautkrankheiten: 24 unbehandelte Skabies 14 K., 10 M.) wurden in ärztliche Behandlung gewiesen. Kopf¬ äuse und Nisse kamen zahlreich, besonders bei Mädchen in Be¬ bachtung. In besonders krassen Fällen von Verlausung und Inreinlichkeit wurden die Eltern vom Schularzte schriftlich ver¬ tändigt und bei jängeren Mädchen in einzelnen Fällen auf das gänzliche Abschneiden der Haare gedrungen. Nervenkrankheiten: Drei Fälle von Enuresis nocturna (nächtliches Bettnässen) wurden gefunden (2 K., 1 M.), wei Fälle mit Verdacht auf epileptische Anfälle (2 K.), zwei Fälle mit Schwachsinn wurden für die Aufnahme in die Hilfsschule estimmt (2 K.) Ohrenkrankheiten: Die Bestimmung der Hör¬ chärfe wird bei der allgemeinen Untersuchung der Kinder im ächsten Schuljahre vorgenommen werden. Von Erkrankungen es Ohres kamen drei Fälle von eitrigem Ausfluß aus dem Ohr nfolge chronischer Mittelohrenentzündung zur Beobachtung (2 K., 1 M.) Augenkrankheiten: Auf Fehler im Sehver¬ mögen, die nicht durch eine krankhafte Veränderung des Auges hervorgerufen wurde, wurde dermalen keine Rücksicht genommen. Dies bleibt ebenfalls den Untersuchungen im nächsten Schuljahr vorbehalten. Bei den vorgefundenen Augenerkrankungen handelte s sich in allen Fallen um skrophulöse Erkrankungen. Der Hilfsschule widmete der Schularzt eine besondere Aufmerksamkeit. Die Hilfsschule soll Kindern, deren geistige Ver¬ inlagung gering ist, die also in der Normalschule nicht mitkommen önnen, soviel Bildung beibringen, daß sie imstande sind, später inen Beruf zu ergreifen und die Stelle möglichst gut auszu¬ üllen. Die Hilfsschule steht in der Mitte zwischen Normal= und Idiotenschule, d. h. es sollen idiotische Kinder darin keine Auf¬ ahme finden. In der Hilfsschule in Steyr befinden sich aber auch idiotische Kinder. Sie sind völlig bildungsunfähig und ge¬ hören in eine geeignete Anstalt. Dieser streuge Stand¬ unkt wäre unbedingt aufrecht zu erhalten, ollte nicht die Hilfsschule in Mißkredit kom¬ men. Die idiotischen Kinder üben auf die anderen einen schlechten Einfluß aus. Die meisten Eltern weigern sich, ihre Kinder in ie Hilfsschule zu schicken, in der idiotische Kinder vorhanden nd. Gefertigter hat selbst in mehreren Fällen, wo es sich um Unterbringung von Kindern in die Hilfsschule handelte, mit den Eltern gesprochen und von allen die Anwort erhalten: „In ine Idiotenschule gib ich mein Kind nicht.“ In einer Konferenz anläßlich einer Ueberprüfung der für die Hilfsschule aufzuneh¬ nenden Kinder hat der Gefertigte seine Ansichten dargelegt und auch Zustimmung gefunden. Ein neues Stalut für die Hilfs¬ schule in Steyr wurde durch Herrn Oberlehrer Bartl dem Stadt schulrat vorgelegt. Zwei Hauptpunkte in diesem Statut lauten: Idiotische Kinder, Kinder mit schweren epileptischen Anfällen ind vom Besuch der Hilfsschule ausgeschlossen, andererseits sollen

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