Gemeinderatsprotokoll vom 1. Oktober 1920

speisung überhaupt im Winter abgesehen würde. Für die gegen¬ wärtige Situation muß wohl für die Kinder vorgesorgt werden, damit sie nicht den Witterungsunbilden ausgesetzt sind. Es hat geheißen, die Amerikanische Hilfsaktion möge dies selbst besorgen, leider aber besitzt das Hifskomitee kein Vermögen um die Baracken ankaufen zu können. Die Entlohnung des Personales und das Holz kostet sehr viel Geld, so daß trotz der Erhöhung der Bei¬ träge nichts übrig bleibt. Wir bitten, daß die Gemeinde dem Komitee zu Hilfe komme; allerdings heißt es, die Gemeinde habe das Lokal beizustellen, jedoch zum Ankaufe dieser Baracken könnte sie nicht verpflichtet werden. Was die Aeußerung des Herrn GR. Steinbrecher über die Leiterin der Ausspeiseaktion betrifft, so liegt diese Sache nicht in der Macht des Fürsorgeausschusses, ondern dies ist Sache der Hauptleitung, welche gegenwärtig in Linz ihren Sitz hat. Von dieser Leitung wurde gesagt, daß sie keinen Grund habe, gegen das Fräulein Groß vorzugehen; ich bin nicht in der Lage weder als Obmann, noch als Mitglied des Fürsogeausschusses das Fräulein zu entheben; vielleicht kann der Gemeinderat eine diesbezügliche Eingabe machen, damit die Sache nochmals untersucht werde. Herr Vizebürgermeister Nothhaft ersucht um Aufklärung, wie der Wert der Baracken errechnet wurde und ob dieselben, wenn sie einmal nicht mehr gebraucht würden, wieder um den¬ selben Betrag weiterverkauft werden könnten. Herr Vorsitzender erwidert, daß die Baracken nur auf deren Holzwert geschätzt wurden und bei Neuaufstellung wieder für ein Jahr gut haltbar werden. Herr Vizebürgermeister Mayrhofer erklärt für den Ankauf der Baracken zu sein, aber sagen zu müssen, daß im allgemeinen die Mehrheit der Bevölkerung mit der ganzen Ausspeiseaktion nicht recht zufrieden ist. Es gehen fast täglich Klagen, daß ganz arme Kinder abgewiesen, während Kinder von begüterten Eltern ausgenommen werden. Dabei gibt es noch eine Härte, daß die Geschwister erkrankter Kinder den letzteren die Jause nicht einmal nach Hause nehmen dürfen, was als ein gewisses starres System anzusehen ist, das von einem Teile der Bevölkerung sehr hart empfunden wird. Leider fehlt uns die Macht in diese Dinge dareinzureden. Tatsache ist und bleibt, daß ganz arme Kinder abgewiesen wurden. Im übrigen sei der Ankauf der Baracken zu empfehlen. Heir GR. Prof. Brand erklärt richtig stellen zu müssen, daß die Auswahl der Kinder der Leitung vorbehalten ist. Es kann allerdings sein, daß unter der Hand Kinder aufgenommen wurden, von welchen aber der Fürsorgeausschuß nichts weiß. Wenn mir dies mitgeteilt worden wäre, so hätten Sie sicher sein können, daß dies abgeschafft würde. Protektion darf unter keinen Umständen herrschen, sondern es muß genau nach den Vorschriften der Hauptleitung der Ausspeiseaktion vorgegangen werden und diese Vorschreibungen sind tatsächlich etwas starkes. Wenn Unzulänglichkeiten bestehen, stehe ich Ihnen als Mann dafür ein, daß diese abgeschafft werden; ansonst bin ich mit Vergnügen bereit, abzudanken. Der Antrag der Sektion auf Ankauf der Baracken in Ramingsteg und deren Verwendung für das Harrergut wird vom Gemeinderate angenommen 11. Bauarbeiten in Dornach. Referent Herr Vizebürgermeister Mayrhofer. Wer sich die Mühe genommen hat, das Harrergut anzu¬ sehen, wird erkannt haben, daß Ausgestaltungen desselben not¬ wendig sind, um dasselbe zu einem rationellen Betrieb einzu¬ richten. Das Stadtbauamt hat einen ausführlichen Bericht vor¬ gelegt. Der Sektionsantrag lautet: Der Gemeinderat genehmige die vom Stadtbauamte gestellten Anträge und bewillige die hiefür erforderlichen Kosten in der Höhe von 120.000 K. Herr GR. Prof. Brand berichtet, daß er sich das Harrer¬ gut angesehen habe und fand, daß es tatsächlich notwendig ist, Wandel zu schaffen, nur werde der Betrag von 120.000 K kaum dazu ausreichen. Andererseits muß darauf gedrungen werden, daß die Wasserleitung so rasch als nur möglich hergestellt werde. (Zwischenruf des Referenten: „Wird nächste Woche fertig“.) Weiters sollen raschest die Pfosten über die Rinnsale im Stalle gelegt werden, damit die Kühe im Trockenen stehen. Nach kurzer Debatte wird sodann der Sektionsantrag vom Gemeinderate zum Beschlusse erhoben. 12. Ankauf von Werkzeugen. Referent Herr GR. Vogl. 78336 Hierüber liegt uns ein Amtsbericht vor, welcher uns den Ankauf der Werkzeuge für die eigenen Zwecke unter Hinweis auf die günstigen Preise empfiehlt. Die Sektion beantragt: Der Gemeinderat genehmige den Ankauf der im Berichte genannten Werkzeuge unter den vom Stadibauamte beantragten Bedingungen. Der Sektionsantrag wird nach kurzer Wechselrede vom Gemeinderate angenommen. 13. Ansuchen um Ermäßigung eines Pachtschillings für den städtischen Grund. Zum Ansuchen des Kaninchenzüchtervereines stellt die Sek¬ tion folgenden Antrag: Der Gemeinderat genehmige die Er¬ mäßigung des Pachtschillings für die dem Kaninchenzüchterverein vermieteten Grundstücke um den für die Fuchslucke ausgewiesenen. Betrag, lehne aber alle übrigen Ermäßigungen in Anbetracht. des ohnehin sehr geringen Pachtschillings ab. Angenömmen. 14. Ansuchen um Ueberlassung von Räumen zur Er¬ richtung einer Tagesheimstätte für Kinder. Referent Herr GR. Krottenau. 2 Die Ortsgruppe des Arbeitervereines „Kinderfreunde“ er¬ ucht um Ueberlassung der freiwerdenden Parterreräumlichkeiten im alten Fachschulgebäude. Die Sektion stellt hiezu folgenden Antrag: „Der Gemeinde¬ rat lehne mit Rücksicht auf die in Aussicht stehende einheitliche Verwertungsabsicht der Industriehalle das Ansuchen ab, geneh¬ nige jedoch für den Fall, als der Vereinsleitung Lokale für den gedachten Zweck im alten Fachschulgebäude entsprechen würden, die Ueberlassung von zwei Räumen im Erdgeschosse dieses Objektes. Die Detailregelung wäre dann Sache des Stadtbau¬ amtes.“ Der Sektionsantrag wird vom Gemeinderate angenommen. 15. Erhöhung des Amtspauschales für hierstädtische Schulen. Referent Herr GR. Steinbrecher. Die Sektion stellt nach Beratung des Gegenstandes fol¬ genden Antrag: Der Gemeinderat beschließe den hiesigen Schulleitungen den bisher festgesetzten Amtsverlag von jährlich 200 K auf jährlich 400 K zu erhöhen. Sollten sie mit demselben das Auslangen nicht finden, wird das Gemeinderats=Präsidium. beauftragt, eine Erhöhung des Amtsverlages neuerlich zu be¬ willigen. Angenommen. 2990 2 16. Verleihung von Rosenauerpfründen. Referent Herr GR. Steinbrecher. Hierüber liegt folgender Sektionsantrag vor: Der Ge¬ meinderat beschließe, die mit einer Rosenauerpfründe von mo¬ natlich je 10 K beteilte Aigner Anna, Bögl Therese, Dauspek¬ gruber Johanna, Grundböck Therese, Mühlberger Barbara, Nagenkögl Marie, Pichler Marie und Stelzlmayer Elise auch heuer wieder mit obigen Pfründen zu beteilen. Da eine Aende¬ rung in den Verhältnissen der Bittstellerinnen gegen das Vor¬ jahr nicht eingetreten ist. Angenommen. 17. Genehmigung erhöhter Verpflegsgebühren für auswärts untergebrachte Kinder. Referent Herr GR. Steinbrecher. Die Direktion der Anstalt „Zum guten Hirten“ begehrt eine Erhöhung der Verpflegsgebühren und stellt die Sektion folgenden Antrag: Der Gemeinderat beschließe die von 90 K monatlich auf monatlich 150 K erhöhten Verpflegskosten in der Erziehungsanstalt „Zum guten Hirten“ auf den hiesigen Armen¬ onds zu übernehmen, soweit es sich um hieher zuständige und dortselbst untergebrachte Kinder handelt. Angenommen. 18. Ernennung von Armenräten und Armenvätern. Referent Herr GR. Steinbrecher. Die Sektion stellt den Antrag: Der Gemeinderat beschließe dem Vorschlage des Städtischen Armenrates vom 14. September l. J. zuzustimmen und die namhaft gemachten Armenräte und Väter mit der Führung der Geschäfte eines Armenrates=, bzw. =Vaters zu betrauen und zwar: Zu Armeninspektoren zu ernennen: Herrn Josef Radler Für den I. Bezirk Herrn Karl Klement „ VII. „ Herrn Rudolf Pistrauschek „ „ XI. „ Herrn Gangolf Zeilinger „ „ XII. zu Armenvätern zu ernennen: Herrn Johann Schmoll Für das 4. Viertel Herrn Heinrich Pichler „ „ 16. Herrn Josef Hellmayr „ „ 19. Herrn Florian Dernstorfer „ „ Steinviertel Herrn Silvester Wingert. „ „ Ennsleitenviertel Angenommen. Nach Schluß des öffentlichen Teiles berichtet der Herr Vorsitzende, daß ,folgende Krankenverpflegsgebühren vom Landes¬ rate bewilligt wurden: für die 1. Klasse 100 K, für die 11. Klasse 70 K und für die 11I Klasse 40 K, und zwar rückwirkend ab¬ 1. September 1920. Wird zur Kenntnis genommen. Endlich berichtet der Herr Bürgermeister, daß mit Rück¬ sicht darauf, als die Errichtung der vierten Apotheke in Steyr noch mehrere Jahre dauern kann und die seinerzeit vom Braunauer=Lager erworbene Apothekeneinrichtung doch verwertet werden müsse, sich die freiwillige Versteigerung der Apotheken¬ einrichtung empfehlen dürfte. Wird zur Kenntnis genommen und sodann der öffentliche Teil der Sitzung um 9 Uhr 15 Min. abends geschlossen.

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