Gemeinderatsprotokoll vom 2. September 1920

21. Nachträgliche Genehmigung von Schuhkosten. Referent Herr Vizebürgermeister Dedic. Der Armenrat stellt an den Gemeinderat den Antrag, aus den Beständen der Flüchtlingsfürsorge Segeltuchschuhe mit Holzböden zum Gesamtbetrage von 6000 K anzuschaffen Die Sektion schließt sich diesem Antrage an und beantragt gleichfalls, der Gemeinderat wolle zum Ankaufe der besagten Schuhe im Betrage von zirka 6000 K die nachträgliche Genehmigung erteilen. Angenommen. 22. Bericht betreffend Uebernahme des Mädchen=Lyzeums in städtische Verwaltung. Referent Herr Vizebürgermeister Dedic. #####%7 Diese Angelegenheit beschäftigt den Gemeinderat seit einigen Jahren. Vor zirka zehn Jahren ist das Mädchen=Lyzeum in Steyr ins Leben gerufen worden, selbstverständlich ohne Zu¬ stimmung der Gemeinde, und zwar meist von Leuten mehr oder weniger aus einer gewissen Klasse. Im vorigen Jahre faßte der Gemeinderat den Beschluß, daß Mädchen=Lyzeum in städtische Verwaltung zu übernehmen. Die Kosten der Erhaltung des Lyzeums sind allerdings bedeutend gestiegen. Man weiß aber heute noch nicht, was die Schulreform bringen wird, ob die Lyzeen aufgelassen werden oder nicht. In der jetzigen Form kann allerdings das Mädchen=Lyzeum nicht bestehen bleiben. Am 3. Mai l. J. hat sich die Direktion mit einer neuerlichen Zu¬ schrift an den Gemeinderat gewendet. Der Erfolg dieser Zuschrift war der folgende Antrag der IV. Sektion: Da die Eingabe des Magistrates an das Staatsamt um Beitragsleistung bisher eine Erledigung nicht gefunden hat, sind die Eingaben vorläufig zurückzustellen, gleichzeitig sind die Herren Nationalräte Kletzmayr und Witzany zu ersuchen, in dieser An¬ gelegenheit zwecks raschester Erledigung derselben im Staatsamte vorzusprechen. Nun ist dieser Antrag in der Gemeinderatssitzung vom 22. Juni aberdings zum Beschluße erhoben worden, weil man hoffte, daß das Staatsamt fünf interne Lehrkräste der Anstalt übernehmen werde Aus dieser Uebernahme ist jedoch nichts ge¬ worden. Das Komitee hat mit der Direktion des Mädchen=Lyzeums mehrere Sitzungen abgehalten und beschlossen, nochmals beim Staatsamte vorstellig zu werden. Staatssekretär Glöckl hat bei dieser neuerlichen Vorsprache in eventuelle Aussicht gestellt, daß vielleicht im nächsten Jahre eine Uebernahme der Lehrkräfte erfolgen könnte; für heuer habe er nur von einer Subventions¬ erhöhung auf 3000 K gesprochen; dies wäre ein Betrag, welcher kaum für die Entlohnung des Schuldieners reicht. Man hat sich nun an die Bevölkerung gewendet; leider hat die eingeleitete Sammlung nur den Betrag von 3000 K ergeben, welches Er¬ gebnis für die wohlhabende Bevölkerung beschämend wirken muß. Es bleibt nichts anderes übrig, als daß die Gemeinde das Mädchen=Lyzeum zur Sicherung seines Bestandes für das gegen¬ ständliche Schuljahr subventioniert. Die Sektion hat die Angelegenheit eingehend beraten und stellt folgenden Antrag: Mit Rücksicht auf den ablehnenden Standpunkt des Staats¬ amtes für Unterricht, das Mädchen=Lyzeum in staatliche Ver¬ waltung zu übernehmen und mit Rücksicht auf die Weigerung der Uebernahme der angesuchten Lehrkräfte, andererseits aber in den Bestand des Mädchen=Lyzeums nicht zu gefährden, dem Lyzealverein für das Schuljahr 1920/21 eine Subvention bis zu dem Betrage von 40.000 K, zahlbar in vierteljährigen Vor¬ hineinsraten zu gewähren. Die Sektion hat sich gewiß nicht leichten Herzens zu diesem Antrage entschlossen und kann diese Subvention auch nur für dieses Jahr allein gegeben werden. Vielleicht findet sich im Laufe des Jahres die Staatsverwaltung bestimmt, das Lyzeum in staatliche Verwaltung zu übernehmen, so daß durch unsere Sub¬ vention der Bestand des Lyzeums gesichert bliebe, denn wenn das Lozeum aufgelöst würde, würde auch die Schaffung einer Obermittelschule für Steyr, wie solche Schulen durch die Schul¬ reform vorgesehen werden, zweifelhaft werden. Herr GR. Tribrunner unterstützt den Sektionsantrag. Das geringe Ergebnis der Sammlung sei sehr zu bedauern und muß wunderlich wirken. Die Stadtgemeinde wird mit ihrer Sub¬ vention die Interessen der Schüler schützen, da diese sonst bei Auflassung des Lyzeums zur Bürgerschule zurückkehren müßten, was sicherlich eine Schädigung der Betroffenen bedeuten würde. Herr GR. Steinbrecher sagt, daß der Sektionsantrag beweise, daß die Gemeinde sehr weitherzig sei, was gegenüber der geringen Opferwilligkeit der wohlhabenden Bevölkerung für die Schule eigentlich nicht gerechtfertigt sei. Die Arbeiterschaft auf der Ennsleite hat in der Wohnungsfürsorge einen bedeutend¬ höheren Betrag aufgebracht. Nach kurzer Wechselrede stimmt sodann der Gemeinderat dem Sektionsantrage einhellig zu. 23. Ansuchen des Verbandes jugendlicher Arbeiter Oesterreichs (Ortsgrupor Steyr) um Ueberlassung eines Schulraumes einer Wiese und Lehrmittel zu volks¬ wirtschaftlichen Demonstrationszwecken. Referent Herr Vizebürgermeister Dedic. Die Sektion steht auf den Standpunkt, daß diese Bildungs¬ bestrebungen zu unterstützen sind und beantragt den Ueber¬ lassungen zuzustimmen. (1451 Angenommen. ierauf folgt Schluß des öffentlichen Teiles der Sitzung um 6 Uhr 40 Min. abends.

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